Bausparen

Sind die Abschlussgebühren im Bausparen notwendig?

Verbraucherverbände überziehen einige Bausparkassen mit Prozessen, in denen sie den Wegfall der bei Bausparverträgen zu zahlenden Abschlussgebühren erreichen wollen1). Sie stützen sich dabei vor allem auf eine Veröffentlichung von Dr. h.c. Gerd Nobbe, dem Vorsitzenden Richter des XI. Zivilsenats im BGH, der die Abschlussgebühr AGB-rechtlich für unzulässig hält2). Der Vertragsab schluss als solcher und die Eröffnung des Bausparkontos seien keine Dienstleistung. Da aus den Abschlussgebühren die Provisionen des Außendienstes aufgebracht würden, handele es sich um Vertriebskosten.

Dieser Meinungsäußerung ist Prof. Dr. Mathias Habersack aus vorwiegend juristischer Sicht überzeugend entgegengetreten3). Im Folgenden soll nun die bauspartypische Abschlussgebühr aus der Sicht des Bausparmathematikers, dessen Funktion im Bausparwesen insbesondere darin besteht, über die Funktionsfähigkeit des kollektiven Bausparsystems zu wachen, untersucht werden. Es wird sich die Vermutung bestätigen, dass sich sowohl das Bestreben der Verbraucherschützer als auch die Ansicht des Richters weitgehend auf Missverstehen oder gar Unkenntnis der Besonderheiten des in Deutschland seit mehr als 80 Jahren erfolgreich betriebenen Bausparmodells zurückführen lassen.

Der Bausparvertrag - Vertragsart sui generis

Im Bausparvertrag sind Sparen und Darlehensaufnahme in ein und demselben Vertrag fest verknüpft, eine Koppelung, die es sonst im Finanzwesen nirgends gibt. Der Bausparer hat zunächst einen Sparprozess zu absolvieren, bis er mit der Zuteilung4) den Rechtsanspruch auf die Auszahlung der Bausparsumme, die sich aus Bausparguthaben und Bauspardarlehen zusammensetzt, realisieren kann.

Zu den Vorleistungen, wenn man so will, zu dem "Preis" für das zinsgünstige und zinsgarantierte Bauspardarlehen, gehört aber nicht nur die Hinnahme der Niedrigverzinslichkeit des Bausparguthabens (in modernen Bauspartarifen beträgt die Guthabenverzinsung oft 1,0 oder 1,5 Prozent), sondern auch die Entrichtung der Abschlussgebühr (meist in Höhe von 1,0 Prozent der Bausparsumme) sowie eine ausreichend hohe Sparerleistung, das heißt das Erreichen einer Bewertungszahl, die mindestens so hoch ist wie die Zielbewertungszahl (das ist die niedrigste für eine Zuteilung ausreichende Bewertungszahl).

Die Unvergleichbarkeit des Bausparens mit dem Spar- und Darlehensgeschäft "normaler" Kreditinstitute zeigt sich vor allem in der Tatsache, dass Bausparen als Einzelgeschäft nicht betrieben werden kann. So wie im Versicherungsgeschäft ein Risikoausgleich nur in einer Versichertengemeinschaft gelingt, müssen die Bausparverträge in die Bauspargemeinschaft eingebettet sein. Man spricht deshalb auch vom kollektiven Bausparsystem. Man kann die Abschlussgebühr als Eintrittsgeld für den Beitritt zur Bauspargemeinschaft ansehen, deren Gesamtorganisation der Bausparkasse obliegt. Diese Pflicht schließt zuvörderst eine dauernde Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Systems ein, die vom Neugeschäft, also auch von den hierfür unvermeidlichen Abschlusskosten, abhängig ist.

In diesem Gefüge ist die Abschlussgebühr ein integraler Bestandteil, der nicht ersatzlos herausgebrochen werden darf, wenn nicht das ganze Modell beschädigt, insbesondere die Ertragslage der Bausparkasse gefährdet werden soll. Bei der Kalkulation eines Bauspartarifs ist nicht nur auf die bauspartechnische Erfüllbarkeit der Verträge zu achten, sondern auch darauf, dass die Erträge aus Abschlussgebühr, Zinsspanne und sonstigen Einnahmen für die Bausparkasse auskömmlich sind. An der Standfestigkeit ist nicht nur die Bausparkasse selbst interessiert, sondern auch jeder einzelne Bausparer, der bei ihr einen Bausparvertrag abschließt.

