Schwerpunkt Immobilien-Spezialfonds

Hohe Standards - vom Regulator gewünscht, von Kunden gefragt

In einer sozialen Marktwirtschaft muss der Staat laut Elke König, Präsidentin der BaFin, den Verbraucher schützen, indem er einen geeigneten ordnungsrechtlichen Rahmen schafft. Der von der BaFin-Präsidentin formulierte Anspruch markiert spätestens seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers und der folgenden Finanzmarktkrise die Leitlinie der Regulierung der Kapital- und Investmentmärkte in Europa: Nahezu alle seitdem auf den Weg gebrachten, neuen Gesetze oder Novellen verfolgen das erklärte Ziel, Anleger besser zu schützen. Nach Jahren intensiver Debatten, verbunden mit großer Unsicherheit und Unklarheit, nimmt das neue Bild der reformierten Finanzmarktregulierung nun auch in Deutschland allmählich Form an.

Im vergangenen Jahr hat sich mit der Umsetzung der AIFM-Richtlinie der EU in deutsches Recht durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) der regulatorische Rahmen für die Anbieter von Investmentprodukten grundlegend geändert. Damit verbunden sind zusätzliche Anforderungen an das Reporting, die von den Managern der Sondervermögen zu erfüllen sind. Große Teile der Branche sind noch damit beschäftigt, die eigenen Strukturen und Prozesse an die neuen Gegebenheiten anzupassen; dabei tauchen immer wieder Fragen auf, wie die Regeln im Detail zu verstehen sind. Unterdessen stehen schon die ersten Nachbesserungen am KAGB in Form von Reparaturgesetzen ins Haus: Am 11. Juli dieses Jahres stimmte der Bundestag einem Gesetzesentwurf zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarkts (FinMarktAnpG) zu. Darin wurden redaktionelle Korrekturen zur ersten beschlossenen Fassung des KAGB vorgenommen, etwa bei der Definition der geschlossenen AIF und von Immobiliengesellschaften.

Solvency II kommt

Während Geburtsfehler oder Kinderkrankheiten der ersten KAGB Ausgabe (hoffentlich) korrigiert werden, kommt das nächste große Neuregulierungsprojekt: Solvency II. Bei dem neuen Aufsichtsregime für Versicherungen in Europa geht es nun um die Umsetzung der EU-Vorgaben in nationales Recht. Dies soll bis Anfang 2015 abgeschlossen sein. Ende Juli verschickte das Bundesfinanzministerium einen Referentenentwurf zur "Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen" an weitere Ministerien zur Abstimmung.

Das am Ende entstehende Gesetz wird nicht nur den Versicherungen zusätzliche Pflichten in Reporting und Risikomanagement auferlegen, die laut Gesetzentwurf für die Branche zu tragende Aufwendungen in dreistelliger Millionen-Euro-Höhe bedeuten. Die Regeln werden auch die Immobilieninvestmentmärkte und die Anbieter entsprechender Produkte und Lösungen beeinflussen. Gehören doch Versicherungen zu den wichtigsten Anlegergruppen am Immobilienmarkt. Da es angesichts der anhaltenden niedrigen Kapitalmarktzinsen immer schwieriger wird, Investments mit einer auskömmlichen Renditeperspektive zu realisieren, steigt die Nachfrage nach Immobilien weiter: In der Studie "Trendbarometer Immobilienanlagen der Assekuranz 2014" von Ernst & Young Real Estate gab rund die Hälfte der befragten Versicherungen an, die Immobilienquote im eigenen Portfolio weiter steigern zu wollen. Der durchschnittliche Wert soll demnach bis zum Jahresende von aktuell 7,3 auf 7,7 Prozent zulegen.

Was die Versicherungen betrifft, ist gleichfalls für die Anbieter am Immobilieninvestmentmarkt relevant. Obwohl der Prozess zur Anpassung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) in Deutschland an die Inhalte und Ziele von Solvency II noch am Anfang steht und viele Details offen sind, laufen die Vorbereitungen auf die zu erwartenden Umstellungen bereits.

Im Fokus stehen aus Sicht der Anbieter von Immobilienfonds die Vorschriften für die Eigenmittelausstattung von Versicherungsunternehmen. Dabei geht es unter anderem um die Produktgestaltung und Risikoanalyse im Einklang mit den Regulierungsvorschriften sowie um ein neues Anleger- und Aufsichtsreporting. Insbesondere die Risikobewertung ist ein zentrales Thema: Versicherungsgesellschaften müssen danach zukünftig für ihre Kapitalanlagen abhängig vom Risiko zusätzliches Eigenkapital vorhalten, um im Krisenfall Verluste an den Finanzmärkten auszugleichen. Alle direkten Immobilieninvestitionen müssen dann pauschal mit 25 Prozent Eigenkapital unterlegt werden. Bei indirekten Investments hingegen ist die Sachlage schwieriger: Noch ist neben vielen weiteren Details unklar, ob Immobilienfonds wie die direkte Anlage in Immobilien pauschal mit 25 Prozent oder wie Aktien mit bis zu 49 Prozent Eigenkapital unterlegt werden müssen. Ein Faktor, der sich auf die Attraktivität der Produkte auswirken wird.

