Forward Guidance einmal anders

Realkredite: Konditionen Stand 20. Oktober 2016 Quelle: Dr. Klein & Co. AG

Bei der "Forward Guidance" handelt es sich um eine Form der Kommunikation, mit der die EZB Außenstehenden eine Orientierung über ihre zukünftige geldpolitische Ausrichtung bieten möchte. Die Deutsche Bundesbank übersetzt diesen Fachterminus mit "zukunftsgerichteten Hinweisen" etwas sperrig ins Deutsche. Was das offiziell im März 2017 auslaufende und insbesondere hierzulande umstrittene Wertpapierkaufprogramm (Quantitative Easing, QE) der europäischen Währungshüter betrifft, kann von zukunftsgerichteten Hinweisen bislang allerdings noch keine Rede sein.

Dabei besteht diesbezüglich gerade für Marktteilnehmer wie Investoren dringender Klärungsbedarf, nimmt die EZB im Rahmen ihrer Interventionen doch erheblichen Einfluss auf die Geschehnisse an den Kapitalmärkten. Aber EZB-Präsident Mario Draghi gibt sich momentan eher einsilbig: Im Anschluss an die jüngste turnusmäßige Sitzung des EZB-Rats vermied er es tunlichst, sich zu tief in die Karten schauen zu lassen. Eine Verlängerung des QE-Programms sei vom geldpolitischen Entscheidungsgremium bislang genauso wenig diskutiert worden wie die kursierenden Spekulationen über ein sogenanntes "Tapering" seitens der EZB, das eine allmähliche Rückführung der Ankäufe vorsieht.

Der Italiener hat ganz offensichtlich seine eigene Auffassung des Begriffs der "Forward Guidance". Immerhin konnte ihm am Ende dann doch noch folgender Satz entlockt werden: "Ein abruptes Ende der Anleihekäufe ist unwahrscheinlich, denke ich." Womit die meisten EZB-Beobachter insgeheim wohl schon länger rechnen, wird mit dieser Aussage immer wahrscheinlicher: Die Shoppingtour der EZB dürfte ab April 2017 aller Voraussicht nach in eine neue Runde gehen. Entscheidende Fragen bleiben dabei zunächst jedoch offen: Wird die EZB unverändert für 80 Milliarden Euro pro Monat einkaufen oder kommt es infolge des erwähnten Taperings zu einer sukzessiven Reduzierung des Ankaufvolumens? Und für wie lange wird das Programm verlängert?

Anfang Dezember gedenkt Draghi die zahlreichen Unklarheiten auszuräumen. Dann lägen auch frische Wachstums-und Inflationsprognosen für den Euroraum vor, die erstmals bis in das Jahr 2019 hineinreichen sollen. Frühestens im Dezember wird die EZB auch Stellung zu den sich abzeichnenden Knappheitsproblemen an diversen Anleihemärkten beziehen. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe war nach den Verlautbarungen des EZB-Präsidenten wieder ins Negative gerutscht, während der Dax zulegte - kein Wunder angesichts der Vorstellung, dass die EZB die Party an den Märkten über den März 2017 hinaus in Gang hält. Es hat inzwischen beinahe den Anschein, als hätten sich die Marktteilnehmer längst auf ein dauerhaftes Quantitative Easing eingestellt - eine gefährliche Entwicklung, der die EZB mithilfe eines klaren Fahrplans, der im besten Fall bereits den Exit aus dem Kaufprogramm skizziert, schleunigst vorbeugen sollte.

In den USA haben unterdessen Befürworter einer Zinsstraffung neue Argumente erhalten: Dort lag der Consumer Price Index im September 1,5 Prozent über dem Vorjahreswert - der höchste Stand seit knapp zwei Jahren. Als Haupttreiber erwies sich dabei der Ölpreis. Die Analysten der Nord-LB halten in den kommenden Monaten einen Anstieg der US-Inflationsrate auf über zwei Prozent für realistisch - selbst bei konstantem Ölpreis. Beste Voraussetzungen für eine Leitzinserhöhung eigentlich, doch die Inflationsrate ist natürlich nur eine Variable in der Gleichung der Fed.

Abgesehen von den USA ist die Inflationsrate auch andernorts gestiegen: In Deutschland zog sie im September auf immerhin 0,7 Prozent an (Euroraum: 0,4 Prozent), während sie in Großbritannien mit einem Prozent so hoch wie seit November 2014 nicht mehr lag. Wer weiß, vielleicht werden wir dieser Tage also gerade Zeugen einer Rückkehr von Inflationsraten, die sich langsam aber sicher wieder an die Marke von zwei Prozent herantasten. Angesichts der enormen Geldschwemme der Notenbanken in den vergangenen Jahren bleibt dabei natürlich stets zu hoffen, dass eine solche Erholung an der Preisfront kontrolliert vonstattengeht. ph

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