Pro und Kontra

Ist die Erhöhung der Grunderwerbsteuer gerechtfertigt?

PRO

Ein sozialer Beitrag

Das Gesetz über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer wurde vom Landtag beschlossen und am 29. November 2010 im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg verkündet. Danach beträgt die Grunderwerbsteuer für Erwerbsvorgänge, die ab dem 1. Januar 2011 (Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes) verwirklicht werden, 5,0 Prozent der Bemessungsgrundlage statt bisher 3,5 Prozent. Ich bekenne mich dazu, dies initiiert zu haben, obwohl mir durchaus bewusst ist, dass Steuererhöhungen nicht populär sind.

Mein Ziel war und ist es, die Nettoneuverschuldung bei der Finanzierung des Landeshaushalts zu begrenzen. Denn Tatsache ist nun mal, dass die Verschuldung des Landes Brandenburg nach Abschluss des Haushaltsjahres 2009 18,3 Milliarden Euro oder 7 282 Euro pro Einwohner beträgt. Ich sehe mich in der Verantwortung, diesen Schuldenberg zu Lasten nachfolgender Generationen nicht noch weiter anwachsen zu lassen und mit den materiellen Ressourcen die soziale Modernisierung des Landes voranzubringen. Dazu gehört aber auch, Gestaltungsräume zu eröffnen. Das ist für mich Ausdruck einer zukunftsfähigen, das heißt nachhaltigen Finanzpolitik.

In diesem Sinne sind wir dabei, konsequente Einsparungen vorzunehmen, insbesondere bei den Personalausgaben. Auf der anderen Seite können wir es uns nicht leisten, vorhandene Steuerquellen nicht auszuschöpfen. Der Solidarpakt II läuft aus, bis zum Jahr 2019 werden die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen vollständig wegfallen.

Die ungünstige demografische Entwicklung stellt eine weitere Herausforderung dar. Brandenburg wird sich, wie viele andere Länder auch, zukünftig verstärkt aus eigener Kraft finanzieren müssen. Im Vergleich zu den an anderen Stellen anstehenden Belastungen beziehungsweise einschneidenden Einsparungen erscheint mir die Anhebung des Steuersatzes in dem vorgenommenen Umfang durchaus moderat. Ich halte diesen Weg für richtig und sehe mich in guter Gesellschaft mit einigen Ländern, die ebenfalls von der im Rahmen der Föderalismusreform geschaffenen Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht haben oder dies erwägen.

Die Mehreinnahmen aus der Anhebung des Steuersatzes werden für 2011 auf 37,5 Millionen Euro geschätzt, von denen die Kommunen zu 20 Prozent partizipieren. 7,5 Millionen Euro mehr für die Kommunen ist eine beachtliche Größenordnung. Geht unsere Schätzung auf, werden 30 Millionen Euro dem Land verbleiben; Mehreinnahmen, die übrigens nicht über den Länderfinanzausgleich nivelliert werden.

Selbstverständlich haben wir uns in der Koalition auch mit den vorgebrachten Einwendungen und Befürchtungen auseinandergesetzt und durchaus abgewogen. So wurde argumentiert, die Anhebung um 1,5 Prozentpunkte werde potenzielle Eigenheimbesitzer und Investoren "vergraulen". Brandenburg gerate bei der Standortwahl gewissermaßen ins Abseits. Diese Befürchtungen teile ich ausdrücklich nicht.

Das Land Brandenburg bietet auch nach der Anhebung des Steuersatzes eine überaus attraktive Infrastruktur. Daneben dürften auch weiterhin als entscheidende Auswahlkriterien die Lage des Grundstücks und der Gesamtkaufpreis gelten. Die Höhe der Grunderwerbsteuer ist demgegenüber für die Investitionsentscheidung von untergeordneter Bedeutung.

Von kommunaler Seite ist auf mögliche nachteilige Auswirkungen aufmerksam gemacht worden, da die Städte, Gemeinden und Ämter als Beteiligte an Grundstückserwerben und damit als Steuerschuldner von der geplanten Steuererhöhung selbst betroffen sein können, sofern keine Steuerbefreiungsvorschrift greift. Das ist prinzipiell richtig, allerdings dürfte dieser Nachteil durch den ihnen im kommunalen Finanzausgleich zusätzlich zufließenden Anteil überkompensiert werden.

Die Anhebung des Steuersatzes leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung. Die entstehenden zusätzlichen Belastungen sind maßvoll und können von den Betroffenen wirtschaftlich getragen werden; sie sind sozial gerecht.

Dr. Helmuth Markov, Minister der Finanzen des Landes Brandenburg, Potsdam.

