Inflationsanstieg beeindruckt Draghi nicht

Realkredite: Stand 20. Januar 2017 Quelle: Dr. Klein & Co. AG

Ungewohnt deutlich hatte der Frankfurter Professor und Wirtschaftsweise Volker Wieland unmittelbar im Vorfeld der Sitzung des EZB-Rats für ein baldiges Ende der ultralockeren Geldpolitik plädiert. Dass die Forderungen deutscher Experten nach einem Kurswechsel der EZB derzeit wieder lauter werden, ist kein Zufall: Sprunghaft war die Inflation im Dezember hierzulande auf 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat angestiegen. Im gesamten Euroraum lag die Teuerungsrate mit 1,1 Prozent zwar niedriger, aber immerhin auf dem höchsten Stand seit über drei Jahren.

Dass Mario Draghi & Co. die Hoffnungen auf einen Kurswechsel im Rahmen der ersten Sitzung im neuen Jahr erfüllen würden, galt dennoch als unwahrscheinlich. Und tatsächlich bleibt auch erst einmal alles beim Alten: Die europäischen Banken können sich frische Liquidität weiter zum Nullzins besorgen, für das kurzfristige Parken von Geld bei der EZB wird nach wie vor ein Strafzins von 0,4 Prozent fällig. Neue Impulse hinsichtlich der Frage eines möglichen Tapering-Prozesses wurden nicht geliefert.

Auf die Kritik aus Deutschland angesprochen, bat Draghi um Geduld. Der Italiener sieht im jüngsten Anstieg der Inflationsraten noch keinen nachhaltigen Trend, vielmehr sei der Dezemberwert auf Einmaleffekte infolge gestiegener Energie- und Ölpreise zurückzuführen. Auch wiederholte er, dass der europäische Währungsverbund neben Deutschland nun einmal noch 18 weitere Staaten umfasse, deren Wohl die EZB ebenfalls im Blick behalten müsse. Und dass die wirtschaftliche Großwetterlage nicht überall in Europa sonnig ist, zeigt sich derzeit insbesondere in Draghis Heimatland Italien: Die ungelösten Probleme im Finanzsektor drohen sich zu einem Flächenbrand für die gesamte Volkswirtschaft auszuweiten.

Wie ernst es um das Land steht, zeigen die jüngsten Herabstufungen der wichtigsten Ratingagenturen. Die dabei drohende Verteuerung der Refinanzierungskosten für den ohnehin horrenden Staatshaushalt könnte Italien an den Abgrund treiben. Nur gut, dass es die Wertpapierankäufe der EZB gibt und auf absehbare Zeit auch weiter geben wird. Während die verabreichte Medizin für Länder wie Deutschland also längst einer Überdosis gleichkommt, hängen andere Patienten mehr denn je am Tropf der EZB.

Leidtragende dieser Politik werden aller Voraussicht nach die ohnehin gebeutelten Sparer bleiben. Für sie droht 2017 gar zu einem wahren Horrorjahr zu werden, gesellt sich zum Niedrigzins doch nun auch eine höhere Inflation. Das auf Tagesgeldkonten geparkte Ersparte verliert da noch schneller an Wert. Wer weiß, vielleicht entdecken die Deutschen in dieser Notlage doch noch die Vorzüge bislang ungeliebter Anlagealternativen wie Aktien. In den USA zeichnet sich unterdessen ein Konflikt zwischen dem frisch ins Amt eingeführten Präsidenten Donald Trump und der Fed-Chefin Janet Yellen ab. Letztere hatte in einer Rede vor einem zu zögerlichen geldpolitischen Kurs gewarnt und versprochen, dass ihr Fuß auf dem Gaspedal bleibt. Eine Aussage, die so gar nicht nach dem Geschmack Trumps sein dürfte, hatte er den US-Dollar kurz zuvor doch für zu stark befunden. Eine konsequente Fortsetzung des "hawkishen" Kurses der Fed dürfte dem "Greenback" aber weiter Auftrieb verleihen. Ein Jahr im Amt hat Yellen noch vor sich, danach wird Trump höchstwahrscheinlich eine Alternative an der Spitze der US-Notenbank installieren. Dass ein US-Präsident aktiv versucht, Einfluss auf die Arbeit der politisch unabhängigen Fed auszuüben, wäre ein Novum. Seine jüngsten Äußerungen nähren diese Befürchtung allerdings. Yellen täte gut daran, seine Angriffe schlicht zu ignorieren.

Immobilienkäufer und Häuslebauer finden angesichts der anhaltend lockeren Geldpolitik der EZB unverändert gute Finanzierungsbedingungen vor: Laut Angaben der Interhyp AG bewegen sich die Konditionen für Immobilienkredite seit Jahresbeginn seitwärts und liegen momentan bei rund 1,4 Prozent für Darlehen mit zehnjähriger Zinsbindung. Erst mittel- bis langfristig werden höhere Zinsen prognostiziert. ph

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