Logistik - keine Zeit zum Jubeln

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"Rekorde sind dazu da, um gebrochen zu werden." Das wusste schon der US-Ausnahmeschwimmer und neunmalige Olympiasieger Mark Spitz. Besonders trefflich beschreibt der Satz die jüngsten Entwicklungen auf dem deutschen Logistikimmobilienmarkt. Nachdem das Jahr 2015 hinsichtlich des Flächenumsatzes (Eigennutzer und Vermietungen) bereits ein Allzeithoch markiert hatte, konnte das Volumen im vergangenen Jahr laut CBRE noch einmal um satte zwölf Prozent auf 6,7 Millionen Quadratmeter gesteigert werden. Nur knapp darunter dürfte der Wert im laufenden Jahr (6,5 Millionen Quadratmeter) liegen. Die gestiegene Flächennachfrage schlägt sich inzwischen auch deutlich in der Mietpreisentwicklung nieder. Pendelte der Quadratmeterpreis in den Top-7-Standorten lange im Fünf-Euro-Bereich, so müssen Mieter aktuell bis zu sieben Euro (Hamburg) zahlen.

Der Logistikboom hat auch die Investoren für sich vereinnahmt. Allein für die ersten sechs Monate des laufenden Jahres vermeldete unter anderem Colliers ein Rekordergebnis: Investments in Höhe von 5,4 Milliarden Euro (2016: 4,6 Milliarden Euro) zeigen das hohe Interesse an der Assetklasse. Dass der Wert im laufenden Jahr wohl nicht getoppt werden kann, hängt in erster Linie mit kaum noch verfügbaren Core- und Core-Plus-Logistikimmobilien zusammen. Guten Gewissens lässt sich also behaupten, dass das einstige "Nischensegment" diesen Status hinter sich gelassen hat. Ganz nah herangepirscht hat sie sich mittlerweile sogar an die Einzelhandelsimmobilie (Transaktionsvolumen 1. Halbjahr 2017: 5,7 Milliarden Euro), traditionell die Nummer zwei hinter Büroimmobilien bei Gewerbeimmobilieninvestments. Nicht ausgeschlossen, dass hier schon bald eine Art "Wachablösung" ansteht. Der stationäre Einzelhandel zeigte zuletzt bekanntlich erste Ermüdungserscheinungen (fallende Margen und sinkende Mieten) und steht extrem unter Druck.

Ganz anders die Ausgangssituation im Logistiksegment. Hier ist die Saat für künftige Höhenflüge im Prinzip gelegt. Was für die Produktionslogistik dabei die zunehmende Produktvielfalt - beispielsweise die steigende Anzahl an Baureihen der Automobilhersteller - ist, stellt für die Versandlogistik das boomende E-Commerce-Geschäft dar. Dazu eine Zahl: PwC prognostiziert für das Jahr 2021 fünf Milliarden Paketsendungen in Deutschland, was einer Verdoppelung gegenüber 2016 gleichkäme. Gepaart mit den vor allem von Amazon getriebenen, permanent steigenden Kundenansprüchen wird deutlich, warum trotz der jüngsten Meilensteine keine ausgelassene Jubelstimmung in der Logistikbranche ausgebrochen ist. Zu groß sind die mit diesen Trends einhergehenden Anforderungen an Logistikstandorte-, -konzepte und -immobilien, als dass das Ausruhen auf den Lorbeeren empfehlenswert erschiene.

Dieser Tenor bestimmte auch das Logistik-Pressegespräch, zu dem Colliers International und Malorg Consulting Anfang September geladen hatten. Im Bereich der Produktionslogistik erachten die Experten die effiziente Gestaltung der Immobilien als Grundvoraussetzung für eine reibungslose Lieferkette. Noch weiter in den Fokus müsse dabei die Einbindung digitaler Hilfsmittel wie Robotik, Automatisierung und autonom fahrende Fahrzeuge rücken. Für die Versandlogistiker sei infolge der steigenden Interneteinkäufe das Näherrücken an die deutschen Großstädte Pflicht. Das Unterfangen "City-Logistik" gestaltet sich jedoch schwierig. Logistikimmobilien sind aufgrund ihrer schnöden Optik tendenziell keine Bereicherung für moderne Stadtbilder und ziehen bei den ohnehin langwierigen Genehmigungsverfahren der Kommunen nicht selten den Kürzeren. Doch hier tut sich bereits etwas. Dr. Markus Nave, CEO von Malorg, berichtet von innovativen Gebäudetypen in der Logistik, die von außen den Eindruck eines schicken, mehrgeschossigen Büroobjekts vermitteln.

Dass die alten "Big Boxes" ein Auslaufmodell sind, zeigt sich auch mit Blick auf das bereits heute sehr dicht besiedelte Bundesgebiet. Dieser Umstand hat die Bundesregierung zu der Vorgabe veranlasst, den derzeitigen Flächenverbrauch von 66 Hektar pro Tag bis zum Jahr 2030 auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren, bis 2050 dürfen netto überhaupt keine Flächen mehr verbraucht werden. Die Immobilienmärkte nach zur Umwidmung geeigneter Industriegebäude ("Brownfields") zu durchkämmen, wird also eine Kernaufgabe bei der Gewährleistung des steigenden Flächenbedarfs sein. Bei derartigen Standortsuchen werden Colliers und Malorg ihre Kunden künftig übrigens mit gebündelten Kräften beraten. ph

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