Gute Geschäfte - gedämpfte Stimmung

Timo Tschammler, CEO Germany & International Director, JLL Germany

Quelle: privat

Die gewerblichen Immobilienmärkte brummen. Im ersten Halbjahr wurde ein Transaktionsvolumen von über 25 Milliarden Euro verzeichnet. Das entspricht einem Anstieg von knapp 50 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum und stellt fast einen neuen Rekordwert da - nur im sagenhaften Jahr 2007 wurde ein noch besseres Ergebnis erzielt. Allein von der Nachfrage her wäre vermutlich ein noch höheres Volumen möglich gewesen, allerdings fehlte es laut JLL-Chef Timo Tschammler an einem adäquaten Angebot entsprechender Produkte.

Eigentlich müssten die Verantwortlichen also wenn schon nicht glücklich strahlend, so doch zumindest halbwegs zufrieden schauen. Tun sie aber nicht. Der aktuelle DIFI-Report von JLL und ZEW stellt jedenfalls eine "weiterhin gedämpfte Stimmung" unter den gewerblichen Immobilienfinanzierern in Deutschland fest. Zwar stieg das Finanzierungsbarometer im zweiten Quartal 2017 von minus 12,0 auf minus 5,5 Punkte und verzeichnete damit den ersten Zuwachs seit über einem Jahr. Aber trotz des Anstiegs verharrte der Index erstmals seit langem in zwei aufeinander folgenden Quartalen im negativen Bereich. Fazit der Ersteller der Studie: Der nach dem Stimmungshoch 2015 eingetretene Abwärtstrend setzt sich fort. Anhaltender Margendruck, verschärfte Regulierung, intensiver Wettbewerb, zu geringes Objektangebot und der Digitalisierungsdruck lasten offensichtlich schwer auf den Gemütern vieler Marktteilnehmer.

Laut der aktuellen Irebs-Studie "German Debt Project 2017", für die 25 deutschen Finanzierungsinstitute analysiert wurden, könnten die Nettomargen im laufenden Jahr gar auf unter 100 Basispunkte absinken. Zusätzlich hat in den beiden zurückliegenden Jahren die Inanspruchnahme außerordentlicher Tilgungen von Kunden stark an Bedeutung gewonnen. Diese Entwicklungen setzen die Finanzierer unter Zugzwang, die Bestände hoch beziehungsweise noch höher zu halten.

Doch die bevorzugten Finanzierungsobjekte in deutschen A-Städten sind bekanntlich zunehmend dünn gesät. Der Gang ins Ausland oder das Ausweichen in die Fläche als Ventil für den hohen Wettbewerbsdruck wird indes nur von wenigen Instituten forciert. Phänomene wie der Brexit oder die starke Präsenz von Sparkassen und Volksbanken in ländlichen Räumen dämpfen die Lust auf solche Unternehmungen naturgemäß.

Während sich geografisch also kaum strategische Richtungswechsel anbahnen, deutet die Irebs-Untersuchung einige Bewegung hinsichtlich der präferierten Assetklassen an. So wird der Finanzierungsmix bunter und anspruchsvoller zugleich: Optimistisch sind etwa die Einschätzungen für Logistik- und Hotelimmobilien, deren Anteil am Neugeschäft 2016 (19,9 Prozent) erstmals in der fünfjährigen Erhebungsgeschichte die Finanzierungen von Handelsimmobilien (19,5 Prozent) übertrifft. Spürbar gestiegen ist im Übrigen der Anteil der tendenziell riskanteren Projektentwicklungen im Rahmen des Neugeschäfts (26 Prozent).

Stichwort Risiko: Trotz des ausgeprägten Finanzierungsappetits der vergangenen beiden Jahre mit Wachstumsraten im Neugeschäft von 10 beziehungsweise 20 Prozent sind bislang keine unmittelbaren Indizien für Übertreibungen auszumachen. Die durchschnittlichen Beleihungsausläufe (Loan-To-Value, LTV) sind 2016 um zwei Prozentpunkte auf rund 66 Prozent gesunken. Die Erklärung der Studienautoren um Prof. Dr. Tobias Just und Markus Hesse: Eine "Eigenkapitalschwemme", sprich der hohe Anlagedruck von Eigenkapitalgebern, drückt in Verbindung mit den weiter steigenden Immobilienpreisen die LTVs nach unten. Vorsicht sei laut Hesse dennoch angebracht, schließlich handele es sich dabei lediglich um eine Durchschnittsbetrachtung: "Während das risikoarme Geschäft mit wenig Fremdkapital finanziert wird, werden für herausfordernde Projektentwicklungen auch höhere Ausläufe gefragt."

Einen kleinen Zukunftsausblick wagt die Studie ebenfalls: Angesichts des nicht nachlassenden Wettbewerbsdrucks in Verbindung mit den kostenintensiven Dauerbaustellen Regulatorik und Digitalisierung sei eine weitere Veränderung in der Branchenlandschaft - etwa in Form von Exits (siehe Hypothekenbank Frankfurt), Fusionen (siehe Übernahme der Aareal Bank von Corealcredit beziehungsweise Westimmo) oder Verkäufen (siehe aktuelle Gerüchte um Deutsche Hypo) - nicht ausgeschlossen. Also wirklich kein Grund zu strahlen - zumindest nicht für alle. ph

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