Hypotheken- und Kredit-Processing

Non-Performing Loans im Umsatzsteuerrecht

Wida Djagani, Referentin für Recht, BKS Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing e.V., Berlin

Quelle: privat

Die umsatzsteuerliche Beurteilung des Erwerbs zahlungsgestörter Forderungen (sogenannte Non-Performing Loans - NPL) hat sich im Lauf der Jahre geändert. Ausgelöst durch die Rechtsprechung von EuGH und BFH haben sich für Käufer zahlungsgestörter Forderungen erhebliche Auswirkungen ergeben. Der folgende Beitrag zeigt zunächst die verschiedenen Formen des Factorings, bevor die ergangenen Urteile sowie das dazu erlassene Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 2. Dezember 2015 zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung zahlungsgestörter Forderungen, mit dem die Finanzverwaltung ihre langjährige Rechtsaufassung von zahlungsgestörten Forderungen geändert hat, vorgestellt werden. Anschließend zeigt die Autorin bestehende Praxisfragen und Folgen auf. Unter Berücksichtigung der Gesetzessänderung wird schließlich auf die Haftung des Abtretungsempfängers nach §13c UStG eingegangen. Red.

Eine lange Kette von Gerichtsentscheidungen sind dem BMF-Schreiben vom 2. Dezember 2015 vorausgegangen. Ihren Anfang nahm die Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Erwerbs von zahlungsgestörten Forderungen in der Beurteilung des Factorings. Dieses ist eine Form der Finanzdienstleistung und dient als Finanzierungsquelle für Unternehmen. Diese können mit dem echten Factoring ihre Bilanz um Forderungen sowie Verbindlichkeiten verkürzen und ihre Eigenkapitalquote und Liquiditätssituation verbessern. Bei diesem tritt der Verkäufer (Anschlusskunde) seine Forderungen gegen seine Kunden an den Erwerber (Factor) ab.1) Das Risiko des Forderungsausfalls geht auf den Factor über, der dafür von dem Verkäufer neben der Factoringgebühr noch eine Delkrederegebühr erhält.2) Der Factor arbeitet auf eigene Rechnung. Umsatzsteuerlich findet ein Leistungsaustausch statt, da ein Entgelt gezahlt wird. Der Verkäufer entrichtet das Entgelt, weil er von der Einziehung der Forderung entlastet wird. Neben dem echten Factoring wird meist auch das unechte Factoring angeboten. Bei diesem verbleibt hingegen das Ausfallrisiko des Schuldners beim Anschlusskunden, der dem Käufer seine Forderungen nur treuhänderisch überträgt. Der Käufer arbeitet für Rechnung des Verkäufers und erbringt lediglich eine Inkassoleistung.3)

Beide Formen des Factorings umsatzsteuerrechtlich gleich

Der EuGH hat in der Rechtssache MKG4) entschieden, dass beide Formen des Factorings grundsätzlich steuerbar und daher umsatzsteuerlich gleich zu behandeln sind. Die vom Forderungskäufer übernommene Einziehung der Forderung ist als entgeltliche sonstige Leistung an den Forderungsverkäufer zu qualifizieren. Diese Würdigung untermauerte der EuGH insbesondere mit der Erwägung, dass die Richtlinienvorschrift als Ausnahme von der Steuerbefreiung in der englischen und in der schwedischen Sprachfassung neben der Einziehung von Forderungen auch das Factoring nennt. Das spricht dafür, dass unter der Ausnahme von der Steuerbefreiung nicht nur das unechte, sondern auch das echte Factoring erfasst ist. Auch nach dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer muss der Factor beim echten Factoring wie die beim unechten Factoring behandelt werden, da in beiden Fällen der Factor die Anschlusskunden von den Arbeiten und Aufwendungen, die eine Forderungseinziehung mit sich bringe, entlastet. Zudem will der Anschlusskunde in beiden Fällen diesen Entlastungseffekt nutzen. Der Factor stellt dem Anschlusskunden Gebühren für seine Dienstleistung in Rechnung. Dass in dem einen Fall das Ausfallrisiko des Schuldners beim Verkäufer verbleibe, aber beim anderen auf den Erwerber übergehe, sei kein rechtfertigender Grund für eine unterschiedliche Behandlung.

