Redaktionsbericht zur zweiten europäischen Konferenz für Betrugsprävention der Leaseurope

Betrugsversuche im Leasing über Ländergrenzen hinweg

Konferenz "Spotting the Red Flags"

Zur zweiten europäischen Konferenz für Betrugsprävention in der Leasing-Branche hatte der europäische Dachverband Leaseurope, Brüssel, im November 2016 fast ein Jahr nach der gelungenen Premiere geladen. Die Konferenz informierte in zahlreichen Workshops und Vorträgen über Warnsignale, Betrugsmuster und Maßnahmen zur internationalen Betrugsbekämpfung - ein Tagungsbericht.

Auch dieses Mal war die Tagung gut besucht und bot gleichermaßen interessante Einblicke in das Fachthema wie Gelegenheiten zum kollegialen Meinungsaustausch. Die Umfragezahlen, mit denen Evert-Jan Lammers, Präsident des Belgischen Institute of Fraud Auditors, in die Tagung einführte, waren ernüchternd. Eine für Leaseurope durchgeführte Umfrage seines Hauses belegt, dass der weit überwiegende Teil der Befragten sich von Betrugsversuchen nicht oder nur geringfügig betroffen wähnt, der angerichtete Schaden als minimal wahrgenommen wird - und das mit denkbar kleinster Personalausstattung der betreffenden Fachbereiche. Sandra de Kerckhove, Finance Director Belux von ALD Automotive, überschrieb ihren Beitrag denn auch etwas ironisch "Ist der Kampf gegen Betrug im Automobil-Leasing ... eine Illusion?"

Es waren vor allem drei Kerngedanken, die sich wie rote Fäden durch das Tagungsprogramm zogen: Betrugsversuche sind simpel gehalten, bauen auf mangelnden Informationsaustausch und werden zunehmend internationaler. Da Betrugsmaschen oft einfach gestrickt sind, können sie nur mit großer Aufmerksamkeit entdeckt werden. Mit einem neuen, "innovativen" betrügerischen Geschäftsmodell konfrontierte Alexander Hartner, Bereichsleiter Kundenbetreuung Privat- und Geschäftskunden bei der Raiffeisen Leasing GmbH, Wien, und Geschäftsführer der Uniqa Leasing GmbH, die Teilnehmer der Tagung. Grundlage des Betrugsmodells sind Unternehmensdaten bestehender, wirtschaftlich gesunder Firmen. Diese Daten werden über fingierte Ausschreibungen gewonnen und anschließend für den Abschluss von Kredit- und Leasing-Verträgen verwendet.

Internationale Netzwerke unerlässlich

Noch mehr Praxis gab es in einem gut einstündigen Workshop unter Leitung von Nigel Iyer, Partner bei dem auf Betrugserkennung und -prävention spezialisierten Beratungsunternehmen Hibis, London. Iyer präsentierte den Tagungsteilnehmern, die durchweg langjährige Branchenkenntnis mitbrachten, Geschäftsunterlagen aus der täglichen Sachbearbeitung. Würden sie die eingebauten Betrugswarnzeichen erkennen? Und wie lange würde ein Brancheninsider eigentlich benötigen, um eine eigene Betrugsmasche zu erfinden?

Betrugsversuche in der Leasing-Branche sind zunehmend international. Jevgenijs Belezjaks, CEO der SIA Unicredit Leasing Baltics, illustrierte diese Erfahrung anhand der Migration unterschlagener Leasing-Fahrzeuge durch Osteuropa und nach Asien. Vielfach werde Betrug heute durch die Vereinheitlichung von Verwaltungsprozessen im Rahmen der Europäischen Einigung sogar einfacher. So reiche oft ein einfacher, hinreichend passfähiger Original-Fahrzeugschein aus, um ein unterschlagenes Fahrzeug im europäischen Ausland zu legalisieren und auf Drittmärkten handelbar zu machen.

Ohne international standardisierte Verfahren und Netzwerke, darüber waren sich alle Referenten einig, ist Betrugsprävention deshalb unmöglich. Ansätze gebe es dafür im Kfz-Bereich, wo es einheitliche Fahrgestellnummern und zumindest Anfänge zu einem Austausch von Daten über Fahrzeuge und Fahrerlaubnisse gebe. Außerhalb dieses Sektors suche man allerdings bislang vergeblich nach vergleichbaren Mechanismen.

