Digitalisierung

Digitale Plattformen - entscheidender Effizienzsprung für das Immobilienmanagement

Heike Gündling
Quelle: Architrave GmbH, Berlin

Glaubt man Studien und Umfragen aus der jüngeren Vergangenheit, so ist in der deutschen Immobilienwirtschaft in den kommenden Jahren mit einer doch recht umfangreichen Digitalisierungswelle zu rechnen. Dabei belegen Untersuchungen nicht nur ein höheres Bewusstsein der Marktakteure für die Notwendigkeit digitaler Prozesse, um im Wettbewerb bestehen zu können. Zugleich wächst auch die Vertrautheit mit neuen Instrumenten, die sich beispielsweise künstlicher Intelligenz und des Machine Learning bedienen. Welche Rolle digitale Datenplattformen in diesem Zusammenhang spielen, erläutert die Autorin des folgenden Beitrags. Sie ist überzeugt, dass diese die Aktenschränke und Archivkammern des analogen Zeitalters ersetzen werden. Red.

Digitalisierung ist weder eine Eintagsfliege noch ein Schreckgespenst. Zahlreiche, in den vergangenen Jahren erfolgreich etablierte Produkte der digitalen Wirtschaft haben Sorgen und Bedenken in der Immobilienbranche zerstreut. So sagen heute bereits 96 Prozent der befragten Branchenakteure, dass die Einführung digitaler Instrumente eine Effizienzsteigerung in Kernprozessen ermöglicht. Weitere 87 Prozent sind der Ansicht, dass gerade durch eine strukturierte Datensammlung schnellere und sichere Entscheidungen möglich seien, wie der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) in seiner Digitalisierungsstudie von 2016 ermittelte.

Eines der zentralen Ergebnisse lag in einer selbstauferlegten Erwartungshaltung im Hinblick auf die digitale Entwicklung in den kommenden fünf Jahren. Während bereits jetzt 74 Prozent der Ansicht sind, dass ihre Daten umfassend beziehungsweise weitgehend in digitaler Form vorliegen, gaben 97 Prozent an, dass dies spätestens bis 2021 der Fall sein wird. Ebenso meinte die Hälfte der Befragten, dass eine Digitalisierungsstrategie zum aktuellen Zeitpunkt nicht von Belang sei. Für die kommenden fünf Jahre schlossen sich gleichwohl nur noch 26 Prozent dieser Aussage an.

Zeitintensive Beschäftigung mit Dokumenten

Wo beginnt also die Digitalisierungsstrategie? Wo sind in der Immobilienwirtschaft Prioritäten zu erkennen? Das Thema Datenmanagement spielt zweifellos eine zentrale Rolle. Daten umfassend und übersichtlich zu organisieren, schafft Freiraum für wertschöpfende Tätigkeiten. In der ZIA-Studie rangiert das Thema folglich an zweiter Stelle unter den genannten Haupttrends der Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft, direkt nach mobiler Arbeit. In seiner Analyse zur Zukunft der Büroarbeit ermittelte das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), dass 40 Prozent der Büroangestellten über 30 Minuten täglich mit der Suche nach Dokumenten beschäftigt sind. Zehn Prozent verbringen mit dieser Tätigkeit sogar über 60 Minuten jeden Tag.

Doch gerade für den Bereich des Datenmanagements gibt es bereits ausgereifte digitale Lösungen. Sie basieren zumeist auf "Künstlicher Intelligenz" (KI). Mit der aus dem Englischen entnommenen Vokabel (Artificial Intelligence) ist inzwischen ein Modebegriff, um nicht zu sagen: "Schlagwort" entstanden, das nicht klar einzugrenzen ist, der Einfachheit halber jedoch verwendet werden kann. Grundsätzlich umfasst der Begriff die Imitation menschlicher Intelligenz durch Maschinen.

Eine klare Definition scheitert gleichwohl daran, dass "Intelligenz" kein eindeutig zu fassender Begriff ist. Insofern ist KI vereinfacht mit der maschinellen Erkennung von Systemen und Gesetzmäßigkeiten gleichzusetzen und kann in dieser Variante besser mit dem Begriff "maschinelles Lernen" umschrieben werden. In ihrer einfachen Fassung tritt sie beispielsweise bei Spamfiltern oder Autokorrekturen auf, eine Weiterentwicklung sind Sprachassistenzsysteme wie Siri, Cortana oder Alexa.

