Pfandbriefe und Covered Bonds

Covered-Bond-Harmonisierung - auf der Zielgeraden nicht vom Weg abkommen

Sascha Kullig, Bereichsleiter, Pfandbrief und Kapitalmarkt, Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e.V., Berlin

Quelle: privat

Pfandbriefe und Pfandbriefe-Gesetze sind lange schon keine rein nationale Angelegenheit mehr. Es war vor einigen Jahren vor allem das Bestreben des deutschen Verbandes vdp, das Thema Pfandbriefe und Covered Bonds auf die europäische Ebene zu heben. Nun muss man mit den Folgen leben - und die heißen wie fast immer in Europa: Harmonisierung. Mit den sich abzeichnenden Konturen kann der deutsche Pfandbrief mit seinen hohen Qualitätsstandards gut leben. Vor allem die Tendenz in Richtung Richtlinie mit weitreichendem Auslegungsspielraum für die nationalen Gesetzgeber ist wichtig. Der Autor sieht aber weiterhin noch Gefahren: Erstens die begriffliche Abgrenzung "echter" Covered Bonds von sogenannten European Secured Notes. Hier wünscht er sich schon auf Richtlinienebene eine deutliche Unterscheidung durch grundsätzliche Definition der erforderlichen Deckungswerte. Zweitens fürchtet er bei einer Delegation von Aufgaben an die EBA eine "Vollharmoniserung durch die Hintertür" mittels technischer Standards. Der Verband muss die Entwicklung weiterhin genau im Auge behalten. Red.

Nun steht es fest: Die EU-Kommission hat für das erste Quartal 2018 eine Gesetzesinitiative zur EU-weiten Harmonisierung von Covered Bonds angekündigt. Damit biegt ein Vorhaben auf die Zielgerade ein, das Ende 2012 seinen Anfang nahm. Der vdp und seine Mitglieder werden alles dafür tun, dass auf den letzten Metern das eigentliche Ziel nicht aus den Augen verloren wird. Auch wenn die EU-Kommission in ihrer Ankündigung im Juni vor allem die Ziele der Initiative betonte und kaum auf die zu erwartenden Inhalte einging, kann davon ausgegangen werden, dass die Empfehlungen der EBA1) eine große Rolle bei der Erstellung eines harmonisierten europäischen Rechtsrahmens für Covered Bonds spielen werden.

Der EU-Kommission geht es insbesondere darum, mit einem einheitlichen Rahmenwerk die Assetklasse Covered Bonds zu schützen (sogenanntes "Ring-Fencing") und die bisherige regulatorische Vorzugsbehandlung im europäischen Recht zu erhalten.2) Gleichzeitig wird die tadellose Funktionsweise bestehender nationaler Covered-Bond-Gesetze hervorgehoben, die unter keinen Umständen gefährdet werden darf.

Sicherung der regulatorischen Privilegien

Zwar hat die EU-Kommission auch die Möglichkeit einer Vollharmonisierung erwähnt. Das Ziel, bestehende Covered-Bond-Systeme nicht zu gefährden, kann nach Ansicht des vdp aber nur mit einer prinzipienbasierten Harmonisierung erreicht werden, sodass wir davon ausgehen, dass die EU-Kommission im ersten Quartal 2018 einen groben Richtlinienentwurf präsentieren wird, der die wesentlichen Elemente von Covered-Bond-Gesetzen umfassen und den nationalen Gesetzgebern ausreichend Spielraum zum Erhalt der nationalen Covered-Bond-Modelle geben dürfte. In die gleiche Richtung geht der Initiativbericht des Europäischen Parlaments zur Harmonisierung von Covered Bonds.3)

