Brasiliens Leasing-Markt und die Gründung einer Tochtergesellschaft

Ein Bericht aus der jüngeren Praxis

Abbildung 1: Verteilung weltweites Leasing-Volumen Quelle: World Leasing Yearbook 2015: White Clark Group Global Leasing Report, S. 7.

Jürgen Mossakowski, Christiane Hoh - Der Einstieg auf dem brasilianischen Leasing-Markt war für CHG-Meridian, einem weltweiten Anbieter individueller Nutzungskonzepte für effizientes Technologiemanagement, durch die komplexe Regulierungsstruktur mit vielen Hürden verbunden, wie dieser Praxisbericht aufzeigt.

Seit 2013 ist die Leasing-Gesellschaft CHG-Meridian mit ihrer Tochtergesellschaft CHG-Meridian Do Brasil Arrendamento Mercantil S/A in Brasilien tätig, um internationalen Kunden lokale Lösungen anbieten zu können. Die Gesellschaft ist bei São Paulo (Alphaville) ansässig und hat dort rund 16 Mitarbeiter. Die Gründung der Arrendamento Mercantil war mit einigen Hürden und hohem zeitlichen Aufwand verbunden, was auf die strengen Regulierungen und Vorschriften in Brasilien zurückzuführen ist. Im ersten vollständigen Geschäftsjahr 2014 konnten bereits nahezu zehn Millionen Euro Neuinvestitionsvolumen generiert werden. Im laufenden Jahr wird dieses Geschäftsvolumen voraussichtlich mehr als verdoppelt werden. CHG-Meridian spezialisiert sich in Brasilien auf IT-Leasing für Kunden im B2B-Sektor und mit niedrigem Kreditrisiko.

Landesinformation

Seit 2010 setzt sich die in Weingarten ansässige Leasing-Gesellschaft mit dem brasilianischen Markt auseinander. Damals gab es starke Wachstumsraten auf dem gesamtwirtschaftlichen wie auch dem Leasing-Markt. Die Wirtschaftskrise spürte Brasilien zwar, konnte sich aber recht schnell davon erholen. Im Jahr 2010 erreichte Brasilien mit einer Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 7,5 Prozent das größte Wirtschaftswachstum der vergangenen 25 Jahre. Mit einer geschätzten Wertschöpfung von 2 244 Milliarden US-Dollar (USD), liegt Brasilien heute weltweit auf Platz acht.

Der Bereich Dienstleistung ist dabei mit über 70 Prozent des BIP der größte Sektor. Daneben zählen vor allem ein großer und hoch entwickelter Landwirtschaftssektor, der Bergbau und eine Vielzahl an Produktions- und Fertigungsbetrieben zu den prägenden Faktoren.1) Auch deutsche Unternehmen haben die vielfältigen Potenziale erkannt, die Brasilien bietet. Insgesamt sind über 1 300 Unternehmen auf dem Markt vertreten.2) Dies kann unter anderem auch auf die stark anwachsende Automobilindustrie in Brasilien zurückgeführt werden. Namhafte Automobilhersteller aus Deutschland erweitern ihre Produktionen in Brasilien. Dies bringt neben den Herstellern auch die Zulieferer der Automobilbranche auf den Markt und stärkt somit die enge und langjährige Wirtschaftsbeziehung in diesem Bereich.

Derzeit beschäftigt die brasilianische Wirtschaft die anhaltende Inflation, was den Wirtschaftsaufschwung dämpft. Die brasilianische Zentralbank hat ihren Leitzins nun auf den höchsten Stand seit mehr als sechs Jahren angehoben (14,25 Prozent). Damit soll das Ziel zur Senkung der Teuerungsrate von zuletzt acht Prozent auf 4,5 Prozent erreicht werden. Diese hohen Zinsen machen das Land zu einem attraktiven Ziel für ausländische Investoren. Die daraus entstandenen hohen Kapitalzuflüsse haben zu einer Aufwertung der Währung beigetragen, schwächten allerdings gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der brasilianischen Fertigungsbetriebe. Durch Gegenmaßnahmen der Regierung versuchte diese, die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Daher ging der Staatshaushalt die vergangenen Jahre zurück. Folglich intervenierte die Regierung auch auf den Devisenmärkten und erhöhte die Steuern auf ausländische Kapitalzuflüsse. Aktuell greifen die Maßnahmen nur beschränkt. Nach dem etwas verhaltenen Wachstum im Jahr 2014, schrumpfte jedoch die Wirtschaft im ersten Quartal 2015 bereits um 0,2 Prozent. Experten gehen von einem Minus von mindestens einem Prozent für 2015 aus.3)

