EZB-Herbstsitzung: Hoffen auf Konkretes

Quelle: Europäische Zentralbank

 

Waren die jüngste EZB-Ratssitzung vom 20. Juli sowie die daran anschließende Pressekonferenz noch von überschaubarem Informationsgehalt gewesen, so förderten die im Nachgang dazu veröffentlichten Sitzungsprotokolle immerhin einen interessanten Aspekt zutage: Der Wechselkurs des Euro - bislang wahrlich kein Faktor, der die Währungshüter besonders umzutreiben schien - steht plötzlich im Fokus bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Entwicklung in der Eurozone. Der Hintergrund: Rund elf Prozent hat der Euro seit Jahresanfang gegenüber dem US-Dollar bereits zugelegt. Gerade für exportorientierte Volkswirtschaften wie die deutsche ist diese Entwicklung ein potenzieller Hemmschuh. Daran kann der auf Wachstum gemünzten EZB natürlich nicht gelegen sein. Sie befürchtet laut Protokoll sogar, dass der Wechselkurs "in der Zukunft überschießen könne". Diese Botschaft milderte den Aufwertungsdruck auf den Euro zunächst etwas, doch angesichts des anhaltenden Politchaos in den USA ist das Ansetzen zu neuen Euro-Höhenflügen nicht auszuschließen. Gut möglich also, dass Draghi & Co. hier ein weiteres kreatives Argument für die Fortsetzung ihres ultraexpansiven Kurses gefunden haben. Wasser auf den Mühlen der geldpolitischen Tauben bleibt vorerst auf jeden Fall die Inflationsrate, die in der Eurozone einfach nicht recht vom Fleck kommen will: Im Juli 2017 stiegen die Verbraucherpreise nur um 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.

Während an der Nullzinsfront somit noch eine ganze Weile Stillstand herrschen dürfte, bleibt den Kritikern des Status quo zumindest ein Hoffnungsschimmer: Die Chancen, wonach Draghi im Herbst einen Fahrplan für ein schrittweises Drosseln des derzeit monatlich 60 Milliarden Euro umfassenden Anleihekaufprogramms ("Quantitative Easing", QE) verkünden wird, stehen weiterhin nicht schlecht. Pünktlich dazu werden dem EZB-Rat dann auch neue Konjunktur- und Preisprognosen für die Eurozone vorliegen. Es bleibt zu hoffen, dass das in den vergangenen Monaten beinahe zur Routine gewordene (Über-)Interpretieren der mitunter kryptischen Sätze Draghis dann endlich wieder durch eine handfeste Forward Guidance ersetzt wird. Stichwort Anleihekaufprogramm: Das insbesondere in Deutschland umstrittene und auf mittlerweile gut zwei Billionen Euro angewachsene QE-Programm der EZB wird derzeit höchstrichterlich untersucht. Es geht um nicht weniger als die Frage, ob die EZB dabei die Grenzen ihres geldpolitischen Mandats überschreitet. Die vor das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gezogenen Kläger interpretieren das QE-Programm als aktive Wirtschaftspolitik sowie als Staatshaushaltsfinanzierung - zwei Aufgaben also, die der EZB klar verboten sind. Dass die Karlsruher Richter die Verfassungsbeschwerde durchaus ernst nehmen, zeigt die Einschaltung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der nun zunächst die Vereinbarkeit des QE-Programms mit EU-Recht überprüfen wird. Ob die Richter in ihren Urteilen am Ende den Argumenten der Kläger folgen werden, darf - zumindest mit Blick auf die Rechtsprechung zum Programm "Outright Monetary Transactions" (OMT) vor gut einem Jahr - bezweifelt werden. Damals schloss sich das BVerfG weitgehend der Auffassung des EuGH an, wonach sich die EZB beim Kauf von Staatsanleihen im Rahmen ihres Mandats bewegt.

Unterdessen ist der Preisdruck auch in den USA unverändert wenig ausgeprägt. Die Inflationsrate zog im Juli zwar erstmals seit vier Monaten wieder leicht an. Mit 1,7 Prozent befindet sie sich jedoch weiterhin auf niedrigem Niveau. Die Zweifel mehren sich, ob die Fed vor diesem Hintergrund die Zinsschraube im laufenden Jahr tatsächlich noch einmal anzieht. Hinzu kommen politische Risiken wie die weiter schwelende Nordkorea-Krise, die genau im Blick behalten werden müssen. Doch auch in den USA ist zumindest im Bereich der Anleihekäufe zeitnah eine Veränderung absehbar: Unverändert spricht nichts gegen die Verkündung des Beginns zum Abbau der aufgeblähten Fed-Bilanz im September. Längst beruhigt haben sich die infolge von Draghis "Sintra-Rede" Ende Juni leicht in Wallung geratenen Baufinanzierungszinsen für deutsche Häuslebauer. Um rund 20 Basispunkte sind diese laut der Dr. Klein Privatkunden AG zuletzt wieder gefallen, der Bestzins für zehnjährige Hypothekendarlehen betrug Mitte August nur mehr 1,10 Prozent. ph

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