Facility und Property Management

Die Commerzbank-Arena - sprechende Graswurzeln und sensibilisierte Gebäudenutzer

Otto Kajetan Weixler, Vorsitzender der Geschäftsführung, Apleona HSG Facility Management GmbH, Neu-Isenburg

Quelle: Apleona

Exotische Spezialimmobilien wurden in dieser Zeitschrift schon so einige beleuchtet. Doch der Blick in das Innenleben eines Fußballstadions stellt ein Novum dar. Der Autor beschreibt im folgenden Beitrag anschaulich, wie der Betrieb in der Frankfurter Commerzbank-Arena funktioniert. Ein besonderes Charakteristikum ist dabei der Anspruch, nachhaltigen Kriterien gerecht zu werden. Mit Erfolg: Die Heimstätte der Frankfurter Eintracht, die auch abseits des Fußballs vielfältig für Großveranstaltungen einsetzbar ist, wurde im vergangenen Jahr mit dem begehrten Zertifikat nach der Richtlinie Gefma 160 für ihren nachhaltigen Immobilienbetrieb ausgezeichnet. Wie es dazu kam erläutert der Autor ebenso wie die Frage, welche Kriterien ein intelligenter Fußballrasen erfüllen muss. Red.

Pro Jahr etwa eine Millionen Immobiliennutzer, eine Bruttogeschossfläche von 138 000 Quadratmetern, Fußball-Prominenz und Weltstars des Musikbusiness - ein Gebäude wie die Commerzbank-Arena ist eine Immobilie der ganz besonderen Art. Doch diese Sportstätte mit hohem Eventpotenzial ist nicht nur eine perfekt funktionierende Veranstaltungsarena, sie ist vor allem eines: rundum nachhaltig!

Damit ist das von Apleona HSG betriebene Stadion in der Mainmetropole Frankfurt in guter Gesellschaft. Bis zum Jahr 2018 verdoppelt sich die Anzahl an nachhaltig gebauten Gebäuden weltweit. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "World Green Building Trends 2016". Immer stärker achten Gebäudeeigentümer und Bauherren auf den Ökofaktor ihrer Immobilie. Damit meinen sie in der Regel eine nachhaltige Gebäudesubstanz, eine grüne Hülle. Unzählige Zertifikate wie LEED, DGNB oder BREEAM untermauern diese Öko-Bauten und damit das grüne Planen und Errichten.

Die Immobilie als Lebensraum

Den Betrieb und damit das Wesen einer Immobilie berücksichtigen sie dabei allerdings nicht in ausreichendem Maße. Ein Gebäude ist ein Lebensraum, in dem täglich unterschiedlichste Prozessabläufe stattfinden und die sind so verschieden wie die Menschen, die hier ein- und ausgehen. Das trifft besonders auf einen Ort für anspruchsvolle Events zu, wie die Commerzbank-Arena. Nachhaltig ist deren Bausubstanz, wie einschlägige Zertifikate es auch beweisen. Jetzt kommt eine weitere Auszeichnung hinzu, die sich das Frankfurter Stadion verdient hat: Vor einigen Monaten wurde die Arena für ihren nachhaltigen Betrieb nach Gefma 160 zertifiziert. Etwa 80 Prozent der Lebenszykluskosten einer Immobilie entstehen nämlich im Betrieb und hier werden die Parameter für Nachhaltigkeit gelegt.

Deshalb hat der Branchenverband Gefma (German Facility Management Association e.V.) die Zertifizierungsrichtlinie 160 zum nachhaltigen Facility Management ins Leben gerufen. Das zentrale Element der Richtlinie ist ein Katalog bestehend aus 24 Kriterien, die sich aus den Nachhaltigkeitsaspekten Ökologie, Ökonomie und Soziokultur sowie Kriterien zur Organisation des Facility Managements und Serviceaspekten ableiten. Dabei werden unter anderem Themen wie Energiemanagement, Wasser- und Entsorgungsmanagement, Stör- und Beschwerdemanagement, Flächenmanagement, Catering oder Security unter die Lupe genommen. Die Commerzbank-Arena ist die erste sogenannte "Spezialimmobilie", deren nachhaltiger Betrieb nun zertifiziert wurde. Bislang tragen überwiegend Bürogebäude diese Auszeichnung, unter anderem die Zwillingstürme der Deutschen Bank in Frankfurt am Main.