Dem ist das BMF mit Schreiben vom 3. Juni 20045) unter Bezugnahme auf das Folgeurteil des BFH6) gefolgt und ordnete hierzu an, dass sowohl beim echten wie auch beim unechten Factoring eine unternehmerische Tätigkeit des Forderungserwerbers vorliegt, wenn dieser den Forderungseinzug übernehme. Der Käufer erbrachte demnach eine steuerbare und steuerpflichtige Dienstleistung an den Verkäufer und war zum Vorsteuerabzug berechtigt. Bemessungsgrundlage für die Leistungen war dabei die Differenz zwischen dem Nominalwert der Forderung und dem vereinbarten Kaufpreis. Diese Grundsätze sollten auch für die Übertragung zahlungsgestörter Forderungen gelten.7) Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Unterschiede zum Factoring wurde allerdings hier statt den Nennwert auf den wirtschaftlichen Wert für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage abgestellt.

Es wurde davon ausgegangen, dass auch der Käufer zahlungsgestörter Forderungen eine Leistung an den Verkäufer erbringe, wenn er das Ausfallrisiko übernehme. Das Entgelt für seine Leistung bestehe in der Differenz zwischen dem Nennwert der Forderung und dem vereinbarten Kaufpreis, abzüglich der im Differenzbetrag enthaltenen Umsatzsteuer. Der wirtschaftliche Nennwert entspreche dem Wert, den die Beteiligten tatsächlich beimessen, einschließlich der Vergütung für den Forderungseinzug und der Delkrederegebühr oder vergleichbarer Zahlungen, die der Käufer für das Zahlungsausfallsrisiko erhalte. Dieser Verwaltungspraxis wurde durch den Spruch des EuGHs der Boden entzogen. Es wurde wieder der Zustand hergestellt, der allgemein bis 2004 galt.

Der EuGH hat anlässlich eines Ersuchens um Vorabentscheidung des BFH8) in der Rechtssache "GFKL Financial Services AG",9) die sich nur auf die Veräußerung zahlungsgestörter Forderungen bezog, entschieden, dass er seine Factoring-Grundsätze nicht auf den Erwerb eines NPL-Portfolios übertragen will, weil die Ausführungen in der MKG-Entscheidung generell auf Sachverhalte des "echten Factoring" begrenzt seien.10) Der Vorabentscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Eine Bank hatte Forderungen aus gekündigten und fällig gestellten Krediten, bei denen die Kreditnehmer ihren Zahlungsverpflichtungen ganz oder zu einem erheblichen Teil nicht nachgekommen war. Die Klägerin erwarb die zahlungsgestörten Forderungen. Die Bank und der Erwerber waren sich darüber einig, dass wegen der bereits eingetretenen Zahlungsstörungen nur ein Teil der Forderungen realisierbar sein werden und dass sich die Realisierung dieses Teils über einen Zeitraum von drei Jahren hinziehen werde. Deshalb sei jener Teilbetrag abzuzinsen.

Entgegen des BMF-Schreibens vom 3. Juni 200411) ist nicht steuerbar, wenn ein Wirtschaftsteilnehmer eine zahlungsgestörte Forderung nicht zu ihrem Nennwert, sondern zu dem Wert erwirbt, der ihr wirtschaftlich zukommt. Die Differenz zwischen dem Nennwert und dem Kaufpreis der Forderung stellt keine Vergütung dar, mit der unmittelbar eine vom Käufer erbrachte Dienstleistung entgolten werden soll, entschied der EuGH. Der Erwerber übt daher insoweit weder eine wirtschaftliche Tätigkeit aus noch erbringt er eine entgeltliche Leistung an den Forderungsverkäufer. Voraussetzung sei allerdings, dass die Differenz zwischen dem Nennwert dieser Forderungen und dem Kaufpreis den tatsächlichen Marktpreis der Forderungen zum Zeitpunkt der Übertragung widerspiegelt.

