Immobilien an der Börse

Der Börsengang der Buwog Group als Beispiel für einen erfolgreichen Spin-off

Abbildung 1: Entwicklung der Buwog-Aktie seit April 2014 (Kurs in Euro) Quelle: Buwog AG, Handelsplatz Xetra

Die Konsolidierung der deutschen Immobilien AGs schreitet voran. Doch nicht nur Zusammenschlüsse, auch der entgegengesetzte Schritt kann eine Option sein, die Erfolg verspricht. Vorteile eines Spin-offs sieht der Autor in der besseren Ausschöpfung des Potenzials des Unternehmensteils. Zudem erhöhe sich die Transparenz, da Anleger nun gezielt in eine Branche oder ein Segment investieren könnten. "Sortenreine" Aktien werden bevorzugt. Und gerade in Zeiten von Unsicherheit sei der Spin-off die einfachere Variante im Vergleich zum echten IPO. Ein Kursplus von 30 Prozent in den ersten neun Monaten scheint ihm Recht zu geben. Red.

Ende April 2014 ging die Buwog Group im Zuge eines Spin-offs von der Immofinanz Group in Frankfurt, Wien und Warschau an die Börse. Die Buwog-Aktie konnte seit der Erstnotiz eine Kurssteigerung von über 30 Prozent verzeichnen und erreichte bereits nach knapp neun Monaten den EPRA Net Asset Value je Aktie. Die Abspaltung wird von beiden Unternehmen auch rückblickend als richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt gesehen.

Immobilien-AGs in Fusionslaune

Bevor auf die spezielle Situation von Buwog und Immofinanz AG vor der Abspaltung eingegangen wird, soll ein Blick auf den Markt und die Besonderheiten eines Spin-offs im Allgemeinen gerichtet werden. Nicht erst seit dem Einstieg der Buwog Group in den deutschen Wohnimmobilienmarkt kann die Fusionslaune der Immobilien-AGs in Deutschland beobachtet werden. Nach der Übernahme der GSW durch die Deutsche Wohnen beschäftigt die Branche natürlich aktuell die Übernahme der Gagfah durch die Deutsche Annington, die gerade vollzogen wird. Je nach Unternehmensstruktur kann aber auch der entgegengesetzte Weg zu positiven Effekten für zwei Gesellschaften führen, also die Aufteilung eines diversifizierten Großunternehmens in zwei eigenständige Einheiten mit klarer Ausrichtung, wie es beim Spin-off der Buwog von der Immofinanz der Fall war. Die Umstände für einen Börsengang waren in den vergangenen Jahren oft ungünstig: Kaum waren die größten Wellen der Finanzkrise von 2008 vorbei, folgte die Griechenlandkrise, die sich inzwischen zur Eurokrise ausgewachsen hat. Die damit verbundene Unsicherheit auf den internationalen Finanzmärkten sowie damit einhergehend erschwerende Rahmenbedingungen haben eine Reihe von geplanten Börsengängen verhindert oder zumindest verzögert.

Eine Alternative zum IPO ist der Spin-off, die Ausgliederung eines Unternehmensteils, der danach als eigenständige Gesellschaft an der Börse notiert wird. Einer der Vorteile eines Spin-offs: Es müssen im ersten Schritt keine "externen" Käufer für die Papiere gefunden werden, was sich in einem turbulenten Börsenumfeld schwierig gestalten kann. Meist kommen Spin-offs bei großen diversifizierten Unternehmen vor, die eine Sparte oder Funktionseinheit ausgliedern.

Ein typisches Motiv für einen Spin-off ist die Konzentration auf die Kernkompetenzen. Vor allem Großunternehmen mit mehreren Sparten haben in der jüngeren Vergangenheit als Antwort auf die Erwartungshaltung von Investoren Einheiten ausgegliedert und dem Markt mehr Klarheit und Spezifikation in der Ausrichtung des jeweiligen Geschäftsmodells präsentiert. Hinter dieser Überlegung steht oft das Kalkül, das Potenzial des ausgegliederten Unternehmensteils besser realisieren zu können. Meist handelt es sich bei den abzuspaltenden Einheiten um voll funktionsfähige Unternehmensteile, die oft auch bereits am Markt etabliert sind. Es bestehen also stabile Kundenbeziehungen und Absatzkanäle. Aus Aktionärssicht kann die Aufteilung eines großen Unternehmens in zwei neue Unternehmen wünschenswert sein. Neuaktionäre können dann zielgenau in eine Branche oder ein Segment investieren. Zudem wird der bei Mischkonzernen übliche "Konglomeratsabschlag" abgemildert, weil das Unternehmen und sein Geschäftsmodell aus Investorensicht transparenter werden. Bei einem Spin-off bekommen die Altaktionäre in einem bestimmten Verhältnis Aktien an der ausgegründeten Gesellschaft, sodass die Altaktionäre zugleich auch Eigentümer des neuen Unternehmens sind. Allerdings - und dies ist einer der Nachteile des Spin-offs - fließt dadurch weder dem alten noch dem neuen Unternehmen frisches Kapital zu.

