Vermarktung von Immobilien

Der Weg zum erfolgreichen nutzerzentrierten Immobilienmarketing

Malte Tschörtner, Geschäftsführer, MODAL M GmbH, München

Quelle: MODAL M GmbH

In der Bürowelt werden User Driven Design und Experience Design immer wichtiger. Der demografische Wandel sorgt für einen verstärkten Wettbewerb um Fachkräfte. Das Immobilien- und Betreiberkonzept müsse, so der Autor, auf die Anforderungen der Zielgruppen hin optimiert werden, die der Eigentümer in der Vermietung im Auge hat. Architekten und Berater hätten daher die Aufgabe, markante Differenzierungsmerkmale zu kreieren, um die Immobilie am Markt zu positionieren. In der Folge wird ausgiebig das eigene Unternehmen beleuchtet, welches die architektonischen und planerischen Rahmenbedingungen für die Gebäude - größtenteils im Auftrag der Eigentümer - schaffe. Insbesondere Unternehmen, die im Marketing auf virtuelle Realität setzten, profitierten als Early Adopter von zusätzlicher Aufmerksamkeit, so der Verfasser. Red.

Zukunftsorientierte Unternehmer wissen, dass eine Büroumgebung, die den Mitarbeitern Spaß macht, wichtige Voraussetzung für Motivation und Leistung ist. Deswegen beschäftigen sie neben Facility Managern auch Experience Manager, um Arbeit zum Erlebnis werden zu lassen. Da das Wohlbefinden der Mitarbeiter in den Vordergrund rückt, beziehen die Geschäftsleitungen bei Immobilienentscheidungen zunehmend die Personalabteilungen mit ein. Entsprechend wird das Experience Design beziehungsweise User Driven Design der Bürowelt immer wichtiger. Im allgegenwärtigen War for Talents wird die Arbeitsumgebung gezielt als Teil des Vergütungspakets eingesetzt, um junge Talente zu gewinnen. Aktuelle Studien des Fraunhofer Instituts belegen sogar, der Ort sei heute wichtiger als finanzielle Anreize und Boni. Unternehmen wie Adidas und Sony werben in Trailern inzwischen mit ihren gut gestalteten Bürowelten um neue Arbeitskräfte. Das hat Implikationen auf das Immobilienmarketing: Das klassische Exposé mit Grundriss und Visualisierungen reicht vor diesem Hintergrund nicht mehr aus, sondern zu den neuen Vertriebsmodellen gehört auch die Immobilie digital und analog als Plattform, auf der der zukünftige Nutzer Visionen entwickeln und verwirklichen kann.

Der Nutzer - das unbekannte Wesen

Die Immobilienbranche hat erkannt, dass sie zur erfolgreichen Produktentwicklung von Gewerbeimmobilien ihre Nutzer und deren Anforderungen kennen muss. Die Auseinandersetzung mit neuesten Trends im Arbeiten und den entsprechenden neuen Arbeitswelten ist Grundvoraussetzung um die Bedürfnisse der Bürokonsumenten zu begreifen. Nur sie kann sicherstellen, dass nicht am sich wandelnden Markt vorbei konzipiert wird.

Dabei sind sich viele Firmenlenker und Entscheider einig: Der einzelne Mitarbeiter ist die zentrale Stelle in der Wertschöpfung eines jeden Unternehmens. Und vergleichsweise geringfügige Investitionen in die Arbeitsbedingungen wirken sich überproportional auf die Produktivität des Personals aus. Raumkosten machen beispielsweise in Dienstleistungsunternehmen im Schnitt nur etwa acht Prozent der Ausgaben aus, zwölf Prozent die Sachkosten und 80 Prozent das Personal. Entsprechend groß ist der Hebel, die Produktivität der Mitarbeiter zu steigern, indem man die Qualität des Arbeitsortes, der Büroflächen und der Atmosphäre verbessert; denn Arbeitsphilosophie und Bürokultur fördern einander.

Das Immobilien- und Betreiberkonzept muss auf die Anforderungen der Zielgruppen hin optimiert werden, die der Eigentümer in der Vermietung im Auge hat. Entsprechend ist es die Aufgabe von Architekten und Beratern, markante Differenzierungsmerkmale zu kreieren, um die Immobilie am Markt zu positionieren. So hat sich unser Unternehmen mit seinen beiden Marken genau diesem Thema verschrieben und versucht, es auf diese Weise aus den Perspektiven der beiden wichtigsten Akteure zu beleuchten. Als Berater für die Immobiliennutzer - meist die Mieter - entwickelt die Conceptsued mit und für Unternehmen maßgeschneiderte Nutzungskonzepte, die den jeweiligen Anforderungen gerecht werden. Aus diesem Wissens- und Erfahrungsschatz schöpft die Modal M und schafft die architektonischen und planerischen Rahmenbedingungen für die Gebäude - größtenteils im Auftrag der Eigentümer.

