Leasing-Branche stellt sich zuversichtlich den Herausforderungen des IFRS 16

Bilanz eines BDL-Workshops

Martin Vosseler

Dr. Martin Vosseler - Anfang des Jahres hat das IASB den neuen internationalen Leasing-Bilanzierungsstandard IFRS 16 veröffentlicht. Vorbehaltlich der Zustimmung der EU-Gremien im sogenannten Endorsement-Verfahren wird er für alle IFRS-Bilanzierer in der Europäischen Union ab 1. Januar 2019 verbindlich anzuwenden sein. Der BDL hat im Rahmen eines Workshops einen breiten Meinungsaustausch über die Einschätzungen und Erwartungen der Leasing-Branche sowie über Anwendungs- und Umsetzungsfragen zu dem neuen Standard durchgeführt. Der Autor zieht hier eine Bilanz der Tagung.

IFRS 16 bedeutet einen Paradigmenwechsel im Bereich der internationalen Leasing-Bilanzierung. Bisher wurde auf der Grundlage einer Beurteilung der Chancen und Risiken zwischen Operating und Finance Leases unterschieden. Bei Ersteren steht die temporäre Nutzungsüberlassung des Leasing-Objekts im Vordergrund, sie bleiben als schwebende Geschäfte in der Bilanz des Leasing-Nehmers unberücksichtigt. Bei Letzteren überwiegt hingegen der Finanzierungscharakter; der Leasing-Nehmer bilanziert wie bei einem fremdfinanzierten Kaufgeschäft. Zukünftig wird diese Differenzierung nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Transaktion aufgegeben. Stattdessen sollen grundsätzlich alle Miet-, Leasing- und sonstigen von IFRS 16 erfassten Geschäfte mit ihren Nutzungsrechten und Verpflichtungen in der Bilanz des Kunden ausgewiesen werden. Im Bereich der Leasing-Geber-Bilanzierung bleibt hingegen alles beim Alten.

Bilanzielles Neuland

Dieses erstmals angewendete Konzept der sogenannten Right-of-Use- oder Nutzungsrechte-Bilanzierung bedeutet völliges Neuland im Bereich der International Financial Reporting Standards (IFRS). Entsprechend groß sind die Herausforderungen für alle, die damit auf unterschiedliche Weise konfrontiert sind - in erster Linie Leasing-Geber, Leasing-Nehmer, Bilanzadressaten und Prüfer. In Deutschland ist dabei zu berücksichtigen, dass nur ein relativ kleiner Teil der Leasing-Nehmer den IFRS-Regeln unterliegt und unmittelbar von IFRS 16 betroffen ist.1) Ganz überwiegend bilanzieren deutsche Leasing-Kunden nach dem Handelsgesetzbuch (HGB), wodurch sich für sie nichts ändert. Gleichwohl ist die Leasing-Branche gut beraten, sich jetzt eingehend mit IFRS 16 zu beschäftigen und sich auf die neue Situation einzustellen.

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) am 30. Juni 2016 in Berlin einen Workshop zu IFRS 16 durchgeführt, über den an dieser Stelle berichtet wird. Mit über 50 Teilnehmern stieß die Veranstaltung auf ausgesprochen reges Interesse. Vertreten waren alle Segmente des deutschen Leasing-Marktes, überwiegend durch Bilanzierungsfachleute und Marktverantwortliche der BDL-Mitglieds- beziehungsweise-Partnerunternehmen. Die Grundlage für das fachliche Programm der Tagung bildete die intensive inhaltliche Arbeit des Bilanz- und Steuerausschusses sowie der Arbeitsgruppe Internationale Rechnungslegung des BDL während des Reformprozesses und seit der Veröffentlichung des neuen Standards im Januar dieses Jahres.

Neben den Fachreferaten bestand - entsprechend dem Charakter eines Workshops - ausgiebig Gelegenheit zu aktiven Diskussionsbeiträgen der Teilnehmer. Auf diese Weise konnte ein erfreulich breiter Meinungs- und Erfahrungsaustausch erreicht werden.

