Facility und Property Management

Digitalisierung im Property Management - Zeit für einen branchenweiten Datenstandard

Thomas Junkersfeld, Geschäftsführer, HIH Property Management GmbH, Hamburg

Quelle: HIH

Analoge und mitunter zeitintensive Arbeitsschritte sind noch immer fester Bestandteil im Alltag vieler Property Manager, etwa im Rahmen der Erfassung und Verarbeitung wichtiger Dokumente. Der Autor ist überzeugt, dass gut angelegte und sorgfältig gepflegte elektronische Datenräume in diesem Zusammenhang einen echten Mehrwert für die Branchenakteure bieten. Gerade vor dem Hintergrund steigender Anforderungen im Bereich des Reportings sowie des dynamischen Transaktionsmarktes zeige sich die Notwendigkeit, zu handeln. Seiner Ansicht nach wären die mithilfe digitaler Datenräume zu erzielenden Kosten- und Effizienzvorteile noch größer, wenn es branchenweite Standards und einheitliche Definitionen gäbe. Warum es an dieser Stelle bislang trotz diverser Initiativen und Diskussionsplattformen noch hapert, erläutert er im folgenden Beitrag ebenfalls. Red.

Vieles, was im Property Management noch heute weit verbreitete Praxis ist, mutet in Zeiten des digitalen Umbruchs und der totalen Vernetzung etwas altmodisch an. Die Immobilienwirtschaft insgesamt gilt nicht unbedingt als Vorreiterin bei der Digitalisierung. Doch längst hat der Megatrend auch diese Branche fest im Griff. Sowohl für das technische wie auch für das kaufmännische Property Management verspricht die Digitalisierung eine kaum zu überschätzende Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten, die auch mehr und mehr Verbreitung finden - von der smarten Gebäudetechnik über das Flächenmanagement bis hin zur volldigitalisierten Buchhaltung. Letztere könnte ihr Potenzial noch wirkungsvoller entfalten, gäbe es einen gemeinsamen, branchenübergreifenden Datenstandard.

Ein Beispiel für ein noch immer anzutreffendes, aber nicht mehr ganz zeitgemäßes Verhalten aus dem Alltag eines Property Managers ist die Erfassung und Verarbeitung von Rechnungen, Verträgen, Ablesedaten und ähnlichen Dokumenten. Bis heute ist es oftmals gebräuchlich, dass die Daten beispielsweise aus neuen Mietverträgen per Hand in die internen Datenbanken eines Property Managers übertragen werden. Das kann mitunter Stunden dauern - sind gewerbliche Mietverträge doch oft sehr komplex. Diese Arbeit kann jedoch weitgehend automatisiert werden. Es sollte aber nicht dabei bleiben, die Dokumente einfach einzuscannen und irgendwo abzuspeichern.

Einscannen und Abspeichern reicht nicht

Stattdessen erfasst eine selbstlernende Software die Inhalte der eingelesenen Dokumente, ordnet sie richtig zu und pflegt sie passgenau in die Datenbank ein. In seinen digitalen Aktenschränken findet der Property Manager dann übersichtlich alle Daten aus Bau- und Mietverträgen, Rechnungen und Ablesungen, zur Eigentümervertretung oder zum Forderungsmanagement. Die intelligente Gebäudetechnik - von der Klima- und Heizungsanlage über die Beleuchtung bis hin zum Aufzug - liefert ihm zudem aufschlussreiche Daten zum Gebäudezustand und zum Nutzerverhalten.

Werden alle diese Daten zentral erfasst, sinnvoll miteinander verknüpft und systematisch ausgewertet, ergibt sich ein umfassendes Gesamtbild der Immobilie und seiner Nutzer. Die Königsdisziplin ist es nun, dieses Gesamtbild gewinnbringend zu interpretieren und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen: Welcher Mieter könnte bald eine größere Fläche benötigen? Wo gibt es den nächsten Sanierungsbedarf? Welche Indizien sprechen womöglich für eine nahende Kündigung?

Ein gut angelegter und sorgfältig gepflegter Datenfundus ist außerdem unerlässlich für eine umfassende Automatisierung vieler alltäglicher Bürovorgänge: Abrechnungen an die Mieter können automatisch erstellt und verschickt werden, Zahlungseingänge überwacht, Forderungen verwaltet, Rechnungseingänge erfasst, zugeordnet und gegebenenfalls beglichen werden - alles praktisch ohne aktives Zutun eines Mitarbeiters. Die Erleichterung für das Tagesgeschäft eines Property Managers ist offenkundig.

Der elektronische Datenraum als digitales Herzstück

Zentrale Schaltstelle eines digitalen Nervensystems ist der elektronische Datenraum. Es gibt derzeit wohl kaum einen namhaften Property Manager, der sich nicht gerade mit der Einrichtung der entsprechenden IT-Infrastruktur befasst oder befasst hat. Über ein intuitiv bedienbares Frontend stehen alle relevanten Daten und Informationen jeder jeweils berechtigten Partei zur Verfügung, vom Investor über den Verwalter bis hin zum Nutzer - rund um die Uhr, stets aktuell und vollkommen ortsungebunden.