Abschlussgebühr für einen Kombinationsvertrag

Zwar durchläuft jeder Bausparvertrag zunächst eine Sparphase, deren Länge von der relativen Höhe der Sparbeiträge, aber auch von dem Niveau der Zielbewertungszahlen abhängt. Es wäre aber zu kurz gegriffen, wenn man die Abschlussgebühr nur der Sparzeit zurechnen würde. Immerhin gibt es außerhalb des Bausparens genügend reine Sparvorgänge, an deren Beginn eine - oft relativ höhere - Gebührenbelastung steht. Man denke nur an den Erwerb von Aktien, Fondsanteilen und anderen Wertpapieren. Schließlich ist hier auch die kapitalbildende Lebensversicherung zu nennen, wenn man einmal von dem mit ihr verbundenen Versicherungsschutz absieht.

Im Bausparen entfällt immer auch ein Teil der Abschlussgebühr auf den Darlehensraum der Bausparsumme, der bei den meisten Bauspartarifen 50 bis 60 Prozent hiervon ausmacht. Folgerichtig wird die Abschlussgebühr, soweit der Darlehensanspruch die Bausparsumme bedeckt, bei der Berechung des effektiven Jahreszinses des Bauspardarlehens (verteuernd) berücksichtigt. Einem Bausparer, für den zunächst der Sparvorgang im Vordergrund steht, mag vielleicht die Erhebung eines "Eintrittsgeldes" für den Beitritt zu einer Bauspargemeinschaft nicht gleichermaßen einsichtig sein wie dem bereits konkret an die Verwirklichung einer wohnungswirtschaftlichen Maßnahme Denkenden, aber auch dieser "Sparer", wie er vereinfachend genannt sei, kann sich bewusst machen, dass er mit fortschreitender Sparzeit die Anwartschaft auf die Gegenleistung des Bausparkollektivs erwirbt.

Auch eine denkbare Argumentation derart, dass man die Abschlussgebühr allenfalls für den Darlehensnehmer als zulässig betrachtete, nicht aber für "Sparer", verfängt nicht. Es liegt im freien Ermessen des Bausparers, das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen; insbesondere kann er dazu nicht gezwungen werden. Gleichwohl erwirbt der "Sparer" mit zunehmender Sparzeit eine wachsende Anwartschaft auf den Darlehensanspruch, genauso wie der Bausparer, der den Rechtsanspruch auf das Bauspardarlehen wahrnimmt. Man kann mithin so wenig von "unechten" Bausparern sprechen, wie man die weitaus meisten - überlebenden Versicherten in der Todes- und Erlebensfallversicherung "unechte" Lebensversicherte nennen würde.

Keinem Zweifel kann es unterliegen, dass die Notwendigkeit, für den Bausparvertrag eine Abschlussgebühr zahlen zu müssen, klar und eindeutig aus ABB und Antragsvordruck zu ersehen ist. Transparenter geht es nicht. Darüber hinaus wird der Antragsteller genau darüber aufgeklärt, welche Gebühren- und Zinsbelastungen ihm aus dem Vertrag erwachsen werden, beginnend mit der Abschlussgebühr, über eventuelle Kontogebühren und eine Darlehensgebühr, wenn sie denn erhoben werden, bis zu den Darlehenszinsen und Gebühren für nicht planmäßige Vertragsänderungen.

Transparentes Nettoprinzip

Bis vor Kurzem hob sich dieses Nettoprinzip des Kostenrahmens vorteilhaft von dem Bruttoprinzip ab, das beispielsweise in der Lebensversicherung herrschte. Dort blieben dem Versicherungsnehmer die in den Versicherungsbeitrag eingerechneten einmaligen und laufenden Kosten, das heißt die von ihm zu tragenden Abschluss- und Verwaltungskosten, verborgen. Nach der VVG-Novelle werden sie auch nur für den konkreten Einzelfall mitgeteilt.

Der finanzielle Vorteil des Bausparens gegenüber der Lebensversicherung ist in Wahrheit noch größer: Der Bausparer kann sicher sein, dass er durch den Vertragsabschluss nicht mit höheren Abschlusskosten als der Abschlussgebühr belastet wird. Wie die Bausparkasse mit den außerdem noch anfallenden "außerrechnungsmäßigen" Abschlusskosten (die nicht durch die Abschlussgebühren gedeckt sind) zurecht kommt, braucht ihn nicht zu interessieren. In der Lebensversicherung gehen die außerrechnungsmäßigen Abschlusskosten zulasten der Erträge, vermindern die Überschussbeteiligung und sind damit von der Versichertengemeinschaft aufzubringen.

