Merkels Taktik mit der Mietpreisbremse

Angela Merkel, Vorsitzenden Bundeskanzlerin

Quelle: CDU/Laurence Chaperon

"Die Mietpreisbremse haben wir gemacht, okay. Aber es hat sich gezeigt, dass sie das Problem nicht löst." Das waren jüngst exakt die Worte unserer Bundeskanzlerin auf einer Wahlkampveranstaltung in Koblenz. Damit ist sie nicht die erste, die dieses Finanzierungsinstrument kritisiert. Die Frage ist nur, warum Frau Merkel - sonst nicht unbedingt für klare Worte bekannt - diese Erkenntnis ohne Not im Wahlkampf kundtut. Die Mehrheit der Wähler spricht sie damit ganz bestimmt nicht an, jedoch möglicherweise jene der FDP. Und sie streichelt damit natürlich die Seele von den Bauherren und ihren Verbänden. Ob es nach der Wahl überhaupt zu Änderungen kommt, ist mehr als fraglich. Denn die SPD hat das Instrument damals vorangebracht und spricht sich sogar für eine Verschärfung aus.

Voraussichtlich wird die Mietpreisbremse auf Bundesebene bei Fortführung der GroKo letztlich einfach beibehalten. Aber vor allem ist sie eines: nahezu bedeutungslos für die Schaffung von neuem Wohnraum. Denn für Neubauten hat die Regelung ohnehin nie gegolten. Auch nicht für sanierte Gebäude.

"Wohnungsknappheit wird am besten dadurch beantwortet, dass ich neue Wohnungen baue." Auch diesen unbestreitbaren Satz hat Merkel auf derselben Veranstaltung gesagt. Es sollte argumentativ jedoch nicht der Fehler begangen werden, die Bremse und die in Deutschland relativ schleppend laufende Wohnbautätigkeit allzu stark in einen argumentativen Topf zu werfen. Sicher hat Prof. Dr. Michael Vogtländer nicht ganz unrecht, wenn er im Rahmen einer Studie des Institutes der deutschen Wirtschaft (IW) moniert, dass durch die Mietpreisbremse Kalkulationen von Bauherren, die auf weiter steigenden Mieten beruhten, verworfen würden. Folge: Die Preise würden gedrückt. Aber dieser Randaspekt ist im Vergleich zu anderen Faktoren durchaus zu vernachlässigen. Einen wesentlichen Grund für die träge Bautätigkeit nennt die Kanzlerin selbst: Das Geld, das für mehr Investitionen durchaus vorhanden sei, werde nicht schnell genug ausgegeben. Hauptgrund: Zu langsame Planungsvorgänge. Und sie sprach dann doch noch etwas Bemerkenswertes: "Wir dürfen nicht immer wieder die Anforderungen für den Wohnungsbau erhöhen." Aber was hat denn insbesondere "ihre" CDU gemeinsam mit den Sozialdemokraten immer wieder getan? Eine Reihe von Wärmedämm- und Energieeinsparverordnungen wurden in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht. Vor einigen Wochen machte GdW-Präsident Axel Gedaschko darauf aufmerksam, dass die Regelwut am Bau allein eine Kostensteigerung von 16 Prozent seit 2002 ausgemacht habe. Der Mangel an Bauflächen und der Widerstand in der Bevölkerung gegen Neubauprojekte kommen noch oben drauf. Da rüber hinaus hat sich der Staat aus der Wohneigentumsförderung zurückgezogen und Kommunen schlagen immer stärker bei der Grunderwerbssteuer zu. Gegen diese Probleme ist die Mietpreisbremse eine regulative Mücke.

Derweil scheint zumindest 2016 die Talsohle bei der Bautätigkeit im Wohnungsbau durchschritten worden zu sein. Laut einer Studie von LBS Research wurden im vergangenen Jahr 278 000 Wohnungen neu errichtet. Das ist ein Anstieg von 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Demgegenüber steht jedoch immer noch ein geschätzter Neubau bedarf von 350 000 bis 400 000 Wohnungen pro Jahr. Damit spielt Deutschland im europäischen Vergleich nur im Mittelfeld. So lag 2016 die Wohnungsbauintensität in Polen und Belgien fast um ein Drittel, in Frankreich und Schweden um nahezu zwei Drittel und in der Schweiz und Norwegen um das Doppelte höher als hierzulande. Der Ausblick fällt den Umständen entsprechend positiv aus. Die Neubauzahlen dürften 2017 demnach um 13 Prozent auf 315 000 neue Wohnungen ansteigen. Das sind zwar ermutigende Zahlen, die jedoch nicht allzu euphorisch stimmen sollten.

Unsere alte und wahrscheinlich auch neue Bundeskanzlerin sollte ihren Worten Taten folgen lassen. Neben der Beschleunigung von Planungsverfahren sprach sie sich in Koblenz dafür aus, die Zahl der gerichtlichen Instanzen zu verringern. Das habe auch in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung funktioniert. Ob nun nach der Wahl die Mietpreisbremse beibehalten wird oder nicht, ist zumindest für die Steigerung der Zahl der Neubauprojekte relativ unerheblich. dro

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