Der Leasing-Markt spürt die in den letzten Jahren verschlechterte Wirtschafslage in Brasilien ebenfalls. Trotz der sehr positiven Entwicklung auf dem gesamten südamerikanischen Markt ist dieses Wachstum leider nicht in Brasilien sichtbar. Der südamerikanische Markt konnte im Jahr 2013 mit einer Steigerung des Leasing-Volumens von 13,2 Milliarden USD auf 18 Milliarden USD (plus 36 Prozent), auch wenn Südamerika am gesamten weltweiten Leasing-Volumen nur einen kleinen Anteil ausmacht (Abbildung 1), weltweit wieder am stärksten zulegen, nach deutlichen Rückgängen in den Vorjahren (siehe Abbildung 2, Seite 214).

Brasilien hingegen musste laut "White Clark Group Global Leasing Report" mit einem Leasing-Volumen von 4,01 Milliarden USD, einen Rückgang von 31 Prozent im Jahr 2013 hinnehmen. Dieser bezieht sich dabei auf Zahlen des brasilianischem Leasing-Verbands ABEL (Associação Brasileira das Empresas de Leasing). Mit aktuell 32 zugehörigen Leasing-Unternehmen, ist es derzeit der Hauptverband für die Asset-Finance-Industrie in Brasilien. Das gesamte Leasing-Portfolio in Brasilien wird auf rund 12,4 Milliarden USD geschätzt, was einem Minus von 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Nach den neuesten Zahlen konnte sich der Markt in den letzten Monaten nun stabilisieren.4) Damit reiht sich Brasilien auf Platz drei der südamerikanischen Länder nach Kolumbien und Chile ein.5)

Gründe für den generellen Rückgang werden dadurch erklärt, dass die eingesetzten Leasing-Modelle in Kombination mit der schwachen wirtschaftlichen Konjunktur unattraktiv waren. Die brasilianische Leasing-Industrie zeigte zudem wenig Motivation, Neuerungen einzuführen und ihre Angebote zu differenzieren. Dadurch kamen die Banken in eine marktbeherrschende Stellung. Leasing-Geber wie die brasilianischen Itau-Gruppe festigen ihre Marktpräsenz, indem sie Finanzierungsgesellschaften der Automobilhersteller Fiat, Ford und anderen übernommen haben. Dessen Angebote waren nichts anderes, als Vollamortisationsverträge, die als Handelswaren behandelt werden. Resultat daraus ist eine Verschiebung der Kraftfahrzeugfinanzierung weg von der Leasing-Sparte der Bankengruppen hin zu deren Kreditsparte. Folglich bleibt das Geschäft in der Bank, jedoch zahlen die Leasing-Gesellschaften dafür die Rechnung.6) Insgesamt bildet die Fahrzeugsparte sowie Anlagen und Maschinen zusammen 85 Prozent des brasilianischen Leasing-Volumens.

Für CHG-Meridian steht in Brasilien hingegen der IT-Leasing-Markt im Fokus. Betrachtet man den brasilianische Informations- und Telekommunikationsmarkt gemäß European Information Technology Observatory (EITO), so konnte dieser einen Zuwachs alleine im vergangenen Jahr von mehr als zehn Prozent verbuchen. In den letzten fünf Jahren nahm das Marktvolumen kumuliert um mehr als 28 Prozent zu. Der IT-Markt legte 2014 um mehr als sieben Prozent und der Kommunikationsmarkt um über elf Prozent zu. Dieser generelle Aufwärtstrend unterstreicht die Relevanz von ITK-Leistungen in Brasilien. Das Land entwickelt sich somit, verglichen zum globalen ITK-Markt, besser, da dieser nur ein Wachstum von vier Prozent erreichte. Von dieser Entwicklung profitiert der spezialisierte Leasing-Markt. Vergleicht man den Anteil des IT-Leasings von 2009 mit 2013, so weist dieser eine positive Entwicklung auf. Waren 2009 nur knapp zwei Prozent am gesamten Leasing-Volumen Computerequipment, so sind es heute knapp sechs Prozent (Abbildung 3).7)