Verursacherkongruente Erhebung der Abschlussgebühr

Der Abschluss eines Bausparvertrages verursacht Kosten. Nicht nur dem Abschlussvermittler ist eine Provision zu zahlen, die Bausparkasse muss auch eine Außendienst-Organisation unterhalten, Werbung betreiben, den Vertrag verwaltungs- und kontenmäßig einrichten, die Einlösung der Bausparverträge überwachen und anderes mehr. Letztlich obliegt der Bausparkasse das Gesamtmanagement für die Arbeitsweise der Bauspargemeinschaft; die anteiligen Kosten der Abschluss- beziehungsweise Einlösungsphase gehören ebenfalls hierher.

Keineswegs trifft mithin die Argumentation von Nobbe zu, der Vertragsabschluss stelle keine Dienstleistung dar. Bausparen ist kein Bring-, sondern ein Holgeschäft, das akquiriert werden muss, darin durchaus der Lebensversicherung ähnlich. Ohne dauernden, nicht unbedingt völlig gleichbleibenden, schon gar nicht fortwährend steigenden Neuzugang von Bausparverträgen funktioniert das Bausparen nicht.

Die Kosten, die aus der Notwendigkeit resultieren, das künftige Neugeschäft sicherzustellen, müssen die Bausparer tragen, wer sonst? Wie die Bausparkasse die Einnahmen aus der Abschlussgebühr verwendet, darauf kommt es nicht an. Auch im sonstigen Finanzgeschäft und in der Wirtschaft überhaupt hat der Kunde kein Anrecht, die Preise nach Arbeitslöhnen, Material, Gewinnspanne, Steuern und so weiter aufgegliedert zu erfahren.

Alle Bausparer von Vertriebskosten betroffen

Da alle Bausparer von der Einrichtung der Bauspargemeinschaft profitieren, ist es auch gerechtfertigt, die Kosten der Gesamtheit der Bausparer anzulasten und nicht nur den Darlehensnehmern, wie es beispielsweise geschähe, wenn man den Wegfall der Abschlussgebühr durch eine Erhöhung des Darlehenszinssatzes oder der Darlehensgebühr zu kompensieren versuchen wollte.

Zwar würden die potenziellen Kündiger und Darlehensverzichter an der ferner bestehenden Kompensationsmöglichkeit, der Herabsetzung des Guthabenzinssatzes partizipieren, doch stößt die Vertragsgestaltung hier angesichts tariflicher Sätze von 1,0 bis 1,5 Prozent und des Grundsatzes der Aufsichtsbehörde, Tarife ohne Guthabenzinsen nicht zu genehmigen, an Grenzen.

Die Belastung mit Abschlussgebühren hat den weiteren Vorzug, dazu beizutragen, den Bausparer davor zu bewahren, überhöhte Bausparsummen zu zeichnen. Tatsächlich schließen die "Sparer" überwiegend Verträge über niedrige Bausparsummen in der Größenordnung von 15 000 bis 20 000 Euro ab und gelangen später über Erhöhungen der Bausparsumme oder Zusammenlegung von Bausparverträgen zu Bausparmitteln, die einen merklichen Beitrag zur Wohnungsfinanzierung leisten.

Absenkung der Guthabenzinsen - keine adäquate Ersatzlösung

Es ist bereits erwähnt worden, dass für die Ausweitung der Spanne zwischen den Tarifsätzen von Darlehenszinsen und Guthabenzinsen - als Ersatz für entgehende Abschlussgebühren - kein ausreichender Spielraum vorhanden ist. Die Absenkung aus der Habenseite scheitert an den ohnehin schon minimalen Guthabenzinsen der aktuellen Tarife.

Eine vereinfachte Überschlagsrechnung zeigt sofort den engen Bewegungsraum auf: Angenommen, alle Bausparguthaben wüchsen linear in sieben Jahren auf 40 Prozent der Bausparsumme an (für viele Verträge eine zu optimistische Unterstellung), so bedeutet dies ein durchschnittliches Bausparguthaben von 20 Prozent der Bausparsumme und nach der siebenjährigen Sparzeit eine Gesamtguthabensumme von 7 x 20 Prozent = 140 Prozent der Bausparsumme. Eine Ermäßigung des Guthabenzinssatzes um 0,5 Prozent lieferte dann nur einen Ertrag von 0,005 x 140 Prozent = 0,7 Prozent der Bausparsumme und das auch nur linear anwachsend und kumuliert in sieben Jahren Sparzeit. Bemerkenswert ist vor allem das anfänglich sich auftuende Defizit.

