Messeausgabe

Spanien: Fallstricke beim Kauf von Hypothekenportfolios

Spanische Banken und Sparkassen haben es seit dem Platzen der Immobilienblase weitgehend gemieden, sich ihrer notleidenden Immobilienwerte sowie Kreditportfolios zu entledigen. Jetzt stehen sie unter massivem Druck, der Mitte 2012 noch durch verschiedene Gesetzesinitiativen und Anreize der seit Ende 2011 waltenden konservativen Regierung unter Ministerpräsident Rajoy erhöht wurde. So sind etwa spanische Banken ab sofort verpflichtet, bestimmte Immobiliarwerte in eigene Gesellschaften auszulagern und diese innerhalb bestimmter Fristen zu veräußern. Aus gegebenem Anlass werden die rechtlichen und steuerlichen Fallstricke und Besonderheiten aufgezeigt, die unter spanischem Recht beim Ankauf von Forderungspaketen zu beachten sind.

Das Abtretungsrecht

Das in Art. 1.526 ff. des spanischen Código Civil (im folgenden CC) geregelte Abtretungsrecht stellt die zentrale Grundlage für den rechtsgeschäftlichen Erwerb von Forderungen dar. Grundsätzlich kann an dieser Stelle zunächst festgehalten werden, dass auch im spanischen Recht den Schuldner die Wirkungen einer Abtretung nur dann treffen, wenn er förmlich über die Abtretung informiert wurde, Art. 1.527 CC. Mögliche Einwände des Schuldners gegenüber dem Altgläubiger können auch dem neuen Gläubiger entgegengehalten werden, sofern diese nicht höchstpersönlicher Natur sind und bereits vor Kenntnisnahme der Abtretung durch den Schuldner Bestand hatten.

Einer unter spanischem Recht nachweisbaren förmlichen Information der Schuldner - auch wenn diese keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Abtretung selbst darstellt - kommt daher zentrale Bedeutung im Rahmen des Ankaufes von Forderungspaketen zu. Der Veräußerer einer Forderung haftet auch im spanischen Recht nur für den Bestand der Forderung zum Zeitpunkt der Abtretung, jedoch nicht für die Solvenz des Schuldners, außer diese Haftung wäre ausdrücklich mit dem Erwerber vereinbart worden (Art. 1.529 CC).

Im Falle der ausdrücklichen Übernahme der Delkrederehaftung, ohne Bestimmung einer konkreten Haftungsfrist wird diese durch Art. 1.530 CC auf ein Jahr, gerechnet ab Fälligkeit der Forderung, beziehungsweise bei Abtretung, einer bereits fälligen Forderung gerechnet ab dem Zeitpunkt der Abtretung beschränkt. Abschließend kann auch noch festgehalten werden, dass die abgetretenen Forderungen in der Bilanz des Altgläubigers dann gelöscht werden können, wenn von diesem weder das Delkredererisiko übernommen worden ist, noch eine Rückkaufverpflichtung besteht.

Der automatische Übergang von Kreditsicherheiten im Moment der Wirksamkeit der Abtretung ist auch dem spanischen Recht bekannt (Art. 1.528 CC). Die die Forderung sichernden Hypotheken gehen gemäß Art. 1.878 CC immer dann über, wenn sie den besonderen gesetzlichen Erfordernissen des spanischen Rechts, insbesondere des Hypothekenrechts, Genüge tun. Art. 1.526, 2. Absatz CC hält diesbezüglich fest, dass bei solchen Forderungen "die sich auf eine Immobilie beziehen", die Abtretung erst im Zeitpunkt der Eintragung im Register wirksam wird. Diese im Hinblick auf hypothekarisch gesicherte Forderungen nicht ganz eindeutige Formulierung wurde von der spanischen Rechtsprechung jedoch in verschiedenen Entscheidungen1) klargestellt: Die Vornahme der Abtretung in öffentlicher Urkunde und anschließende Eintragung des Neugläubigers im Grundbuch ist jedenfalls kein Wirksamkeitserfordernis für die Abtretung der Forderung respektive den Übergang der Hypothek. Sie festige lediglich die Stellung des Hypothekengläubigers gegenüber Dritten.

Nicht unbedeutend in diesem Zusammenhang ist auch Art. 176 der spanischen Hypothekenverordnung (Reglamento Hipotecario), der es dem Schuldner erlaubt, den im Grundbuch eingetragenen Hypothekenkredit unter Vorlage eines einfachen Nachweises der Zahlung an den Altgläubiger löschen zu lassen, sofern in der grundbuchlichen Eintragung der Abtretungsurkunde nicht ausdrücklich festgehalten wurde, dass der Schuldner hiervon nachweislich in Kenntnis gesetzt worden ist.