Entscheidung mit Auswirkungen auf Vorsteuerabzug

Entsprechend urteilte der vorlegende BFH12) in seiner Entscheidung, dass die Klägerin mit dem Erwerb der zahlungsgestörten Forderungen keine steuerpflichtige Leistung an den Forderungsverkäufer erbringe, auch nicht in Höhe der "Gewinnmarge", das heißt der Differenz zwischen dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Forderung und dem Kaufpreis. In einer weiteren Entscheidung stellte der BFH13) klar, dass dies selbst dann gelte, wenn der Erwerber den Forderungsverkäufer von der weiteren Verwaltung und Vollstreckung der Forderungen entlaste oder die Beteiligten dem Forderungseinzug bei der Bemessung des Abschlags auf den Kaufpreis oder durch Vereinbarung einer gesonderten Vergütung eine nicht nur untergeordnete Bedeutung beimessen (vergleiche Abschnitt 2.4 Absatz 8 Satz 4 UStAE).

Die Entscheidung hat demnach Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug des Forderungskäufers. Nachdem der Forderungserwerber nicht als Unternehmer im Sinne des § 2 Absatz 1 UStG angesehen wird, weil der Erwerb nicht im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit erfolgt, hat er kein Recht auf Vorsteuerabzug. Wenn der Forderungsverkäufer an den Factor sowohl zahlungsgestörte als auch nicht zahlungsgestörte Forderungen in einem Portfolio überträgt, ist das Gesamtpaket für Zwecke des Vorsteuerabzugs entsprechend aufzuteilen (Abschnitt 2.4 Abs. 8 Satz 6 UStAE). Nur hinsichtlich der auf die nicht zahlungsgestörten Forderungen anfallenden Eingangsleistungen ist der Vorsteuerabzug eröffnet.14)

Der Forderungsverkäufer erbringt mit dem Verkauf und Abtretung von zahlungsgestörten Forderungen an den Käufer eine steuerfreie Leistung (§ 4 Nr. 8 Buchst. c UstG) im Geschäft mit Forderungen, wenn dieser das Zahlungsausfallrisiko übernimmt.

BMF definiert zahlungsgestörte Zahlungen neu

Die Finanzverwaltung äußerte sich mit Schreiben vom 2. Dezember 201515) zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Erwerbs zahlungsgestörter Forderungen. Das BMF revidiert in dem Schreiben seine bisher im BMF-Schreiben vom 3. Juni 200416) vertretene Rechtsaufassung und folgt der Rechtsprechung des EuGHs beziehungsweise BFH. Das BMF definiert zahlungsgestörte Forderungen neu. Demnach gilt eine Forderung als zahlungsgestört, wenn sie, soweit sie fällig ist, ganz oder zu einem nicht nur geringfügigen Teil seit mehr als 90 Tagen nicht ausgeglichen wurde. Eine Forderung ist auch zahlungsgestört, wenn die Kündigung erfolgt ist oder die Voraussetzungen für eine Kündigung vorliegen.

Es wird aufgeführt, dass der Erwerber zahlungsgestörter Forderungen keine entgeltliche Dienstleistung an den Veräußerer erbringt und somit keine umsatzsteuerlich relevante wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie ausübe. Damit ist der Erwerber auch nicht zum Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen für den Forderungserwerb und den Forderungseinzug berechtigt. Denn bei der Übertragung zahlungsgestörter Forderungen unter Übernahme des Ausfallsrisikos durch den Käufer bestehe der wirtschaftliche Gehalt in der Entlastung des Forderungsverkäufers vom wirtschaftlichen Risiko und nicht in der Einziehung der Forderung. Die Differenz zwischen dem Nennwert der Forderung und dem Kaufpreis beruht in erster Linie auf der Beurteilung der Werthaltigkeit der Forderung. Diese Differenz stellt keine Vergütung für eine sonstige Leistung des Erwerbers dar.

