Immobilien-Spezialfonds

Neue Formen des Risikomanagements für institutionelle Anleger

Risikobereitschaft bei der Anlagestrategie (Angaben in Prozent)

Leistungsstarke Formen des Risikomanagements sind bei fallenden Renditen absolut vonnöten, findet der Autor des vorliegenden Beitrages. Impulse für neue, leistungsstarke Formen des Risikomanagements solle die Immobilienwelt vor allem aus dem Wertpapier- und Kapitalmarkgeschäft aufnehmen. Als vergleichbare Modelle führt er Trendfolgemodelle oder die dynamische Wertsicherung an. Aber er gibt auch Folgendes zu bedenken: Eine direkte Übertragung der Risikomodelle aus dem Wertpapierbereich auf die Immobilienwelt sei nicht möglich, da sich beide Felder wesentlich unterschieden. Zum einen fehlten derzeit noch am Markt verfügbare, detaillierte Bestandsdaten und längere Zeitreihen von Immobilien, die nicht im eigenen Bestand des Asset Managers sind. Zum anderen sei die Transaktionsdauer bei Immobilien zu lang für kurzfristige Umschichtungen. Red.

Die meisten institutionellen Anleger gehen davon aus, dass die aktuelle Niedrigzinsphase noch fünf bis zehn Jahre anhält. Gleichzeitig nehmen geopolitische Unsicherheiten in vielen Zielmärkten zu - gerade auch in Europa. Um ihre Renditeanforderungen bei Immobilieninvestments dennoch erfüllt zu sehen, erwarten institutionelle Investoren von ihren Asset Managern eine noch klarere Risikoanalyse. Impulse für neue, leistungsstarke Formen des Risikomanagements sollte die Immobilienwelt vor allem aus dem Wertpapier- und Kapitalmarkgeschäft aufnehmen.

Die jüngste Studie von Union Investment zum Investitionsklima in Europa hat ergeben, dass 28 Prozent der deutschen Immobilienanleger angesichts der aktuellen Herausforderungen am Markt bereit sind, ein höheres Risiko einzugehen, um die selbst gesetzten oder vom Kunden vorgegebenen Renditeziele zu erreichen. In Frankreich sind es mit 46 Prozent sogar fast die Hälfte der professionellen Anleger. Darüber hinaus sagt ein Viertel aller Befragten, der Stellenwert liquiditätsbezogener Risiken sei in den letzten drei Jahren spürbar gestiegen. Beide Indikatoren deuten auf die Notwendigkeit hin, das Risikomanagement in der gewerblichen Immobilienwelt zu optimieren. Dieser Schritt kann nur gelingen, wenn die Branche neue Wege einschlägt und zum Beispiel bewährte Ansätze aus dem Wertpapiergeschäft kreativ nutzbar macht.

Risikomanagement in der Sprache des Kunden

Viele institutionelle Anleger, die in Immobilien investieren, kommen selbst aus dem Wertpapier- und Kapitalmarktbereich oder sind dort seit Jahrzehnten aktiv. Risikomanagement-Systeme wie Trendfolgemodelle oder die dynamische Wertsicherung und die aus ihnen gewonnen Berichte sind den Investoren daher oft bestens vertraut. Die Aufgabe von Immobilien-Asset-Managern sollte es sein, ihre Kunden dort abzuholen, wo sie stehen, und möglichst nah an die bekannten Formen anzuschließen. Da Immobilien- und Wertpapierinvestments inzwischen einer vergleichbaren Regulatorik unterliegen, erscheint dieser Ansatz besonders aussichtsreich.

Die Ziele dieser Angleichung sind für Asset Manager durchaus attraktiv: Durch ein optimiertes Risikomanagement wächst bei institutionellen Investoren die Offenheit für neue Immobilien-Sektoren, weitere Regionen und andere Anlagestile. So lässt sich zum Beispiel der Blick der institutionellen Partner einfacher von reinen Core auf Core-Plus-Objekte weiten und Investitionschancen, etwa in außereuropäischen Zielmärkten, können genauer beziffert werden. Zugespitzt formuliert: Risikomanagement steigert die Bereitschaft zur Risikodiversifikation.