Abtretungszeitpunkt (Fecha cierta)

Art. 1.227 CC bestimmt, dass das "Datum" eines privatschriftlichen Vertrages nur zwischen den Vertragsparteien selbst Wirkung entfaltet (nicht also gegenüber Dritten!), und zwar solange, bis entweder einer der Unterzeichner des Vertrages ablebt beziehungsweise dieser einem öffentlichen Register zugeführt oder einem Beamten in Ausführung seiner Dienste übergeben wurde. Auf diese zentrale Vorschrift des spanischen Schuldrechts verweist auch die Grundregel des spanischen Abtretungsrechtes (Art. 1.526 CC) ausdrücklich.

Diese aus der Sicht anderer Rechtsordnungen sicherlich etwas ungewöhnliche Besonderheit des spanischen Zivilrechts (auch Fecha-cierta-Problematik genannt) will Dritte schützen, denen der legitime Zugriff auf Vermögenswerte durch vordatierte Übertragungen unter Privatleuten verwehrt werden soll, eine Vorschrift also, die missbräuchliche Übertragungen im Rahmen privatschriftlicher Verträge verhindern möchte. Übertragungen, die mittels öffentlicher Urkunden erfolgen, entfalten dagegen volle Wirkung auch gegenüber Dritten (Art. 1.218 CC). Allein schon aus diesem Grunde ist jedem Erwerber von Forderungsportfolios zu empfehlen, diese mittels notarieller Übertragungsurkunde zu erwerben. Andernfalls könnte eine einmal übertragene Forderung später noch durch Dritte gepfändet werden, da diesen gegenüber der Zeitpunkt der Übertragung ja keine Wirkung entfaltet.

Problematik der spanischen Stempelsteuer

Die spanische Stempelsteuer (Actos Jurídicos Documentados, kurz AJD) wird von den autonomen Gebietskörperschaften Spaniens erhoben und beträgt regelmäßig zwischen 1,0 und 1,5 Prozent, wobei diese Steuer im Falle der Abtretung eines durch Hypothek gesicherten Kredites über den maximalen Haftbetrag der Hypothek (Haupt- und Nebenforderungen) berechnet würde und nicht über den Kaufpreis, der regelmäßig erheblich niedriger ausfallen wird als der maximale Haftungsrahmen einer Hypothek. Die spanische AJD fällt immer dann an, wenn (i) mittels öffentlicher Urkunde (ii) ein bewertbarer Gegenstand übertragen wird und (iii) das zugrunde liegende Geschäft eintragungsfähig ist, was beim Kauf von hypothekarisch gesicherten Forderungspaketen grundsätzlich der Fall ist (Eintragungsmöglichkeit im spanischen Eigentumsregister). Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob es letztlich zu einer Eintragung der öffentlichen Übertragungsurkunde gekommen ist oder nicht. Alleine die "Eintragungsfähigkeit des Geschäfts" ist entscheidend für die Auslösung der Steuerpflicht.

Als Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass die spanische Stempelsteuer im Rahmen der Übertragung von gesicherten Forderungsportfolios nur dann nicht anfällt, wenn der Forderungserwerb in privatschriftlicher Urkunde vorgenommen wird. Dieser Weg wäre prinzipiell auch wirksam, da die Vornahme in öffentlicher Urkunde und anschließende Eintragung derselben im spanischen Eigentumsregister keine Wirksamkeitsvoraussetzung ist. An dieser Stelle muss allerdings angemerkt werden, dass ein Teil der spanischen Rechtslehre dem Neugläubiger die Möglichkeit, ein bereits begonnenes Hypothekenvollstreckungsverfahren zu übernehmen, abspricht, wenn dieser nicht als Inhaber der Hypothek eingetragen wird. Auch Art. 1.280 Nr. 6 CC statuiert eindeutig die Pflicht, dass initiierte Klageverfahren nur durch öffentliche Urkunde übertragen werden können. Folgerichtig bezieht sich diese Regel auch auf die Abtretung streitbefangener Forderungen. Gleiches soll laut diesem Teil der Rechtsliteratur auch gelten, wenn der Neugläubiger ein summarisches Hypothekenvollstreckungsverfahren initiieren möchte.

Richtig ist sicherlich, dass die spanische Stempelsteuer durch Forderungsübertragungen in privatschriftlicher Form umgangen werden kann. Allerdings dürfen auch die Risiken, die durch den Verzicht auf die öffentliche Beurkundung des Geschäfts eingegangen werden, im Besonderen Fecha-cierta-Problematik, nicht außer Betracht gelassen werden.

