Interview mit Lars Reder

"Aufsicht hat die Qualitätswahrnehmung des 'Leasings' gesteigert"

Lars Reder

Die Leasing-Branche ist im Vergleich zum Jahr 2009 heute deutlich stabiler aufgestellt. Dafür zeichnet auch die Aufsicht über die Institute verantwortlich, betont der Autor. Während sich manche Häuser mit allen nur erdenklichen Mittel wehren, setze die Mehrzahl die regulatorischen Anforderungen mit der gebotenen Ernsthaftigkeit um. Es sei zu kurz gedacht, dass Aufsicht nur Geld koste und nichts bringe. Denn dabei würden die vermiedenen Schäden ignoriert. Die gute Nachricht: Zusätzliche konkrete Regulierungsvorhaben sieht die BaFin derzeit nicht auf die Branche zurollen.

Herr Reder, seit 2008 unterliegen die Leasing-Gesellschaften in Deutschland der Aufsicht durch die BaFin. Wie fällt eine Bilanz aus Ihrer Sicht aus?

Das ist eine Frage des Blickwinkels. Aufwand und Kosten für die Aufsicht haben vor allem viele kleine Institute zur Aufgabe des Leasing-Geschäfts bewogen. Ich persönlich empfinde das aus dem Blickwinkel der Diversifizierung des Leasing-Marktes als schade. Allerdings hatte der Gesetzgeber diesen Effekt schon 2008 mit Einführung der Aufsicht einkalkuliert.

Auf der anderen Seite war eine Reihe vom Markt nun verschwundener Leasing-Institute unsolide aufgestellt oder verfolgte gar unseriöse Geschäftsmodelle. Die Aufsicht hat insofern Schadensvertiefungen verhindert. Aus diesem Blickwinkel haben wir die öffentliche Qualitätswahrnehmung des Produkts "Leasing" und das Vertrauen hierein gesteigert. Davon profitiert die Branche, die in den letzten Jahren trotz geringerer Institutsanzahl beachtliche Umsatzsteigerungen erwirtschaften konnte.

Sicher empfindet die Leasing-Branche die Aufsicht als lästig. Ob jährlich 17 Seiten Beteiligungsmeldungen in doppelter Ausfertigung notwendig sind, mag diskussionswürdig sein. Aber der Kern der Aufsicht, nämlich ihr ein angemessenes und vorsorgendes Risikomanagement nachzuweisen, bedeutet einen Gewinn für die Branche. Denn es steigert die Belastbarkeit des einzelnen Instituts und schafft Vertrauen bei Refinanzierungspartnern. Zum Zeitpunkt der

Einführung der Leasing-Aufsicht analysierten und steuerten nur sehr wenige Institute systematisch und hinreichend sensibel ihre individuellen Risiken. Man könnte es mit der Einführung der Gurtpflicht im Straßenverkehr vergleichen. Am Anfang empfanden es die meisten Autofahrer als lästig. Inzwischen ist es für jedermann selbstverständlich, dass der tägliche Mehraufwand des Anschnallens im Ernstfall das Überleben sichern kann. Wer sich die gesetzlichen und aufsichtlichen Vorgaben also zu eigen macht, hat einen echten Nutzen davon.

In der Gesamtschau ist nach meiner Einschätzung die Leasing-Branche im Vergleich zu 2009 deutlich gestärkt aufgestellt.

Wie viele Gesellschaften beaufsichtigt die BaFin direkt?

Zum 31. Dezember 2015 standen 352 Leasing-Institute (sowie 25 Leasing-Institute mit zusätzlicher Factoring-Erlaubnis) unter BaFin-Aufsicht. Zum 31. Dezember 2014 waren es 362 (plus 27), zum 31. Dezember 2013 waren es 383 (plus 27). Im Vergleich standen zum 31. Dezember 2010 noch 499 Leasing-Institute (plus 40) unter Aufsicht.

