Immobilienrecht

Berufszulassung für Immobilienverwalter - was lange währt, wird endlich gut

Martin Kaßler, Geschäftsführer, Dachverband Deutscher Immobilienverwalter e.V. (DDIV), Berlin

Wer hierzulande als Immobilienverwalter arbeiten möchte, trifft Stand heute auf keine großen Hürden. Weder eine Ausbildung noch ein Studium sind für die Ausübung des Berufs erforderlich. Angesichts der enormen volkswirtschaftlichen Bedeutung der Berufsgruppe ein zweifelsohne erstaunlicher Umstand, der voraussichtlich allerdings schon bald der Vergangenheit angehört. Der Gesetzentwurf zur Einführung einer Berufszulassungsregelung für Immobilienmakler und -verwalter war vor wenigen Wochen bereits zur Anhörung im Bundestag, die Regierung strebt die Verabschiedung des Gesetzes noch in der laufenden Legislaturperiode an. Der Autor stellt im folgenden Beitrag aktuelle Umfrageergebnisse des Dachverbandes Deutscher Immobilienverwalter (DDIV) und des Deutschen Mieterbundes (DMB) vor, die die Dringlichkeit einer verbindlichen Berufszulassung für Immobilienverwalter verdeutlichen. Red.

Verkäufer, Apotheker, Bäckermeister oder Anwälte: Beinahe jeden Beruf in Deutschland kann man nur ausüben, wenn man eine entsprechende Ausbildung oder gar ein Studium absolviert hat. Immobilienverwalter dagegen kann jeder werden. Und dies, obwohl für die meisten privaten Wohnungseigentümer die selbst genutzte oder vermietete Eigentumswohnung im wahrsten Sinne des Wortes das "Fundament" der privaten Altersvorsorge ist.

Dennoch gibt es bisher keine verbindlichen Berufszulassungsregelungen, die ein bestimmtes Mindestmaß an Qualifikationen oder Kenntnissen festschreiben - obwohl die Verwaltung von Immobilien für Dritte mit enormen Vermögenswerten verbunden ist. So ist davon auszugehen, dass gewerbliche WEG- und Mietverwalter insgesamt mehr als zwei Billionen Euro treuhänderisch verwalten. Allein das damit verbundene Haftungsrisiko ist enorm. Die Bundesregierung verankerte daher bereits im Koalitionsvertrag von 2013 die Einführung von verbindlichen Mindestqualifikationen für Immobilienverwalter.

Mehr als ein Jahr verharrte der entsprechende Referentenentwurf aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nahezu unbearbeitet in einer Schublade, bevor das Bundeskabinett im August 2016 dann den leicht veränderten Gesetzentwurf verabschiedete. In der Diskussion um das Gesetz kam dabei immer wieder zur Sprache, dass ein Schadenvolumen durch unsachgemäße Verwaltung nicht vorliegt.

Finanzielle Schäden durch fehlerhafte Mietverwaltung

Dass eine verbindliche Regelung in jedem Falle erforderlich ist, zeigten nun Umfragen des DDIV und des Deutschen Mieterbundes (DMB). Demnach kommt es zu Schäden von jährlich etwa 200 Millionen Euro, davon allein 120 Millionen Euro durch fehlerhafte Mietverwaltung. Auch die nachweisbar vor Gericht verhandelten Fälle liegen vor und belegen den Handlungszwang des Gesetzgebers.

Die gemeinsamen Analysen des DMB und des DDIV sind ein deutlicher Fingerzeig. Von den rund 20 Millionen Betriebskostenabrechnungen im Jahr ist demnach jede zweite fehlerhaft, nicht nachvollziehbar oder zu hoch. Laut einer BBSR-Studie aus dem Jahr 2015 werden etwa 20 Prozent aller Mietwohnungen verwaltet. Wird hierbei eine durchschnittliche Schadenhöhe von 30 Euro bei jeder zweiten Abrechnung zugrunde gelegt, entsteht dem Mieter ein jährlicher Schaden von etwa 30 Millionen Euro.