Markt- und Wettbewerbssituation

Die Markt- und Wettbewerbssituation im IT-Leasing-Bereich gliedert sich nach herstellerabhängigen, bankenabhängigen und unabhängigen Gesellschaften. Grundsätzlich dominieren auf dem gesamten Leasing-Markt die bankenabhängigen Gesellschaften. Da diese aber mehrheitlich Finance Leases anbieten und auch überwiegend im Fahrzeugbereich tätig sind, stellen diese für CHG-Meridian keine direkten Wettbewerber dar. Die größten multinationalen Wettbewerber in ganz Südamerika, wie auch in Brasilien, stellen Itau, Bancolombia und BBVA dar. Itau, als größte Bankengruppe verfolgt derzeit eine gezielte Expansionstrategie in Südamerika. Die Itau-Gruppe (zu der weitere Institute wie Banco Itaucard, Banco Itau, Itaubank, Itauleasing und Corpbanca gehören) hat laut ABEL einen Marktanteil von über 27 Prozent am brasilianischen Leasing-Portfolio. Jedoch muss sich auch diese auf dem brasilianischen Markt verteidigen. Europäische Gruppen wie Santander und BBVA wachsen, während hingegen HSBC Rückgänge verzeichnen muss.

Finanzgruppen aus Nordamerika haben sich die letzten Jahre stark vom Markt zurückgezogen. Der größte Rückgang ist durch den Ausstieg der unabhängigen Leasing-Gesellschaft CIT in Ländern wie Kolumbien, Chile und Argentinien sowie durch den bereits angekündigten Ausstieg im mexikanischen und bra silianischen Markt zu verzeichnen.8) Derzeit wartet die Daycoval-Bank auf die Genehmigung der brasilianischen Zentralbank zur Übernahme von CIT. Im herstellergebundenen Marktsegment sind oft IBM und HP mit Operate Leases anzutreffen und bilden dabei die Hauptakteure im Leasing-Umfeld IT.

Generell fanden die letzten Jahre viele neue Markteintritte statt. Die meisten davon waren ausländische Investoren, wie Tochtergesellschaften von Vendoren und Banken.9) Seit kurzem ist auf dem brasilianischen Markt auch die DL, Deutsche Leasing, aktiv. Zudem werden erhöhte Investitionen von chinesischen Unternehmen auf dem südamerikanischen und auch brasilianischen Markt festgestellt. Laut der Alta-Gruppe sind in den Top-100-Leasing-Gesellschaften in Südamerika nun auch einige Operate-Leasing-Gesellschaften und Mietunternehmen (Locação) vertreten. Dabei kann im lateinamerikanischen Markt eine Bewegung, weg von den reinen Vollamortisationsverträgen hin zu einer assetbasierten Finanzierungsform mit der Übernahme von Restwertrisiken, festgestellt werden.10)

Lizenzierungsverfahren

Die Gründung einer Leasing-Gesellschaft bedarf einer gründlichen Vorbereitung und Auseinandersetzung mit den zum Teil sehr komplexen Gesetzen und Vorschriften. Dabei sollte für eine Neugründung durch ausländische Investoren ein Zeitraum von zwei bis drei Jahren eingeplant werden. Es empfiehlt sich, für diesen Prozess spezialisierte Berater hinzuzuziehen. Für die Genehmigung sind unter anderem umfangreiche und mehrjährige Geschäftsplanungen vorzulegen, die detailliert durch die Zentralbank überprüft werden.

Zu diesem Prozess gibt es auch keine wirklichen Alternativen, da nur Leasing-Unternehmen, die von der brasilianischen Zentralbank genehmigt sind, in Brasilien nationale Leasing-Verträge schließen können. Eine im Jahr 1995 erlassene Verordnung der Regierung erlaubt dem Präsidenten von Brasilien, auf Empfehlung des National Monetary Council (Conselho Monetário Nacional, kurz CMN) Genehmigungen für neue Investments bei Finanzinstituten und Leasing-Unternehmen zu erlassen. Die Rechtsgrundlage zum Erhalt des Präsidentenerlasses für die Investition ausländischer Investoren in brasilianische Finanzinstitute bilden Art. 192 der brasilianischen Verfassung und Art. 52 der Übergangsbestimmungen. Art. 18 von Gesetz-Nr. 4595/64 bestimmt darüber hinaus, wie ausländische Gesellschaften Betriebslizenzen für den brasilianischen Markt erhalten können. Einen solchen Erlass musste auch CHG-Meridian beantragen, da dies derzeit der einzig mögliche Weg ist.11)