Dass KI im Zentrum der Wirtschaftswelt angekommen ist, zeigt eine Studie der Unternehmensberatung Capgemini vom September 2017: Von 1 000 befragten Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 500 Millionen US-Dollar bieten 71 Prozent KI-Weiterbildungen an. Drei von vier Unternehmen bestätigen, dass sie durch den Einsatz von KI ein Umsatzplus von mindestens zehn Prozent verzeichnen konnten. Auch in Deutschland gewinnt KI an Relevanz: Im Trendbarometer des Branchenverbands Bitkom rückte KI 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 14 Plätze nach vorne auf Rang 9.

Künstliche Intelligenz im Kommen

In der Immobilienwirtschaft setzen laut der ZIA-Digitalisierungsstudie erst 15 Prozent KI-Lösungen im operativen Geschäft ein. In den kommenden Jahren möchten dies allerdings 55 Prozent der befragten Immobilienunternehmen tun. Ein entscheidender Schritt hierzu ist die Zusammenarbeit mit KI-Dienstleistern, wie eine Analyse von McKinsey vom April 2017 zeigt.

Da in den meisten Unternehmen die entsprechenden Kenntnisse fehlen, empfiehlt die Unternehmensberatung Pilotprojekte mit ausgewählten Anbietern. Dem gesamten Markt der KI-Dienstleistungen prognostiziert McKinsey bis 2025 ein jährliches Umsatzwachstum von mindestens 25 Prozent. Innerhalb der deutschen Immobilienwirtschaft sind nach ZIA-Angaben 72 Prozent der Unternehmen davon überzeugt, dass Dienstleister für digitale Lösungen, die sogenannten Proptechs, den Unternehmensumsatz erhöhen können.

Widersprüchliche Aussagen

Im Zentrum eines KI-basierten Datenmanagements steht eine Datenplattform, die Dokumente einlesen und automatisch zuordnen kann. Es ist ein Widerspruch, wenn in der Umfrage des ZIA 95 Prozent der befragten Akteure Datenstrukturierung als wichtigen Trend sehen, für den Trend KI hingegen nur 50 Prozent votieren. Denn erst die klare maschinelle Identifikation eines bestimmten Dokuments ermöglicht seine korrekte Ablage und rasche Auffindbarkeit. Unabhängig davon liegt ein Großteil der Dokumente in deutschen Immobilienunternehmen immer noch in Papierform vor.

Im ersten Schritt steht folglich die Digitalisierung des Originaldokuments. Untrennbar damit verbunden ist seine Identifizierung. Durch "maschinelles Lernen" gelingt eine Zuordnung zu verschiedenen Dokumentenklassen. Eine Studie der Technischen Universität Kaiserslautern ermittelte rund 230 verschiedene Kategorien für das Immobilienmanagement wie Stellplatzverträge, Grundbucheinträge oder Nebenkostenabrechnungen. Entsprechende Indizes sollten sich daran orientieren.

Einheitliche Übersicht für alle Beteiligten

Für die sofortige Wiederauffindung von Dokumenten und ihre strukturierte Ablage im eigenen Unternehmen ist damit bereits der entscheidende Schritt getan. Doch erst die Datenplattform für den Zugriff beteiligter Projektparteien schafft den eigentlichen Mehrwert. Immobilienmanagement umfasst nicht nur innerhalb des Unternehmens diverse Abteilungen wie beispielsweise das Fonds- oder Transaktionsmanagement, sondern auch eine Vielzahl an Dienstleistern wie Property Manager oder Rechtsanwälte sowie externe Instanzen wie Banken oder Regulierer. Die einzelne Datenaufbereitung für die jeweilige Partei kann bei Ablage an verschiedenen Orten viel Zeit in Anspruch nehmen.

Durch die Plattform hingegen ist eine einheitliche Übersicht mit einer festen Indizierung gegeben. Im Idealfall hat jedes Asset sein virtuelles Pendant, auch als "Digital Twin" bezeichnet. Dieser "digitale Zwilling" wird so mit neuen, d.h. zusätzlichen beziehungsweise aktuellen Daten, nicht nur im Fall eines Eigentümerwechsels, sondern allen voran auch im laufenden Betrieb, gleichsam in Echtzeit, bestückt. Über eine allgemeine Schnittstellenfunktion (RESTful API) können diese Daten auch von nahezu jedem Vorsystem, wie zum Beispiel ERP-Systemen, bezogen beziehungsweise ausgetauscht werden.