Der Auftakt zu dem Workshop oblag dem Autor dieser Zeilen mit einem kurzen Einführungsstatement, in dem die Entstehungsgeschichte des IFRS 16 rekapituliert und eine Standortbestimmung aus Sicht des BDL vorgenommen wurde:

Standortbestimmung des BDL

Bereits seit der Veröffentlichung erster Überlegungen zu einer Nutzungsrechtebilanzierung durch den Australier Warren McGregor 19962) hat der BDL gemeinsam mit dem europäischen Dachverband Leaseurope die Reform der internationalen Leasing-Bilanzierung eng und kritisch begleitet. Insbesondere nach der offiziellen Aufnahme des Leasing-Projekts in die Agenda des IASB 2006 trat die Leasing-Industrie in einen sehr intensiven Austausch mit den Standardsetzern.3) In unzähligen Kommentarbriefen und Diskussionsbeiträgen zu dem IASB Discussion Paper von 20094) , dem Exposure Draft von 20105) und dem sogenannten Re-Exposure Draft von 20136) wurde elementare Kritik am Grundkonzept der Rightof-Use-Bilanzierung geübt und konstruktive Alternativvorschläge unterbreitet.

Wenngleich die Reform am Ende nicht zu verhindern war, konnten doch im Laufe des Verfahrens erhebliche Verbesserungen und Erleichterungen durchgesetzt werden. Dies betrifft insbesondere die Anwendungskomplexität des Standards, die im Interesse einer Reduzierung des Aufwandes bei der Bilanzerstellung im Vergleich zu den Regelungsvorhaben des Discussion Papers und des ersten Exposure Drafts aus 2010 deutlich verringert werden konnte.

IFRS 16 stellt nicht das Wunschergebnis der Leasing-Wirtschaft dar, das ist nicht zu verhehlen. Eine Überarbeitung des derzeitigen Standards IAS 17 unter konzeptioneller Beibehaltung der Chancen-Risiken-Betrachtung wäre der bessere Weg gewesen, davon sind BDL und Leaseurope nach wie vor überzeugt. Nun gilt es jedoch nach vorne zu schauen und sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen. Das Medienecho auf die Veröffentlichung des IFRS 16 fiel alles in allem erfreulich unaufgeregt und sachlich aus. Selbst führende internationale Rating-Agenturen betonen, dass der neue Standard weder die Ratings der Unternehmen beeinflusst noch die Verfahren, wie diese zustande kommen.7) Mit Unterstützung der Leasing-Geber sollten die IFRS-Bilanzierer in der Lage sein, sich auf die neuen Bilanzierungsanforderungen einzustellen. Der BDL wird diesen Prozess und alle Beteiligten nach Kräften unterstützen. Auf das in diesem Zusammenhang initiierte Projekt zur Etablierung eines Datenstandards für die Bereitstellung bilanzierungsrelevanter Daten vom Leasing-Geber an den Leasing-Nehmer wird am Ende dieses Beitrags vertiefend eingegangen. Der Verband plant ferner, neben dem vorliegenden Workshop noch weitere Veranstaltungen zu IFRS 16 anzubieten, etwa Seminare zur Schulung der Vertriebsmitarbeiter.

Überblick und Schwerpunkte

Den zentralen Part im Workshop übernahm Dr. Peter Adolph, Partner der FAS AG und langjähriges Mitglied der BDL-Arbeitsgruppe Internationale Rechnungslegung. Er verbindet praktische Leasing-Erfahrung aus der jahrelangen Leitung eines BDL-Mitgliedsunternehmens mit dem theoretischen Rüstzeug des ausgewiesenen Accounting-Fachmanns. Sein ausführlicher Vortrag, der den Rahmen für die gesamte inhaltliche Erörterung des IFRS 16 bildete, zeichnete sich deshalb durch besonderen Praxisbezug aus.

Die Vertiefung einzelner Themenkomplexe erfolgte eingebettet in einen umfassenden Gesamtüberblick über den neuen Leasing-Standard. Die Intensität der Nachfragen aus dem Auditorium bestimmte dabei maßgeblich die thematische Schwerpunktsetzung. Folgende Punkte sind exemplarisch hervorzuheben:

Substanzielles Austauschrecht

Anstelle der bisherigen Unterscheidung von Operating und Finance Leases gewinnt zukünftig die Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Leasing-Standards erheblich an Bedeutung. Leasingähnliche Dienstleistungen, die nicht unter die Leasing-Definition fallen, werden weiterhin als schwebende Geschäfte "off balance" behandelt. Eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung spielt die Frage, ob der Transaktion ein bestimmter spezifisch identifizierbarer Vermögenswert zugrunde liegt.8) Ein Lease liegt mangels eines spezifizierten Vermögenswerts nicht vor, wenn der Leistungserbringer ein substanzielles Recht zum Austausch des zugrunde liegenden Objekts hat. Dazu muss er rein praktisch und vertraglich in der Lage sein, während der Laufzeit einen Austausch nach eigenem Ermessen vorzunehmen und daraus unter Saldierung mit den entstehenden Kosten einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.

