Heute, 15 Jahre später, schlagen sich Anzeichen dieser damaligen Erwartungen auch in den Zahlen nieder. So lag laut Gesamtwirtschaftlicher Finanzierungsrechnung Ende 2015 der Bestand der an Unternehmen ausgereichten Bankkredite um immerhin zwei Prozent unter dem Niveau von 2005. Gleichzeitig sind bei den Unternehmen die Bestände an Bargeld und Einlagen um rund 50 Prozent gestiegen, das Volumen der von ihnen selbst im Rahmen der Innenfinanzierung an Konzerneinheiten oder Tochtergesellschaften gewährten Kredite sogar um rund 75 Prozent. Die Bedeutung der Banken und Sparkassen als Finanzierer sinkt also schleichend, wenngleich von hohem Niveau kommend. Das trifft die Institute in einer Zeit der aufgrund der Niedrig- oder gar Negativ-Zinspolitik der EZB ohnehin kaum noch vorhandenen Margen natürlich schwer. Allerdings verlief die Entwicklung differenziert: Bei Instituten mit starkem Bezug zum Mittelstand wie Sparkassen, Kreditgenossenschaften und Regionalbanken hat das Kreditvolumen auch 2015 noch zugelegt, bei Instituten, die eher auf Großunternehmen ausgerichtet sind, nimmt es weiter ab.
An Bedeutung gewonnen hat die Innenfinanzierung, die tendenziell mit einem Anteil von im Durchschnitt der vergangenen Jahre rund 65 Prozent am gesamten Mittelaufkommen ohnehin wichtigste Finanzierungsquelle der Unternehmen ist. Auch neue Quellen der Außenfinanzierung werden verstärkt genutzt. Hierzu zählen Private-Equity-Gesellschaften und ähnliche Kapitalgeber ebenso wie der Kapitalmarkt. Auch dabei spielt die EZB eine nicht unerhebliche Rolle. Denn während der Markt für Mittelstandsanleihen nahezu tot ist und mitunter nur zur Ausplatzierung von Risiken "missbraucht" wird, boomt der Euro- Primärmarkt für Corporate Bonds. Nach einem schwachen Jahresstart hat der Euro-Primärmarkt für Corporate Bonds im zweiten Quartal ein Rekordvolumen erreicht, beflügelt durch die Ankündigung der EZB, ihre Ankäufe von Staatsanleihen auf Unternehmensanleihen auszuweiten.
Wozu braucht man da noch die großen Unternehmensfinanzierer, unkt manch einer angesichts dieser Entwicklung schon. Zu früh! Natürlich wird der Bankkredit noch lange wichtigste Fremdfinanzierungsquelle der Realwirtschaft bleiben, allerdings mit geringeren Volumina und auch geringeren Einnahmen als bisher.
Philipp Otto,
Chefredakteur FLF, Frankfurt/M.