Überall, jederzeit und jeder gegen jeden

Philipp Otto

Wo findet in Zukunft das Bankgeschäft statt? Und wer übernimmt große Teile der Wertschöpfungskette? Schaut man sich die hektische Betriebsamkeit der deutschen Banken und Sparkassen dieser Tage an, scheinen auch die Verantwortlichen noch keine richtige Antwort auf diese Fragen zu haben. Klar ist lediglich: Alles beim Alten bleibt sicherlich nicht.

Zunächst das Wo. Filialen sind und bleiben ein wesentlicher Bestandteil der Vertriebsnetze. Doch sie sind auch teuer. Nach einer Untersuchung der Beratungsfirma Boston Consulting Group beliefen sich die Erträge, die dem Filialgeschäft im Massenkundensegment zugeschrieben werden können, 2014 in Deutschland auf rund 18 Milliarden Euro.

Das entspricht 70 bis 80 Prozent der Segmenterträge. Nach Abzug von Betriebs- und Risikokosten verblieb ein Deckungsbeitrag von gerade einmal 500 Millionen Euro. Bis 2018 werden sich die Erträge aus dem Filialgeschäft auf 14 Milliarden Euro reduzieren, so die Prognose. Doch Schließen ist nur bedingt eine Antwort.

Denn die Kunden sind äußerst ambivalent: 55 Prozent von ihnen wünschen verschiedenen Untersuchungen zufolge innovative Filialkonzepte, aber sechs von zehn haben Interesse an Mobile Banking. 63 Prozent der Kunden wickeln standardisierte Bankgeschäfte wie Überweisungen und Kontoabfragen heute schon online ab. Gleichzeitig kommt aber für mehr als drei Viertel aller Verbraucher als Hausbank nur in Frage, wer Filialen betreibt.

Der zukünftige Erfolg wird also sehr stark von einer intelligenten Verzahnung der Vertriebswege abhängen.

Doch hier gehen die Strategien weit auseinander. Die Hypo-Vereinsbank beispielsweise hält Filialen in der Breite für überflüssig. Für die Commerzbank kommt ein Abbau der Hälfte oder selbst nur von einem Drittel der Niederlassungen dagegen nicht in Frage. Und die PSD-Bank Niederbayern-Oberpfalz findet das Regionalprinzip, das einen familieninternen Wettbewerb bei Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken und eben auch PSD-Banken vermeiden soll, überflüssig, da es im Internet ja auch nicht gelte, und macht sich bundesweit auf Kundenfang.

Und das Wer? Auch da zeichnen sich nachhaltige Veränderungen ab. Im Zahlungsverkehr haben Amazon, Google und Apple längst eigene Angebote am Markt. Welch großes Potenzial Plattformen für das Kreditgeschäft haben, zeigt das Beispiel Lending Club in den USA. Das Unternehmen ging jüngst an die Börse. Das deutsche Unternehmen Auxmoney ist davon zwar noch weit entfernt, wächst aber Jahr für Jahr stetig. Die Frage bei diesem Wettbewerb ist nicht mehr wie in der Vergangenheit, ob das Konto, das natürlich in erster Linie bei den Banken und Sparkassen geführt wird, der Anker der Kundenbeziehung bleibt, denn dann droht die Kreditwirtschaft lediglich auf den Kosten für die Infrastruktur sitzen zu bleiben, während andere die Margen einstreichen. Entscheidend wird sein, ob die Institute weiterhin Teil der Wertschöpfungskette bleiben, sprich, ob es gelingt, aus den neuen Wettbewerbern Kooperationspartner zu machen. Viel Glück!

Philipp Otto, Chefredakteur FLF, Frankfurt/M.

Philipp Otto , Geschäftsführer, Verleger, Chefredakteur , Verlag Fritz Knapp, Verlag Helmut Richardi, Verlag für Absatzwirtschaft
Noch keine Bewertungen vorhanden


X