Wichtige Rahmenbedingungen, die vor der Zulassung einer Niederlassung in Brasilien durch die Zentralbank erfüllt werden müssen, wurden in dem Beschluss Nr. 4122/2012 (ergänzt durch die Beschlüsse 4279/2013, 4308/2014 und Rundschreiben Nr. 3317/2006) der brasilianischen Zentralbank definiert. Darin werden allgemeine Bedingungen geregelt, die von den ausländischen und teilweise auch brasilianischen Antragsstellern zu beachten sind. Um als Leasing-Gesellschaft nach den dargelegten Bestimmungen durch die Zentralbank zu gelassen zu werden, muss ein Unternehmen grundsätzlich eine Sociedade Anonima, kurz SAM (also eine Aktiengesellschaft mit beschränkter Haftung) oder eine Banco Multiplos (das heißt Universalbank) als Gesellschaftsform aufweisen.

Die SAM muss dabei ihre Aktien registrieren lassen und die Mindestkapitalanforderungen nach CMN vorweisen können. Zudem muss im Unternehmensnamen "Arrendamen to Mercantil" (Leasing) auftreten. Der Beschluss beschreibt zudem auch den Sechs-Schritte-Prozess zur Erreichung der Autorisierung. Dabei sind viele Unterlagen und Dokumente, wie die Beschreibung über den Zweck der Gründung, ein ausführlicher Business Plan (Fünf-Jahresplan) oder auch eine Erklärung über die wirtschaftliche und finanzielle Fähigkeit zur Umsetzung des Projekts darzulegen.

CHG-Meridian reichte im ersten Schritt die geforderten Dokumente bei der Zentralbank ein. Die Bearbeitung dauerte ein Jahr, was allerdings eine normale Zeitspanne darstellt. Im zweiten Schritt galt es, die Freigabe durch den Präsidenten zu erhalten. Dabei musste die Leasing-Gesellschaft über ein Jahr auf die Autorisierung und Unterschrift des Präsidenten warten. Zudem muss während der gesamten Zeit ein bestimmtes Mindestkapital ausgewiesen werden. Die erteilte Genehmigung hat nur eine sehr kurze Gültigkeit, und innerhalb dieser Phase ist die operative Geschäftstätigkeit aufzunehmen. Gemäß Beschluss Nr. 2607/1999 haben alle Institutionen, die Anlagen-Leasing anbieten wollen, permanente Mindestanforderungen an Stammkapital und Eigenkapital zu erfüllen. Bei Leasing-Portfolios müssen sieben Millionen Reais (R$) (2,3 Millionen USD) an Kapital und bei denjenigen der Geschäftsbanken 17,5 Millionen R$ (5,6 Millionen USD) vorgehalten werden.12) Ein wichtiger Punkt ist zudem das Vorhandensein eines funktionsfähigen Teams. Auch wenn die operative Geschäftstätigkeit aufgrund der fehlenden Autorisierung noch nicht stattfinden kann, müssen die erforderlichen Funktionen vorgehalten werden. Diese Personalkosten sowie die daraus folgenden weiteren operativen Kosten sind demnach immer großzügig mit einzukalkulieren.

Gesetze und Vorschriften

Die Grundlage für Leasing-Transaktionen in Brasilien sind im Gesetz Nr. 6099 (1974) geregelt, welches teilweise durch das Gesetz Nr. 7132 (1983) und durch den CMN erlassenen Beschluss 2309/1996 ergänzt wurde.13) Im Beschluss Nr. 230914) ist unter anderem geregelt, dass der Leasing-Geber garantieren muss, dem Kunden zum Ende der Laufzeit eine Verlängerung, eine Kaufoption oder die Rückgabe der Geräte einzuräumen. Zudem sind nur Finance Lease und Operate Lease erlaubt. Bei Finance Lease gelten folgende Anforderungen:

- Die Leasing-Zahlungen sollen die Assetkosten, die dazugehörenden Zinskosten während der Vertragslaufzeit und die Gewinnmarge des Leasing-Gebers decken.