Sofern der Käufer das Ausfallrisiko für die übertragenen Forderungen übernimmt, erbringt der Verkäufer von zahlungsgestörten Forderungen eine nach §4 Nr. 8 Buchstabe c UStG steuerfreie Leistung. Wenn der Verkäufer wegen einer Rückbeziehung der übertragenen Forderung auf einen zurückliegenden Stichtag die Forderung noch verwaltet, liegt hierin eine unselbständige Nebenleistung zum steuerfreien Forderungsverkauf, die das rechtliche Schicksal der Hauptleistung teilt.17)

Durch das BMF-Schreiben wurde der jeweilige Abschnitt18) geändert. Die Regelungen gelten grundsätzlich für alle offenen Fälle. Für die vor dem 1. Juli 2016 ausgeführte Forderungsübertragungen gelten die Grundsätze des alten BMF-Schreibens vom 2. Juni 2004. Dies gilt entsprechend für Forderungsübertragungen, die auf einen vor dem 1. Juli 2016 abgeschlossenen Vertrag beruhen und vor dem 1. Januar 2019 ausgeführt werden.

Regelungen gelten für alle offenen Fälle

Der Forderungserwerber wird umsatzsteuerlich nicht als Unternehmer angesehen, da er keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Diese neue Einordnung berechtigt ihn nicht zum Vorsteuerabzug und hat eine erhebliche wirtschaftliche Konsequenz. Werden für den Forderungseinzug nicht nur eigene, sondern auch fremde personelle Ressourcen bedient (beispielsweise Einsatz externer Callcenter, Beauftragung von Rechtsanwälten), wären die entsprechenden Leistungen steuerbare und steuerpflichtige Leistungen gegen Entgelt. Die dann anfallende Umsatzsteuer ist nach § 15 UstG nicht als Vorsteuer abzugsfähig. Dies hat zur Folge, dass sich im Saldo eine Erhöhung der entsprechenden Kostenbelastung ergibt.19)

Das BMF definiert den Begriff zahlungsgestörte Forderungen, die sehr stark an den Sprachgebrauch des Banken- und Finanzsektors anknüpft. Dabei wird auf den Bereich der Einziehung von Forderungen außerhalb des Banken- und Finanzsektors nicht eingegangen. Es bleibt unberücksichtigt, dass viele Unternehmen nicht nur Bankforderungen, sondern überwiegend beispielsweise Forderungen von Telekommunikations- und Versandhandelsunternehmen, Fitnessstudiobetreibern und Partnerschaftsvermittlungen erwerben. In diesen Geschäftsfeldern finden regelmäßig Übertragungen von Forderungen statt, nachdem ein Mahn- und Inkassoverfahren erfolglos geblieben ist. Die neue Definition zahlungsgestörter Forderungen ist für diese Vorgänge nicht unmittelbar einschlägig, da sie von Konstellationen ausgeht, in denen entweder die Voraussetzungen einer Kündigung vorliegen oder bereits gekündigt sind. Des Weiteren geht aus der Definition nicht eindeutig hervor, ob der Verzugsschaden gesondert beurteilt werden muss oder ob dieser sich ausschließlich nach der Hauptforderung richtet. Außerdem bleibt es unklar, welche Folgen sich ergeben, wenn einzelne Forderungen aus einem Dauerschuldverhältnis (beispielsweise Telekommunikationsvertrag) abgetreten werden. In den Verträgen ist zumeist geregelt, dass bei Nichterbringung der Zahlung der Dienstleister berechtigt ist, alle Zahlungen fällig zu stellen. Hier ist es fraglich, ob das gleichbedeutend mit einer Gesamteinordnung als zahlungsgestört ist.20)

