Immobilien als Asset

Real Estate Debt Investments auf dem Vormarsch

Markus Mirbach, Head of Investment Management, Flatow Advisory Partners GmbH, Berlin

Trotz der zuletzt anziehenden Inflationsraten im Euroraum erscheint eine zeitnahe Straffung der ultraexpansiven Geldpolitik der EZB derzeit weiter unrealistisch. Das Zinstief dürfte Sparer und Anleger somit noch eine ganze Weile umtreiben. Der Autor ist überzeugt, dass die Assetklasse Immobilien unter diesen Rahmenbedingungen für institutionelle Anleger weiter an Relevanz gewinnen wird. Der in den vergangenen Jahren zu beobachtende Anstieg der Immobilienquote an der gesamten Kapitalanlage wird sich seiner Ansicht nach exponentiell fortsetzen. Zu den etablierten Vehikeln wie Spezial-AIFs oder Direktanlagen könnten sich dabei in Zukunft auch zunehmend alternative Investmentformen gesellen. Insbesondere auf dem Markt für Real Estate Debt Investments sei mit einer höheren Nachfrage zu rechnen: Neben der hohen Sicherheit begünstigten auch aktuelle Regulierungsprojekte das Wachstum des Segments. Red.

Die immer noch anhaltende Niedrigzinsphase und stetige regulatorische Anpassungen stellen institutionelle Kapitalanleger weiterhin vor große Herausforderungen. Wer gehofft hatte, dass etwa ein Zinsanstieg die Erreichung der notwendigen Zielrendite zumindest wieder etwas leichter macht, wurde bisher enttäuscht. Auch wenn die Verbraucherpreise im Euroraum, wie zuletzt im Februar 2017, um rund zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr stiegen, lässt sich im EZB-Rat keine wirkliche Tendenz erkennen, einen nachhaltigen Richtungswechsel in der Geldpolitik einzuleiten. Zu sehr ist man sich dort bewusst, dass ein wesentlicher Teil dieses Preisanstiegs durch den höheren Ölpreis bedingt ist. Auch die anstehenden Wahlen in Frankreich und Deutschland werden, obwohl man natürlich politisch unabhängig ist, Veränderungen eher hinauszögern.

So bleibt es mindestens in den nächsten zwölf Monaten eine herausfordernde Aufgabe, die Kapitalanlagen noch weiter zu diversifizieren. Die Auswahl neuer beziehungsweise die Aufwertung bestehender Assetklassen muss dabei in Einklang mit den regulatorischen Anforderungen des Gesetzgebers und der risikoarmen Anlage des Kapitals gebracht werden. Dadurch hat die Aufmerksamkeit auf Immobilieninvestments bereits in den letzten Jahren allgemein zugenommen, wobei nahezu alle institutionellen Investoren mittlerweile Kapital in dieser Assetklasse investiert haben. Lag die Quote in Bezug auf die gesamte Kapitalanlage im Immobiliensektor vor wenigen Jahren branchenweit im Schnitt noch unter fünf Prozent, so liegt sie heute nach Recherchen der Flatow Advisory Partners GmbH (FAP) bereits bei zirka neun Prozent.

Steigende Immobilienquoten institutioneller Anleger

Und dieser Anstieg wird sich weiter exponentiell fortsetzen. Um ihren Beitragszahlern die versprochene Rendite auch zuweisen zu können, werden institutionelle Kapitalanleger ihr Kapitalanlagevermögen weiter umschichten. Bisher sind sie noch vorwiegend direkt mit der Immobilienquote investiert, die sich aus der Verordnung über die Anlage des Sicherungsvermögens von Pensionskassen, Sterbekassen und kleinen Versicherungsunternehmen (kurz Anlageverordnung, AnlV) ergibt. Die beliebtesten Vehikel für Immobilieninvestments waren demnach bisher Immobilienspezialfonds und Direktanlagen. Obwohl laut Anlageverordnung für diese Art von Anlagen theoretisch bereits eine Quote von bis zu 25 Prozent möglich wäre, werden nach Einschätzung von FAP zukünftig auch Anlagen in anderen Nummern der AnlV mit Bezug zum Immobiliensektor viel stärker nachgefragt werden. Insbesondere der Markt für Real Estate Debt Investments wird davon deutlich profitieren.

