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Trading-up bei Supermärkten und Discountern - Strategien des Online-Handels

Quelle: LIDL

Den fortlaufenden Wandel der hiesigen Discounter- und Supermarktkonzepte beschreibt der Autor im ersten Teil des Beitrages. Er macht insbesondere bei Aldi und Lidl einen Trend Richtung Premium-Filialen aus. Dort sei alles edler gestaltet und die Profilierungsthemen Frische und Gastronomie würden stärker betont. Die neue Werbestrategie der parallelen Platzierung von Marken- und Eigenprodukten, die vor allem bei Lidl vorangetrieben werde, sei dabei für beide Produktherstellerseiten profitabel. Im Bereich des Online-Handels zeigten sich insbesondere Rewe und Edeka aktiv. Auch Kaufland plane, in größerem Stil in die Belieferung von Privathaushalten einzusteigen. Im zweiten Teil steht die allgemeine Lage im deutschen Online-Handel im Mittelpunkt. Hier herrsche ein großer Konkurrenzdruck und Verdrängungswettbewerb. Die Qualität der einzelnen Händler sei höchst unterschiedlich. Darüber hinaus eröffneten Online-Anbieter in großem Stil zusätzlich stationäre Filialen - darunter sogar Google, Microsoft und Amazon. Fazit: Die stationäre Geschäftsvertretung sei keineswegs langfristig tot. Allerdings werde der Handel sich aus der Fläche zurückziehen. Red.

Supermärkte und Discounter haben in den vergangenen zehn Jahren einen Quantensprung in der Weiterentwicklung ihrer Konzepte gemacht. Zweifellos haben sich die Discounter dabei vom ergänzenden Betriebstyp im Lebensmittelhandel selbst zum Nahversorger gewandelt. In vielen Orten übernehmen sie mittlerweile eine zentrale Funktion in der Grundversorgung.

Obwohl es bei den Discountern - wie bei den Supermärkten - eine kontinuierliche Weiterentwicklung gibt, kann man derzeit den seit Jahrzehnten größten Schub im Bereich des Erscheinungsbildes ausmachen. Nicht nur, weil die Marktführer Aldi und Lidl neue Filialtypen vorgestellt haben, nein, auch Netto Ponholz, Netto Stavenhagen und Penny arbeiten kontinuierlich an einem moderneren und hochwertigeren Marktauftritt. Die Supermärkte reagieren ebenfalls mit Trading-up. Die Spitze des Eisbergs bilden hier punktuelle Premium-Filialen, in denen alles etwas edler gestaltet ist und die Profilierungsthemen Frische und Gastronomie noch stärker betont werden. Auch bei den Discountern spielen Produkte zum Sofortverzehr (Convenience, Back-Shop, Heiß- und Kaltgetränke) eine immer stärkere Rolle.

Die stärkere Listung von (einigen wenigen) Marken bei Aldi und die Betonung der Markenkompetenz (bei Industrie- und Handelsmarken) in der aktuellen Werbekampagne von Lidl unterstützen die höherwertige Positionierung. Dabei ergeben sich Wechselwirkungen und Ausstrahleffekte, bei denen die Eigenmarken von den Industriemarken profitieren. Beide profitieren wiederum vom neuen Erscheinungsbild der Märkte.

Keine Bedrohung durch Extrem-Discounter

Die gute konjunkturelle Lage in Deutschland unterstützt diese Entwicklung und verringert die Gefahr, die sich aus dem Trading-up ergibt. Die vor einigen Jahren diskutierten Ansätze, dass sich Anbieter in der Preiswahrnehmung unterhalb der Discounter positionieren könnten, scheint derzeit kein Thema. Die entsprechende Initiative von Real im Jahr 2013 - eine Eigenmarke mit reduzierter Produktqualität unterhalb der Eigenmarke der Discounter zu lancieren - hat keine großen Erfolge gezeigt. Real versucht sich nun wieder genau in die andere Richtung zu positionieren (Trading-up). Auch die Bedrohung durch die in Frankreich bekannteren Extrem-Discounter wie Noz scheint in Deutschland nicht (mehr) gegeben. Entsprechende Ansätze deutscher Betreiber haben bisher nicht zu einer nennenswerten Expansion geführt. Lediglich der kürzlich eröffnete Easy Food store der bekannten Firmengruppe ("Easy Jet") in London scheint weit entfernt das Potenzial für einen Angriff auf deutsche Discounter zu haben.

Relevanter ist der erwartete Durchbruch des Online-Lebensmittelhandels, der nach Start der Amazon-City-Hubs im Ku´damm Karree in Berlin beziehungsweise in der Hopfenpost in München wieder ein Stück näher gekommen scheint. Nach Prognosen der BBE Handelsberatung wird der Marktanteil online vertriebener Produkte aus dem Bereich der fast moving consumer goods (FMCG) bis 2025 auf 6,7 Prozent steigen. Diese "Schnelldreher" sind aber bisher die Domäne der Discounter und Supermärkte.

