Anspannung, aber keine Blase

Dr. Andreas Martin, Mitglied des Vorstandes des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken

Quelle: BVR

Der Aufschwung am deutschen Immobilienmarkt hält an. Seit dem Jahr 2011 steigen die Preise für selbst genutztes Wohneigentum in Deutschland. Im vergangenen Jahr hat der Aufschwung noch einmal an Breite gewonnen. Nicht nur in den Städten auch in den eher ländlichen Regionen fiel das Preiswachstum deutlich höher aus als im Jahr zuvor. In den städtischen Regionen stiegen die Preise für Wohneigentum um 5,5 Prozent nach 3,6 Prozent in 2015. In den eher ländlich geprägten Regionen zog das Preiswachstum im gleichen Zeitraum von 2,5 Prozent auf 4,0 Prozent an.

In den vergangenen zehn Jahren sahen wir einen kumulierten Anstieg der nominalen Preise für selbst genutztes Wohneigentum in den eher städtisch geprägten Regionen von knapp 22 Prozent und in den weniger dicht besiedelten Regionen von rund 11 Prozent. Auch wenn sich das Preiswachstum in den vergangenen Jahren durchaus signifikant beschleunigt hat, kann bezogen auf die Bundesebene von Preisübertreibungen aktuell keine Rede sein.

Die Preise für Wohneigentum entwickelten sich im Einklang mit ihren wichtigsten Fundamentaldaten, den Einkommen und den Mieten. Außerdem ist der Anstieg der Wohnimmobilienpreise aktuell nicht getrieben von einer übermäßigen Immobilienkreditvergabe der Banken oder Verschuldungsneigung der Bürger.

Differenzierter zu betrachten ist die Situation in den deutschen Metropolen. In den sechs größten deutschen Städten - Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt und Stuttgart - sind die Preise für Wohneigentum seit 2007 im Schnitt um über 50 Prozent gestiegen. Während die Mieten mit den Preisen in den Metropolen Schritt hielten, konnten die verfügbaren Einkommen der Stadtbewohner dieser Entwicklung nicht ansatzweise folgen. Nach unserer Einschätzung stiegen sie im gleichen Zeitraum um lediglich 6 Prozent.

Getrieben werden die Preise in den Metropolen vor allem von der hohen Nachfrage und einer unzureichenden Ausweitung des Wohnangebots. Seit Ende 2012 ist die Zahl der Einwohner in den sechs größten Städten Deutschlands um rund eine halbe Millionen Menschen gestiegen. Dabei erhöhte sich die Zahl der Einwohner pro Wohnung in den vergangenen Jahren von rund 1,85 auf über 1,91.

Darüber hinaus treibt die gestiegene Attraktivität des deutschen Immobilienmarktes für Investoren im aktuellen Niedrigzinsumfeld die Preise. Die Abkopplung der Immobilienpreise von den Einkommen in den Metropolen ist in den kommenden Jahren genau zu beobachten. Wegen des mittlerweile starken Nachfrageüberhangs sehe ich zwar keine Rückschlaggefahr an den dortigen Immobilienmärkten. Allerdings provoziert der scharfe Anstieg der Preise und Mieten zum Teil deutliche sozioökonomische Strukturveränderungen in den Metropolen. Es besteht die Gefahr, dass Wohnimmobilien in den Metropolen schließlich doch vermehrt zu Spekulationsobjekten werden.

Die Situation in den Metropolen zeigt wohnungspolitischen Handlungsbedarf auf: Die Politik muss in den großen Städten Deutschlands mehr Bauland ausweisen. Auch angebotshemmende Regulierungen wie die Mietpreisbremse sollte man nicht weiter verschärfen. Von zu strengen Bauauflagen sollte die Politik Abstand nehmen, um die Preise nicht noch unnötig in die Höhe zu treiben.

Dr. Andreas Martin, Vorstandsmitglied, Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR)

Dr. Andreas Martin , Mitglied des Vorstands , Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), Berlin
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