- Die Kosten für die Wartung, technische Unterstützung und Dienstleistungen im Zusammenhang mit den Assets sind in der Regel vom Leasing-Nehmer zu tragen.

- Der Preis für die Ausübung der Kaufoption und gegebenenfalls der Marktwert des Leasing-Gegenstandes werden von den Parteien vorab vereinbart.

Ein einzigartiges Merkmal der brasilianischen Leasing-Regulierung stellt das Bestehen einer Restwertgarantie dar.15) Die Gerichte haben entschieden, dass bei Finance Lease der Mieter die Restrisiken der Anschaffungsgüter übernimmt. Dies geschieht unabhängig davon, ob das Eigentum an dem Leasing-Gegenstand dem Leasing-Nehmer am Ende der Vertragslaufzeit übertragen wird oder nicht. Dabei muss der Leasing-Geber die Restwertgarantie dem Kunden nicht zurückzahlen, sondern der Leasing-Nehmer muss dieses Marktrisiko tragen. Es sei denn, die Differenz zwischen dem Verkaufswert des Leasing-Gegenstandes und dem Betrag der in Form garantierter Restwerte gezahlt wurde, ergibt einen positiven Überschuss.16) Erfahrungsgemäß werden die Leasing-Gegenstände am Ende der Laufzeit verlängert oder direkt über den Markt vom Kunden verkauft, wodurch die Auszahlung der Differenz selten zum Tragen kommt.

Abschließend zeigt dies, dass Finance Lease mehrheitlich von Banken umgesetzt und als reine Finanzierung (Absatzfinanzierung) genutzt wird. Steht die optimierte Nutzung des Leasing-Gutes im Vordergrund, dann eignet sich die Operate-Lease-Variante am besten. Auch hier gelten spezielle Kriterien nach Beschluss Nr. 2309, die sich an die US-GAAP beziehungsweise die IFRS-Kriterien anlehnen:

- Der Barwert der Leasing-Raten darf 90 Prozent des Kaufpreises der Vermögenswerte nicht überschreiten.

- Die Leasing-Konditionen sollten auf einen Minimumzeitraum von 90 Tagen und einem Maximalzeitraum entsprechend 75 Prozent der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Leasing-Gegenstandes ausgerichtet sein.

- Die Kaufoption entspricht dem üblichen Marktwert des Leasing-Gegenstandes.

- Wartung, technische Unterstützung und Dienstleistungen, bezogen auf den Betrieb des Vermögenswertes, verantwortet in der Regel der Leasing-Nehmer.

- In einem Operate Lease übernimmt der Leasing-Geber das Risiko des Restwerts des Vermögenswerts, und es gibt keine automatische Übertragung des Vermögenswertes am Ende des Mietverhältnisses. Der garantierte Restwert ist dabei nicht zulässig.

Weitere Formen von Operate Lease können auf der Grundlage von Locação-Geschäfte (ähnlich der Vermietung) durchgeführt werden. Diese Form der Abwicklung über eine Locação de Equipamentos eignet sich aber auch nur in ganz bestimmten Situationen und ist allerdings steuerlich zumeist für den Leasing-Nehmer unattraktiver. Im Gegensatz zu Arrendamento Mercantil wird Locação nicht durch die brasilianische Zentralbank reguliert.17) Deshalb wurde parallel zum langwierigen Prozess der Autorisierung der SAM die CHG-Meridian do Brasil Locação de Equipamentos Ltda. gegründet, um sich darüber auf die Gründung der Arrendamento Mercantil vorzubereiten und auch schon während der Gründungsphase Mietgeschäfte abwickeln zu können.

Obwohl Operate Lease auf dem brasilianischen Leasing-Markt offiziell möglich ist, wird die beträchtliche Mehrheit der Geschäfte aufgrund der Dominanz der bankabhängigen Gesellschaften durch Finance Lease abgewickelt. Wie bereits beschrieben, tauchen aber in der Top-100-Alta-LAR-Liste vermehrt Operate-Leasing-Gesellschaften und Mietunternehmen auf. CHG-Meridian, als Efficient Technology Manager, bietet in den Nutzungskonzepten hauptsächlich Operate-Lease-Modelle an.