Sicherheit und Regulierung als Nachfragetreiber

Fonds in diesem Segment bieten Anlegern eine hohe Sicherheit, die keine andere Form von Immobilieninvestments ermöglicht. Im Falle sinkender Bewertungen der Immobilien weisen die Debt Fonds zum Valutierungszeitpunkt durch den Finanzierungsauslauf unter Marktwert einen Sicherheitspuffer aus. Eventuell schwankende Mieteinnahmen treffen sie nicht direkt und umgehend, da Debt-Fonds-Investoren vertraglich vereinbarte Zins- und Tilgungszahlungen über die gesamte Kreditlaufzeit vereinbaren und diese mit entsprechenden Covenants ebenfalls abpuffern. Damit gelten Immobilien-Kreditfonds je nach Ausgestaltung zu Recht als defensive und konservative Investments - bei gleichzeitig höheren Renditen als zum Beispiel Anleihen sind diese Investments somit ein bevorzugtes Vehikel für risikoaverse institutionelle Investoren.

Ein weiterer Grund für die steigende Nachfrage nach Real Estate Debt Investments sind Veränderungen im regulatorischen Umfeld aufgrund von Basel III und Solvency II. Schon heute reduzieren diese Vorgaben die Fremdkapitalbereitstellung seitens der Banken. Für institutionelle Kapitalanleger gibt es derzeit keine andere Assetklasse, die ein attraktiveres Risk-Return-Verhältnis und für größere Versicherungen einen höheren Return im Hinblick auf die von Solvency II geforderte Eigenkapital-Unterlegung aufweist. Die zurückliegenden zwölf Monate zeigen bereits, dass der Markt für alternative Finanzierungsmodelle jenseits des klassischen Bankdarlehens stetig an Bedeutung zunimmt.

Milliardenschwerer Anlagebedarf erwartet

Durch die Zurückhaltung der Banken entstehende Finanzierungslücken können Kreditfonds ("Debt Funds") jedoch nur zu einem gewissen Teil schließen. Eine weitere Alternative sind daher auch direkte Kredite von institutionellen Kapitalanlegern (Real Estate Direct Debt Investments), die bisher allerdings vor allem in Core-Investments und großvolumigen Investitionen platziert wurden. Auch im Vergleich zu Immobiliendirektanlagen sind Real Estate Debt Investments im Vorteil, da aktuell aufgrund der gestiegenen Preise solche Opportunitäten am Markt nur sehr schwierig zu finden sind.

Der von FAP erwartete Anstieg der Investitionen mit direktem oder indirektem Bezug zu Immobilien auf branchenweit mindestens 15 Prozent der gesamten Kapitalanlagen wird einen weiteren Anlagebedarf im hohen zweistelligen Milliardenbereich auslösen. Als Maßstab dienen die von der BaFin in der Jahresstatistik 2015 veröffentlichten Zahlen der gesamten Kapitalanlagen von Erstversicherern (Ende 2015 betrug die Summe aller Anlagearten in Buchwerten zirka 1 400 Milliarden Euro).

Realistische Zielrenditen beachten

Eine wichtige Aufgabe des Marktes wird es daher sein, den institutionellen Kapitalgebern zu ermöglichen, via Real Estate Debt Investments direkt oder indirekt investieren zu können. Natürlich muss diese erwartete enorm hohe Nachfrage nach Investitionen auch trotz knapper werdendem Angebot an qualitativ guten Immobilien bedient werden können. Die Auswahl eines Partners, der über ein weit verbreitetes Netzwerk an Immobilieninvestoren und Projektentwicklern verfügt, gewinnt dabei noch einmal an Bedeutung.

Bisher konzentrierte sich bei den Immobilieninvestments viel auf sogenannte Club Deals, Anleihen oder Fondsanteile, also Investments, bei denen sich der Anleger nur gemeinsam mit anderen beteiligt. Entsprechend gibt es am Markt bereits eine kleinere Anzahl von Spezial-AIFs, die sich auf Real Estate Debt Investments konzentrieren.