Generell gilt, dass sich in einem Anlaufstadium - sei es, dass eine neu gegründete Bausparkasse den Geschäftsbetrieb aufnimmt, sei es, dass eine bereits existierende Kasse einen neuen Tarif einführt - bei der Bausparkasse nur erst allmählich niedrigverzinsliche Bausparguthaben ansammeln, welche die Basis für Erträge sein könnten.

Erhöhung der Darlehenszinsen nicht zielführend

Nicht besser sieht es auf der Darlehensseite aus. In anlaufenden Beständen gibt es bis zu den ersten Zuteilungen keine Bauspardarlehen, also auch keine tariflichen Darlehenszinsen. Die Aufschubzeit bis zum Wirksamwerden einer Heraufsetzung des Darlehenszinssatzes wäre also noch länger als auf der Guthabenseite.

Wenn ein Bausparbestand im Zeitpunkt der Einführung des Wegfalls der Abschlussgebühr vorhanden ist, so bestünde keine feste Relation zwischen dessen Bausparsummen, Bausparguthaben oder Bauspardarlehen einerseits und der Bausparsumme des Neuzugangs andererseits. Auch hieraus geht hervor, dass im gedachten Fall ein sachgerechtes Instrument, nämlich die Abschlussgebühr, durch eine völlig unzulängliche, dazu noch intransparente Regelung ersetzt werden müsste.

Eine Erhöhung der Darlehenszinsen würde überdies die Attraktivität des Bausparens mit seinem zinsstabilen und zinsgünstigen Darlehensanspruch beeinträchtigen. Die Bausparkassen können auf die Ertragskomponente Abschlussgebühr nicht verzichten. Sie würden also, wenn die Klage der Verbraucherschützer wider Erwarten Erfolg hätte, geeignete Kompensationsregelungen einführen, die am Ende den Bausparer summa summarum nicht besser stellen als bisher. Vor diesem Hintergrund fragt sich, was mit den Prozessen überhaupt erreicht werden soll und kann. Das deutsche Bausparen verknüpft in einzigartiger Weise Spar- und Kreditvorgang. Der Bausparvertrag kann deshalb nicht mit dem üblichen Spar- und Darlehensgeschäft von Kreditinstituten verglichen werden. Für das Bausparen und seine Besonderheiten gilt die Lex specialis Bausparkassengesetz (BSpkG)5). Darin und in der dazu ergangenen Bauspar-kassen-Verordnung (BSpkV) sind zahlreiche Vorschriften für das nur Bausparkassen erlaubte Bauspargeschäft niedergelegt.

Keine bessere Lösung

Das kollektive Bausparen erfordert zur Einhaltung dauerhaft günstiger Zuteilungsverhältnisse und eines angemessenen Sparer-Kassen-Leistungsverhältnisses (SKLV) einen kontinuierlichen Neuzugang, der nur gesichert werden kann, wenn die Bausparkasse Erträge aus den Abschlussgebühren erzielt, die zu den Abschlusskosten in direkter Relation stehen und diese weitgehend decken. In den Gesetzestexten und -materialien ist die Abschlussgebühr als Vertragsbestandteil, den es unbeanstandet seit den Anfängen des Bausparens in den 20er Jahren gibt, als selbstverständlich vorausgesetzt.

Es ist nicht zu erkennen, dass es eine bessere Lösung des Problems der Kostendeckung für das unentbehrliche Neugeschäft gibt als die für den Bausparer klar ersichtliche Abschlussgebühr. Deren Abschaffung durch Richterspruch wäre ein unverantwortlicher Eingriff in das intakte und solide Bausparsystem in Deutschland, eine Verschlechterung und Schädigung, die vor dem Hintergrund der weltweiten Finanzmarktkrise, von der die deutschen Bausparkassen nicht betroffen sind, einem Treppenwitz der Geldgeschichte gleich käme.

Fußnoten

1) sfu, Streit über Gebühren der Bausparkassen, FAZ vom 6. August 2008.

2) Gerd Nobbe, Zulässigkeit von Bankentgelten, WM 2008, Seite 185.

3) Mathias Habersack, Das Abschlussentgelt bei Bausparverträgen - ein Fall für das AGB-Recht? WM 2008, Seite 1857.

4) Wegen der Begriffe und Bezeichnungen im Bausparwesen siehe Hans Laux, Die Bausparfinanzierung, 7. Auflage 2005, 236 Seiten, Verlag Recht und Wirtschaft, Heidelberg.

5) Näheres in Otto Schäfer/Ekkehard Cirpka/ Andreas J. Zehnder, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 5. Auflage 1999, 694 Seiten, Domus-Verlag, Bonn.

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