Die Zahl ist gegenüber 2008 spürbar zurückgegangen, allein 2015 gaben mehr als 30 Unternehmen ihre Lizenz zurück: Ist das eine Folge der Regulierung?

Die Regulierung trägt sicher einen Teil dazu bei, dass die Anzahl der Leasing-Institute zurückgegangen ist. Es nur auf die Regulierung zu schieben, wäre aber zu einfach. Es gibt vielfältige Gründe, die zum Erlöschen von Erlaubnissen führen. Beispielsweise konsolidieren Konzerne ihre Gruppenstruktur insbesondere dann, wenn Sie die Leasing- oder ihre gesamte Finanzsparte verkaufen möchten. Dazu werden verstreute Leasing-Töchter auf ein zentrales Institut verschmolzen mit der Folge, dass jene Erlaubnisse erlöschen. Steuerliche Aspekte spielen auch eine Rolle.

Andere Leasing-Institute fusionieren aus Wettbewerbsgründen. Das ein oder andere Institut "erlischt statistisch" wegen formwechselnder Umwandlung. Umgekehrt stehen den in 2015 erloschenen Erlaubnissen 13 neu erteilte Erlaubnisse gegenüber. All das relativiert die blanken Zahlen etwas. Im Übrigen ist auch bei den Banken seit vielen Jahren ein spürbarer Abschmelzungstrend zu beobachten - und dort ist die Regulierung nicht verhältnismäßig jung wie bei den Leasing-Instituten.

Ist der Begriff "KWG-light" noch zutreffend? Werden Leasing- Unternehmen immer noch weniger reguliert als andere Finanzdienstleistungsbranchen?

Ja. Im Vergleich zur Bankenbranche würde ich bei dieser Aussage die Worte "immer noch" sogar in den gegenteiligen Ausdruck "umso mehr" ändern: Während bei den Banken die Regulierungsdichte in den letzten Jahren wesentlich zugenommen hat und zwischenzeitlich europäische Rechtsakte mit hohem Komplexitätsgrad eingeführt wurden (zum Beispiel die Capital Requirements Regulation mit 521 Artikeln), ist der Grad der Aufsichtskomplexität für Leasing-Institute verhältnismäßig konstant geblieben.

Zutreffend ist, dass die eine oder andere regulatorische Vorgabe aus dem Bankenkosmos auch auf Finanzdienstleister durchschlägt (zum Beispiel die Institutsvergütungsverordnung), unter anderem auch weil das Kreditwesengesetz und seine Verordnungen die Normbefehle grundsätzlich an "Institute" richten. "Institute" sind nicht nur Kreditinstitute, sondern auch Finanzdienstleistungsinstitute, zu denen die regulierten Leasing-Unternehmen zählen. Die gewichtigen Änderungen und wirklich komplizierten Vorschriften zu den Eigenmittelanforderungen, Konsolidierungspflichten, Meldepflichten, Stressszenarien, Liquiditätssteuerung et cetera finden nach wie vor keine Anwendung auf Leasing-Institute. Neuere Änderungen im Kreditwesengesetz, die primär auf Banken zielen, hat der Gesetzgeber auch nur an diese Zielgruppe adressiert, um (auch) Leasing-Institute nicht in Bedrängnis zu bringen. Als Beispiel könnte man die Mandatsbeschränkungen für Geschäftsleiter und Aufsichtsräte benennen, deren harte Einschränkungen nur für bestimmte CRR-Institute gelten.

Selbst im Vergleich zu anderen Finanzdienstleistern, also Nichtbanken, ist die Regulierung unverändert geringer. Denn auch andere Finanzdienstleister haben Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen, erweiterte Meldepflichten oder beispielsweise bei der Erlaubniserteilung ein Mindestanfangskapital nachzuweisen. All das gilt für Leasing-Institute nicht.

