Der Reparaturbetrieb der EZB

Prof. Dr. Dirk Meyer, Institut für Volkswirtschaftslehre, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg

Nachdem die neuen Regeln zur Kreditvergabe durch das "Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie" vom 11. März 2016 bereits erhebliche Kritik hervorgerufen haben, sorgt ein Gesetzentwurf zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz - FinErg Wohn), Kabinettsbeschluss vom 21. Dezember 2016, erneut für Aufsehen. Kernpunkt der schon eingeführten Richtlinien-Umsetzung ist eine de facto Entwertung der Grundschuldeintragung, indem die Kreditprüfung zukünftig an die Person des Kreditnehmers knüpft und dessen Rückzahlfähigkeit während der Laufzeit sichergestellt sein muss. Während diese Neuregelung auf einer - überaus restriktiven - Umsetzung von EU-Vorgaben beruht, ist die neue Initiative des Bundesfinanzministeriums die Reaktion auf eine Empfehlung des nationalen Ausschusses für Finanzstabilität vom 30. Juni 2015. Beide Vorhaben entspringen der sogenannten makroprudenziellen Regulierung, deren Fokus auf die Verhinderung von Immobilienblasen gerichtet ist. Immobilienkredite machen zirka 70 Prozent der gesamten Verbindlichkeiten inländischer Haushalte sowie etwa 50 Prozent des gesamten Kreditbestandes inländischer Banken gegenüber dem Privatsektor aus. Ein Ausfall hätte erhebliche Instabilitäten der Finanzmärkte zur Folge.

Entsprechend wird in der Gesetzesbegründung angegeben, "neue Eingriffsbefugnisse für die Bankenaufsicht zu schaffen, um einer möglichen vom Wohn immobilienmarkt ausgehenden Gefahr für die Finanzstabilität, welche sich im Zusammenhang mit Überbewertungen auf Wohnimmobilienmärkten, nachlassenden Kreditvergabestandards sowie übermäßiger Wohnimmobiliendarlehensvergabe ergeben können, entgegenwirken zu können." (FinErg Wohn). Die Aktivierung ist nur im Krisenfall durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorgesehen, deren Entscheidung auf Analysen und Bewertungen der Deutschen Bundesbank gestützt wird.

Folgende Maßnahmen sind vorgesehen: eine Beleihungsgrenze für das Verhältnis von Darlehenshöhe und Immobilienwert; die Vorgabe eines Zeitraumes, in dem ein Anteil der Immobilienfinanzierung zurückgezahlt sein muss, alternativ die Vorgabe einer maximalen Laufzeit (Amortisationsanforderung); die Vorgabe einer Obergrenze für die gesamten Zins- und Tilgungsleistungen aller Darlehensverträge bezogen auf das verfügbare Einkommen des Darlehensnehmers (Schuldendienstfähigkeit; Schuldendienstdeckungsgrad); die Vorgabe einer Obergrenze für die Gesamtverschuldung bezogen auf das gesamte Einkommen in einem bestimmten Zeitraum (Gesamtverschuldung-Einkommens-Relation).

Damit findet eine weitere mögliche Verschärfung der Kreditvergabe statt. Da die Bestimmungen erst nach der Feststellung einer (drohenden) Überhitzung des deutschen Immobilienmarktes in Kraft gesetzt werden, stellt sich die Frage der Wirksamkeit als Instrument der Finanzmarktstabilität. Eine zeitverzögerte Datenerfassung und -bewertung, nicht berücksichtigte Daten aus anderen Mitgliedsstaaten sowie die ausschließliche Erfassung von Neuverträgen lassen die Wirksamkeit als fragwürdig erscheinen. Vielmehr scheinen sowohl die Wohnimmobilienkreditrichtlinie wie auch das FinErg Wohn wesentlich der "außergewöhnlichen" Geldpolitik der EZB und den daraus erwachsenen Gefahren für die Finanzstabilität geschuldet zu sein. Anders ausgedrückt: Die deutsche Politik wird zum Handlanger einer Zentralbank, die über die Verbilligung des Kreditzuganges der Krisenstaaten ihre Kompetenzen überschreitet.

Prof. Dr. Dirk Meyer, Institut für Volkswirtschaftslehre, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg

Prof. Dr. Dirk Meyer , Institut für Volkswirtschaftslehre , Helmut-Schmidt-Universität
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