Hinzu kommt, dass bei geschätzten zwei Millionen Mieterhöhungen (Vergleichsmiete/Modernisierung) etwa 30 Prozent dieser Mieterhöhungen fehlerhaft oder zu hoch sind. Daraus ergibt sich ein weiterer Schaden für den Mieter von zusätzlichen 57 Millionen Euro jährlich. Dabei legen Mieterbund und DDIV eine Fehlberechnung von durchschnittlich 40 Euro monatlich zugrunde (480 Euro im Jahr) und erachten weitere 20 Prozent dieser zugestellten Erhöhungen durch den Mietverwalter als gesichert.

Verwunderlich ist daher dann auch nicht die Zahl gerichtlicher Auseinandersetzungen. Laut Statistischem Bundesamt wurden allein im Jahr 2015 insgesamt 260 990 Prozesse zum Wohnraummietrecht vor deutschen Gerichten verhandelt. Rund 80 Prozent dieser Prozesse befassten sich mit Vertragsverletzungen, Betriebskosten, Mietkautionen und Mieterhöhungen. Bei durchschnittlichen Gerichts- und Anwaltskosten von 1 000 Euro und der Annahme, dass mindestens 20 Prozent der Fälle auf den Mietverwalter zurückzuführen sind, tritt ein jährlicher Schaden von etwa 20 Millionen Euro ein.

Mehr als 287 000 verhandelte Fälle im Jahr

Die Zahl gerichtlicher Auseinandersetzungen in wohnungseigentumsrechtlichen Fragen liegt bei über 27 000 pro Jahr. Setzt man auch hier 1 000 Euro Prozesskosten pro Verfahren an und geht davon aus das jedes zweite Verfahren unnötig ist, entstehen zusätzliche jährliche Kosten von weit über 13 Millionen Euro. Die Beratungs- und Prozessstatistik des Mieterbundes weist rund 1,1 Millionen Rechtsberatungen jährlich aus. Davon entfallen bereits heute mehr als ein Drittel auf Betriebskostenabrechnungen, Mieterhöhungsverlangen und Modernisierungsumlagen. Davon sind etwa 220 000 Beratungen auf eine fehlerhafte und unzureichende Tätigkeit des Mietverwalters zurückzuführen, schätzt der Mieterbund.

Eine Umfrage des DDIV unter 400 Unternehmen in 2017 spricht von jährlichen finanziellen Schäden von bis zu 80 Millionen Euro für Wohnungseigentümer und Verwalter. Zurückzuführen ist dies oft auf eine fehlerhafte Immobilienverwaltung, wonach allein in der Aufarbeitung mangelhafter WEG-Unterlagen Kosten in Höhe von rund 55 Millionen Euro für den nachfolgenden Verwalter entstehen.

Zahlreiche Fehlerquellen

Knapp 34 Prozent der befragten Unternehmen lehnen zudem die Verwaltung von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) auch wegen unqualifizierten Vorverwaltungen gänzlich ab. Wenn es dennoch zur Übernahme einer solchen WEG kam, stellten die Unternehmen fest, dass die häufigsten Fehlerquellen eine mangelhafte Buchführung (76 Prozent), ein Instandhaltungs- und Sanierungsstau (75 Prozent), nicht umgesetzte Beschlüsse der Eigentümer (68 Prozent) und die Nichteinhaltung von gesetzlichen Auflagen (57 Prozent) waren. Viele der befragten Unternehmen identifizierten zudem auch eine fehlerhafte Beschlussfassung (52 Prozent), fehlende Abrechnungen (48 Prozent) und Mängel bei der Beschlusssammlung (35 Prozent).

Diese Fehler der Vorverwaltungen sind jedoch nicht Ergebnis vorsätzlichen oder deliktischen Handelns, sondern resultieren schlicht aus mangelndem Fachwissen und unzureichender Qualifikation der Vorverwaltungen, was aufgrund der hohen Regelungsdichte nicht verwunderlich ist. Schließlich müssen Verwalter in der Praxis weit mehr als 60 Gesetze und Verordnungen anwenden. Das allein zeigt das Dilemma. Ohne Gesetz kein Vermögens- und Verbraucherschutz.

Schadenersatzforderungen und Strafanzeigen

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass beinahe jede zweite Verwaltung bei der Übernahme einer WEG bereits einen außergerichtlichen Schadenersatz gegen den Vorverwalter stellte. 43 Prozent strengten zudem einen gerichtlichen Schadenersatz an. Zum Erfolg führten die Maßnahmen insgesamt bei rund 44 Prozent der Befragten. Die Unternehmen gaben aber auch selbstkritisch an, dass sie sich selbst mindestens einmal mit Forderungen nach außergerichtlichem Schadensersatz (37 Prozent), gerichtlichem Schadensersatz (33 Prozent) und Strafanzeigen (12 Prozent) konfrontiert sahen.