KONTRA

Sonderbelastungen ohne Kompensation

Werden Immobilieneigentümer gerecht besteuert? Nein! Für Immobilien gelten im Gegensatz zu anderen Vermögenswerten einige steuerliche Besonderheiten. Schon beim Vermögenserwerb gibt es Unterschiede. So unterliegt beispielsweise der Erwerb von Aktien nicht der Umsatzsteuer. Immobilienerwerber müssen dagegen die "Sonderumsatzsteuer" Grunderwerbsteuer zahlen, die in Abhängigkeit von der Gesetzeslage im jeweiligen Bundesland zwischen 3,5 und 5,0 Prozent des Kaufpreises ausmacht.

Hinzu kommen weitere umsatzsteuerpflichtige Leistungen rund um den Immobilienerwerb wie beispielsweise Makler- und Notarkosten. Unter Umständen werden Bauherren beim Immobilienerwerb sogar doppelt belastet. Der Europäische Gerichtshof hat vor einiger Zeit entschieden, dass die Praxis der Finanzbehörden, beim Grundstückserwerb auch den anschließenden Wert des Neubaus der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen, nicht zu beanstanden ist, obwohl Bauleistungen bereits der Umsatzsteuer unterworfen werden.

Auch im Bereich der Ertragsbesteuerung gibt es Unterschiede zwischen mobilen Vermögenswerten, wie beispielsweise Barvermögen, und Immobilienvermögen. Seit 2009 unterliegen Kapitalerträge - von einigen Ausnahmen abgesehen - einer pauschalen Besteuerung von 25 Prozent (Abgeltungsteuer) zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuern. Im Gegensatz dazu unterliegen die Erträge von Immobilien der Regelbesteuerung. Miet- und Pachteinnahmen unterliegen der linear-progressiven Einkommensteuer von bis zu 42 Prozent, besonders "Reiche" zahlen auf ihre Einkünfte sogar einen Satz von 45 Prozent, jeweils zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuern. Begründet wurde die Einführung der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge damit, das Interesse privater Anleger, Kapital aus steuerlichen Gründen ins Ausland zu verlagern, zu mindern. Eine Gefahr, der bei Immobilien verständlicherweise nicht begegnet werden muss, denn diese können nicht über die Grenze geschafft werden.

Eine weitere Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Vermögenswerten stellt die Belastung mit Grundsteuer dar. Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine stetig wachsende, stabile Einnahmequelle, zum Beispiel im Gegensatz zur Gewerbesteuer. Für die Immobilieneigentümer ist sie - nach der Suspendierung der Vermögensteuer im Jahr 1996 - eine Sondervermögensteuer, die auch erhoben wird, wenn eine Immobilie selbst genutzt oder ertragslos ist. Aktuell wird in den Ländern eine Reform der Grundsteuer diskutiert, nachdem der Bundesfinanzhof im vergangenen Sommer eine Überarbeitung angemahnt hatte. Mittlerweile liegen verschiedene, recht unterschiedliche Modelle auf dem Tisch. Allen gemeinsam ist, dass den Kommunen das Recht zur Festlegung der Hebesätze und damit der letztlichen Steuerlast erhalten bleibt.

Auch bei der Erbschaftsteuer setzt sich die Ungleichbehandlung von Immobilien gegenüber anderen Vermögensarten fort. Von der Steuerfreistellung der Übertragung des sogenannten Familienheims auf den Ehegatten oder die Kinder abgesehen, ist es gerade das private Immobilienvermögen, das durch die Neuregelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer trotz einiger Sonderregelungen tendenziell benachteiligt wurde.

Neben dem Ansatz aktueller Verkehrswerte wirken die zum Teil stark angehobenen Steuersätze nachteilig für Immobilienerben oder Beschenkte. Und während Unternehmen und land- und forstwirtschaftliche Betriebe weitestgehend steuerfrei auf die nächste Generation übertragen werden können, beschränkt sich die Vergünstigung der Erwerbe vermieteter Wohnimmobilien auf einen zehnprozentigen Verschonungsabschlag.

Neben den steuerlichen Lasten, denen Eigentümer von Immobilien unterworfen sind, treten weitere öffentliche

Abgaben für Straßenausbau, Straßenreinigung, die Regen- und Abwasserentsorgung oder für Dichtheitsprüfungen. Das sind regelmäßig wiederkehrende Belastungen, die in keiner Steuerbelastungsstatistik auftauchen. Den in den letzten Jahren stetig angehobenen Lasten stehen - in früheren Jahren als Kompensation gedachte Vergünstigungen wie die degressive Abschreibung, die Wohnungsbauprämie und die Eigenheimzulage - heute faktisch keinerlei Hilfen mehr gegenüber. Sowohl die selbst genutzte als auch die vermietete Immobilie wurden immer stärker als fiskalische Einnahmequelle genutzt; vor dem Hintergrund der staatlichen Verschuldung ist auch keine Tendenzwende zu erwarten.

Dr. Rolf Kornemann, Präsident, Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e. V. - Haus & Grund Deutschland -, Berlin.

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