Finanzminister Schäuble hat jüngst wieder von der "Small-Banking-Box" gesprochen. Kann es da auch eine "Leasing Box" geben?

Denkmodelle halte ich schon deshalb für wichtig, um das aktuelle Handeln regelmäßig kritisch zu reflektieren. Umgekehrt bedeutet das aber auch: Ein bestehendes Modell sollte man nur dann ändern, wenn ein Alternativmodell tatsächlich besser ist. Die Schwierigkeit bei einer "Small-Leasing-Box" wäre, ein ausgewogenes Alternativmodell zu entwickeln, welches bestimmte Finanzmarktteilnehmer nicht übermäßig bevorzugt oder benachteiligt. Dabei darf man sich nicht im "Leasing-Binnenraum" verfangen, sondern muss fairerweise sämtliche Spieler auf dem Finanzplatz im Blick behalten.

Zu berücksichtigen ist, dass die Leasing-Branche durch die "KWG-light"-Aufsicht bereits erheblich privilegiert ist. Ich persönlich habe den Eindruck aus verschiedenen Äußerungen von Leasing-Instituten, dass man dort kein hinreichend tiefes Verständnis hat, was beispielsweise geltende Eigenkapitalregulierung samt ihres aufsichtlichen Spiegelbildes real bedeutet und wie gewichtig die Privilegien der Leasing-Institute tatsächlich sind.

Es stimmt, dass der Leasing-Markt heterogen ist. Er bewegt sich zwischen Ein-Mann-Instituten mit einer Bilanzsumme von einigen hunderttausend Euro bis zu Schwergewichten von über 24 Milliarden Euro Bilanzsumme mit SSM-Aufsichtsverbund. Das erzwingt meines Erachtens aber nicht automatisch eine neu zu entwickelnde "Small-Leasing-Box". Denn die geltende Leasing-Regulierung eröffnet in ihrem Kern eine sehr große Flexibilität und passt sich innerhalb klarer Leitplanken in ihrer Intensität und ihrem Umfang der Größe des einzelnen Instituts an. Trotz einiger "Immer-Pflichten" für alle, vor allem das Meldewesen und die Prüfungspflicht, ist das zentrale und inhaltlich anspruchsvolle Element der Leasing-Aufsicht - nämlich die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation mit einer angemessenen Risikosteuerung und stets ausreichend Risikodeckungsmasse - ein institutsindividuelles Konstrukt.

Kleine Institute können beispielsweise ihre Risikotragfähigkeit mit wenig Aufwand steuern und nachweisen, mittelgroße müssen schon etwas mehr leisten und von großen Leasing-Instituten erwarten wir komplexe banktypische Modelle. Der Ansatz wird auch durch Konzeption und Inhalte der MaRisk gefördert. Hinzu kommt, dass neben diesem "proportionalen Impact der regulatorischen Vorgaben" auch die Fokussierung unserer laufenden Aufsicht risikoorientiert mit Blick auf Größe und/oder Instituts- und Systemrisiken erfolgt. Ein kleines Institut mit dem ("grünen") Rating einer guten Umsetzung des Aufsichtsrechts wird weit weniger intensiv aufsichtlich begleitet als ein großes ("rotes") Probleminstitut.

Zu bedenken ist in dem Gedankenspiel einer "Small-Leasing-Box" auch, dass man schon in der Entstehungsgeschichte der "KWG-light"-Aufsicht im Jahr 2008 über Schwellenwerte mit Vereinfachungen für besonders kleine Leasing-Institute nachgedacht hatte. Diese Idee hat der Gesetzgeber aber unter dem Eindruck des Grundsatzes der Gleichbehandlung und der "KWG-light"-Aufsicht mit dessen flexiblem Aufsichtsansatz verworfen.

