Die Mietpreisbremse hat Renovierungsbedarf

Die Debatte um die Mietpreisbremse ist neu entflammt. Anlass sind zwei jüngst vom Deutschen Mieterbund (DMB) vorgestellte Studien, deren Ergebnisse es in sich haben: Zwischen 66,5 Prozent und 94,8 Prozent aller Angebote beziehungsweise Wiedervermietungsmieten lagen demnach in den Städten Berlin, Hamburg, München und Frankfurt am Main in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten der Mietpreisbremse (1. Juni 2015) und dem Stichtag 30. Juni 2016 über der gesetzlich verankerten Obergrenze, die die ortsübliche Vergleichsmiete nicht um zehn Prozent übersteigen darf. Das Fazit des DMB: Offensichtlich werden die gesetzlichen Regelungen von vielen Vermietern schlichtweg ignoriert. Insbesondere gelte diese Erkenntnis dabei für private Vermieter und private Wohnungsunternehmen.

Diese Zahlen sind einerseits zwar mit Vorsicht zu genießen, da sich die Erhebungen auf Datenbestände des Internetportals Immobilienscout 24 beschränken. Andererseits liefern die Studien genug neuen Nährboden zur Verhärtung des Verdachts, dass es sich bei der Mietpreisbremse in ihrer derzeitigen Ausgestaltung um einen (mittelschweren) Sanierungsfall handelt. Dabei waren die zuständigen Instanzen bei Inkrafttreten des Gesetzes voller Zuversicht, geradezu vollmundig klangen damals die Ankündigungen: "Die Mietpreisbremse wird dazu beitragen, dass Mieten auch für Normalverdiener bezahlbar bleiben." So wird Justizminister Heiko Maas bis heute auf der Informationsseite seines Ministeriums zitiert. Angesichts der bisherigen Erfahrungen wirkt dieser Satz gut ein Jahr nach Inkrafttreten mindestens genauso überholungsbedürftig wie das Instrument selbst.

Ob Nachbesserungen aber tatsächlich vorgenommen werden, steht derzeit noch in den Sternen. Ein Gesetzentwurf von Heiko Maas, der Änderungen aufgreifen könnte, liegt seit Monaten auf Eis. Der DMB hat trotzdem einen umfangreichen Forderungskatalog vorgelegt. Neben der flächendeckenden Ausweitung der Mietpreisbremse sieht er unter anderem die Verpflichtung für Vermieter vor, bei Abschluss eines Mietvertrages nachprüfbare Angaben zur Vormiete zu machen. Dieser zweite Aspekt, mit dem auch Mitglieder der Regierungskoalition zuletzt liebäugelten, ist jedoch umstritten. So kritisiert Haus & Grund-Präsident Kai Warnecker das Vorhaben: "Die Politik wirft anscheinend Millionen Vermietern vor, bei der Vermietung zu betrügen. Sie sollen so zum Sündenbock für die verfehlte Wohnungspolitik der vergangenen Jahre gemacht werden."

Die Gemüter sind also erhitzt. Schlimm genug, dass die Mietpreisbremse ihre Wirkung bislang nur unzureichend entfaltet hat. Doch nun droht sie auch die involvierten Akteure zunehmend gegeneinander aufzubringen. Während Mieter unter unverändert steigenden Mieten ächzen und die Schuld dafür bei den Vermietern suchen, fühlen sich Vermieter zu Unrecht an den Pranger gestellt. Dabei dürfte die Wahrheit irgendwo in der Mitte zu finden sein. Obgleich Vermieter die Mietpreisbremse mancherorts missachten, liegt es nicht zuletzt auch an den Mietern, die offensichtlich nur in wenigen Fällen Gebrauch von einer Überprüfung der Mietpreisobergrenzen-Regelung machen. Der DMB vermutet, dass die Auseinandersetzung mit dem Vermieter deshalb vermieden wird, da der Glaube besteht, "vertragstreu" sein zu müssen oder weil Mieter aufgrund der vielen Ausnahmen im Gesetz nicht sicher abklären können, ob ihre Rüge erfolgversprechend ist.

Sollte es zu einer Generalüberholung des Instruments kommen, müsste sicherlich auch der vielerorts mangelhafte Mietspiegel noch einmal auf den Prüfstand. Doch selbst im Falle einer gelungenen Reform bliebe natürlich die banale Erkenntnis bestehen, dass auch mit einer funktionierenden Mietpreisbremse keine neuen Wohnungen entstehen werden. Dieses Kernproblem auf dem deutschen Wohnungsmarkt muss anderweitig gelöst werden. Sollte es die Bundesregierung mit ihren Beteuerungen langfristig erschwinglicher Mietpreise in den Ballungsräumen für breite Bevölkerungsgruppen also Ernst meinen, wird man um die Schaffung von mehr Angebot nicht herumkommen. Ob sie dabei höchstpersönlich zur Tat schreitet oder etwa erhöhte Anreize für mehr Aktivität am Bau setzt - handeln sollte sie definitiv, denn der Unmut über die Wohnungspolitik wächst (und die Bundestagswahl 2017 rückt immer näher). ph

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