Kaufland reduziert Flächen

Einiges spricht dafür, dass sich führende Marktteilnehmer intensiv auf einen Eintritt in dieses Segment vorbereiten. Die Aktivitäten von Rewe und Edeka sind offensichtlich. Recht konkret sind zudem die Ankündigungen von Kaufland, in Berlin und München in größerem Stil in die Belieferung von Privathaushalten einzusteigen. Aber auch Aldi und Lidl testen entsprechende Lieferdienste bereits in ausländischen Märkten. Mit seiner Vorratsbox ist Lidl außerhalb des Frische-Bereichs bereits in Deutschland aktiv. Während Kaufland jedoch im Zuge der Weiterentwicklung des Konzeptes die Verkaufsflächen pro Filiale eher reduziert, wächst diese bei den Discountern weiterhin. Fast unbemerkt wird auch in Nebenflächen investiert. Diese könnten bei einem Multichannel-Konzept eine wichtige Rolle spielen.

Für den allgemeinen stationären Handel sind die Lieferung per Drohne, automatisierte Bestellung über das Internet der Dinge (Internet of things, IoT) oder per Chatroboter schon längst im Gange. So weit hergeholt manche Idee auch klingen mag - es wird jeden Tag an mehr Beispielen verdeutlicht, dass diese Arten des Einkaufs funktionieren und jede davon künftig einen - heute noch nicht seriös bezifferbaren - Marktanteil gewinnen wird.

Nicht-filialisierter Fachhandel verliert

Der Online-Handel wird - im Gegensatz zum stagnierenden stationären Handel - in jedem Fall weiter dynamisch wachsen. Weil trotz aller Jubelmeldungen die Bevölkerung über mehrere Jahre betrachtet nicht wächst, die Konsumausgaben stagnieren und der Anteil des Einzelhandels an den Konsumausgaben weiter sinkt, geht das Wachstum zulasten anderer Marktteilnehmer (Verdrängung).

Größter Verlierer ist seit vielen Jahrzehnten der nicht-filialisierte Fachhandel, auf den nach BBE-Prognosen im Jahr 2025 noch 12 Prozent Marktanteil entfallen werden - im Jahr 2000 waren es noch 32 Prozent. Nach einer Analyse des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) verfügen 94 Prozent der deutschen Einzelhändler über 0 bis 9 abhängig Beschäftigte. Auch wenn beide Zahlen nicht direkt vergleichbar sind, lässt sich vermuten, dass hinter einem kleinen Marktanteil eine große Zahl an Unternehmen steht, von denen es schon bald viele nicht mehr geben wird.

Während der Online-Handel den Menschen zeitlich und räumlich immer näher kommt - Amazon hat 2016 Logistikflächen in innerstädtischen Einkaufslagen in München (Hopfenpost) und Berlin (Ku´damm Karree) bezogen und liefert Waren im Innenstadtbereich innerhalb einer Stunde - verharrt der nicht-filialisierte Fachhandel in vielen Städten weiter in alten Mustern.

Koordinierte und einheitliche Öffnungszeiten? Fehlanzeige. Die als Instrument gegen Einkaufszentren - den Feind aus vergangenen Tagen - empfohlene Abstimmung der Ladenöffnung unter den Einzelhändlern einer Einkaufslage oder sogar einer ganzen Stadt hat bis heute keine flächendeckende Umsetzung erlebt. Dabei ist es ganz egal, ob man sich in der Hamburger Mönckebergstraße oder in der Kleinstadt bewegt. Überall der gleiche Flickenteppich an unterschiedlichen Regelungen.

Geringe Qualität des stationären Handels

Ein (gemeinsames) Wlan? Im Internet-Entwicklungsland Deutschland ist daran gar nicht zu denken. Jeder Laden macht sein eigenes Ding und die Qualität der Umsetzung ist sehr unterschiedlich. Fehlende Qualität und Konsequenz der Umsetzung seit Jahren bekannter Maßnahmen ist ein wesentlicher Faktor für eine geringe Wettbewerbsfähigkeit des stationären Handels. Der Online-Handel, allen voran der Marktführer Amazon, punktet dagegen im Wochenrhythmus mit neuen Ideen, die in technischer Perfektion umgesetzt werden. Kleinere Nachlässigkeiten wie die vom Supermarktblog.com kritisierte Platzierung der "Locker" genannten Amazon-Packstationen fallen da kaum ins Gewicht.

Da sich im Online-Handel mittlerweile herumgesprochen hat, dass auch stationäre Läden eine Existenzberechtigung haben, eröffnen Online-Händler wie verrückt stationäre Läden. Auch Google, Microsoft und Amazon. Der stationäre Laden wird daher nicht aussterben, er wird sich aber aus der Fläche zurückziehen. Denn die Anforderungen an die Kundenfrequenzen steigen deutlich.

Der Autor Markus Wotruba Leiter Standortforschung, BBE Handelsberatung GmbH, München

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