Gerichtlich geltend gemachte Forderungen

Art. 1.535 CC birgt eine besondere Problematik, die bei Forderungskäufen unbedingt im Auge behalten werden muss: Im Falle des Verkaufes einer streitbefangenen Forderung hat der Schuldner das Recht, diese durch Zahlung des Kaufpreises einschließlich Übertragungskosten und Zinsen seit Befriedigung des Kaufpreises zum Erlöschen zu bringen. Allerdings darf der Schuldner dieses Recht nur innerhalb von neun Tagen, gerechnet ab der Zahlungsaufforderung des Neugläubigers, geltend machen.

Die Probleme, die diese Vorschrift beim Ankauf von Forderungspaketen, die auch streitbefangene Forderungen enthalten, nach sich zieht, sind offensichtlich: Der übliche Risikonachlass, den der Erwerber eines Forderungspaketes bekommt, kann durch den Schuldner bei dieser Art von Forderungen zunichte gemacht werden. Außerdem dürfte beim Ankauf eines Forderungspaketes wohl kaum ein individualisierter Kaufpreis bezahlt werden, sodass nicht einmal klar ist, zu welchem Betrag ein bestimmter Schuldner seine streitbefangene Forderung überhaupt ablösen darf. Eine Lösung könnte insoweit etwa dadurch gesucht werden, dass die Veräußerung der streitbefangenen Forderungen dem Schuldner gegenüber nicht offengelegt wird und das Verfahren weiterhin durch den Altgläubiger aber zugunsten des Neugläubigers betrieben wird. Zunächst ist die (maximal) einjährige Wartezeit zu nennen, die der Gläubiger bei der Realisierung einer Hypothek, die auf einem Grundstück lastet, das eine Produktionsstätte des Gemeinschuldners darstellt beziehungsweise wesentlicher Unternehmensbestandteil ist, im Auge zu behalten hat (Art. 56 des spanischen Konkursgesetzes).2) Unabhängig davon sind Forderungen, die mittels Hypothek gesichert sind, im Sinne des spanischen Konkursrechtes als "besonders privilegierte Forderungen" einzustufen, das heißt die Immobilie, auf der die Hypothek lastet, ist grundsätzlich für die Befriedigung des Hypothekengläubigers reserviert. Außerdem ist beim Ankauf von Konkursforderungen Art. 122, Nr.1, 2° des spanischen Konkursgesetzes zu beachten, der Gläubigern, die ihre Forderung nach Eröffnung des Konkursverfahrens durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben haben, das Stimmrecht in der Gläubigerversammlung abspricht.

Im Rahmen des Ankaufes eines Forderungspaketes werden dem Erwerber gewöhnlich die persönlichen Schuldnerdaten zugänglich gemacht. Andernfalls wäre er nicht in der Lage, die erworbenen Forderungen effizient geltend zu machen. Die implizite Übertragung der Schuldnerdaten im Rahmen von Forderungsankäufen ist in Spanien unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten diskutiert worden, wobei im Ergebnis davon auszugehen ist, dass eine Weitergabe der Schuldnerdaten, die zur Geltendmachung der Forderungen respektive Inanspruchnahme der Kreditsicherheiten vonnöten sind, zulässig sein muss.

Art. 11. 2. a) des spanischen Datenschutzgesetzes verzichte auf eine Zustimmung des Betroffenen (hier des Schuldners), wenn die Weitergabe gesetzlich erlaubt sei. Bei einer Forderungsabtretung kann man diese gesetzliche Erlaubnis sicherlich aus dem Abtretungsrecht des Código Civil her leiten. Unproblematisch ist jedenfalls der Fall der Zustimmung des Schuldners im Rahmen der Bestellung von Kreditsicherheiten.3)

Fußnoten

1) Entscheidungen des spanischen Tribunal Supremo vom 29. Juni 1989 und vom 23. November 1993 sowie Landgericht Barcelona Audiencia Provincial de Barcelona vom 15. September 2011.

2) Weiterführend zu dieser Problematik, Meyer, Der Hypothekengläubiger und das neue spanische Konkursrecht, ZfIR 22/2004, S. 971 f.

3) Einen guten Überblick speziell zu dieser Frage gibt Albiñana Cilveti in: Foro de actualidad, Actualidad jurídica Uría Menedez 23-2009, S. 87 f.

Stefan Meyer , Rechtsanwalt und ­Gründungspartner , Monereo Meyer Abogados, Madrid
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