Beschleunigungsspur statt Abstellgleis

Heinz-Peter Renkel

Rund drei Viertel aller Neufahrzeuge in Deutschland werden inzwischen über Leasing- und Finanzierungsmodelle auf die Straße gebracht. Die Mitglieder des AKA konnten auf ihrer diesjährigen Pressekonferenz einmal mehr die Fortsetzung ihres Wachstumskurses verkünden und mit einem Vertragsbestand von über 104 Milliarden Euro neue Rekordwerte erzielen. Ihre Stärke liegt dabei gerade in ihrem schlichten, klar strukturierten und fokussierten Geschäftsmodell. Doch in Zeiten, in denen durch zunehmende Digitalisierung nahezu alle Geschäftsmodelle in Frage gestellt werden, müssen auch sie offen sein für neue Wege und Lösungsansätze, um mit den heutigen Kundenbedürfnissen "auf Ballhöhe" zu bleiben. Ansonsten kann die Beschleunigungsspur von heute schon morgen ein Abstellgleis sein.

Denn auch im Automobilvertrieb hat die Digitalisierung signifikante Auswirkungen auf die Interaktionsmöglichkeiten zwischen Kunden, Automobilherstellern und ihren Finanzgesellschaften, Versicherungen, Handelspartnern und so weiter. Viele Kunden recherchieren heutzutage bei der Wahl eines neuen Fahrzeugs primär online, bevor sie sich mit konkreten Kaufabsichten zum Händler begeben. Konditioniert durch Amazon und Co., erwarten sie vielmehr das komplette Angebotsportfolio inklusive Finanzdienstleistungen online - und dies einfach, transparent und vor allem reibungslos bis zum Verkaufsabschluss. Mehr als jeder zweite Kunde wäre dazu bereit, sein neues Fahrzeug direkt über die Herstellerwebseite zu bestellen, zwei von fünf Kunden würden darüber hinaus auch die passende Finanzdienstleistung online abschließen. Das darin steckende Potenzial ist enorm.

Im Gegensatz zu anderen Finanzdienstleistungsbranchen war für die Autobanken bislang der Automobilhandel der exklusive Vertriebsweg. Bezüglich eines digitalen Finanzangebots haben sie sich in den vergangenen Jahren sehr zurückgehalten, was sowohl in der Orientierung an der Online-Strategie des Herstellers als auch in einigen Spezifika ihres Geschäftsmodells gründet. Wer jedoch langfristig erfolgreich sein will, muss die Chancen digitaler Kanäle optimal ausnutzen - und zwar nicht trotz, sondern zusammen mit dem Handel.

Sowohl Hersteller, Handel als auch Finanzdienstleister unterliegen gemeinsam einem Transformationsprozess, in dem sie ihre neue Rolle finden müssen. War es vor einigen Jahren noch so, dass der Händler als erster Kontaktpunkt des Kunden "schrankfertiges" Geschäft an die Autobank übergab, so haben sich die Verhältnisse gedreht. Erste Angebote im Markt zeigen, wie nun der Finanzdienstleister das Geschäft mit dem Kunden online anbahnt, abschließt und es daraufhin fertig an den Händler übergibt. Seit dem 1. Juli hat das deutsche Signaturgesetz - eine der wesentlichen Hürden des Online-Direktvertriebs für Banken - ausgedient, sodass selbst der Vertrags abschluss schnell und rechtssicher online möglich sein wird. Auf entsprechende neue Lösungen im Markt darf man gespannt sein.

Dr. Heinz-Peter Renkel, Geschäftsführer im Arbeitskreis der Banken und Leasinggesellschaften der Automobilwirtschaft (AKA), Köln

Dr. Peter Renkel , Verbandsgeschäftsführer der "Banken der Automobilwirtschaft (BDA)" und leitet die Geschäftsstelle in Köln
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