Inhaltlich weisen die Vorstellungen des Europäischen Parlaments in die richtige Richtung. Der Initiativbericht betont ebenfalls die hervorragende Funktionsweise bestehender Covered Bonds und ihre Bewährung vor allem in der Finanzkrise. Vor diesem Hintergrund plädieren die EU-Parlamentarier für einen vorsichtigen und auf Grundsätzen basierenden Harmonisierungsansatz über eine Richtlinie, die die Ziele vorgibt, den Weg dorthin aber den nationalen Gesetzgebern überlassen soll. Der zu setzende europäische Rechtsrahmen soll nach Vorstellung des Europäischen Parlaments Vorgaben zum sogenannten "Dual Recourse", zur besonderen öffentlichen Aufsicht, zur Abtrennung der Vermögenswerte im Falle der Insolvenz des Emittenten sowie zu den Transparenzpflichten enthalten. Die in der Richtlinie festgelegten und in den nationalen Gesetzen umgesetzten Vorgaben müssen nach Ansicht des Europäischen Parlaments von allen Covered Bonds erfüllt werden. Demnach würde die Richtlinie letztlich die Funktion des Artikels 52 (4) der OGAW-Richtlinie (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) übernehmen.

Zwei neue Begriffe eingeführt

Covered Bonds, die in den vollen Genuss der regulatorischen Privilegien kommen wollen - wobei die bevorzugte Eigenmittelunterlegung im Mittelpunkt steht - sollen weitergehende Anforderungen erfüllen, die in Artikel 129 CRR (Kapitaladäquanzverordnung) festgelegt sind und erweitert werden sollen. Das Europäische Parlament verwendet für die beiden Kategorien von Covered Bonds die neuen Begriffe "Ordinary Covered Bonds" und "Premium Covered Bonds". Abgesehen davon decken sich die Überlegungen in weiten Teilen mit den EBA-Vorschlägen.

Zusätzlich zu den vom EU-Parlament vorgeschlagenen Inhalten einer EU-Richtlinie möchte die EBA im europäischen Rahmenwerk noch Anforderungen an das Liquiditätsmanagement und an Derivate geregelt sehen. Zudem befürwortet sie wie das EU-Parlament besondere Regeln für sogenannte Conditional Pass Through und Soft Bullet Covered Bonds. In Artikel 129 CRR sollen nach Ansicht der EBA zusätzlich Anforderungen an eine Mindestüberdeckung festgelegt werden.

Angesichts dieser Gemengelage dürften sich die wesentlichen Streitpunkte auf einige wenige grundlegende und einige technische Aspekte konzentrieren. Einer der aus vdp-Sicht wesentlichen Punkte ist die Frage der deckungsfähigen Vermögenswerte. Die EBA hat in ihren Empfehlungen in Säule 1 (EU-Rahmenwerk) ganz bewusst auf eine Vorgabe verzichtet; das Europäische Parlament empfiehlt in seinem Initiativbericht dagegen zumindest, "dass Schuldtitel, die durch Vermögenswerte gedeckt sind, die deutlich riskanter sind als Staatsanleihen und Hypotheken (...), nicht als gedeckte Schuldverschreibungen bezeichnet werden."4)

Oberstes Ziel ist das "Ring-Fencing"

Hier kommt ein zusätzlicher Begriff ins Spiel, die so genannten "European Secured Notes" (ESN). Dieses Instrument soll nach Ansicht der EU-Parlamentarier zur Refinanzierung anderer Vermögenswerte, wie beispielsweise Kredite an kleine und mittlere Unternehmen und Infrastrukturfinanzierungen, genutzt werden. Diese ESN sollen zwar ebenfalls Bestandteil einer EU-Richtlinie sein und die gleiche Technik wie Covered Bonds verwenden. Aber sie sollen begrifflich von Covered Bonds abgegrenzt und nicht in den Genuss einer identischen privilegierten regulatorischen Behandlung kommen.

Entscheidend ist für die Pfandbriefbanken, dass das oberste Ziel "Ring-Fencing" von Covered Bonds erreicht wird. Der sinnvollste Weg wäre, die deckungsfähigen Vermögenswerte bereits auf Richtlinienebene zumindest grundsätzlich zu definieren.

Bei Covered Bonds handelt es sich um sichere, längerfris tige Funding-Instrumente. Daher sollten sie auch nur zur Refinanzierung längerfristiger, sicherer Vermögenswerte, die über eine bewertbare und vollstreckbare Sicherheit abgesichert sind, genutzt werden.5) Um in der Diktion des Euro päischen Parlaments zu bleiben: Nur solche Assets sollten sich als Deckungswerte für "Premium Covered Bonds" und "Ordinary Covered Bonds" qualifizieren.