Ich persönlich sehe noch ein ganz anderes, massives Risiko in derartigen Szenarien, die Leasing-Regulierung abzuschmelzen: Gegenwärtig bilden die Leasing-Regulierung und -Aufsicht ein Bollwerk der Leasing-Branche gegen wirtschaftliche Nachteile, die mittelbar durch die europäische Bankenregulierung hereinbrechen könnten. Aktuell sind die Refinanzierungskonditionen der Banken für Leasing-Institute nur deshalb auf einem wirtschaftlich vertretbaren Niveau, weil bestimmte europäische Ausnahmeregelungen (noch) so ausgelegt werden, dass die deutsche Leasing-Aufsicht als eine der Bankenaufsicht "vergleichbar robuste" Aufsicht verstanden wird. Das ist schon heute ein durchaus diskussionswürdiger Punkt.

In dem Moment, in dem sie aber nicht mehr als "vergleichbar robust" verstanden würde, müssten die Banken bei der Refinanzierung von Leasing-Instituten eine erheblich höhere Eigenkapitalunterlegung vornehmen. Diese internen Mehrkosten würden die Banken in ihren Konditionen sehr spürbar an die Leasing-Institute weiterreichen. Ein "Abschrauben" von Leasing-Regulierungen birgt als Kehrseite also ein reales Kostenrisiko für die Leasing-Branche, möglicherweise sogar ein wirtschaftliches Fortbestehensrisiko.

Perspektivisch gedacht wird man dieses latente Refinanzierungskostenrisiko vermutlich nur durch eine europäisch harmonisierte Mindestaufsicht von Leasing-Instituten beseitigen können. Das sehe ich aber in weiter Ferne und mit vielen Klippen behaftet.

Gilt Proportionalität auch in der Aufsicht über Leasing-Gesellschaften, gibt es Erleichterungen für kleine Unternehmen?

Ja. Vom ersten Tag seit Einführung der Leasing-Aufsicht haben sich Politik und Aufsicht unmissverständlich zu einer "Aufsicht mit Augenmaß" bekannt. Das umfasst selbstverständlich die Anwendung des Proportionalitäts- beziehungsweise Verhältnismäßigkeitsgedankens. Ich ermutige regelmäßig die Leasing-Institute, hiervon beherzt Gebrauch zu machen.

Die Regulierung soll kein Selbstzweck sein, sondern sie soll die Institute mit gewissem Nachdruck dazu bewegen, sich individuell angemessen mit ihren Risiken auseinanderzusetzen und die Sicherungsmechanismen entsprechend anzupassen. Die MaRisk geben dazu eine wertvolle Anleitung, die aus vielen Jahren Erfahrung gewachsen ist. Sie soll aber nicht als zwingende Checkliste für teilweise absurde Pflichtübungen missverstanden werden. So passen zum Beispiel die Anforderungen zu einem Liquiditätstransferpreissystem schlicht nicht zum üblichen Leasing-Institut. Als anderes Beispiel von Erleichterungen können sich kleine Institute von der Errichtung der Risikocontrolling- und Compliance-Funktionen befreien lassen und nutzen diese Möglichkeit auch fast flächendeckend.

Gelegentlich gibt es aber bei Instituten Verständnisprobleme, dass auch die Proportionalität Grenzen hat und kein Instrument sein darf, sich grundlegender regulatorischer Anforderungen zu entledigen. Die Aufsicht hat einen öffentlichen Auftrag und führt als Exekutivorgan nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung ohne Wenn und Aber die von der Legislative beschlossenen gesetzlichen Vorgaben aus. Weder ignoriert sie klare Normbefehle gegenüber den Instituten, noch erfindet sie willkürlich eigene Anforderungen.

Was sind für Sie als Aufseher derzeit die wesentlichen Themen, über die Sie mit den Unternehmen sprechen?