Entgegen den bisherigen Anlagekatalogen dieser Fonds wird es jedoch notwendig sein, diese Produkte mehr mit dem stark nachgefragten inländischen Fokus zu versehen und dabei Zielrenditen zu offerieren, die auch tatsächlich am Markt zu erzielen sind. Zu hoch angesetzte Zinserwartungen an Senioroder Juniortranchen führen zum Ärgernis des Anteile zeichnenden Kunden, wenn diese im Nachgang mangels Investitionsmöglichkeiten zu diesen hohen Renditen nicht abgerufen werden und das gezeichnete Kapital stattdessen blockiert ist.

UK-Markt bereits weiter entwickelt

Deutsche offene Spezial-AIFs, die VAG-konform aufgelegt werden, mit einem Fokus auf Immobilien-Mezzanine-Kapital für inländische Investments, werden nach Einschätzung von FAP dann einen starken Zuspruch erfahren, wenn sie den richtigen Investitionsschwerpunkt haben und marktgerechte Renditen anbieten. Diese Renditen sind in den letzten zwei Jahren zwar bereits gesunken. Sie liegen aber dennoch immer noch deutlich über den erzielbaren Renditen von Bestandsimmobilien oder gar Fixed-Income-Produkten. FAP zum Beispiel wird in den nächsten Monaten einen solchen Immobilien-Mezzanine-Spezial-AIF mit Fokus Deutschland am Markt platzieren.

Während sich für kleinere Kapitalgeber (wie etwa Stiftungen) mit geringerem Kapital die Möglichkeit der Fondslösung anbietet, gibt es für größere Anleger, wie zum Beispiel Versicherungen, Versorgungswerke oder Pensionskassen, theoretisch weitere Möglichkeiten.

Diese Alternative, auf Deal-by-Deal-Basis beziehungsweise direkt und alleine auf einzelne Debt Investments zugreifen zu können, bietet der Markt den institutionellen Kapitalgebern in Deutschland, im Gegensatz zu UK oder den USA, bisher jedoch nur selten an. In Großbritannien zum Beispiel sind Debt Investments ein fester Bestandteil im Management von Kapitalanlagen. Sie machen UK damit zum liquidesten und transparentesten Markt in Europa.

Wir denken, dass auch in Deutschland die Vorzüge von Debt Investments zukünftig verstärkt wahrgenommen werden. Denn sie bieten ähnlich den bekannten Fixed-Income-Produkten einen stetigen und kalkulierbaren Cashflow, der zum Beispiel mit Blick auf die Rentenverpflichtungen bei einer Pensionskasse sehr wichtig ist. Für diese Art der Anlage bieten sich vielerlei Formen von Real Estate Debt Investments an, so zum Beispiel Senior Loans (erstrangig besicherte Darlehen), Junior Loans oder Mezzanine Kapital (nachrangig besicherte Investments).

Eine Plattform im Sinne aller Beteiligten

Den seit einigen Jahren am Markt als wichtige Studie bekannten Mezzanine-Report wird FAP im Herbst dieses Jahres wieder veröffentlichen. Er bietet institutionellen Kapitalgebern eine marktumfassende Analyse des Bereiches Nachrangkapital, aus der sich Trends erkennen und Vergleiche ziehen lassen.

Die Schaffung einer Plattform für Real Estate Debt Investments, welche FAP mit dem neuen Bereich Investment Management seit Beginn des Jahres bereits ins Leben gerufen hat, wird es institutionellen Kunden zukünftig erleichtern, auf diese Investitionsmöglichkeiten und die erforderliche Fachkompetenz direkt zuzugreifen. Insgesamt werden alle davon profitieren. Immobilieninvestoren und Projektentwickler erhalten durch die verstärkt auftretenden institutionellen Kapitalgeber substituierenden Zugang zum bankseitig rückläufigen Finanzierungsmarkt. Und institutionelle Kapitalanleger optimieren durch weitere Diversifizierung ihre Rendite.

Der Autor Markus Mirbach Head of Investment Management, Flatow AdvisoryPartners GmbH, Berlin
Markus Mirbach , Geschäftsführender Gesellschafter, Redvisory GmbH, Berlin
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