Dem Risikomanagement und der Risikobewertung kommt bei der Berechnung und dem späteren Reporting entsprechend eine zentrale Rolle zu. Schon jetzt gilt es, sich darauf vorzubereiten, den Mehraufwand in der Einführungsphase erfüllen zu können und die neuen Anforderungen umzusetzen, die voraussichtlich ab Januar 2016 gelten. Insbesondere in der Risikobewertung werden dann sehr umfangreiche Datensätze für die komplexen Bewertungsmethoden benötigt. Daraus folgt, dass sowohl beim Personal als auch bei der IT-Infrastruktur für viele ein erheblicher Nachrüstungsbedarf besteht.

Die eigenen Strukturen und Ressourcen frühzeitig auf die neuen Bedingungen auszurichten, ist nicht zuletzt deshalb sinnvoll, weil Solvency II bei weitem nicht die einzige neue Regulierung ist, die auf die Branche zukommt. Gerade erst billigte der Bundesrat kurz vor der Sommerpause ein Reformgesetz für Lebensversicherungen, das neben Einbußen für Altkunden und abgespeckte Zinsversprechen auch strengere Auflagen für Unternehmen beinhaltet.

Unter anderem müssen die Versicherer ihre Kosten transparenter machen. Und auch die Pensionskassen werden mit der Überarbeitung der sogenannten Pensionsfondsrichtlinie (EbAV-Richtlinie) zukünftig in Bezug auf ihre Geschäftsorganisation und die Informationspflichten gegenüber den Versorgungsberechtigten und Rentenbeziehern höheren Anforderungen genügen müssen. Am 27. März 2014 hat die Europäische Kommission einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt, der eine Umsetzung in nationales Recht bis zum 31. Dezember 2016 vorsieht. Auch daraus werden sich zusätzliche Anforderungen an Transparenz, Reporting und Risikomanagement ergeben, die von den Investoren an die entsprechenden Vermögensverwalter weitergegeben werden.

Nachbesserungen nötig

Am weitesten fortgeschritten ist bereits das Regulierungsvorhaben der Banken, Basel III. Hier werden aktuell die Reportings umgestellt, mit ebenfalls neuen Anforderungen hinsichtlich der Auflistung der Prüfung von Einzelgegenständen und Ausfallrisiken. In der Praxis bedeutet das einen erheblichen Umsetzungsaufwand; nicht nur technisch und bei den personellen Ressourcen, sondern auch in Bezug auf die Datenvolumina, die an Aufsichtsbehörden gesendet werden müssen. Hier ist nicht zuletzt auch eine deutliche Verbesserung in der Qualität des Materials notwendig, da im neuen Reporting zudem eine höhere Konsistenz der Daten erforderlich wird.

Nicht nur von Seiten des Gesetzgebers, auch auf Kundenseite steigt das Bedürfnis nach Kontrolle und Transparenz hinsichtlich der eigenen Investments. Ein Indikator dafür ist der seit einiger Zeit zu beobachtende Trend zu mehr Direktinvestitionen oder im indirekten Bereich die verstärkte Nachfrage nach Individualmandaten. Im "Investment Intention Survey 2014", für den der Verband der europäischen Investoren in nicht-gelistete Immobilienanlage Inrev 142 institutionelle Investoren befragte, gaben 40 Prozent an, direkt in Immobilien investieren zu wollen; weitere 36 Prozent bevorzugen ein Investment über Joint Ventures oder Club Deals.

Das Thema Kontrolle äußert sich zudem in deutlich gestiegenen Anforderungen an das Reporting. Viele Anleger fragen selbst einen Standard im Reporting nach, der deutlich über den regulatorischen Vorgaben liegt. Sie wollen beispielsweise regelmäßig detaillierte Prognosen der Immobilienergebnisentwicklung, zur Liquiditätsentwicklung oder Fondsplanung bekommen.

Prozesse auslagern

So lautet nicht nur aufgrund neuer gesetzlicher Rahmenbedingungen, sondern auch aufgrund der Nachfrage der wesentlichen Kundengruppen für so manchen Fondsmanager die Maßgabe, bei Reporting und Risikomanagement nachzulegen. Das tun viele unter anderem dadurch, indem sie für diese Prozesse externe Spezialisten einbinden.

Die Darstellung zeigt: Der Trend zu einem umfangreicheren und komplexeren Reporting hält weiter an. Dabei geht es nicht nur darum, höhere und weitere steigende gesetzliche Anforderungen zu erfüllen, sondern auch den Ansprüchen der wesentlichen Investorengruppen gerecht zu werden. Allein deshalb sollten Anbieter die Vorbereitungen auf Solvency II, Basel III und Co. nicht nur als aufwendige und lästige Pflicht ansehen, sondern auch die Chancen wahrnehmen, die in einer konsequenten und frühzeitigen Umsetzung liegen.

Michael Schneider , Geschäftsführer , IntReal International Real Estate Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, Hamburg
Noch keine Bewertungen vorhanden


X