IMMOBILIE ALS ASSET

ÖFFNUNG DES PFLEGEINVESTMENTMARKTES: NEUE WETTBEWERBER FÜR INSTITUTIONELLE ANLEGER

Björn Peickert Quelle: DI Deutschland.Immobilien AG

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts gibt es in Deutschland derzeit knapp 800 000 pflegebedürftige Menschen, Tendenz steigend. Auf den Immobilienmarkt kommen dabei gewaltige Herausforderungen zu, denn die aktuellen Neubauzahlen für Pflegeimmobilien decken den prognostizierten Bedarf bei weitem nicht. Es gibt also einiges zu tun. Nach dem Willen der Politik soll dabei künftig ein wichtiger Impuls von der Privatwirtschaft ausgehen. War der Pflegeinvestmentmarkt bislang vor allem durch Käufe professioneller Investoren wie Banken oder Versicherungen geprägt, steht er infolge von Anpassungen des Wohnungseigentumsgesetzes nunmehr auch privaten Anlegern offen. Über die Implikationen des sich dadurch intensivierenden Wettbewerbs berichtet der Autor des folgenden Beitrags. Red.

Ganz oben auf der Liste der beliebtesten Investitionsmöglichkeiten steht fraglos die Immobilie. Zu Recht: Der Immobilienmarkt bietet derzeit zahlreiche Möglichkeiten, Kapital anzulegen. Doch wo bisher hauptsächlich globale Unternehmen investierten, strömen aktuell immer mehr Privatanleger auf den Markt.

Nicht nur der Minizins macht Sachwerte für diese Zielgruppe attraktiv, sondern auch die Anpassung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG), das die Aufteilung einer Immobilie in mehrere Einheiten erlaubt. Doch welche kurz- und langfristigen Auswirkungen gehen mit der zunehmenden Komplexität von Akteuren auf dem Immobilienmarkt einher? Wie verändern aktuelle gesellschaftliche Umbrüche wie der demografische Wandel etwa Angebot, Nachfrage und staatliche Regulierungen?

Altersstrukturen im Wandel

Jeder fünfte Deutsche ist über 65 Jahre alt, die geburtenstarken Jahrgänge, die diese Unverhältnismäßigkeit ausgleichen könnten, bleiben jedoch aus. Das zeigt die schematische Altersstruktur Deutschlands: Die derzeitige Urnenform wird vor allem durch die Baby-Boomer-Generation geprägt. Die Anzahl der heute 50- bis 60-Jährigen übersteigt die Geburtenrate um ein Dreifaches. Weiterhin pflegt ein Großteil der Gesellschaft einen immer gesünderen Lebensstil, hinzu kommt die verbesserte medizinische Versorgung.1)

Das Endergebnis ist eine durchschnittlich ältere Gesellschaft mit einem Sterbefallüberschuss - Veränderungen, die sich auch auf die Anforderungen an Politik, Wirtschaft und das Gesundheitswesen auswirken. Vor allem die Ansprüche an die altersgerechte Unterstützung Pflegebedürftiger gilt es zu bewältigen, denn die Bedeutung von individuellen Versorgungsmöglichkeiten, die den Bedürfnissen der älteren Generation gerecht werden, nimmt zu.

Der Bedarf an Pflegeeinrichtungen wird steigen

Daraus entsteht eine hohe Nachfrage nach Altenheimen und individualisierten Pflegekonzepten. Das schließt ambulante Pflegedienstleistungen, betreutes Wohnen, Tages-, Kurzzeit- oder die vollstationäre Pflege mit ein. Zudem verändern die neue Altersstruktur und das steigende Medianalter auch die Anforderungen an das Wohnungswesen. Obwohl der Sterbefallüberschuss bis zum Jahr 2060 laut Prognosen ausgeglichen sein sollte, bleibt ein Drittel der Deutschen über 60 Jahre alt und wird in den meisten Fällen auf pflegerische Versorgung angewiesen sein2) - eine Herausforderung, der sich auch der Immobilienmarkt stellen muss.

Als erste Immobilie, wie sie im heutigen Sinne verstanden wird, gilt wohl am ehesten eine römische Villa in der Antike. Wohlhabende Bürger, die in der Stadt lebten, bauten sich ein Stück Zurückgezogenheit im Grünen - schnell avancierte dieser Trend zum Statussymbol. Erst mit der Industrialisierung und Massenfertigung wurden Häuser für den Normalverdiener erschwinglich. Auch große Firmen investierten in die eigenen Büroräume, um ein kontinuierliches Unternehmenswachstum sowie eigene Unabhängigkeit zu sichern.

