Öffentliche Verschuldung: eine rücklaufende Uhr

Quelle: Wikimedia

Öffentlich sichtbar vor dem Sitz in Berlin läuft seit mehr als 20 Jahren die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler (BdSt). Zwar funktioniert sie lediglich auf digitaler Basis, ihr fehlen also das klassische Ziffernblatt und das Uhrwerk, sie tickt nicht und zeigt auch nicht an, wann es fünf vor zwölf ist. Doch in der Diskussion um die öffentliche Gesamtverschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden hat sie eine hohe Symbolkraft erreicht. Jahrelang an der Folge von zuletzt 13 Ziffern sehen zu können, in welcher Geschwindigkeit sich in Sekundenschnelle die deutsche Staatsverschuldung erhöht, hat in der breiten Öffentlichkeit wie auch in der Politik das Bewusstsein geschärft, ständig die Lasten der jüngeren Generation zu erhöhen. Nicht nur in der Debatte um die Tragfähigkeit der Altersvorsorgesysteme hat sich ein Bekenntnis zum Schuldenabbau entwickelt.

Ende 2017 hat der BdSt nun eine bemerkenswerte Wende verkünden dürfen. Die Schulden uhr läuft derzeit erstmals rückwärts. Grundlage für diesen bemerkungswerten Richtungswechsel war die Bekanntgabe der neuen Daten für die Kernhaushalte der Öffentlichen Hände durch das Statistische Bundesamt Ende Dezember 2017. Demnach reduziert sich die Gesamtverschuldung des Staates rein rechnerisch um 78 Euro pro Sekunde. Begünstigt wird diese Trendumkehr zweifellos durch die vergleichsweise gute Konjunkturentwicklung der vergangenen Jahre, die allen einschlägigen Prognosen nach auch im laufenden Jahr anhalten dürfte. Konkret zu verdanken ist die Wende bei der deutschen Staatsverschuldung nicht zuletzt der gewachsenen Haushaltsdisziplin der Bundesländer, von denen einige eine Schuldenbremse beziehungsweise eine Verpflichtung zum Abbau von Altschulden in ihren Ländergesetzen verankert haben. Ihrem Haushaltsentwürfen nach planen nur noch drei der 16 Bundesländer im laufenden Jahr mit einer Nettoneuverschuldung, alle anderen wollen ohne auskommen oder sogar Altschulden tilgen.

Ob sich diese Haushaltsdisziplin auch im Bund nachhaltig wird durchsetzen können, dürfte sich in den kommenden Wochen beim Bemühen um eine Regierungsbildung zeigen. Das Vorgeplänkel um die anstehenden Sondierungsgespräche für eine Große Koalition lassen derzeit eher erwarten, dass es auf Bundesebene schwer sein dürfte, einen ausgeglichenen Haushalt zu erhalten. Das gilt erst recht, wenn neue Impulse für die europäische Einigung gesetzt werden sollen. Die Echtzeit-Schuldenuhr für die 19 EU-Länder insgesamt läuft übrigens munter vorwärts. Neben Deutschland weisen Stand Ende Dezember 2017 nur die nationalen Schuldenuhren in Litauen, Slowenien und Zypern eine Rückwärtsbewegung auf. Mo

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