Maschinelles Lernen braucht Training

Die Grundlage von KI bilden Algorithmen, also Handlungsvorschriften, die anhand wiederkehrender identischer Vorgänge definiert werden. Ihr Ursprung in der Informatik liegt bereits in den sechziger Jahren, doch erst in den vergangenen Jahren konnten sie für Geschäftsprozesse in größerem Umfang nutzbar gemacht werden, da nunmehr die Hardware mit der entsprechenden Rechenleistung zur Verfügung steht. Ihre Effizienz lebt von der ihr zugrunde liegenden vergleichbaren Datenmenge. Maschinelles Lernen benötigt also Trainingsdaten, um eine noch genauere Auswertung von Dokumenten zu erreichen. Je mehr Unternehmen mit bestenfalls großen Immobilienportfolios dieselbe Plattform benutzen, desto höher wird die Performance des Systems. Daher ist es nicht sinnvoll, bei Eigentümerwechseln des Assets auf eine andere Plattform zu wechseln.

Die erneute Dateneingabe erfolgt dann nicht selten manuell und gegebenenfalls mit geänderter Indizierung. Dies ist nicht nur zeitintensiv, sondern birgt durch den Medienbruch auch die Gefahr von weiteren Fehlern. Zugleich nimmt ein Nebeneinander verschiedener Plattformen der Branche die Option auf einen gemeinsamen Standard für das Datenmanagement, sei es bei Transaktionen, Genehmigungsprozessen oder der Mietverwaltung.

Ein Blick auf den Suchmaschinenmarkt verdeutlicht diesen Umstand: Google konnte sich im früher bestehenden Wettbewerb durch einen besseren Algorithmus durchsetzen. Er optimierte sich durch die Eingabe neuer Suchanfragen einer wachsenden Zahl an Nutzern.

Eine Vielzahl repetitiver Arbeitsprozesse

Zwei fundamentale Aspekte des Transformationsprozesses der Digitalisierung sind einfache Bedienbarkeit und Datensicherheit. Neu eingeführte Software muss für eine intuitive Anwendung vertraute Muster abbilden: Übersichtliche Icons, schnelle Suchfunktionen oder das einfache Drag- and Drop-Verfahren für den Dokumentenimport sind in diesem Zusammenhang zu nennen. In Bezug auf Datensicherheit und Selektierten, das heißt kontrollierten Zugriff, ist der Betreiber der Plattform in der Verantwortung. Eigene, nach Kunden getrennte Server sind ein geeignetes Mittel. Ein Standort in Deutschland stellt dabei sicher, dass Regelungen des strengeren deutschen Datenschutzes eingehalten werden.

In Immobilienunternehmen gibt es eine Vielzahl repetitiver, skalierbarer Arbeitsprozesse. Sie eignen sich daher besonders gut für eine digitale Umstellung. Dies führt gleichwohl noch lange nicht zu einem umfangreichen Wegfall von Arbeitsplätzen: Innerhalb eines Branchenvergleichs ermittelte McKinsey einen Automatisierungsgrad der Immobilienwirtschaft von gerade einmal 47 Prozent. Neun Branchen weisen demnach mehr Möglichkeiten für den Einsatz maschinelldigitaler Technik auf. Zu ihnen zählen allen voran das Hotel- und Gaststättengewerbe, die Logistikindustrie sowie die Landwirtschaft.

Für die Immobilienwirtschaft sind Instrumente wie eine einheitliche Datenplattform, die sich künstlicher Intelligenz bedient, wertvolle Hilfen, um Mitarbeiter besser nach ihren Fähigkeiten einzusetzen, ihnen den dafür notwendigen zeitlichen Rahmen zur Verfügung zu stellen und somit wertschöpfende Prozesse im Unternehmen weiter auszubauen.

Die Autorin Heike Gündling, COO, Architrave GmbH, Berlin
Heike Gündling , CEO , 21st Real Estate

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