Im Workshop wurden zahlreiche Fälle diskutiert, in denen von einem substanziellen Austauschrecht auszugehen ist und somit kein Lease im Sinne von IFRS 16 vorliegt. Dies gilt etwa für die Überlassung einer bestimmten Anzahl lediglich typmäßig bestimmter Güterwaggons aus einem Pool des Anbieters. Man war sich darüber einig, dass aus dem Umstand eines tatsächlichen Vollzugs des Austauschs in einer hinreichenden Zahl von Fällen zumindest indiziell auf das Vorliegen eines substanziellen Austauschrechts im zugrunde liegenden Gesamtbestand geschlossen werden kann.

Ausnahmeregelungen

Breiter Raum wurde im Workshop auch der Interpretation der Ausnahmeregelungen für Short-Term- und für Small-Ticket-Leases beigemessen. Für beide Kategorien besteht ein Wahlrecht zur Behandlung analog derzeitiger Operating Leases. Short-Term-Leases9) liegen vor, wenn die vereinbarte Grundmietzeit zwölf Monate nicht überschreitet. Während Verlängerungsoptionen unschädlich sind, solange ihre Ausübung bei Beginn des Leasing-Vertrages nicht "reasonably certain" erscheint, steht die Einräumung einer Kaufoption der Short-Term-Qualifikation grundsätzlich entgegen.

Als Richtwert für eine Beurteilung als Small-Ticket-Lease10) geben die erläuternden Hinweise des Standards einen Neuwert des Leasing-Objekts von 5 000 US-Dollar an. Im Workshop wurde das eher als Anhaltspunkt, denn als kategorische Wertgrenze interpretiert. Dies umso mehr, als im Laufe der Zeit eine Inflationsbereinigung zu berücksichtigen sein wird. Darüber hinaus nennt der Standard exemplarisch typische Small-Ticket-Objekte wie Tablets und PCs, kleinere Büromöbel und Telefone. Umgekehrt werden Kraftfahrzeuge aufgrund ihrer Objektcharakteristik und ungeachtet ihres Neuwerts grundsätzlich von einer Small-Ticket-Behandlung ausgeschlossen. Besonders hervorzuheben ist: Small-Ticket-Leases können auch dann "off balance" bleiben, wenn sie in summa durchaus eine wesentliche Bedeutung für das bilanzierende Unternehmen haben (zum Beispiel 10 000 geleaste PCs im Wert von jeweils unter 5 000 US-Dollar).

Von der explizit im Standard verankerten Small-Ticket-Ausnahme ist der allgemeine Wesentlichkeitsgrundsatz des Rahmenkonzepts der IFRS zu unterscheiden. Angewendet auf IFRS 16 besagt das Wesentlichkeitskriterium: Es kann auf eine "on balance"-Behandlung von Leasing-Verhältnissen verzichtet werden, wenn dies die wirtschaftlichen Entscheidungen der Rechnungslegungsadressaten nicht beeinflusst.11) Im Workshop wurde dazu die Auffassung vertreten, dass bei Leasing-Verbindlichkeiten in Höhe von lediglich einem Prozent der Bilanzsumme noch nicht von Wesentlichkeit auszugehen ist.

Auswirkungen auf die Praxis

Intensive Diskussionen gab es im Workshop erwartungsgemäß zu der Frage, inwieweit sich die neuen Bilanzierungsvorschriften auf die Leasing-Praxis, etwa die Anforderungen der Kunden und die Ausgestaltung der Verträge, auswirken werden. In diesem Zusammenhang wurde konstatiert, dass die Auswirkungen des IFRS 16 auf wesentliche Kennzahlen des Leasing-Nehmers durchaus am bivalent sind. Einerseits erhöht sich der bilanzielle Verschuldungsgrad, andererseits verbessern sich GuV-bezogene Kennzahlen wie EBIT und EBITDA. Gleiches gilt im Bereich der Kapitalflussrechnung, wo sich operativer und Free Cashflow erhöhen, während der Cashflow aus Finanzierungstätigkeit sinkt.