Die Zahlen der Umfragen zeigen deutlich: die Immobilienverwaltung ist mit enormen Vermögenswerten verbunden und Missmanagement kann für Eigentümer oder auch Mieter schnell ins Geld gehen. Denn neben dem Wert der einzelnen Wohnung werden auch Instandhaltungsrücklagen sowie laufende Gelder treuhänderisch verwaltet. In der konservativen Annahme, dass der Wert einer durchschnittlichen Wohnung bei zirka 100000 Euro liegt und rund 70 Prozent der neun Millionen Eigentumswohnungen treuhänderisch fremdverwaltet werden, ergibt sich allein für den WEG-Bereich ein verwaltetes Immobilienvermögen von rund 630 Milliarden Euro.

Berufszulassungsregelungen - nicht ohne Mietverwalter

Ein enormes Vermögen, das nicht in unqualifizierte Hände gehört. Dennoch legte die Politik bisher keinen Wert auf eine verbindliche Regelung, die die Tätigkeit des Immobilienverwalters und vor allem seine Qualifikation in den Fokus rückt. Der Gesetzentwurf legt nun einen ersten Grundstein und sieht unter anderem vor, dass Gewerbetreibende künftig einen Sach- und Fachkundenachweis erbringen und auch eine Berufshaftpflichtversicherung vorweisen müssen. Nur, wer länger als sechs Jahre am Markt ist, soll durch die sogenannte "Alte-Hasen-Regelung" von der Sachkundeprüfung befreit sein.

Der bisherige Gesetzentwurf greift jedoch deutlich zu kurz und sollte auch die wachsende Bedeutung der Mietverwaltung widerspiegeln. Die jüngsten Umfrageergebnisse des DDIV und des DMB verdeutlichen, dass auch der Mietverwalter nicht von der Erlaubnispflicht ausgeschlossen werden sollte. Dabei ist die Tätigkeit der Immobilienverwaltung nicht nur auf den Inhaber oder Geschäftsführer beschränkt. Auch viele Mitarbeiter sind aktiv mit Verwaltungsaufgaben betraut und führen beispielsweise Eigentümerversammlungen durch oder erstellen Abrechnungen. Auch sie sollten daher eine Sachkundeprüfung ablegen müssen, um die Qualität der Verwalterleistungen eines gesamten Unternehmens sicherzustellen.

Weiterbildung sichert Qualität der Branche

Rauchwarnmelderpflicht, die Novelle der Trinkwasserverordnung oder das in vielen Städten geltende Zweckentfremdungsverbot erweitern zusehends das Aufgabengebiet für WEG- und Mietverwalter. Weiterbildung ist somit das A und O einer erfolgreichen Verwaltungsarbeit. Sie sichert nicht nur die Qualität der Leistungen, sondern langfristig auch die private Altersvorsorge zahlreicher Eigentümer, auf die die Bundesregierung mit der Einführung des Altersvermögensgesetzes im Jahre 2001 mit Nachdruck hingewirkt hat. Der DDIV plädiert angesichts dieser steigenden Aufgabenkomplexität für eine Weiterbildungspflicht - die auch die Branche selbst einfordert.

Das Gesetz hat einen weiten Weg hinter sich und steht endlich kurz vor dem Ziel - nicht zuletzt auch, weil die Branche selbst den Druck stets aufrecht hielt. Dies ist umso bedeutender, da nicht die Betroffenen selbst einer solchen Regelung Steine in den Weg legten, sondern die Politik zu lange zu zögerlich blieb. Dabei ist unstrittig: Die Tätigkeit der Immobilienverwaltung bedarf verbindlicher Berufszulassungsregelungen, um die Professionalität und Qualität zu sichern. Und davon profitieren schlussendlich alle: Eigentümer, Mieter und auch die Branche selbst.

Der Autor Martin Kaßler Geschäftsführer, Dachverband Deutscher Immobilienverwalter e. V. (DDIV), Berlin
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