Markt- und Objektbewertung

Der Immobilien-Boom erreicht ländliche Gebiete mit starken regionalen Unterschieden

Quelle: pixabay.com

Man hat sich daran gewöhnt, dass die Preise für Wohnimmobilien in den deutschen Metropolregionen steigen. Doch wie ist es diesbezüglich eigentlich um die ländlichen Regionen im Bundesgebiet bestellt? Angesichts der zahlreichen Studien und Berichte zu den rasanten Preisentwicklungen vergangener Jahre in den Großstädten verliert man solche Entwicklungen schnell einmal aus den Augen. Dabei sind zuletzt auch in ländlichen Regionen teils erhebliche Aufwärtstrends bei den Preisen für Wohnimmobilien zu verzeichnen gewesen, wie die Autoren zu berichten wissen. Sie begeben sich im vorliegenden Beitrag auf Ursachenforschung und stellen darüber hinaus weitere wichtige Erkenntnisse des aktuellen Sprengnetter-Immobilienmarkt-Monitorings vor. Red.

Die Preissteigerung auf dem deutschen Wohnimmobilienmarkt setzt sich in diesem Jahr fort. Die großen Preisentwicklungen wurden längst nicht mehr nur in den stark nachgefragten Großstädten identifiziert. Während sich die sogenannte Wellenbewegung im Jahr 2015 laut Sprengnetter-Immobilienmarkt-Monitoring (S-IM) ausgehend von den Großstädten auf die nähere Umgebung ausbreitete, wurden im Jahr 2016 in allen untersuchten Teilmärkten starke Preissteigerungen auch in ländlichen Gebieten festgestellt.

Es scheint, als hätten vielerorts die Ausläufer der (Vorjahres-)Welle nun diese Gebiete erreicht. Gleichwohl konnten die im Vorjahr gemessenen extremen Ausschläge nach oben hin nicht mehr beobachtet werden. Konkret hat sich der durchschnittliche Preisanstieg bei den Einfamilienhäusern im Jahresvergleich 2015 zu 2016 um 0,5 Prozentpunkte auf 6,3 Prozent erhöht.

Größter Preisanstieg bei Mehrfamilienhäusern

Im Teilmarkt der Eigentumswohnungen ergaben die Messungen einen Anstieg auf 7,9 Prozent, was einem zusätzlichen Plus von 1,2 Prozentpunkten entspricht. Mit einem Plus von 3,3 Prozentpunkten zum Vorjahr erreichten die Mehrfamilienhäuser (von 3,6 Prozent auf 6,9 Prozent) teilmarktübergreifend die höchste Preisveränderung.

Langfristig betrachtet übersteigen die Preisentwicklungen der untersuchten Teilmärkte von Wohnimmobilien die Verbraucherpreisentwicklung: Während sich das Niveau des Preisanstiegs von Mehrfamilienhäusern im vergangenen Jahr im langfristigen Mittel an den Bundesbaupreisindex für Wohngebäude anzugleichen schien, ist derzeit ein erneutes Auseinanderdriften erkennbar. Dies deutet zunehmend darauf hin, dass sich die Kaufpreise auf dem gesamten Wohnimmobilienmarkt bereits seit Längerem von den Bau- und Verbraucherpreisen abkoppeln.

Extreme Preiszuwächse von mehr als 20 Prozent wurden in diesem Jahr in vier Regionen gemessen: in zwei Münchner Gegenden sowie in Freising und dem Landkreis Starnberg.

Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Vorjahr, in dem noch über 20 Regionen von Preisanstiegen in dieser Größenordnung betroffen waren. Ähnlich verhält es sich mit der örtlichen Verteilung der Regionen, die positive Steigerungsraten von 10 bis 20 Prozent aufweisen. Hier ist die Anzahl der Regionen von rund 240 auf etwa 160 gefallen.

Die meisten dieser Regionen verteilen sich auf das südliche Baden-Württemberg sowie auf Bayern, Rheinland-Pfalz und Hessen. Eine vergleichbare Tendenz ist in Niedersachsen vom Landkreis Vechta bis hin zum Landkreis Uelzen zu erkennen sowie vereinzelt in kleineren Regionen in Berlin, im Süden Sachsens sowie im Norden Schleswig-Holsteins.