Auch bei einer möglichen Einführung von ESN empfiehlt sich eine Begrenzung der deckungsfähigen Vermögenswerte. Sollten über ESN Konsumentenkredite, Studentendarlehen oder ähnliche Finanzierungen refinanziert werden können, sehen wir das Ziel des "Ring-Fencing" von Covered Bonds als gefährdet an.

Keine Vollharmonisierung durch die Hintertür

Die mögliche Delegation von Aufgaben an die EBA sehen wir ebenfalls kritisch. Der Initiativbericht des Europäischen Parlaments sieht an diversen Stellen Ermächtigungsgrundlagen für die EBA vor, technische Standards zu Detailthemen zu entwickeln. Dies ist nicht mit dem Ziel eines prinzipienbasierten, auf Subsidiarität setzenden Harmonisierungsansatzes vereinbar. Vielmehr könnten solche Standards zu einer Vollharmonisierung durch die Hintertür führen. Um dem Ziel eines prinzipienbasierten Harmonisierungsansatzes gerecht zu werden, sollten technische Details wie Fragen zur Berücksichtigung von Derivaten in Deckung und durchzuführenden Stresstests auf nationaler Ebene verbleiben.

Gleiches gilt für die von der EBA thematisierte Kombination von gewerblichen und wohnwirtschaftlichen Hypothekendarlehen in einer Deckungsmasse. Nach Vorstellung der EBA sollte im Rahmen einer freiwilligen Konvergenz entweder eine vollständige Trennung vorgeschrieben oder zumindest eine Festlegung auf bestimmte Quoten eingeführt werden. Gemäß dem Pfandbriefrecht ist es indes nicht möglich, zwei Hypothekendeckungsmassen zu unterhalten. Vielmehr wird den unterschiedlichen Risikostrukturen der Immobiliensegmente in Deutschland durch strenge gesetzliche Anforderungen, insbesondere den Beleihungswertermittlungsvorschriften, Rechnung getragen. Bei einer erzwungenen Trennung von Wohnen und Gewerbe entstünden in vielen Fällen Zuordnungsprobleme. Darüber hinaus existieren unterschiedliche Auffassungen über die Abgrenzung von Wohnen und Gewerbe. In Deutschland steht die Objektnutzung im Vordergrund, in einigen anderen Ländern und bei den Ratingagenturen orientiert man sich eher an der Frage, ob es sich um sogenannte Cashflow-abhängige Immobilien handelt. Angesichts der zum Teil völlig unterschiedlichen Immobilienmärkte in Europa lassen sich die jeweiligen Besonderheiten wesentlich besser auf nationaler als auf europäischer Ebene adressieren. Eine EU-Harmonisierung ist in diesem Bereich weder realisierbar noch erforderlich. Durch die bestehenden Transparenzvorschriften kennen Investoren die Zusammensetzung einzelner Deckungsmassen und können darauf aufbauend ihre eigene Entscheidung treffen, welche Zusammensetzung sie favorisieren.

Diese und weitere "technische" Aspekte wie beispielsweise die Frage der Deckungswerte aus Drittstaaten oder die Frage der Behandlung von Soft-Bullet- und Conditional-Pass-Through-Strukturen haben schon für intensive Diskussionen in der Covered-Bond-Gemeinschaft gesorgt.

Überraschend wenig Diskussionen führten Marktakteure hingegen bislang über mögliche europäische Vorschriften für die besondere öffentliche Aufsicht. Dabei ist in vielen Ländern kaum etwas so intransparent wie die Aufsicht über Covered Bonds. Zwar haben nach Angaben der EBA 16 nationale Covered-Bond-Jurisdiktionen angegeben, ihre Aufsicht sei in Übereinstimmung mit den EBA-Empfehlungen.6) Aber die EBA konstatierte auch, dass die Heterogenität sehr ausgeprägt ist.

