Landgericht Berlin hält Mietpreisbremse für verfassungswidrig

Die Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin hält die Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch über die Mietpreisbremse (§ 556d BGB) für verfassungswidrig und hat am 7. Dezember 2017 beschlossen, dem Bundesverfassungsgericht ein Berufungsverfahren über diese Frage zur Entscheidung vorzulegen. Das höchste deutsche Gericht hat allein die Kompetenz, eine gesetzliche Regelung für verfassungswidrig zu erklären.

Zur Begründung der Ansicht der Zivilkammer 67 heißt es, es liege eine ungleiche Behandlung von Vermietern vor. Soweit der Gesetzgeber Differenzierungen vornehme, müssten diese durch Gründe gerechtfertigt werden, die dem Ziel der Differenzierung und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen seien. Dies habe der Gesetzgeber bei der Neuregelung von § 556d BGB nicht beachtet und in verfassungswidriger Weise in das Recht der Mietvertragsparteien, im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit den Mietpreis zu regeln, eingegriffen.

§ 556d BGB in Verbindung mit der von dem Land Berlin erlassenen Rechtsverordnung begrenze die zulässige Neuvermietung auf 110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete. Weil aber der Wohnungsmietmarkt weise bundesweit preislich seit langem starke Unterschiede aufweise, habe der Gesetzgeber damit eine Bezugsgröße gewählt, die Vermieter in unterschiedlichen Städten wesentlich ungleich treffe. Insbesondere seien im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die für eine mögliche sachliche Rechtfertigung relevanten einkommensbezogenen Sozialdaten von Mietern nicht erhoben worden. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass die einkommensschwächeren Haushalte und Durchschnittsverdiener, die vom Gesetz geschützt werden sollten, in höherpreisigen Mietmärkten wie München erheblich besser gestellt seien als die gleichen Zielgruppen in Berlin.

Darüber hinaus liege auch deshalb eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, da diejenigen Vermieter, die bereits in der Vergangenheit eine (zu) hohe Miete mit ihrem Mieter vereinbart hatten, ungerechtfertigt begünstigt würden. Denn diese Vermieter dürften bei einer Neuvermietung die „alte“ Miete weiterhin unbeanstandet verlangen. Ein Bestandsschutz für diese „alte“ Miete könne jedoch bei einer Neuvermietung nicht angenommen werden. Diejenigen Vermieter, die in der Vergangenheit eine maßvolle Miete verlangt hätten, würden erheblich benachteiligt gegenüber denjenigen, die schon in der Vergangenheit die am Markt erzielbare Miete maximal ausgeschöpft und damit ungleich höher dazu beigetragen hätten, dass Wohnraum für Geringverdiener knapp werde.

Zudem rügte das Gericht, dass die Vorschrift der Mietpreisbremse auch gegen das im Grundgesetz verankerte Bestimmtheitsgebot verstoße. Der Bundesgesetzgeber habe die staatliche Preisintervention nicht allein davon abhängig gemacht, dass ein angespannter kommunaler Wohnungsmarkt vorliege. Sondern es komme zusätzlich auf die Entscheidung der jeweiligen Landesregierung an, ob von der im Gesetz enthaltenen Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung zur Umsetzung der Mietpreisbremse Gebrauch gemacht werde. Das Bundesgesetz (§ 556d BGB) verpflichte die jeweilige Landesregierung nicht dazu, die Vorschrift im Landesrecht umzusetzen, auch wenn der Wohnungsmarkt im gesamten Bundesland oder in einzelnen Kommunen angespannt sei. Deshalb seien Vermieter in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Saarland bislang nicht von der Mietpreisbremse betroffen, da die Landesregierungen dort weiterhin davon absähen, die bundesgesetzlichen Vorschriften zur Mietpreisbremse durch eine Landesverordnung zu vollziehen. Dasselbe gelte demnächst voraussichtlich für Vermieter in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, in denen sich die jeweiligen Landesregierungen nach Veränderung der politischen Mehrheitsverhältnisse gemäß den  geschlossenen Koalitionsverträgen sogar dazu entschlossen hätten, bereits erlassene Verordnungen wieder aufzuheben. Im Gegensatz dazu unterfielen Vermieter in Bundesländen wie Berlin dem durch die Mietpreisbremse angeordneten Preisstopp, da dort die bundesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage durch Erlass einer Landesverordnung umgesetzt worden sei. Durch dieses uneinheitlich bindende Regelungssystem verstoße der Bundesgesetzgeber in verfassungswidriger Weise gleichzeitig gegen das am Gesamtstaat zu messende Gleichheitsgebot und das Bestimmtheitsgebot.

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