Die überwiegende Anzahl der Regionen - rund 490 der 875 Sprengnetter-Auswerteregionen - verzeichnet leicht steigende Preise mit kleineren Zuwächsen bis zu zehn Prozent. Bei den Sprengnetter-Auswerteregionen handelt es sich um Gebiete in Deutschland, in denen vergleichbare Marktverhältnisse herrschen. Die Zahl der Regionen in dieser Kategorie hat im Vergleich zum Vorjahr um 130 Auswerteregionen zugenommen. Relativ konstant hat sich die Anzahl der Regionen mit fallenden Preisen gehalten.

Stärkste Preisanstiege überwiegend in Bayern

Die betroffenen Regionen verteilen sich über das gesamte Bundesgebiet hinweg, mit Ausnahme von Bayern und Baden-Württemberg. Fallende Preise beschränken sich nicht nur auf ländliche Regionen, sondern weiten sich zunehmend auf städtisch geprägte Gegenden aus - günstige Bedingungen für Investitionen.

Was Einzelentwicklungen anbelangt sind deutliche Unterschiede zum Bundesdurchschnitt erkennbar: Vereinzelt konnten Regionen sowohl mit stark steigenden als auch Regionen mit stark fallenden Preisen ermittelt werden. Die zehn stärksten Anstiege wurden fast ausschließlich in Bayern gemessen. Dazu gehören beispielsweise die drei Münchener Auswerteregionen sowie die Städte Freising, Rosenheim und Augsburg. Lediglich Frankfurt am Main hat als einzige nichtbayerische Region mit einem Plus von 19 Prozent die bayerische Phalanx durchbrochen und Platz fünf der stärksten Anstiege belegt.

Neben der anhaltend hohen Nachfrage wurden lokal extreme Preissprünge identifiziert, die sich dadurch erklären lassen, dass die überregional positive Immobilienpreisentwicklung bisweilen noch nicht alle Regionen erreicht hat. Das betrifft etwa die Stadt Rosenheim, welche im Vorjahr einen Indexwert von 118 (2005 = 100) erreichte.

Positive Preisentwicklung erreicht noch nicht alle Regionen

Im gleichen Zeitraum waren in vergleichbaren Städten und den umliegenden ländlicheren Regionen Indexniveaus zwischen 143 und 154 gemessen worden. Im gleichnamigen Landkreis beispielsweise war im Vorjahr bereits ein Indexniveau von 143 erreicht worden. Der aktuell verhältnismäßig starke Preisanstieg von 18 Prozent in Rosenheim sorgt für eine Annäherung der beiden Indizes. Dieser Effekt ist unter anderem auch auf die Städte Garmisch-Partenkirchen und Sonthofen übertragbar.

Zu den größten Absteigern mit fallenden Preisen von fünf Prozent gehören unter anderem Lüchow-Dannenberg, der Landkreis Nordhausen sowie Siegen-Wittgenstein. Daneben sind in diesem Jahr erstmals Städte wie Bad Kissingen und Gummersbach mit einem Minus von jeweils sechs Prozent betroffen.

Nachfrage und Nachholeffekte bleiben Triebfedern

Als Ursache für die diesjährigen Markttrends können im Wesentlichen die gleichen Gründe wie im Vorjahr herangezogen werden: eine anhaltend hohe Nachfrage an Einfamilienhäusern sowie regional auftretende Nachholeffekte. Intensität und regionales Auftreten unterscheiden sich allerdings deutlich zum Vorjahr.

Die im Vorjahr festgestellte Ausbreitung der Preisanstiege von den Großstädten auf das nahe Umland, die sogenannte Wellenbewegung, breitet sich weiter aus: Dieses Jahr wurden beträchtliche Steigerungsraten in weiter entlegenen, ländlichen Gebieten verzeichnet. Erklären lässt sich diese Entwicklung damit, dass in den betroffenen Gebieten Immobilien noch ausreichend und zu moderaten Preisen erhältlich sind.