Aufgrund der unterschiedlichen Covered-Bond-Modelle in Europa kann die Aufsicht nicht überall identisch sein. Gleichwohl sollten bestimmte Mindestanforderungen gestellt werden und die zuständigen Bereiche in den Aufsichtsbehörden zu identifizieren sein, um einer besonderen öffentlichen Aufsicht gerecht zu werden, zumal diese zu den Kernelementen von Covered Bonds gehört, die eine bevorzugte regulatorische Behandlung rechtfertigen. Es wird also höchste Zeit, dass die schon seit Ende der Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts in Artikel 52 (4) OGAW-Richtlinie zu findende Anforderung an eine besondere öffentliche Aufsicht mit Inhalten gefüllt wird. Aber auch hier gilt, dass ein europäisches Rahmenwerk die Leitlinien vorgeben sollte, die Details indes auf nationaler Ebene zu regeln sind.

Angemessener Spielraum bei Harmonisierung nötig

Die Harmonisierung von Covered Bonds steht vor einer großen Herausforderung. Es muss ein europäischer Rechtsrahmen geschaffen werden, der auf der einen Seite hinreichend detailliert ist, um die Assetklasse vor Missbrauch zu schützen und die bestehenden Privilegien für die Zukunft zu wahren. Auf der anderen Seite muss er angemessenen Spielraum bieten, um den nationalen Besonderheiten der unterschiedlichen Covered-Bond-Modelle und den kontrastierenden Strukturen auf den europäischen Immobilienmärkten gerecht zu werden. Dieser Spagat kann nur mit einem prinzipienbasierten Ansatz gelingen, der sich klar auf grundsätzliche Vorgaben für die wesentlichen Kernelemente von Covered Bonds fokussiert. Wenn alle an der Erstellung eines europäischen Rechtsrahmens beteiligten Parteien das beherzigen, dürfte der Weg auf der Zielgeraden zur Harmonisierung weder weit noch steinig sein. Die Pfandbriefbanken und der vdp werden das Thema weiterhin eng begleiten, damit Covered Bonds allgemein und der Pfandbrief im Besonderen auch im Zieleinlauf noch sichere, verlässliche Produkte sind, die zwar von europäischen Leitlinien eingerahmt werden, aber auf bewährten nationalen Systemen beruhen und auch auf nationaler Ebene weiterentwickelt werden können.

Fußnoten

1) Opinion of EBA on Preferential Capital Treatment of Covered Bonds, EBA/OP/2014/04, 1 July 2014 sowie Report on Covered Bonds EBA-OP-2016-23, 20.12.2016

2) Inception Impact Assessment "Initiative on an integrated covered bond framework"; www.ec.europa.eu/info

3) Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 zur Festlegung eines EU-weiten Rahmens für gedeckte Schuldverschreibungen (2017/2005(INI))

4) Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 zur Festlegung eines EU-weiten Rahmens für gedeckte Schuldverschreibungen (2017/2005(INI)), S. 6

5) Eine Ausnahme bilden Forderungen gegen die Öffentliche Hand, bei denen in den nationalen Covered-Bond-Gesetzen unterschiedlich strenge Kriterien zur Deckungsfähigkeit festgelegt sind. Um in den Genuss einer privilegierten Eigenkapitalunterlegung zu kommen, müssen die Anforderungen nach Art. 129 CRR in Verbindung mit den CRR-Kriterien an eine "Öffentliche Stelle" erfüllt sein.

6) EBA Report on Covered Bonds EBA-OP-2016-23, 20.12.2016, S. 73

Redaktioneller Hinweis: Dies ist die gekürzte Fassung eines Beitrags aus dem vdp Fact Book Pfandbrief 2017/2018. Die Langfassung des Artikels ist auf www.pfandbrief.de hinterlegt.

Der Autor Sascha Kullig, Bereichsleiter, Pfandbrief und Kapitalmarkt, Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e.V., Berlin
Sascha Kullig , Bereichsleiter Pfandbrief, Kapitalmarkt und Investor Relations, Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) e.V., Berlin

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