Anbieter wie Evana oder Architrave haben sich auf solche Lösungen für die Immobilienwirtschaft spezialisiert. Die Vorteile liegen auf der Hand: Im Alltagsgeschäft sind Fragen von Investoren, Nutzern, Lieferanten oder Facility Managern schneller und einfacher beantwortet. Beschwerden sind schneller bearbeitet, Rechnungen schneller überprüft und gegebene falls beglichen, Forderungen schneller erkannt und geltend gemacht. Immer mehr Investoren und Nutzer fordern inzwischen die einfache Datenauskunft auf Knopfdruck, die sie aus anderen Branchen längst gewohnt sind.

Anforderungen an das Reporting steigen ständig

Zwei Trends zeigen den konkreten Nutzen dieser Datenräume aber besonders deutlich und machen sie schon bald faktisch unentbehrlich: Zum einen steigen die Anforderungen an das Reporting seitens der Investoren stetig. Die Investoren wollen immer genauer, kontinuierlicher und aktueller über ihre Immobilienengagements informiert sein. Das ist begrüßenswert. Zum Teil geschieht dies aus eigenem Antrieb der Investoren, zum Teil folgen sie aber auch regulatorischen Vorgaben oder den Erwartungen ihrer Anleger. Für den Property Manager ist es da eine große Erleichterung, wenn er die geforderten Daten per Mausklick jederzeit tagesaktuell abrufen kann.

Der zweite Trend ergibt sich aus dem Transaktionsumfeld. Der anhaltende Boom im Immobilienmarkt bringt es mit sich, dass die Haltedauer von Immobilieninvestitionen in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist. Waren früher zehn Jahre eine verbreitete Dauer, werden Investments heute oft schon nach wenigen Jahren wieder "gedreht".

Für die Property Manager bedeutet dies einen erheblichen Aufwand. Auf der Verkäuferseite werden sie immer häufiger und in immer kürzeren Abständen damit beauftragt, die für die Transaktion benötigten Daten zusammenzustellen, aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen. Auf der Käuferseite wiederum müssen sie das Objekt analysieren, die technische Ausstattung verstehen, die Mieter kennenlernen und nicht zuletzt sämtliche Daten in ihre eigenen Systeme übertragen. Digitale Lösungen, die ausgewählte Daten jederzeit zur Verfügung stellen können, versprechen daher einen großen Zeit- und Kostenvorteil.

Branchenweite Standards: Warten auf den Durchbruch

Dieser Zeit- und Effizienzvorteil wäre für die gesamte Industrie noch größer, wenn es branchenweit gemeinsame Datenstandards und einheitliche Definitionen gäbe. Komplexe Mieter- und Vertragsdaten könnten im Transaktionsfall sehr viel einfacher und schneller über eine einheitliche Schnittstelle zwischen den Datenräumen der einzelnen Property Manager migriert werden als das heute der Fall ist. Schon im Vorfeld einer Transaktion könnten dem Kaufinteressenten die für die Preisbestimmung relevanten Daten einfacher übermittelt werden.

Diesem Vorhaben hat sich bereits eine ganze Reihe an Initiativen und Diskussionsplattformen gewidmet. Beispielhaft hervorgehoben seien die "Initiative Digitales Immobilienmanagement", "Asset Management Excellence" sowie die Projekte der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung (gif). Der große Durchbruch ist bislang aber noch nicht gelungen. Dafür gibt es vielfältige Gründe, die hauptsächlich in der Branche selbst zu suchen sind: Die Property-Management-Branche weist eine sehr heterogene Struktur auf: Großkonzerne und ihre Töchter konkurrieren mit mittelständischen Anbietern und kleineren Spezialisten. Entsprechend gehen Interessenlagen, Prioritäten und Anforderungen an einen Standard auseinander.

Vielzahl von Individuallösungen

Die einzelnen Property Manager bewegen sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten ins digitale Zeitalter. Nicht überall sind die Bereitschaft und die Möglichkeiten in gleichem Maße vorhanden, viel Geld, Zeit und Managementkapazitäten dafür aufzubieten - zumal das hohe Transaktionstempo derzeit viele Ressourcen bindet. Auch müssten die Branchenvertreter stärker bereit sein, die Wettbewerber ein Stückweit in die eigenen Karten schauen zu lassen. Im Ergebnis arbeiten die Property Manager nun an einer Vielzahl von Individuallösungen.

Es besteht aber Anlass zum Optimismus. Denn ein branchenweiter Datenstandard wäre nicht nur sehr wünschenswert. Auf Dauer wird gerade vor dem Hintergrund der tendenziell anhaltend hohen Transaktionsdynamik kein Weg daran vorbeiführen. Die Einzellösungen, die derzeit entwickelt und umgesetzt werden, bieten nun sogar die Chance, mit einiger Erfahrung aus der Bandbreite der Lösungswege die besten Ansätze herauszugreifen, weiterzuverfolgen und in nicht allzu ferner Zukunft in einen Branchenstandard einfließen zu lassen.

Der Autor Thomas Junkersfeld, Geschäftsführer, HIH Property Management GmbH, Hamburg
Thomas Junkersfeld , Geschäftsführer, HIH Property Management GmbH, Hamburg
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