Trendfolgemodelle dienen als Vorbild

Bei der Risikosteuerung von Aktienfonds werden Trendfolgemodelle schon seit Langem genutzt. Mittels mathematischer Modelle werden kontinuierlich Kursdaten ausgewertet, um Trends zu bestimmen und Kauf- oder Verkaufssignale zu ermitteln. Von Aufwärtstrends soll dabei möglichst in vollem Umfang profitiert werden. Drohende Negativentwicklungen werden ebenso früh erkannt, um das verwaltete Vermögen rechtzeitig umzuschichten. Diese Maßnahme lässt sich bei Wertpapieren leichter umsetzen als bei Immobilien.

Dennoch lohnt es sich auch in der Immobilienwelt, Trends anhand quantitativer Parameter noch stärker zu verfolgen und frühzeitig die richtigen Schlüsse aus den Beobachtungen zu ziehen. Einen Vorteil haben dabei vor allem Asset Manager, die nicht nur in Immobilien investieren, sondern in vielen Anlageklassen präsent sind und dadurch über das entsprechende methodische Wissen verfügen.

Inspirationsquelle dynamische Wertsicherung

Auch das Konzept der dynamischen Wertsicherung ist eine Inspirationsquelle für die gewerbliche Immobilienwelt. Dabei wird das Portfolio eines Fonds zunächst in einen wertsichernden und einen wertsteigernden Teil untergliedert. Abhängig von der Marktentwicklung wird das Vermögen anschließend zwischen beiden Portfolioteilen kontinuierlich umgeschichtet. Bei Wertpapierfonds besteht die wertsichernde Komponente in der Regel aus Anleihen, Geldmarktinstrumenten oder Bankguthaben, die wertsteigernde Komponente dagegen aus Aktien. Bei der Adaption des Modells auf Immobilienfonds liegt es im Ermessen erfahrener Asset Manager, welcher Portfolioanteil welcher Seite zuzurechnen ist.

Eine direkte Übertragung der Risikomodelle aus dem Wertpapierbereich auf die Immobilienwelt ist nicht möglich, da sich beide Felder in wesentlichen Punkten unterscheiden. Zum einen fehlen derzeit noch am Markt verfügbare, detaillierte Bestandsdaten und längere Zeitreihen von Immobilien, die nicht im eigenen Bestand des Asset Managers sind. Zum anderen ist die Transaktionsdauer bei Immobilien zu lang für kurzfristige Umschichtungen. Mit der Annäherung an das Wertpapiergeschäft ist daher in erster Linie die Quantifizierung der immobilienspezifischen Risiken gemeint. Hier liegt die große Chance für das Risikomanagement im Interesse institutioneller Investoren. Auf dem Weg zur Quantifizierung ist erstens die Fragen zu klären, wie sich das historische Risiko von Immobilien messen lässt. Zweitens geht es darum, welches Modell für die Abbildung des Investitionsrisikos von Immobilien genutzt werden sollte.

Datenverfügbarkeit hat sich deutlich verbessert

Eine solide Bestimmung des historischen Risikos ist wichtig, weil diese eine gute Basis für die Modellierung in einem Risikomessungstool und für die Validierung der Ergebnisse liefert. Die Datenverfügbarkeit ist noch ausbaufähig, hat sich in den letzten Jahren allerdings deutlich verbessert. Dadurch ist eine Risikomessung in vielfältiger Ausprägung möglich geworden. Gemessen werden können die Mietentwicklung für einzelne Mietflächen oder Mietverträge, die Bewertung der einzelnen Objekte, die Portfolios in bestimmten Regionen und Nutzungsarten sowie die Wertentwicklung des ganzen Immobilienfonds.