Indem dem Forderungserwerber zahlungsgestörter Forderungen die Unternehmereigenschaft abgesprochen wird, kann er beispielsweise bei der Anmietung von gewerblichen Immobilien mit seinem Vermieter nicht mehr vereinbaren, dass sie zur Umsatzsteuerpflicht nach § 9 UstG optieren, da keine "Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen" erbracht wird. Die Vermietung erfolgt nicht für unternehmerische Zwecke. 21) Demzufolge können für den Vermieter die Rechtsfolgen des § 15a UstG ausgelöst werden. Dieser wird daher versuchen, die Vorsteuerschäden auf den Erwerber zu übertragen, mit der Folge, dass es zur Verteuerung der Mietaufwendungen kommt.

Das BMF-Schreiben äußert sich schließlich nicht zu der Frage, wann von einer Übernahme des Ausfallrisikos durch den Käufer auszugehen ist. Es wäre möglich, nur auf den Willen und auf die vertragliche Vereinbarung der Parteien bezüglich des Übergangs des Ausfallsrisikos des Schuldners abzustellen. Die Forderungsabtretung ist nicht nur relevant für die umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen. Sie löst gegebenenfalls auch den Haftungstatbestand nach §13c UStG aus. Diese Vorschrift wurde eingeführt, um Umsatzsteuerausfälle zu verhindern, die dadurch entstehen, dass der Verkäufer (Steuerschuldner) häufig finanziell nicht mehr im Stande ist, die Umsatzsteuer bei Fälligkeit nicht oder nicht rechtzeitig zu entrichten, weil der Käufer (Abtretungsempfänger) die Forderung bereits eingezogen hat.

BFH bejaht vollständige Haftung des Käufers

Wird eine Forderung abgetreten, dann gilt nach § 13 c UstG die Forderung nicht durch den Abtretungsempfänger als vereinnahmt, sofern der leistende Unternehmer für die Forderungsabtretung eine Gegenleistung in Geld vereinnahmt. Voraussetzung ist, dass dieser Geldbetrag tatsächlich in den Verfügungsbereich des leistenden Unternehmers gelangt.

Während die Finanzverwaltung22) eine Haftung des Forderungskäufers insoweit verneint, als dieser dem Verkäufer einen Geldbetrag gezahlt hat, bejahte der BFH23) eine vollständige Haftung des Käufers.

Mit der Änderung beziehungsweise Ergänzung des § 13 c Abs. 1 UstG durch das Zweite Bürokratieentlastungsgesetz24) wird nun die bislang bundeseinheitlich abgestimmte Verwaltungsanweisung gesetzlich abgesichert.25) Die Gesetzesregelung zielt auf einen Haftungsausschluss des Abtretungsempfängers für die in der Forderung enthaltene Umsatzsteuer ab.

Dem § 13 c Abs. 1 UstG sind nun folgende Sätze angefügt: 26)

"Die Forderung gilt durch den Abtretungsempfänger nicht als vereinnahmt, soweit der leistende Unternehmer für die Abtretung der Forderung eine Gegenleistung in Geld vereinnahmt. Voraussetzung ist, dass dieser Geldbetrag tatsächlich in den Verfügungsbereich des leistenden Unternehmers gelangt; davon ist nicht auszugehen, soweit dieser Geldbetrag auf ein Konto gezahlt wird, auf das der Abtretungsempfänger die Möglichkeit des Zugriffs hat."

Da beim Erwerber zahlungsgestörter Forderungen die Unternehmereigenschaft verneint wird, haftet dieser nicht nach §13c UstG. Im Fall der Übertragung eines Gesamtpakets kommt jedoch eine Teilhaftung in Betracht. Das Zweite Bürokratieentlastungsgesetz ist rückwirkend zum 1. Januar 2017 in Kraft getreten (Art. 9 Abs. 2 Zweites Bürokratieentlastungsgesetz).

