Mehr Komfort

Swantje Benkelberg

sb - Wenn alle Seiten mit einem Kompromiss ein wenig hadern, deutet alles darauf hin, dass es ein fairer ist, bei dem die Belange der Beteiligten gegeneinander abgewogen wurden und niemand sich auf ganzer Linie durchsetzen konnte. In diesem Sinne ist das, was für die Koalitionsverhandlungen in Berlin gilt, vermutlich auch auf die PSD2 übertragbar, die am 13. Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist. Kaum jemand scheint damit restlos glücklich zu sein. Aber die Einschätzung, dass letztlich alles nicht so schlimm kam, wie es hätte kommen können, scheint doch bei allen Betroffenen zu überwiegen. So freut sich die Bankenseite darüber, dass die von der EU-Kommission verabschiedeten technischen Regulierungsstandards nicht das "Screen Scraping" als Standard vorsehen, sondern Zahlungsauslösedienste standardmäßig die von den Banken bereitgestellten Schnittstellen nutzen sollen. Nach wie vor sehen sie jedoch die Datenschutzproblematik, der sich zuletzt auch die Datenschützer angenommen haben. Und sie betonen die gestiegene Verantwortung der Kunden wie auch die der neuen Dienstleister. Die Fintech-Seite wiederum sieht die Schnittstellenlösung als Einschränkung ihrer neuen Freiheiten und fürchtet, dass Banken es mit der Einrichtung leistungsfähiger Schnittstellen nicht allzu ernst nehmen könnten. Die Fallback-Lösung, die die Banken tunlichst zu vermeiden suchen, erscheint ihnen als Lichtstreif am Horizont. Ganz ähnlich die Lage in Sachen Zwei-Faktor-Authentifizierung: Hier galt es, die neuen Regelungen so auszutarieren, dass sie die Anforderungen an den Nutzerkomfort mit denen an die Sicherheit in Einklang bringen. Teilweise ist dies sicher gelungen. Doch nach wie vor gibt es vor allem im Online-Handel Bedenken hinsichtlich neuer Wettbewerbsverzerrungen zulasten der kleineren Anbieter.

In gewissem Sinn signalisiert der 13. Januar somit einen Neustart: Wie die PSD2 den Markt tatsächlich verändern wird, das wird sich erst ganz allmählich herauskristallisieren. Dass Verbraucher von nun an ihre Online-Einkäufe regelmäßig nur noch per "Sofort" begleichen, weil sie dies jetzt tun können, ohne damit gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ihrer Bank oder Sparkasse zu verstoßen, ist gewiss nicht zu erwarten. Dagegen spricht die Tatsache, dass die mit der PSD2 verbundenen Änderungen - der umfassenden Info-Post seitens der Banken zum Trotz - nur bei einem Bruchteil der Verbraucher tatsächlich angekommen sein dürften. Dagegen spricht aber auch die Erfahrung, dass sich das Bezahlverhalten nur langsam ändert, und das auch nur dann, wenn der Kunde für sich einen Nutzen in neuen Lösungen sieht und/oder bisher genutzte Verfahren abgeschaltet werden. Speziell in Deutschland kommt das eher geringe Vertrauen der Verbraucher in Datenschutz und Sicherheit neuer Anbieter in Sachen Payment hinzu. So gaben beispielsweise im Januar bei einer Yougov-Umfrage 54 Prozent der Befragten an, sie würden ihre Bankdaten grundsätzlich nicht teilen. Weitere 20 Prozent würden sie mit einer anderen Bank teilen, aber nur 7 beziehungsweise 6 Prozent mit internationalen oder deutschen Technologiekonzernen und lediglich 2 Prozent mit Internet-Start-ups.

Alle drei Faktoren gemeinsam führen dazu, dass von der PSD2 nicht nur Fintechs oder Anbieter aus dem Nichtbanken-Sektor profitieren müssen, sondern auch die etablierten Anbieter Gelegenheit haben, sich zu positionieren und ihre Marktstellung zu sichern, indem sie mit neuen Services an den Markt gehen. Initiativen wie die von Mastercard in Sachen biometrische Authentifikation, die ab 2019 kommen soll, können sich dabei als hilfreich erweisen. Denn trotz des immer wieder zum Ausdruck gebrachten Vertrauensvorschusses von Banken und ihren Dienstleistern scheint sich das Pendel in der Abwägung zwischen Komfort und Sicherheit seitens der Verbraucher doch verstärkt in Richtung Komfort zu bewegen - genau in die Lücke, in die neue Wettbewerber gerne vorstoßen. Wenn Banken ihre Position im Zahlungsverkehr halten und nicht auf lange Sicht zu bloßen Infrastrukturanbietern degradiert werden wollen, dann müssen sie diese Nische stärker besetzen als bisher. Die Zeit drängt.

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