Auditoren prüfen Arena auf Herz und Nieren

Fünf Monate haben die Auditoren der Gefma die Abläufe in Frankfurts guter Sportstube unter die Lupe genommen. Dabei glänzte die Arena in den meisten Fällen als Nachhaltigkeitsprimus. Es gab allerdings an einigen Stellen auch Optimierungspotenzial. Es wird vor allem in einem Stadion schnell deutlich: Nachhaltigkeit wird von Menschen und ihrem Verhalten bestimmt. Der Betrieb einer Immobilie wie der Commerzbank-Arena ist ein Zusammenspiel zahlreicher Partner. Viele von diesen Unternehmen fokussieren sich aber oft nur auf ihre eigenen Prozesse, ohne das große Ganze im Blick zu haben. Ein kleines Beispiel ist die Küche, die den großen Businessbereich im Stadion mit frischen Speisen versorgt. Hier gibt es eine moderne Abluftanlage, die eigentlich nur benötigt wird, wenn die Herde in Betrieb sind und die Töpfe dampfen. Einfacher ist es für den Caterer natürlich, die Technik nonstop in Betrieb zu halten, anstatt sie immer wieder ein und aus zu schalten.

Bequemlichkeit, die Energie kostet und die Umwelt belastet. Es ist einfach vor dem Audit der Gefma nicht aufgefallen, dass hier Optimierungspotenzial besteht. Es lohnt sich, dass bei einer derartigen Zertifizierung einmal besser hingeschaut und auch Sekundärprozesse genauer unter die Lupe genommen werden. Schnittstellen zwischen einzelnen Abläufen rücken stärker in den Fokus und offenbaren oftmals interessante Möglichkeiten für mehr Nachhaltigkeit. Das Tagesgeschäft in einer Immobilie bringt eben oftmals eine gewisse Betriebsblindheit mit sich. Hier führt der zertifizierende Blick von außen zu einer neuen Form der Sensibilisierung für nachhaltige Prozessabläufe.

Nutzen geht über den Umweltschutz hinaus

Die Kriterien, nach denen die Auditoren ein Gebäude unter die Lupe nehmen, sind nicht nur Prüfaspekte, um am Ende ein Zertifikat auszustellen. Sie sind vielmehr Leitplanken, um eine Immobilie nachhaltig und effizient zu steuern. Dabei ergeben sich interessante Mehrwerte: In vielen Fällen steigt nicht nur der Schutz der Umwelt, sondern es sinken durch den achtsamen Umgang mit den Ressourcen auch die Nebenkosten. Transparente Abläufe tragen zudem dazu bei, dass sich ein besserer Überblick über die Prozessabläufe und ihre Schnittstellen ergeben. Die notwendige Transparenz für nachhaltige Energieoptimierungen wird im Frankfurter Stadion durch den Einsatz der Monitoring-Lösung "enerlutec" von Apleona HSG erreicht. Diese erfasst die Energieeinspeisung der Arena sowie ausgewählte Großverbraucher. Durch dieses kontinuierliche Monitoring ist es möglich, Abweichungen vom Idealbetrieb aufzudecken und durchgeführte Einsparmaßnahmen wirtschaftlich zu bewerten.

Bei der Zertifizierung im Frankfurter Stadion fiel positiv auf: In vielen Fällen ist die Commerzbank-Arena ein grüner Klassenprimus. Zum Beispiel beim Thema Wassermanagement. Das Stadion liegt in einer ökologisch sensiblen Zone, nämlich einem Wasserschutzgebiet, das den Bürgern von Frankfurt am Main als natürliches Trinkwasserreservoir dient. Aus diesem Grund muss die Eventimmobilie besonders sorgsam mit der flüssigen Ressource umgehen. Dazu haben sich die Verantwortlichen eine ökologischkreative Lösung ausgedacht. Regenwasser bewässert die Trainingsflächen und den Rasen des Stadions, außerdem fließt es durch die Spülungen sämtlicher Toilettenanlagen.

Regenwasser für die WC-Spülung

Gesammelt wird es auf dem Dach der Commerzbank-Arena und von dort in zwei unterirdische, miteinander verbundene Zisternen abgeleitet. Beide Speicher fassen jeweils 150 Kubikmeter und wurden aufgrund des ökonomisch-ökologischen Nutzens des Systems sogar noch erweitert. Hier machte die Commerzbank-Arena beim Audit eine grüne Punktlandung, sie erreichte den von der Gefma 160 vorgeschriebenen Referenzwert mit Bravour. Denn: Ausschließlich bei einem zu niedrigen Füllstand der Zisternen, etwa in einem sehr trockenen Sommer, wird zusätzlich Trinkwasser verwendet. Ein genaues Monitoring achtet dabei auf den umweltschonenden Umgang mit der nassen Ressource. Einsparvolumen: 3 000 Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr. Nachhaltige Prozesse sparen aber auch bares Geld. Das wird an diesem Beispiel schnell klar. Um knapp 10 000 Euro jährlich werden die Frankfurter durch diese Form kreativer Nachhaltigkeit in ihrem Stadion entlastet.