Das BMF hat seine alte Rechtsauffassung aufgegeben. Die Grundsätze des EuGHs beziehungsweise des BFH setzt das BMF in seinen Verwaltungsvorschriften um und verneint beim Erwerb von zahlungsgestörten Forderungen eine wirtschaftliche Tätigkeit des Käufers und damit auch eine umsatzsteuerpflichtige Leistung an den Verkäufer. Dadurch wird dem Käufer das Recht zum Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen für den Erwerb und Einzug von Forderungen versagt. Der Forderungsverkäufer erbringt hingegen eine nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG steuerfreie Leistung an den Erwerber. Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 2. Dezember 2005 sind grundsätzlich in allen offenen Fällen anzuwenden. Die umsatzsteuerrechtliche Rechtsunsicherheit hat nun teilweise ein Ende gefunden.

Ein Factor, der werthaltigen Forderungen erwirbt, haftet nicht in voller Höhe nach Maßgabe des § 13 c UstG, wenn er dem Verkäufer liquide Mittel zur Verfügung stellt. Erwerber zahlungsgestörter Forderungen haften mangels Unternehmereigenschaft künftig grundsätzlich nicht mehr nach § 13 c UStG.

Fußnoten

1) Grebe, in: UStB 2016, 190-192.

2) Philipowski, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 8 UStG

3) Kraeusel, in: Braun/Günther, Das Steuer-Handbuch, 68. Lieferung 04.2017, Factoring.

4) EuGH v. 26.6.2003 - C-305/01, MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring, BStBl. II 2004, 688.

5) BMF-Schreiben v. 3.6.2004, BStBl I 04, 737.

6) BFH v. 4.9.2003, V R 34/99, BStBl II 04, 667.

7) Vgl. Abschn. 2.4 Abs. 7 und 8 UStAE a.F.

8) BFH v. 10.12.2009 - V R 18/08 , BStBl. II 2010, 654.

9) EuGH-Urteil vom 27.10.2011, C-93/10, GFKL, BStBl 2015 II S. 978.

10) EuGH v. 27.10.2011 - C-93/10, GFKL, DStR 2011, 2093.

11) BMF v. 3.6.2004, BStBl I 04, 737.

12) BFH v. 26.1.2012 - V R 18/08, UR 2012, 359.

13) BFH v. 4.7.2013 - V R 8/10, UR 2014, 8.

14) Kraeusel, in: Braun/Günther, Das Steuer-Handbuch, 68. Lieferung 04.2017, Factoring.

15) BMF-Schreiben v. 2.12.2015, III C 2 - S 7100/08/10010, DStR 2015, 2778.

16) BMF-Schreiben v. 3.6.2004, IV B 7 - S 7104 - 18/04, DStR 2004, 1087.

17) Vgl. Abschn. 2.4 Abs. 8 Satz 8 UStAE.

18) Vgl. Abschn. 2.4 Abs. 7 UStAE.

19) Vgl. Prätzler, Robert, Aktuelle Umsatzsteuerfragen bei NPL-Verkäufen, in: Grundlagen des NPL-Geschäfts, S. 281.

20) Vgl. Prätzler, Robert, Aktuelle Umsatzsteuerfragen bei NPL-Verkäufen, in: Grundlagen des NPL-Geschäfts, S. 287.

21) Vgl. Prätzler, Robert, Aktuelle Umsatzsteuerfragen bei NPL-Verkäufen, in: Grundlagen des NPL-Geschäfts, S. 282.

22) Vgl. Abschn. 13c.1 Abs. 27 UStAE.

23) BFH v. 16.12.2015 - XI R 28/13, UStB 2016, 100.

24) Vgl. Art.4a Zweite Bürokratieentlastungsgesetz.

25) Vgl. Abschn. 13c.a Abs. 27 UStAE.

26) Vgl. Art. 4a Zweites Bürokratieentlastungsgesetz.

Die Autorin Wida Djagani, Referentin für Recht, BKS Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing e.V., Berlin
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