Um die gewonnen Daten zu modellieren, gibt es zwei Möglichkeiten: die Abbildung in einem Immobilienbewertungsmodell oder ein Indexmodell für Immobilienportfolios. Perspektivisch sollte die Risikomessung zudem mit klassischen Plandatenrechnungen verknüpft werden. Dabei gilt es, die Parameter auf Mietvertragsebene wie Leerstandzeiten, Ausbaukosten, Miethöhe und weitere Einflussfaktoren miteinander in Beziehung zu setzen, etwa im Rahmen einer Monte-Carlo-Simulation. So lässt sich über verschiedene qualitative Ansätze eine Quantifizierung des gesamten Risikomaßes erreichen. Für institutionelle Investoren steigt damit die Vergleichbarkeit von Immobilien mit anderen Anlagenklassen und Investitionsentscheidungen lassen sich noch besser begründen. Die Komplexität der Märkte und der zunehmend globale Aktionsradius von Asset Managern verlangen diese Zunahme von Transparenz im Rahmen eines zeitgemäßen Risikomanagements.

Verschiedene strategische Risikostufen

Zur Formulierung einer Risikostrategie, die institutionelle Anleger nachhaltig überzeugt, sind einige Vorarbeiten nötig. Unterschiedliche Risiken müssen identifiziert, bewertet, priorisiert, gesteuert und überwacht werden. Schließlich werden alle Bewegungen in einem Risikobericht gebündelt.

Die Überwachung der Risiken kann beispielsweise über ein Frühwarnsystem erfolgen, das alle Hauptrisikotreiber in den Blick nimmt. Für jeden der rein quantitativen Indikatoren des Systems werden Toleranzgrenzen festgelegt. Werden diese über- oder unterschritten, besteht Handlungsbedarf durch den Fondsmanager. Union Investment unterscheidet beispielsweise die Stufen: unkritisch (blau), kritisch (hellblau) und inakzeptabel (grau). Die Daten für jeden Indikator werden monatlich aktualisiert. Risikobehaftete Entwicklungen werden so frühzeitig erkannt und lösen Handlungsimpulse aus. Aus dem erstellten Risikobericht lassen sich konkrete Maßnahmen ableiten. Zu diesen gehören zum Beispiel die Reduzierung der Fremdkapital- oder Liquiditätsquote, die Steigerung der Vermietungsquote oder der Ausstieg aus einem bestimmten Markt.

Das Thema Risikomanagement bewegt aktuell die gesamte Immobilienbranche. Im Juni hat sich beispielsweise das Global Investment Risk Management Forum (RMF) gegründet, das Leiter von Unternehmen sowie führende Anlage- und Risikomanager großer institutioneller Immobilieninvestoren versammelt. Das gemeinsam definierte Ziel ist die Entwicklung eines branchenweit gültigen Risikomanagements. Die teilnehmenden Unternehmen des RMF verwalten zusammen ein Anlagenvermögen im Wert von einer Billion US-Dollar. Deutlicher lässt sich die aktuelle Relevanz des Themas kaum vor Augen führen. Das Forum wird regelmäßig in London, New York und Singapur tagen.

Die vorgeschlagene Annäherung von Immobilien- und Wertpapiergeschäft beim Risikomanagement erscheint als ein besonders aussichtsreicher Weg, um institutionelle Investoren adäquat über Chancen und Risiken von Immobilieninvestments zu informieren. Ein Risiko richtig einzuschätzen, heißt auch Chancen zu erkennen, gerade in einem zunehmend internationalisierten Marktumfeld. Auf diese Weise könnte eine neue Form des Risikomanagements zu neuen, spannenden Partnerschaften zwischen Asset Managern und institutionellen Anlegern führen.

Der Autor

Dr. Christoph Schumacher Geschäftsführer, Union Investment Institutional Property GmbH, Hamburg

Dr. Christoph Schumacher , Head of Global Real Estate, Credit Suisse Asset Management, Zürich

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