Im Moment steht glücklicherweise kein übergreifendes "brennendes Thema" an. Dennoch gibt es einen Kanon von Dauerthemen, die aufsichtlich immer spannend sind und bleiben. Dazu zählen die leasingspezifischen Risiken (zum Beispiel die Restwertentwicklung der Leasing-Güter), die Risikotragfähigkeitsberechnung, die Substanzwertberechnung, Refinanzierungsoptionen und auch die operationellen Risiken. Neben dem Betrugsrisiko werden die IT-induzierten Risiken immer präsenter.

Auch wenn wir keine Solvenzaufsicht betreiben, behalten wir mit Interesse die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des einzelnen Instituts stets im Blick, ebenso seinen Kostenapparat und bestimmte "weiche" Positionen der Substanzwertrechnung wie prognostizierte Abwicklungskosten. Man kann sich kein Bild über eine Risikotragfähigkeitsrechnung machen, wenn man sich nicht einen Überblick über die Gesamtlage verschafft. Das gilt umso mehr, wenn man keine absoluten Eigenmittelvorgaben hat, auf deren Basis der Aufsicht aggregierte Kennzahlen geliefert werden.

Werden auch die Leasing- Unternehmen von SREP-Aufschlägen betroffen sein? Wenn ja, wie hoch werden diese im Schnitt ausfallen?

Da die Leasing-Institute wegen der "KWG-light"-Aufsicht keinen absoluten Eigenmittelanforderungen unterliegen, sondern nur mittelbar über die Risikotragfähigkeitsrechnung eine hinreichende Risikodeckungsmasse nachweisen müssen, werden sie nach meinem Verständnis nicht von SREP-Zuschlägen betroffen sein.

Wie beurteilen Sie den Umgang der Leasing-Unternehmen mit Blick auf die Regulierung: Passt das Risikomanagement beispielsweise, ist Regulierung Chefsache, oder funktioniert die Kommunikation mit der Aufsichtsbehörde gut genug? Wo sehen Sie noch Verbesserungspotenzial?

Das ist ähnlich heterogen wie die Größe der beaufsichtigten Leasing-Institute, wobei die Größe keine Korrelation zur ernsthaften Umsetzung der Regularien mitbringt. Einige Institute arbeiten vorbildlich, andere wehren sich mit jedem erdenklichen Mittel. Im ganz großen Mittelfeld habe ich den Eindruck, dass die Institute die regulatorischen Anforderungen mit der gebotenen Ernsthaftigkeit verfolgen. Nicht immer wird "aus der aufsichtlichen Not eine Tugend" gemacht und damit vielleicht auch die Chance von Synergien vertan. Häufig denkt man immer noch oberflächlich: Regulierung kostet nur Geld und spült nichts in die Kasse. Dabei werden die vermiedenen Schäden ignoriert.

Wie sehr wird der Paradigmenwechsel in der Leasing- Bilanzierung durch die Anwendung von IFRS 16 die Leasing-Branche verändern? Ist eine weitere Konsolidierung zu befürchten?

Nach meiner Kenntnis bleibt mit IFRS 16 die Leasing-Geber-Bilanzierung im Wesentlichen unverändert. Ob sich die Veränderungen aufseiten der Leasing-Nehmer-Bilanzierung negativ auf die Leasing-Branche auswirken, etwa weil das Produkt "Leasing" durch den Wegfall der bilanzneutralen Wirkung für sie unattraktiver wird, kann ich nicht vorhersagen.

Ab kommendem Jahr gilt eine "Offenlegungspflicht nichtfinanzieller Informationen" auch für Leasing-Unternehmen, was verbirgt sich dahinter?

Wie ich es verstehe, möchte die Europäische Union mit diesen Offenlegungspflichten EU-weit einheitlich "Corporate Social Responsibility" (CSR)-relevante unternehmensspezifische Informationen abfordern. Nach meiner Kenntnis sind aber nur große Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern betroffen. Die beaufsichtigten Leasing-Institute haben üblicherweise deutlich weniger Mitarbeiter, sodass sie nicht unmittelbar berichtspflichtig sind. Denkbar ist natürlich, dass sie als Konzernunternehmen eventuell "nach oben" zuliefern müssen. Dieses Thema wird aber nicht von der Leasing-Aufsicht nachverfolgt.