Bilanzierung und Besteuerung

Eine Bilanzierung ist in Brasilien nach internationalen Standards möglich. Das Steuersystem kann wohl als eines der komplexesten der Welt bezeichnet werden und bedarf deshalb bereits im Vorfeld der Gründung einer genauen Auseinandersetzung.

Grundsätzlich erfolgt die Leasing-Bilanzierung seit 2010, verpflichtend für Unternehmen die an der brasilianischen Börse gelistet sind, nach IFRS. Die Zentralbank regelt die Bilanzierungsregeln, die für alle Finanzinstitute, einschließlich spezifischer Bilanzierungsvorschriften für Leasing-Geber, gelten. Das Prinzip "Substance over Form" greift im brasilianischen Accounting so nicht. Hier überwiegt "Form". Dies bedeutet, dass der Leasing-Geber immer der Eigentümer der geleasten Vermögensgegenstände ist, egal ob es sich um Finance- oder Operate Lease handelt.18) CHG-Meridian bilanziert derzeit nach Local GAAP nach den Vorgaben der Zentralbank.

Für neue Investoren auf dem Markt stellt sich das brasilianische Steuersystem äußerst komplex dar. Die brasilianische Abgabenordnung (Gesetz Nr. 5172/1966) legt dabei die allgemeinen Steuervorschriften in Brasilien fest. Für Leasing gibt es in Brasilien mehrere Steuern, die direkt oder indirekt Leasing- und Finanzierungstransaktionen betreffen. Bei den direkten Steuern gibt es beispielsweise die Imposto Sobre Circulação de Mercadorias e Prestação de Serviços (ICMS). Diese agiert analog zur Mehrwertsteuer, wobei die ICMS nicht auf nationale Finance- oder Operate Leases anfällt, jedoch bei Verkauf der Assets an den Leasing-Nehmer am Ende der Laufzeit. Diese kann zwischen sieben und bis zu 25 Prozent liegen. Die interessante, direkte Steuer stellt die kommunale Steuer auf Dienstleistungen, die sogenannten Brazilian Service Tax (ISS) dar. Die ISS wird bei Finance-Lease-Verträgen berechnet, mit jeder Mietrate abgeführt und kann bei bis zu zehn Prozent liegen.19) In Alphaville (Standort des CHG-Meridian-Büros) liegt die ISS bei 0,25 Prozent pro Leasing-Rate. Aus diesem Grunde sind viele, der in Brasilien tätigen, Leasing-Gesellschaften hier registriert. In São Paulo liegt die Dienstleistungssteuer schon bei zwei Prozent. Nach jahrelanger Rechtsunsicherheit bezüglich der Steuerabgabe hat im Jahre 2013 das Federal Supreme Court entschieden, dass die ISS für Leasing-Transaktionen weiterhin in der Kommune zu entrichten ist, in welcher die Leasing-Gesellschaft ihren Hauptsitz hat. Damit wird das Risiko eliminiert, dass die ISS zweimal abgeführt wird. Dies trat bis dahin am Markt auf, wenn Leasing-Nehmer und Leasing-Geber an unterschiedlichen Orten ansässig waren und von den Kommunen angenommen wurde, dass die Steuer jeweils lokal (bei Leasing-Nehmer und bei Leasing-Geber) eingezogen wird.20)

Finanzierung

Die notwendige Finanzierung der Leasing-Gesellschaften und Finanzunternehmen ist durch unterschied liche Formen geprägt.21) Da die meisten bankenabhängig sind, bekommen diese die notwendigen Mittel aus dem eigenen Haus; herstellergebundene erhalten das benötigte Kapital auf dem freien Finanzmarkt und durch Intercompany Finanzierung. CHG-Meridian Do Brasil Arrendamento Mercantil S/A finanziert zu 100 Prozent regressfrei in Form von Forderungsabtretungen (Non Recourse Loans). Die Non-Recourse-Finanzierung regelt der Beschluss 2921/02 der Zentralbank (CMN). Als Folge dieser Finanzierungs form kann das Kreditrisiko aus der CHG-Meridian-Bilanz genommen werden. Somit erleichtert sich der Abschluss von größeren Deals, wobei die Zentralbank ein Maximalvolumen pro Kunde von 25 Prozent des Eigenkapitals vorschreibt. Der Anteil der Eigenfinanzierung auf das Gesamt obligo ist auf das Acht- bis Neunfache des Eigenkapitals beschränkt.22) Das derzeit hohe Zinsniveau von 14,25 Prozent (Leitzins) wirkt sich dabei auch auf die Finanzierung aller Leasing-Gesellschaften am Markt aus, die sich lokal refinanzieren.