Wer zu jeder Zeit genau über seine Assets und über seine Kunden Bescheid weiß, kann Betrug erschweren oder sogar verhindern (siehe dazu ausführlichen Beitrag Schottenheim, Seite 56). Simi Bains, High Risk and Fraud Insight Leader beim britischen Unternehmen Dun & Bradstreet (D & B), Marlow, zeigte aus der Innensicht eines Dienstleisters die Praxis der Betrugsprävention in ihrem Land. In Großbritannien wurde in den vergangenen Jahren ein nationales Netzwerk zur Betrugsprävention aus Innen- und Finanzbehörden, nationalen und lokalen Polizeidienststellen, der Royal Mail, den Datenschutzbehörden und dem Credit Industry Fraud Avoidance Service (Cifas) der britischen Finanzindustrie etabliert und zunehmend erfolgreich betrieben.

Prävention spart erhebliche Betrugskosten

In diesem Umfeld hat D & B für den britischen Leasing-Verband Finance & Leasing Association (FLA) ein System von Dienstleistungen zur Betrugserkennung und -prävention aufgebaut. Eingebettet in das rechtlich sichere Informationsumfeld und gestützt auf eine der ältesten und umfangreichsten Sammlungen von Unternehmensdaten und Informationen zu Unternehmensbeziehungen liefert D & B mittlerweile Risikoanalysen, Warnhinweise und Onlineservices an mehr als 100 britische Leasing- Gesellschaften.

Im Rahmen dieser Services wurden 2016 von D & B bisher mehr als 1 000 Untersuchungen von Betrugsfällen durchgeführt, etwa 150 davon trugen proaktiven Charakter. Dadurch konnten nach Angaben des britischen Leasing-Verbands allein in den 30 teilnehmenden FLA-Mitgliedsgesellschaften im vergangenen Jahr 3,4 Millionen Britische Pfund an betrugsbedingten Kosten eingespart werden.

Aus deutscher Sicht stellte Stephan R. Peters, Leiter Geschäftsfeldentwicklung Betrugsprävention bei der Schufa Holding AG, Wiesbaden, den derzeit erreichten Stand vor. Die Schufa verfügt seit 2014 unter der Bezeichnung Fraudpool über ein eigenes Leistungsangebot, mit dem sie Kreditinstituten den Austausch von Informationen zu konkreten Verdachtsfällen nach dem Gegenseitigkeitsprinzip ermöglicht. Seit der Liveschaltung wurde der Pool bereits etwa 22,4 Millionen Mal abgefragt, das sind etwa 40 000 Anfragen arbeitstäglich.

Als besondere Hürde für den Einsatz des bundesweiten Systems für die Betrugsbekämpfung und -prävention stellt aus seiner Sicht die föderale Organisation des Datenschutzes in Deutschland dar. Die 17 eigenständigen Datenschutzbehörden mit jeweils eigenen Regelungen schaffen eben nicht den für einen effektiven Schutz vor Betrug geeigneten rechtlichen Rahmen. Deutliche Hoffnungen setzt Peters daher auf die Europäische Datenschutz-Grundverordnung, mit der ab 2018 die Verarbeitung personenbezogener Daten im für die Verhinderung von Betrug unbedingt erforderlichen Umfang grundsätzlich als zulässig betrachtet werden soll.

Die Konferenz verdeutlichte, dass der Bekämpfung und Prävention von Betrugsfällen mehr Aufmerksamkeit in der Leasing-Branche gewidmet werden sollte. Um Betrugsversuche zu verhindern und Betrugsfälle aufzudecken, muss die Branche abgestimmt und über Ländergrenzen hinweg agieren. Wie die Zusammenarbeit gegen Betrug aussehen kann, verdeutlicht das bestehende Netzwerk aus öffentlichen und privaten Institutionen in Großbritannien. Das britische Modell kann auch als Vorbild für den europaweiten Zusammenschluss gegen Betrug dienen. Weitere Schritte der Vernetzung und Abstimmung sollten auf europäischer Ebene folgen, in jedem Fall wird der Austausch zu diesem wichtigen Thema insbesondere im europäischen Kontext weiter fortgesetzt.

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