Die Bekämpfung von Geldwäsche ist ein großes Thema für die Aufsicht, auch bei Leasing-Unternehmen? Gibt es hier Verdachtsfälle? Wie zufrieden sind sie mit der Umsetzung und der Einhaltung der Vorschriften durch die Gesellschaften?

Auch Leasing-Institute geben Verdachtsmeldungen an die Strafverfolgungsbehörden ab. Ich persönlich schätze das Finanzierungsleasing eher als sperrig ein, um Geldwäsche darüber zu betreiben. Der Geldwäscher möchte regelmäßig sein illegal erwirtschaftetes Geld in den "sauberen" Geldkreislauf einschleusen, also sein Geld als solches wiedersehen. Ein Nutzungsrecht an einem Leasing-Gut aus einem mit illegal erwirtschafteten Geldern bedienten Leasing-Vertrag zu erwerben, wird Kriminelle regelmäßig wenig motivieren, wenngleich man sich auch hier nicht pauschal sicher fühlen darf.

Ein neuer Leasing-Nehmer, der zum Beispiel mit hoher Anzahlung für einen hochpreisigen Leasing-Gegenstand plötzlich - wirtschaftlich nicht nachvollziehbar - den Leasing-Vertrag nicht mehr bedient und für die Rückabwicklung hohe Schadensersatzzahlungen in Kauf nimmt, um eine (scheinbar saubere) Restrückzahlung vom Leasing-Institut zu erhalten, könnte ein Geldwäscher sein und eine Verdachtsanzeigepflicht auslösen.

Ich sehe den Fokus beim Leasing an anderer Stelle, was ich den Leasing-Instituten gegenüber auch regelmäßig betone. Die Präventionsmechanismen, um Geldwäscher abzuschrecken und sie leichter ermitteln zu können, sind nahezu identisch mit den Mechanismen zur Betrugsvermeidung.

Wer also ein konsequentes System zur Geldwäscheprävention gemäß den gesetzlichen Vorgaben und internationalen Empfehlungen aufgebaut hat und dieses ernsthaft im Institut lebt, der hat gleichzeitig die Infrastruktur für ein Schutzsystem gegen Betrüger geschaffen. Denn die Ungereimtheiten und Auffälligkeiten, die das Geldwäschepräventionssystem auswirft, sollten gleichermaßen bei Betrugsfällen Alarm auslösen.

Worauf müssen sich die Leasing-Unternehmen in den kommenden Jahren mit Blick auf die Regulierung einstellen, was kommt noch auf die Branche zu?

Das ist das spannende am Thema Aufsicht: Man weiß nie, welche Überraschung morgen wartet. Die Aufsicht folgt vielfach als Reflex dem Handeln der Institute. Etwas provokativ könnte man also die These aufstellen, dass die Institute den Grad der Regulierung und der Aufsichtsintensität jedenfalls teilweise mit bestimmen. Binnenregulatorische Themen wie "Schattenbanken" oder "vergleichbar robuste Aufsicht" werden weiter auftauchen, externe Anknüpfungspunkte sind vielfältig, zum Beispiel ein medienwirksamer Skandal oder eine große Sammelklage. Vieles kann die Richtung der Leasing-Aufsicht in der Zukunft verändern. Konkrete Vorhaben sind mir im Moment aber nicht bekannt.

Das Interview führte Philipp Otto, Chefredakteur FLF.

Lars Reder ist Leiter des Referats GW 6 der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), das für die Aufsicht über die norddeutschen Finanzierungsleasing- und Factoring-Institute zuständig ist.
Philipp Otto , Geschäftsführer, Verleger, Chefredakteur , Verlag Fritz Knapp, Verlag Helmut Richardi, Verlag für Absatzwirtschaft
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