Ein bekanntes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist die Ausgliederung des Leuchtmittelherstellers Osram aus dem Siemens-Konzern. Als sich Buwog und Immofinanz zum Spin-off entschieden, wurde in der Medienberichterstattung der Fall Siemens-Osram häufig genannt, um den Lesern das Thema Spin-off näherzubringen.

Anleger wollen "sortenrein" in Immobilienaktien investieren

Der Spin-off der Buwog von der Immofinanz basierte auf einer strategischen Entscheidung, denn es gab eine Reihe von Gründen, die für eine Ausgliederung sprachen. Die Immofinanz ist auf Gewerbeimmobilien in Mittel- und Osteuropa spezialisiert. Das Unternehmen hält Büro-, Einzelhandels- und Logistikimmobilien in Österreich, Deutschland, Russland, Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Rumänien. Diese geografische Fokussierung auf höher rentierende Märkte hält für die Immofinanz ein größeres Risiko bereit, wie sich gerade an der aktuellen Russland-Krise und dem Verfall des Rubels zeigt, die den Aktienkurs der Immofinanz stark belasten.

Die Buwog hat sich auf ein anderes Geschäftsfeld fokussiert, nämlich Wohnimmobilien in den konservativen und risikoärmeren Märkten Deutschland und Österreich. Diese diversifizierte Aufstellung des Gesamtkonzerns erschwerte die gezielte Investorenansprache erheblich. Denn seit einigen Jahren ist zu beobachten, dass Aktieninvestoren bei börsennotierten Immobiliengesellschaften eine klare Ausrichtung auf spezifische Marktsegmente und Geschäftsmodelle bevorzugen. Sie wollen "sortenreine" Immobilienaktien - auch "Pure Plays" genannt. Unternehmen mit gemischten Portfolios und Märkten sind am Kapitalmarkt dagegen deutlich weniger gefragt, was sich in höheren Abschlägen der Aktienkurse gegenüber dem Net Asset Value (NAV) niederschlägt. Ein Beispiel: Vor dem Spin-off im März 2014 wurden die Aktien der Buwog - obwohl noch nicht gelistet - implizit mit dem gleichen Abschlag wie die der Immofinanz gehandelt, nämlich mit einem Abschlag von 38 Prozent auf den NAV je Aktie. Bei vergleichbaren börsennotierten Wohnungsgesellschaften in Deutschland - etwa der Deutschen Annington oder der Deutschen Wohnen - lag der Aktienkurs bei minus 20 bis plus 10 Prozent des NAV/Aktie.

Entscheidung gegen einen IPO

Um die Wahrnehmung am Markt zu verbessern, wurden mit der Aufgliederung klare Strukturen geschaffen: Die Immofinanz konzentriert sich seither auf Gewerbeimmobilien in Mittel- und Osteuropa, die Buwog hingegen auf die Nutzungsart Wohnen in Deutschland und Österreich mit den Geschäftsfeldern Asset Management, Property Sales und Property Development.

Nachdem die strategische Entscheidung für die Ausgliederung der Buwog gefallen war, galt es zu prüfen, ob die Aktien in Form eines IPO an der Börse angeboten werden sollten oder ob die Bestandsaktionäre neue Aktien in einem bestimmten Verhältnis im Rahmen eines Spin-offs erhalten sollten. Die Wahl fiel auf den Spin-off. Dafür sprach die relativ hohe Unsicherheit an den Kapitalmärkten. Das Argument wurde noch durch die Schwierigkeiten bei verschiedenen vorangegangenen Börsengängen im Immobilienbereich verstärkt, beispielsweise durch die Absage des Börsengangs der Ledermann Immobilien AG oder durch die Reduzierung der Bandbreite des Angebotspreises bei der Deutschen Annington SE. Ein eventuell möglicher Abschlag beim Platzierungskurs wäre mit Verlusten für die Immofinanz-Aktionäre verbunden gewesen.

