Fed allein auf weiter Flur

Realkredite: Konditionen Stand 20. Juni 2017 Quelle: Dr. Klein & Co. AG

Zielstrebig setzt die amerikanische Notenbank Fed ihre geldpolitische Straffung fort: In der Juni-Sitzung erhöhte sie den US-Leitzins wie erwartet auf eine Spanne von 1,0 bis 1,25 Prozent. Es ist der dritte Zinsschritt der Fed innerhalb der vergangenen sechs Monate, und erneut handelte es sich mit einer Erhöhung um 25 Basispunkte um einen äußerst behutsamen. Janet Yellen und ihre Kollegen verfahren offensichtlich ganz nach dem Motto "Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste". Und wer würde es ihnen verübeln? Zulange währt das unnatürlich niedrige Zinsumfeld mittlerweile, als dass die Folgen größerer Zinssprünge, wie sie in der Vergangenheit mitunter angewandt wurden, angemessen abschätzbar wären. Dabei sind die bisherigen homöopathischen Dosen geschickt verabreicht worden: Dank klarer Foward Guidance blieben böse Überraschungen jeweils aus, auch den jüngsten Zinsschritt nahmen Marktteilnehmer unaufgeregt zur Kenntnis.

Dabei bewenden lassen möchte es Yellen noch längst nicht. Angesichts des weiterhin guten konjunkturellen Umfelds wird der Leitzins im laufenden Jahr voraussichtlich noch ein weiteres Mal nach oben geschraubt, auch das Jahr 2018 soll ganz im Zeichen der geldpolitischen Straffung stehen. Die zuletzt etwas ablaufende Inflation sieht die Fed momentan offensichtlich (noch) als kein allzu großes Hindernis. Details gab die Fed erstmals auch zum geplanten Abbau der aufgeblähten Bilanz (aktuell rund 4,2 Billionen Dollar) bekannt. Noch in diesem Jahr soll demnach mit der Verkleinerung der Bilanzsumme um anfänglich zehn Milliarden US-Dollar pro Monat begonnen werden, der Betrag anschließend quartalsweise bis auf eine monatliche Summe von 50 Milliarden US-Dollar ansteigen.

Wie reagieren die Kollegen der Fed auf die geldpolitische Abrüstung in den USA? Ein Blick auf die ebenfalls Mitte Juni abgehaltenen Sitzungen wichtiger Notenbanken verrät, dass der restriktive Kurs der Fed bislang keine Nachahmer findet. Die jüngste EZB-Ratssitzung in Tallinn hatte erneut einen überschaubaren Informationsgehalt, und man musste schon ganz genau aufpassen, um die minimale rhetorische Änderung Mario Draghis zu vernehmen. In seinem Eingangsstatement verzichtete er erstmals auf die Möglichkeit einer weiterer Zinssenkungen im Euroraum. Gleichzeitig betonte er, dass die niedrige Inflation eine expansive Geldpolitik weiter nötig mache. In der Tat blieb die europäische Inflationsrate im Mai mit 1,4 Prozent deutlich unter dem angestrebten Niveau von knapp zwei Prozent und verschafft Draghi somit vorerst etwas Luft. Besonders knifflig gestalten sich die Rahmenbedingungen derzeit für die Bank of England (BoE). Einerseits flaute die Wirtschaftsdynamik in Großbritannien zuletzt deutlich ab, und auch die politischen Sorgen sind nach der Schwächung Theresa Mays zu Beginn der Brexit-Verhandlung groß. Andererseits lag die Inflationsrate im Mai mit 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr beunruhigend hoch und hätte ein Gegensteuern durchaus legitimiert. In dieser Zwickmühle entschied sich die BoE, den Leitzins erst einmal auf 0,25 Prozent zu belassen. Allerdings war das zuständige Monetary Police Comittee (MPC) dabei äußerst uneins: Mit fünf zu drei Stimmen fiel die Entscheidung gegen die Leitzinsanhebung denkbar knapp aus.

Expansiv bleibt der geldpolitische Kurs zunächst auch in der Schweiz. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) beließ das Zielband für den Leitzins zwischen minus 1,25 und minus 0,25 Prozent, auch um den Aufwertungsdruck des Schweizer Franken zu vermindern. Die Bank of Japan (BoJ) ist unterdessen weiterhin bemüht, dem seit Jahrzehnten währenden Schreckgespenst der Deflation Herr zu werden. Um immerhin 0,4 Prozent waren die japanischen Verbraucherpreise im April 2017 zum Vorjahr gestiegen. Erstaunlicherweise schlägt sich die gute Situation auf dem Arbeitsmarkt (Arbeitslosenquote von 2,8 Prozent) nur geringfügig in einem stärkeren Preisauftrieb nieder. An dem seit Februar 2016 geltenden negativen Zinssatz von minus 0,1 Prozent hielt die BoJ deshalb erst einmal fest. Es zeigt sich: Die Fed ist mit ihrer restriktiven Geldpolitik derzeit allein auf weiter Flur. Eine kleine Überraschung ist dies schon, immerhin besteht die Gefahr, dass Investoren infolge der steigenden Zinsunterschiede ihr Geld vermehrt in die USA schaffen. Der Druck, ebenfalls die Zügel anzuziehen, wächst mit jeder weiteren Zinsanhebung der Fed. ph

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