Das Wohnungseigentumsgesetz als "Game Changer"

Meistens ist das Beschaffen, Betreiben und Verwerten der betreffenden Immobilien kein Kerngeschäfts-, sondern ein Unterstützungsprozess im Unternehmen zu betrieblichen Zwecken. Im Gegensatz zu Anlageimmobilien, deren vordergründiges Ziel die Rendite ist und denen somit eine gewerbliche Motivation zugrunde liegt.

Für den Privatinvestor war es früher üblich, neben den eigenen vier Wänden in Assetklassen wie Immobilienfonds zu investieren, die bis heute von Banken, Pensionskassen oder Fondsgesellschaften verwaltet werden. Derzeitige Entwicklungen der Branche öffnen den Markt für Privatanleger und passen ihn den besonderen Bedürfnissen an. Denn seit der Anpassung des WEG lassen sich globale Anlageimmobilien wie Pflegeeinrichtungen in Einheiten aufteilen, ähnlich der Eigentumswohnungen, und werden so für Privat- und Kleinanleger erschwinglich.

Die Vorzüge der Kapitalanlage Pflege

Neben den bekannten Vorteilen, wie regelmäßige Mieteinnahmen und der wertstabilen Kapitalanlage, profitieren Käufer mit der Investition in Anlageimmobilien auch von Pachtverträgen und der Verwaltung durch die Betreiber. Die Folge: Privatwirtschaftliche sowie unternehmerische Interessen sind in gleichem Maße auf dem Markt vertreten, sorgen für dessen Wachstum und damit wiederum für Produktvielfalt.3)

Lange Produktionszeit bei andauernder Haltbarkeit: Eine Immobilie zu kaufen und zu verpachten, verspricht Investoren gute Renditeaussichten, verlangt jedoch vorausschauende Planung. Einige Bauprojekte wie etwa Pflegeheime eignen sich aufgrund ihrer Strukturen bereits vor Fertigstellung als Kapitalanlage. Aufgrund des gesellschaftlichen Wandels ist und bleibt die Nachfrage stabil: Neben der beständigen Zielgruppe von Rentnern überzeugen Pflegeimmobilien zudem durch die Verwaltung eines Betreibers und Förderungsmöglichkeiten von staatlicher Seite - das macht die Immobilie für eine breite Anzahl an Investoren attraktiv.

Marktöffnung für Private impliziert neue Geschäftsmodelle

Vor allem globale Konzerne oder Fonds haben in die wirtschaftlich nutzbaren Objekte investiert. Die Öffnung des Pflegeinvestmentmarktes für die Privatwirtschaft durch die Aufteilung von Objekten in Einheiten sorgt für neue Geschäftsmodelle, die Vertrieb, Verwaltung, Käufer und Nutzer miteinbeziehen. Für Privatinvestoren ergeben sich sogar weitere Vorteile - bei einigen Pflegeimmobilien profitieren diese von einem bevorzugten Belegungsrecht, sodass Käufer oder nahe Angehörige bei Eigenbedarf einen Pflegeplatz ohne lange Wartezeiten erhalten.

Attraktive Voraussetzungen steigern die Nachfrage nach Pflegeimmobilien zusätzlich. Resultierend aus den geänderten Bedürfnissen und Anforderungen durch den demografischen Wandel an Wirtschaft und Politik, befindet sich der Pflegeimmobilienmarkt in einem stetig wachsenden Prozess.

Neben den finanziellen Vorteilen wie staatliche Unterstützung bei der Finanzierung und guten Renditeaussichten engagieren sich Investoren auch sozial und unterstützen den Ausbau des Pflegemarktes. Angestoßen vom fortschreitenden demografischen Wandel entwickelt sich die Pflegeimmobilie zu einer zukunftssicheren und risikoarmen Anlage.