Welche Effekte in der Beurteilung der Leasing-Nehmer beziehungsweise Bilanzadressaten letztlich überwiegen, ist zunächst ungewiss. Dazu wurde im Workshop von verschiedener Seite über Leasing-Kunden berichtet, die den positiven Effekt auf EBIT/EBITDA höher werten als die Auswirkungen auf der Passivseite der Bilanz. Denn dort wird zukünftig lediglich die Schätzung von Verbindlichkeitsäquivalenten stärker formalisiert, die Analysten schon bisher im Zusammenhang mit Operating Leases vornehmen. Dies bestätigt in der Tendenz Erkenntnisse aus den regelmäßigen Marktstudien des BDL, in denen das Kriterium "Bilanzneutralität" unter den Leasing-Motiven der Kunden seit langem eine nachrangige Rolle spielt und zuletzt nicht mal die "Top 10" erreicht hat.12)

Vor diesem Hintergrund wurde im Workshop überwiegend die Erwartung lediglich moderater Auswirkungen des IFRS 16 auf die Leasing-Praxis geäußert. Gewisse Tendenzaussagen erscheinen jedoch möglich: Unterstellt man ungeachtet der vorstehenden Erkenntnisse Leasing-Nehmern ein Interesse an einem möglichst geringen Wertansatz der Leasing-Verbindlichkeiten in der Bilanz, dürfte eine Tendenz zu kürzeren Vertragslaufzeiten bestehen. Denn bei der Bewertung der Leasing-Verbindlichkeit ist auf die fest vereinbarte Grundmietzeit abzustellen.13) Verlängerungsoptionen sind nur zu berücksichtigen, wenn ihre Ausübung "reasonably certain" (also hinreichend sicher) erscheint.

Um in diesem Zusammenhang auch dem Amortisationsinteresse des Leasing-Gebers Rechnung zu tragen, könnte der Einsatz von Restwertgarantien in Betracht kommen. Anders als noch in IAS 17, fließen Restwertgarantien nach IFRS 16 nicht mehr mit ihrem maximalen Erfüllungsbetrag, sondern nur noch mit dem erwarteten Inanspruchnahmebetrag in die Bewertung der Leasing-Verbindlichkeit ein.14) Im Workshop wurde darauf hingewiesen, dass Restwertgarantien des Leasing-Nehmers wirtschaftlich praktisch gleichbedeutend sind mit Andienungsrechten des Leasing-Gebers. Vor diesem Hintergrund spricht vieles dafür, die in IFRS 16 nicht explizit erwähnten Andienungsrechte auch bilanziell analog zu behandeln und nur in Höhe der Differenz zwischen vereinbartem Andienungspreis und gegebenenfalls erwartetem geringerem Marktwert des Leasing-Objekts in die Bewertung der Leasing-Verbindlichkeit einzubeziehen.

Neben tendenziell kürzeren Laufzeiten könnte der ohnehin am Markt zu beobachtende Flexibilisierungstrend dahingehend verstärkt werden, dass vermehrt nutzungsabhängige Leasing-Raten zum Einsatz kommen (Stichwort "pay per use"). Denn neben fixen sind variable Leasing-Raten (-Bestandteile) nur dann bei der Bewertung der Leasing-Verbindlichkeit zu berücksichtigen, wenn sie sich auf die Entwicklung bestimmter Indizes oder Zinssätze beziehen. Keine Berücksichtigung finden hingegen variable Raten, die von der Nutzungsintensität des Leasing-Objekts oder sonstigen Faktoren (etwa der Performance des Leasing-Nehmers) abhängen.15) Es liegt auf der Hand: Eine höhere Variabilität der Leasing-Raten geht mit steigenden Anforderungen an die Risiko- und Asset-Management-Fähigkeit des Leasing-Gebers einher.

Sicht der Wissenschaft

Nahtlos anknüpfend an die vorangehenden Betrachtungen beleuchtete Professor Dr. Rolf Uwe Fülbier den neuen Leasing-Standard aus Sicht der Wissenschaft. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Internationale Rechnungslegung der Universität Bayreuth und forscht seit langem auch auf dem Gebiet der Leasing-Bilanzierung.