Handlungsbedarf gab es nach Ansicht der Auditoren bei der Dokumentation. Vollbringe Gutes und schreibe es nieder. Dies funktioniert bei zahlreichen Kernprozessen innerhalb des Stadions gut. Allerdings ist bei einigen Sekundärprozessen noch Verbesserungsbedarf. Ökologisches Handeln ist oft auch eine gefühlte Nachhaltigkeit. Wie effektiv die getroffenen Maßnahmen aber wirklich sind, lässt sich nur durch eine gute Dokumentation und damit eine hohe Transparenz feststellen. Das hat noch einen weiteren Vorteil: Eine gute Dokumentation ist auch ein Wissensspeicher. Gibt es zum Beispiel Mitarbeiterwechsel, ist das vorhandene Know-how auch nachhaltig dokumentiert und damit langfristig verfügbar.

Nachhaltiger Betrieb ist nicht zwangsläufig aufwendig

Nachhaltiger Betrieb von Immobilien muss nicht immer mit technisch aufwendigen Lösungen einhergehen. Oft sind es kleine Stellschrauben mit großem Ökonutzen. Beispiel: Gebäudereinigung. Hier hat die Commerzbank-Arena eine individuelle und verbindliche Beschaffungsrichtlinie für nachhaltige Reinigungsmittel entwickelt. Die verwendeten Produkte müssen nachweislich den ökologischen Anforderungen des Stadionbetreibers gerecht werden.

Ein weiteres Kreativbeispiel: Die Schädlingsbekämpfung. Eine große Immobilie wie ein Stadion erklären auch gerne Tauben zu ihrer neuen Heimat und fügen dem Gebäude dadurch oftmals Schaden zu. Gift kommt in der Frankfurter Sportstätte gegen die Parasiten der Lüfte allerdings nicht zum Einsatz. Dafür gehören geflügelte Mitarbeiter mit einem scharfen Auge fürs Taubenproblem zum Team der Stadion Frankfurt Management GmbH. Jagdfalken machen den Tauben das Leben schwer und halten sie von der Sportstätte fern.

Ein intelligenter Fußballrasen

Ein schönes, nachhaltiges Highlight der Commerzbank-Arena ist das Herzstück eines Fußballstadions, der Rasen und dieser ist in Frankfurt "intelligent". Hier wird der Faktor Mensch durch hohe Mathematik, konkret durch Algorithmen, ersetzt. Früher war die Außentemperatur der entscheidende Faktor, ob die energieintensive Rasenheizung ihren Betrieb aufnahm oder nicht. Das bedeutete, ein Blick auf das Thermometer führte zum mechanischen Einschaltvorgang der Rasenheizung. Doch oftmals war dies nicht wirklich nötig und somit wurde Energie verschwendet. Mit der technischen Aufrüstung kann der Rasen nun dem Stadionbetreiber sagen, wie es ihm geht und welchen Wärmebedarf er aktuell hat.

Möglich machen das kleine Sensoren an den Graswurzeln. Sie senden genauste Informationen an die Gebäudeleittechnik und steuern so die ideale Wachstumstemperatur der Rasenfläche im Stadion von Eintracht Frankfurt. Diese liegt bei 14 Grad Celsius und versprechen Idealbedingungen für das grüne Gras in der Sportstätte am Main.

Eingreifen braucht der Mensch in die Beheizung dieser automatisierten Rasenfläche kaum noch, stattdessen wird der Wärmebedarf mittels "enerlutec" überwacht. Durch die punktgenaue Wärmeversorgung konnten die Energiekosten der Rasenheizung um knapp 40 Prozent pro Jahr gesenkt werden. Doch damit nicht genug der Nachhaltigkeit: Durch das Wohlfühlklima hält die Rasenfläche jetzt eine komplette Bundesligasaison durch, während früher zwei Rasenwechsel jährlich nötig waren, für über 100 000 Euro pro Rasengarnitur.

Die Zertifizierung nach "Gefma 160 - Nachhaltigkeit im Betrieb" ist ein wichtiger Baustein für die Energiewende: Sie trägt zu einer Sensibilisierung im Hinblick auf die komplette Thematik Nachhaltigkeit bei. Denn gerade im Betrieb wird ökologischer Weitblick schnell spürund nachvollziehbar.

Der Autor Otto Kajetan Weixler, Vorsitzender der Geschäftsführung, Apleona HSG Facility Management GmbH, Neu-Isenburg
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