Neue Faktoren zur Beurteilung der Standortattraktivität

Bisher galten Standortfaktoren als die wichtigsten Kriterien für die Auswahl einer Immobilie. Doch mit veränderten politischen und wirtschaftlichen Bedingungen variieren auch die Ansprüche von Investoren an Objekte. Traditionell gelten Grundstücke und Häuser in Ballungsräumen wie Hamburg oder München als solide Investitionsmöglichkeit. Einwohnerzahl und Bekanntheitsgrad sind nur zwei Messwerte, die die Attraktivität des Standortes und den Gewinnabwurf bestimmen. Kleinere Städte können ebenfalls ein großes Potenzial für Wertsteigerungen und hohe Mietzinsen bieten.

Die Beschäftigten- und Einwohnerzahlen der Region, der Wohnungsleerstand sowie die wirtschaftliche Stabilität zählen dabei unter anderem als Parameter für das genannte Kriterium "Attraktivität". Sie eignen sich gut als erste Indikatoren für Werterhalt oder -steigerung des Objektes. Doch objektbezogene Besonderheiten fallen bei der Auswahl einer Anlageimmobilie ebenfalls ins Gewicht: Integrierte Dienstleistungen, besondere Anforderungen der Bewohner oder bauliche Voraussetzungen haben Einfluss auf die Bedürfnisse und Kriterien.

Politische und wirtschaftliche Parameter als wichtigste Einflüsse

Bewohner von Pflegeeinrichtungen etwa legen Wert auf Anbindung an den Nahverkehr, eine geringe Geräuschkulisse, leicht zu erreichende Lebensmittelläden und Arztpraxen oder die direkte Nähe zur Innenstadt. Das zeigt, dass die fortschreitende Urbanisierung je nach Nutzungsart die Vermietbarkeit sowie Erträge einer Immobilie beeinflusst und ein wichtiges Auswahlkriterium darstellt.

Dennoch gilt: In Zeiten des demografischen Wandels spielen weniger standorttheoretische Belange in der immobilienwirtschaftlichen Betrachtung von Objekten eine Rolle, vielmehr sind politische und wirtschaftliche Parameter wie Pflegereformen oder innovative Versorgungskonzepte, die sich auf den Immobilienmarkt direkt oder indirekt auswirken, entscheidend.

Vor der Investition sollten Interessierte daher nicht nur Standortfaktoren, sondern auch Zukunftsprognosen und wirtschaftliche sowie politische Multiplikatoren in den Auswahlprozess einfließen lassen.

Der Staat mischt mit

Aktuelle Minizinsen und Konjunkturunabhängigkeit stellen die häufigsten Gründe dar, Geld in Immobilien anzulegen: Diese sind nicht beliebig reproduzierbar und daher inflationsresistent. Neben großen oder kleinen Objekten stehen Investoren verschiedene Objekte wie Gewerbe-, Denkmal-, Ferien-, Global- oder Pflegeimmobilien zur Auswahl. Letztere bestechen durch Langlebigkeit, Heterogenität, Substituierbarkeit und geringen Verwaltungsaufwand für Eigentümer.

Besitzer profitieren darüber hinaus von regelmäßigen Mieteinnahmen: Denn gemäß dem Sozialgesetzbuch XI sichern Zuschüsse der Sozialkasse bei eventuellem Mietausfall die Pacht anteilig ab. Verglichen mit konventionellen Eigentumswohnungen bedarf diese Form der Kapitalanlage daher grundsätzlich weniger Rücklagen von Investoren. Ob für Privatinvestoren oder Unternehmen - in Zeiten der veränderten gesellschaftlichen Altersstruktur werden Pflegeimmobilien nicht nur zu einer attraktiven Anlageform, sondern auch zu einem notwendigen Gut für die Gesellschaft. Natürliche Wettbewerbssituationen sorgen in der Regel für ausgeglichene Preise, aber auch für ständige Innovationen.

Gewünschte flexible Pflegekonzepte, die die Eigenständigkeit von Bewohnern in größtmöglichem Umfang gewährleisten, werden so in dem wachsenden Markt umgesetzt. Bewohner profitieren zudem von der Wahlfreiheit ihres Alterswohnsitzes, während Investoren die Langlebigkeit und Wertstabilität einer Anlage ausschöpfen können.

Fußnoten

1) Pflegeimmobilie als zukunftssicheres Investment, Ralf Kuhn

2) Statistisches Bundesamt: Bevölkerung 2016

3) Handbuch Immobilienwirtschaft, Herausgeber: Hans-Peter Gondring

DER AUTOR Björn Peickert, Mitglied des Vorstands, DI Deutschland.Immobilien AG, Hannover
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