Vielerorts entstehen Nachholeffekte

Durch die anhaltend hohe Nachfrage ergeben sich vielerorts Nachholeffekte: Die zuvor verhältnismäßig niedrigeren Kaufpreise, die über mehrere Jahre hinweg konstant auf einem geringen Preisniveau stagnierten, schnellen in die Höhe und sorgen für einen umso hö heren prozentualen Preisanstieg. Dies erklärt auch die enorme Teuerungsrate von Mehrfamilienhäusern. Insgesamt gleichen sich damit nicht nur die umliegenden Regionen von Großstädten zunehmend an das Indexniveau von Metropolen an, in zahlreichen Fällen ziehen die ländlichen Regionen nach.

Angesichts der gegenwärtigen Rahmenbedingungen - das historisch niedrige Zinsniveau, die steigende Zahl an Baugenehmigungen und die fehlende Attraktivität alternativer Anlagemöglichkeiten - wird der Kauf von Wohnimmobilien besonders für Investoren weiterhin eine solide Anlageform darstellen. Es ist derzeit nicht davon auszugehen, dass sich die Wohnungsmärkte, trotz der bereits erzielten Rekordwerte, in naher Zukunft entschärfen werden.

Wohnimmobilien dürften attraktiv bleiben

Schaut man sich die derzeitigen Marktentwicklungen in den Großstädten und die Entwicklungen in den Speckgürteln der Vorjahre an, so ist auch in den kommenden Jahren mit steigenden Mieten und Kaufpreisen zu rechnen, die sich noch weiter auf ländliche Gebiete ausbreiten werden.

Inwiefern die Schmerzgrenze der Investitionsbereitschaft bei potenziellen Käufern in diesen Ballungsgebieten bereits erreicht ist, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Im Gegensatz dazu werden andere Regionen zunehmend von der allgemeinen Entwicklung ab gehängt. Dies muss jedoch nicht zwingend mit sinkenden Preisen einhergehen, sondern kann zu Stagnation führen.

Bislang kaum seriös einzuschätzen sind die Auswirkungen der Mietpreisbremse. Die eingeführten Schritte waren im Wesentlichen darauf ausgerichtet, mit einmaliger Wirkung das absolute Mietniveau bei Neuvermietungen und Mietanpassungen abzusenken. Nicht absehbar ist, welche neuen Instrumente zukünftig etabliert werden und inwiefern sich diese auf die potenzielle Entwicklung der Mietpreise auswirken.

Preise nicht nur vom Zins abhängig

Die zukünftige Entwicklung der Wohnimmobilienpreise hängt darüber hinaus stark von der weiteren Zinsentwicklung ab. Hält die historische Niedrigzinsphase an, wird sich der Anlagedruck auf dem Immobilienmarkt noch stärker bemerkbar machen: Die Folge sind weitere Preissteigerungen. Da jedoch auch die Arbeitsmarkt- und Lohnsituation sowie die demografische Entwicklung Auswirkung auf die Immobilienpreise haben, ist selbst bei einem Umschwung der Zinsentwicklung nicht zwingend mit flächendeckend fallenden Immobilienpreisen zu rechnen.

Die oben dargestellten Untersuchungen sind Ergebnisse des Sprengnetter-Immobilien-Marktmonitorings (S-IM), welches Preisschwankungen von Wohnimmobilien in Deutschland misst. Beobachtet werden die Teilmärkte Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen sowie Mehrfamilienhäuser. Die Preisentwicklungen werden für den Zeitraum ab 1987 (in den neuen Bundesländern ab 1990) gemessen. Die Untersuchungen erfolgen jährlich, die Preisindizes beziehen sich jeweils auf den 1. Januar eines jeden Jahres.

Literatur

1) Bessler/Maier/Sauerborn: immobilien & bewerten 4/2015, S. 156 ff.

2) Statistisches Bundesamt, Stand: 01.01.2016.

3) Andreas Dombret, Blase oder nicht - wo steht der deutsche Wohnimmobilienmarkt? In: ifo Schnelldienst 16/2016 - 69. Jahrgang - 25. August 2016.

Die Autoren Karsten Bessler wissenschaftlicher Mitarbeiter (Team Marktdaten) Eugen Maier wissenschaftlicher Mitarbeiter (Team Marktdaten), beide Sprengnetter GmbH, Bad Neuenahr-Ahrweiler

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