Richtige Entscheidung

Der Einstieg auf dem brasilianischen Leasing-Markt war durch die komplexe Regulierungsstruktur mit vielen Hürden verbunden. Dennoch war es die richtige Entscheidung, die Präsenz in Amerika - nach USA, Kanada und Mexiko - mit Brasilien zu komplementieren. Dadurch kann die Leasing-Gesellschaft ihre multinationalen Kunden als Efficient Technology Manager ganzheitlich und international betreuen.

1) Vgl. CIA World Factbook: Brazil: https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/br.html, 20.5.2015.

2) Vgl. http://www.handelsblatt.com/politik/international/bundespraesident-rund-1300-deutsche-firmen-sitzen-in-brasilien/ 8201136-2.html, 10.7.2015.

3) Vgl. CIA World Factbook: Brazil: https://www. cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/br.html, 20.5.2015.

4) Vgl. http://www.leasingabel.com.br/arquivosupload/Informações%20do%20Setor%20 no%20Contexto%20do%20Crédito%20 no%20Brasil.pdf, 10.7.2015.

5) Vgl. The Alta LAR 100 FOR YEAR-END 2013 - Report Summary: http://www.thealtagroup. com/sites/default/files/Alta_LAR_100_Yearend _2013_Report_Summary.pdf, S. 2., 20.5.2015.

6) ebd.

7) Vgl. World Leasing Yearbook 2015, ABEL -Brazilian Association of Leasing Companies, S. 150.

8) Vgl. The Alta LAR 100 FOR YEAR-END 2013 - Report Summary: http://www.thealtagroup. com/sites/default/files/Alta_LAR_100_Yearend _2013_Report_Summary.pdf, S. 4 f., 20.5.2015.

9) Vgl. Brazil: The Carnival of Equipment Financing, S. 14 f.

10) Vgl. The Alta LAR 100 FOR YEAR-END 2013 - Report Summary: http://www.thealtagroup. com/sites/default/files/Alta_LAR_100_Yearend _2013_Report_Summary.pdf, S. 5 ff., 20.5. 2015.

11) Vgl.http://www.bcb.gov.br/ingles/SFN/Highlights_on_licensing_procedures_for_foreigners.pdf, 13.7.2015.

12) Währungskurs 6.7.2015 R$ 3,13920 = US$ 1; www.oanda.com

13) Vgl. Legal Guide for the Foreign Investor in Brazil: http://www.brasilglobalnet.gov.br/AR-QUIVOS/Publicacoes/Manuais/PUBGuiaLegalI.pdf, S. 195, 1.7.2015.

14) Vgl. Resolution No. 2309/1996: http://leasingabel.com.br/site/Adm/userfiles/Resolution%202309.pdf, 1.7.2015.

15) Vgl. Brazil: The Carnival of Equipment Financing, S. 19 f.

16) Vgl. World Leasing Yearbook 2015, S. 120 f.

17) Vgl. Brazil: The Carnival of Equipment Financing, S. 22.

18) Vgl. Brazil: The Carnival of Equipment Financing, S. 19 f.

19) Ebd., S. 15 f.

20) Vgl. World Leasing Yearbook 2015, S. 120 f.

21) Vgl. Brazil: The Carnival of Equipment Financing, S. 26 f.

22) Vgl. Resolution No. 2844: http://www.bcb.gov.br/pre/normativos/res/2001/pdf/res_2844_ v1_O.pdf, 6.7.2015.

DIE AUTOREN:

Jürgen Mossakowksi, Weingarten, CEO der CHG-Meridian AG, ist seit 1987 für das Unternehmen tätig. Nach Stationen als kaufmännischer Leiter und Geschäftsführer verantwortet er nun seit 1998 die Geschäfte der Gruppe weltweit.E-Mail:juergen.mossakowski[at]chg-meridian[dot]deChristiane Hoh, Weingarten, Vorstandsassistentin der CHG-Meridian AG, ist seit zwei Jahren für das Unternehmen tätig. Praxiserfahrung sammelte sie in internationalen Industriekonzernen.E-Mail: christiane.hoh[at]chg-meridian[dot]de

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