Im Rahmen einer vorangestellten konzeptionellen Würdigung äußerte sich Fülbier kritisch zu IFRS 16 und bezweifelte, dass die vom IASB gesetzten Reformziele auch tatsächlich erreicht wurden. Er verwies auf zahlreiche konzeptionelle Brüche, etwa die Unvereinbarkeit von Leasing-Geber- und Leasing-Nehmer-Bilanzierung, die Durchbrechung des Grundsatzes der Nichtbilanzierung von Dauerschuldverhältnissen und die Fremdartigkeit einer Rechtebilanzierung im System der IFRS. Zweifel bestehen auch hinsichtlich Objektivität und Aussagefähigkeit der Bilanzangaben bei zunehmender Komplexität in der Anwendung.

Auf der Grundlage empirischer Forschungsergebnisse konstatierte Fülbier zwar für leasingintensive Wirtschaftssektoren (zum Beispiel Luftfahrt, Einzelhandel) deutliche Bilanzstrukturauswirkungen durch die bisherige Nichtbilanzierung von Operating Leases. Er warf jedoch mit Blick auf die bereits jetzt verfügbaren Informationen in Anhang und GuV die Frage auf, ob Bilanzadressaten dadurch tatsächlich fehlgeleitet werden. Die dazu vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen ergeben demnach für verschiedene Adressatengruppen ein uneinheitliches Bild.

Eindeutig festzustellen ist jedoch: Eventuelle Fehleinschätzungen einzelner Adressaten nehmen mit zunehmender Größe und Professionalität ab, beziehungsweise spielen angesichts der Verwendung externer, um die Operating-Lease-Effekte korrigierter Ratings ohnehin keine Rolle. Für eine Fehlleitung des Kapitalmarkts gibt es jedenfalls keinen Beleg.16) Angesichts dessen besteht zumindest Anlass zu berechtigten Zweifeln, ob der Nutzen des IFRS 16 die mit seiner Einführung und Anwendung verbundenen, noch nicht abschließend zu quantifizierenden Kosten rechtfertigt.

Projekt Datenstandard

Der letzte Themenkomplex widmete sich den informationstechnischen Herausforderungen des IFRS 16. Im Rahmen eines kurzen Einführungsreferats veranschaulichte Patrick Götting von der Daimler AG, wie sein Haus den neuen Standard nicht nur als Leasing-Geber, sondern mit erheblichem Transaktionsumfang auch als Leasing-Nehmer umzusetzen hat. Er skizzierte die beiden grundsätzlich in Betracht kommenden alternativen Ansätze zur Administration der dazu benötigten Daten, nämlich intern über eigene Vertragsverwaltungssysteme des Leasing-Nehmers oder extern unter Rückgriff auf den Datenbestand des Leasing-Gebers. Vor allem für Leasing-Nehmer mit kleinerem Portfolio dürfte sich die Einrichtung einer eigenen Vertragsverwaltung oftmals nicht lohnen. Hier kann eine externe Datenbereitstellung durch den Leasing-Geber eine sinnvolle Lösung sein. An dieser Stelle setzt ein unlängst vom BDL initiiertes Projekt an, dessen Grundzüge im Anschluss kurz vorgestellt wurden. Das Ziel ist die Festlegung eines einheitlichen branchenweiten Datenstandards, mit dem Leasing-Geber ihren Kunden IFRS-16-relevante Informationen unabhängig von den auf beiden Seiten eingesetzten IT-Systemen zur Verfügung stellen können. Dabei geht es um die Bereitstellung von Rohdaten in spezifizierter Form und Güte, die dann vom Leasing-Nehmer in eigener Verantwortung zu Buchungssätzen zu verarbeiten sind.

Grundsätzlich bleibt es dem jeweiligen Leasing-Geber überlassen, welche vertragsbezogenen Daten er tatsächlich liefern will. Der Vorteil der Standardisierung liegt darin, dass sowohl auf Leasing-Geber- als auch auf Leasing-Nehmer-Seite jeweils nur eine entsprechend angepasste Datenschnittstelle eingerichtet werden muss. Bei den Teilnehmern des Workshops stieß das BDL-Projekt auf große Zustimmung. Auch vonseiten der Leaseurope wurde die Idee aufgeschlossen aufgenommen; perspektivisch ist hier sogar an einen europäischen Standard zu denken. Erste Gespräche mit Vertretern des Berufsstands der Wirtschaftsprüfer geben Anlass zu der Hoffnung, auch von dieser Seite entsprechenden Rückenwind für das Projekt zu erhalten.

