Baugenehmigungen: Nur ein Anfang

Wohnungsbaugenehmigungen in den Großstädten 2016 Quelle: Statistisches Bundesamt

Noch knapp sechs Monate sind es bis zur Bundestagswahl. Eine ganz besondere Rolle im anstehenden Wahlkampf wird mit Sicherheit die angespannte Lage auf vielen Wohnungsmärkten einnehmen. Diesem Thema hat sich die Politik nach Ansicht vieler Bürger in den vergangenen Jahren nur unzureichend angenommen. Um sich des Vorwurfs der Untätigkeit zu erwehren, dürften der Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) die Baugenehmigungszahlen ganz gelegen kommen: Demnach ist im vergangenen Jahr der Bau von insgesamt 375 400 Wohnungen genehmigt worden - ein kräftiger Anstieg gegenüber dem Vorjahr (plus 21,6 Prozent) und der höchste Stand seit 1999 (440 800). Von einer "Trendwende am Wohnungsmarkt" sprach Hendricks mit Blick auf die aktuellen Zahlen denn auch gleich.

Freilich wird bei nüchterner Betrachtung schnell klar, dass die Situation auf dem deutschen Wohnungsmarkt unverändert prekär ist. Axel Gedaschko, Präsident des GdW, stellte fest, dass die Zahl der Baugenehmigungen immer noch nicht ausreiche, um den Bedarf von jährlich 400 000 neuen Wohnungen gerade in den wachsenden Ballungsräumen zu decken. Darüber hinaus ist das Verb "genehmigen" leider kein Synonym für "fertigstellen": Laut BFW-Präsident Andreas Ibel stieg die Zahl der fertiggestellten Wohnungen im Jahr 2015 um nur ein Prozent, während bei den Baugenehmigungszahlen schon damals ein Plus von 8,4 Prozent verzeichnet worden war. Für das vergangene Jahr liegen noch keinerlei offizielle Zahlen vor, das Münchner Ifo-Institut rechnet allerdings mit gerade einmal 300 000 fertiggestellten Wohnungen - deutlich zu wenig also. Ibels Warnung: "Die Politik darf hier keine wahlkampfbedingte Trendwende mit Zahlen ausrufen, die für die tatsächliche Situation auf dem Wohnungsmarkt nur bedingt Aussagekraft haben."

Um von einer tatsächlichen Trendwende beim Wohnungsbau sprechen zu können, gibt es also noch eine Menge zu tun - angefangen bei der Beschleunigung von Baugenehmigungsverfahren, über eine Optimierung der Flächenvergabe bis hin zu einer bundesweit gültigen Musterbauordnung. Und nicht zu vergessen: Die Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft mahnen natürlich weiterhin zu möglichst realitätsnahen Vorgaben bei der Energieeinsparung im Gebäudesektor. Den im November 2016 verabschiedeten Klimaschutzplan 2050 hatten sie bekanntermaßen als zu ambitioniert empfunden und zum Anlass genommen, ihre Mitarbeit im "Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen" auf Eis zu legen. Dass am Klimaschutzplan noch einmal nachjustiert wird, gilt als unwahrscheinlich. Umso überraschender erscheint da die Mitte März verkündete Rückkehr der Verbände in das bei Bundesbauministerin Hendricks angesiedelte Bündnis. Man darf gespannt sein, ob dieser Neustart gelingt. Betrachtet man die Debatte um die Baugenehmigungszahlen, lässt sich zumindest eines festhalten: Wirklich harmonisch ist der Ton zwischen den Partnern noch immer nicht. ph

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