Im Zuge des Spin-offs erhielten Immofinanz-Aktionäre für je 20 Aktien eine Stammaktie der Buwog in ihr Depot gebucht. Zwischen Immofinanz und Buwog wurde außerdem ein Entherrschungsvertrag abgeschlossen. Um eine möglichst breite Investorenzielgruppe zu erreichen, wird die Buwog-Aktie an drei Börsen gehandelt. Neben Wien - der Heimatbörse - kann das Papier auch in Frankfurt am Main und Warschau gehandelt werden. Die Wahl von Frankfurt als Handelsplatz erfolgte, da ein Aktivitätsschwerpunkt der Buwog am deutschen Wohnimmobilienmarkt liegt, den wir kontinuierlich ausbauen wollen. Warschau wurde ausgewählt, weil es einen größeren Anteil von polnischen institutionellen Aktionären gibt, die bereits Immofinanz-Aktien halten. Bereits im Vorfeld des Börsengangs wurden intensive Investorengespräche in Amsterdam, Boston, Den Haag, London, Prag et cetera geführt. In den letzten Monaten führten Roadshows und Investorenkonferenzen die Buwog mehrmals nach Großbritannien und in die USA. Das positive Feedback der institutionellen und privaten Investoren motiviert zusätzlich und zeigt, dass die eingeschlagene Richtung stimmt.

Die Abspaltung von der Immofinanz war ein wichtiger Schritt in der Weiterentwicklung der Buwog zu einem der führenden Wohnimmobilienunternehmen in Österreich und Deutschland. Essenziell für den Spin-off war die Stärkung des Immobilienportfolios in Deutschland, die durch den Ankauf des DGAG-Portfolios umgesetzt wurde. Die Buwog erwarb rund 18 000 Wohneinheiten in Nordwestdeutschland - schwerpunktmäßig in Lübeck, Kiel, im Hamburger Umland und Braunschweig - für rund 892 Millionen Euro. Damit erhöhte sich die Zahl der Bestandseinheiten von 35 000 auf rund 53 000 und durch die Übernahme von zirka 300 Mitarbeitern der wohnwirtschaftlichen Managementstrukturen von Prelios Deutschland hat sich die Mitarbeiterzahl der Buwog Group nahezu verdoppelt.

Property Development hebt Buwog von Mitbewerb ab

Das Geschäftsfeld Property Development unterscheidet die Buwog Group von einem großen Teil ihrer börsennotierten Mitbewerber in Deutschland, wobei die Projektentwicklung im Wohnungsbereich Teil des Selbstverständnisses ist. Aktuell verfügt die Buwog über eine Projektpipeline mit einem Gesamtvolumen von rund 5 500 Wohneinheiten beziehungsweise 1,5 Milliarden Euro. Das mittelfristige Ziel ist es, jährlich je rund 500 Wohnungen in Wien und Berlin fertigzustellen und zu verkaufen. Zudem sollen jährlich rund 100 bis 200 Wohnungen in den Buwog-Bestand übernommen werden.

Der Erfolg der Buwog-Strategie ist nicht nur den Finanzreportings zu entnehmen, sondern spiegelt sich auch im Aktienkurs seit dem Spin-off wider. Der Eröffnungskurs in Frankfurt lag am 28. April 2014 bei 13,00 Euro. Am 30. Januar 2015 wurde ein Xetra-Schlusskurs von 17,41 Euro erreicht. Auch der Abschlag zum EPRA NAV/Aktie konnte mittlerweile überwunden werden: Vor dem Spin-off wurden die Immofinanz- und Buwog-Aktien mit einem Abschlag von 38 Prozent auf den NAV/Aktie gehandelt - ein deutliches Zeichen, dass die Asset-Klassen-Mischung des Alt-Unternehmens nicht länger den Anforderungen des Kapitalmarkts entsprochen hat. Dies hat sich signifikant gewandelt: Zum Halbjahr des Geschäftsjahres beträgt der EPRA NAV/ Aktie 17,26 Euro. Am 19. Januar 2015 erreichte die Buwog-Aktie knapp neun Monate nach dem Börsengang als einziges börsennotiertes Immobilienunternehmen in Österreich NAV-Niveau.

Dass die Abspaltung der Buwog von der Immofinanz von Experten durchweg als Beispiel für einen erfolgreichen Spin-off bezeichnet wird, zeigt, wie durch eine Aufteilung eine deutlich klarere Strategieformulierung und damit eine eindeutige Positionierung gegenüber den Investoren erreicht werden kann.

Der Autor

Mag. Daniel Riedl FRICS, CEO, BUWOG AG, Wien

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