Bilanz des Workshops

IFRS 16 stellt die Leasing-Branche vor Herausforderungen, die zu bewältigen sind; das hat der Workshop eindeutig gezeigt. Wenngleich die inhaltliche Kritik an IFRS 16 weiterhin Bestand hat, besteht kein Grund, an der Attraktivität des Leasings mit seinen vielfältigen betriebswirtschaftlichen Vorteilen zu zweifeln. Die IFRS-Bilanzierer werden sich mit Unterstützung der Leasing-Geber auf die neuen Bilanzierungsanforderungen einstellen können, sodass auch in diesem Marktsegment keine nennenswerten negativen Auswirkungen auf die Leasing-Nachfrage zu befürchten sind.

Allen Beteiligten ist zu empfehlen, sich zeitnah mit IFRS 16 zu beschäftigen und die damit verbundenen Effekte proaktiv und transparent den jeweiligen Stakeholdern zu kommunizieren. Denn an den wirtschaftlichen Gegebenheiten von Leasing-Transaktionen ändert sich faktisch nichts - sie werden lediglich anders abgebildet.

1) Küting hat 2011 eine Studie vorgestellt, wonach sich die Zahl der nach IFRS erstellten veröffentlichten Konzernabschlüsse in Deutschland 2009 auf eine Größenordnung von lediglich etwas mehr als 800 belief (vgl. http://www.bvbcstiftung.de/index.php/nachrichten/43-bilanzierungsehrwenigeifrsanwenderindeutschlandhgbdochkeinauslaufmodell; abgerufen am 19.7.2016).

2) Vgl. McGregor, Accounting for Leases: A New Approach, in: Financial Accounting Series No. 193-A, 1996. Im Jahr 2000 wurde der McGregor-Ansatz inhaltlich vertieft und konkretisiert (vgl. Nailor/Lennard, Leases: Implementation of a New Approach, in: Financial Accounting Series No. 206-A, 2000).

3) Neben dem International Accounting Standards Board (IASB) hat das US-amerikanische Financial Accounting Standards Board (FASB) im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts an der Reform mitgewirkt. Das im Februar 2016 veröffentlichte US-Pendant zu IFRS 16, Accounting Standards Update No. 2016-2 - Leases (Topic 842), unterscheidet sich von diesem jedoch in wesentlichen konzeptionellen Punkten.

4) Vgl. IASB, Discussion Paper DP/2009/1, Leases - Preliminary Views, 2009.

5) Vgl. IASB, Exposure Draft ED/2010/9, Leases, 2010.

6) Vgl. IASB, Exposure Draft ED/2013/6, Leases, 2013.

7) Vgl. FitchRatings, Pressemitteilung vom 29.2.2016, Fitch: Lease Accounting Rule Changes Won't Hit Corporate Ratings.

8) Vgl. zum Folgenden IFRS 16.B13-19.

9) Vgl. zum Folgenden IFRS 16.5-8 und IFRS 16.A.

10) Vgl. zum Folgenden IFRS 16.5-8 und IFRS 16.B3-8.

11) Vgl. IFRS Rahmenkonzept, Ziff. 30.

12) Vgl. BDL, Leasing in Deutschland 2015, S. 12 f.

13) Vgl. IFRS 16.18-21.

14) Vgl. IAS 17.4 und IFRS 16.27(c).

15) Vgl. IFRS 16.27. Im Rahmen einer Missbrauchsverhinderungsvorschrift sind jedoch solche Raten zu berücksichtigen, die - obgleich formal variabel strukturiert - de facto fix und damit für den Leasing-Nehmer unvermeidlich sind (vgl. IFRS 16.B42).

16) Vgl. zum Vorstehenden Fülbier/Fehr, Bilanzwirksamkeit und -unwirksamkeit von Leasingverhältnissen aus Sicht der empirischen Forschung, in: Journal für Betriebswirtschaft 2013, S. 207 ff.

DER AUTOR: Dr. Martin Vosseler, Berlin,ist seit 2010 Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Leasing-Unternehmen e.V. (BDL). Auf das Studium der Betriebswirtschaftslehre folgte 2000 die Promotion und der Eintritt in den BDL, zunächst als Referatsleiter Bilanzierung und Steuern.E-Mail: vosseler[at]leasingverband[dot]de
Dr. Martin Vosseler , Geschäftsführer, Bundesverbandes Deutscher Leasing-Unternehmen e.V., Berlin
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