Immobilie als Asset

Wie innovative Hotelkonzepte die Umsatzstrukturen verändern

Olivia Kaussen, Managing Director, Head of Hotels Germany CBRE GmbH, Frankfurt am Main

Aufgrund der Asset-Knappheit verbunden mit sinkenden Anfangsrenditen sollte bei Hotelinvestments langsam ein Umdenken stattfinden. So sieht die Autorin zum einen interessante Anlagemöglichkeiten durch Vorabkäufe an. Und ein Wandel der Objekte von reinen Übernachtungsmöglichkeiten hin zu Aufenthaltsplätzen würde höhere Umsätze generieren.

Das Interesse der Investoren am deutschen Hotelmarkt ist ungebrochen. Im ersten Halbjahr 2017 wechselten 68 Hotels mit einem Gesamttransaktionsvolumen von rund 1,79 Milliarden Euro den Besitzer - gemessen an dem Fünfjahresdurchschnitt der ersten Halbjahre 2012 bis 2016 ist das ein Plus von 51 Prozent. Im ersten Halbjahr 2017 überwog die realisierte Nachfrage aus dem Inland mit rund 55 Prozent leicht die Nachfrage vonseiten internationaler Investoren.

Zwei Trends haben den Hotelimmobilienmarkt im laufenden Jahr besonders geprägt: Zum einen ein deutlicher Aufschwung der Investmenttätigkeiten jenseits der Top-7-Städte, wo das Umsatzvolumen im ersten Quartal mit rund 500 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gar um 90 Prozent gestiegen ist. Zum anderen werden aufgrund der anhaltenden Objektknappheit immer häufiger Projektentwicklungen angekauft. Im abgelaufenen Quartal betrug deren Anteil am gesamten Transaktionsvolumen ganze 40 Prozent. Wenn also derzeit bereits mehr als jede dritte Hotelimmobilie vor Fertigstellung erworben wird und jeder zweite Euro auf dem Hotelinvestmentmarkt nicht mehr in die Metropolen fließt, muss sich die Branche gedanklich neu positionieren. Bei Neubauprojekten kann bereits viel Potenzial gewonnen oder eben verschenkt werden - lange bevor überhaupt die Bagger anrücken.

Hotellobby wird erweitertes Wohnzimmer

Eine der spannendsten Entwicklungen ist die Wandlung der Hotellobby zu einem erweiterten Wohnzimmer. Die massiven Holztresen, wie wir sie heute noch kennen, werden nach und nach genauso abgeschafft, wie es bereits mit den klobigen Zimmerschlüsseln nach dem Aufkommen der Chipkarte geschehen ist. Stattdessen wird bequem per App oder an einem speziellen Terminal eingecheckt, sodass sich der Eingangsbereich selbst zum gemütlichen Gemeinschaftsraum wandelt. Zahlreiche Sessel sorgen für eine entspannte und kommunikative Atmosphäre und ein besonders schneller WiFi-Zugang regt dazu an, das Notebook zum Arbeiten mit in die Lobby zu nehmen. Diese Neukonfiguration bewirkt ebenfalls, dass sich moderne Lobbys nicht mehr notwendigerweise im Erdgeschoss befinden müssen. Stichwort Flächeneffizienz: Wenn der Aufenthaltsbereich auf einer höheren Etage liegt, werden die unteren Gebäudebereiche frei für Einzelhandels- und Gastronomiekonzepte, die mit dem Hotelbetreiber abgestimmt werden können. Gäste und externe Besucher finden gemeinsam in einem Café zusammen und haben die Möglichkeit, miteinander in Kontakt zu treten. Das Hotel verliert sein Stigma als abgeschotteter Mikrokosmos und öffnet sich für die Anwohner der jeweiligen Stadt - diese wiederum dienen als zusätzlicher Kundenstamm.

Dadurch wird neben den traditionellen Hotelbewohnern zusätzlich durch die Tagesgäste Umsatz generiert. Im Hotelgebäude der Zukunft entsteht der Profit nicht mehr nur nachts, sondern auch tagsüber. Für Investoren bedeutet das eine Diversifizierung der Risiken, wenn sich der Cashflow aus unterschiedlichen Quellen zusammensetzt, die aber gemeinsam ein Gesamtkonzept bilden. Zudem erhöht sich der potenzielle Umsatz pro Quadratmeter, was sich wiederum positiv auf die Miethöhe und damit auf die Objektrendite auswirkt. Dies ist ein wichtiger Aspekt für die Konkurrenzfähigkeit moderner Hotels als Assetklasse - gerade auch im direkten Vergleich mit Büroimmobilien. Ein weiterer Kernpunkt ist die voranschreitende Revolution in puncto Design. Bis vor einigen Jahren waren Hotels im niedrigeren und mittleren Preissegment vor allem auf Funktionalität ausgelegt. Während Designerhotels damals eher etwas für das große Portemonnaie waren, muss heute niemand mehr zu tief in die Tasche greifen, um ein Zimmer in einem künstlerisch anspruchsvollen und individuell arrangierten Hotel zu erhalten.

Höhere Aufenthaltsqualität gewinnt an Bedeutung

Im Mittelpunkt dieser Konzepte stehen Aufenthaltsqualität und Ästhetik: Sei es bei der Lifestyle-Marke Provocateur, die im März in Berlin ein Hotel mit dem Schwerpunkt auf die 1920er-Jahre eröffnet hat, oder die prizeotels von Designer Karim Rashid, die mit knalligen Farben und geschwungenen Formen gestalterische Akzente setzen. Die steigenden Transaktionsvolumina abseits der deutschen Topstandorte zeigen außerdem, dass die Ferienhotellerie vor allem in den Nord- und Ostseeregionen für internationale Investoren immer attraktiver wird. Dort setzen Ketten wie A-Rosa oder a-ja Resorts Zeichen, indem sie ihre Angebote unabhängig von der Hauptsaison gestalten.

Die Verwirklichung von solchen innovativen Hotelkonzepten ist für Investoren auch deshalb wichtig, weil die Asset-Knappheit am Markt für hohe Verkaufspreise und moderate Anfangsrenditen sorgt. Aktuell erzielen Core-Objekte in Vorzugslagen eine Spitzenrendite von 4,25 Prozent. Aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage ist zwar davon auszugehen, dass sich die Renditeunterschiede zum Bürosegment perspektivisch verringern werden, allerdings werden die Durchschnittsrenditen auch zukünftig höher ausfallen als in den Bereichen Office und Retail. Die Wertschöpfungspotenziale sind hingegen um einiges höher, wenn sich der frühzeitige Erwerb eines Projekts per Forward-Deal mit einem individuellen Hotelkonzept verbindet, das nicht nur durch die Übernachtungsgäste Umsatz erzeugt. Um diese schlummernden Potenziale langfristig zu realisieren, braucht es neben einer ausgeprägten Standortkenntnis vor allem die Sachkenntnis, die zukunftsweisenden Trends im Hotelgewerbe von temporären Modeerscheinungen zu unterscheiden.

Autorin:

Olivia Kaussen, Managing Director, Head of Hotels Germany CBRE GmbH, Frankfurt am Main

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