Der ganzheitliche Ansatz: Die Büroimmobilie muss über den Schreibtisch hinaus gedacht werden. Die Ansprüche an die gebaute Infrastruktur innerhalb der Mietfläche, im Gebäude beziehungsweise in unmittelbarer Nachbarschaft sind gestiegen. Sie bedienen gemischt genutzte Gebäude mit Zusatzangeboten wie Cafés, Kinderbetreuung und Sportbereiche, die deshalb konzeptionell integriert werden müssen.

Verschiedene mögliche Organisationsformen

Dieses Verständnis wirkt sich auf die Konfiguration und Vermarktung der Immobilien aus. Viele Eigentümer und Mieter haben heute bereits vor der Beauftragung eines Planungsbüros ein großes Verantwortungsbewusstsein und damit hohe Ansprüche an ihre neue Gewerbeimmobilie. Ziel ist es aufzuzeigen, dass das zu vermarktende Produkt in der Lage ist, die aktuellen und vor allem die künftigen Trends und Modelle abzubilden.

Die strukturellen Eigenschaften des Gebäudes sollten sich flexibel an die sich verändernden Bedürfnisse anpassen lassen und die technischen Parameter erfüllen. Berater und Architekten bilden verschiedene mögliche Organisationsformen im Grundriss ab. Dazu spielen sie verschiedene Entwicklungsszenarien eines Unternehmens durch: Wie könnte sich dessen Größe verändern, wie die Kommunikationswege und Arbeitsabläufe - und wie kann der Raum dann unkompliziert auf neue Anforderungen eingestellt werden? Hier bieten offene Raumstrukturen und der Einsatz modularer Systeme Flexibilität für Veränderung.

Immer mehr potenzielle Nutzer erwarten eine nachhaltige Entwicklung über den ganzen Gebäudezyklus hinweg - einerseits, weil sie sinnvoll ist, andererseits auch aus Imagegründen gegenüber Kunden oder Arbeitskräften, die eine zukunftsorientierte Innovationsbereitschaft verlangen. Im Ringen um qualifizierte Mitarbeiter sind Unternehmen zunehmend dazu bereit, mehr für den nachhaltigen Bau und die Einrichtung ihrer Immobilie zu investieren. Zumal sich diese über die Einsparung von Energie sowie die Gesundheit der Angestellten mittelfristig amortisieren. Dabei spielen Zertifizierungen wie DGNB oder LEED eine wachsende Rolle.

Bei einem Neubau kann man außerdem über die Architektur das Image oder ein Alleinstellungsmerkmal generieren. In beiden Fällen ist das Ziel, dass sich die Nutzer mit dem Ort und seinem Image identifizieren können, beispielsweise mit Architektur-Ikonen oder in Zusammenarbeit mit renommierten Architekturbüros.

Die Immobilie als Plattform

In neuen Vertriebsmodellen dient die zukünftige Bürofläche als Plattform, auf der sich der Nutzer verwirklichen kann. Er kann Ideen entwickeln, die sein Kerngeschäft fördern, und sie frühzeitig in die Gebäudeplanung einbringen. Die Praxis zeigt, dass das für den Mieter einen enormen Mehrwert darstellt: Die Bereitstellung der Bürofläche wird verknüpft mit der Realisierung einer maßgeschneiderten Arbeitswelt.

In diesem ganzheitlichen Ansatz steht ein Planungs- und Umsetzungsteam dem Eigentümer zur Verfügung, das als zusätzliches Serviceangebot den individuellen Bedarf des Mieters auf der Fläche umsetzt. Diese nahtlose Schnittstelle zwischen Eigentümer und Nutzer - seamless integration - bietet alles aus einer Hand, die Vorteile nur minimaler Reibungsverluste und dadurch Kosteneinsparungen auf beiden Seiten.

Beispielsweise im Palais an der Oper unterstützten die Planer und Berater von Modal M die Eigentümerin in der Mieterakquisition, wodurch ein Mietvertrag mit der Ankermieterin DLA Piper erfolgreich verhandelt und abgeschlossen werden konnte. Für die Neuausrichtung des 2012 fertiggestellten Palais' auf die hohen Anforderungen einer großflächigen, zusammenhängenden Büronutzung der Mieterin reorganisierte das Unternehmen die Büroflächenstruktur und damit Gebäudeerschließung sowie Brandschutzkonzept. Diese seamless integration bietet einen deutlichen Mehrwert für Eigentümer wie für Nutzer.

Verständnis für räumliche Gegebenheiten

Da das zu vermarktende Produkt noch nicht in Realis zur Verfügung steht, muss die Überzeugungsarbeit vorab gesamthaft mit planerischen Mitteln geleistet werden. Denn bei New Development hat das projektierte Bauvorhaben beispielsweise einen Fertigstellungstermin in zwei Jahren. Und auch beim Redevelopment einer Bestandsimmobilie werden die baulichen Eingriffe und der eigentliche Ausbau erst nach der Kauf-/ Mietentscheidung eines Nutzers begonnen.

Das Vermarktungskonzept muss dem Interessenten ein Verständnis für die räumlichen Gegebenheiten und Funktionalitäten als Grundlage für rationale Entscheidungen bieten. Gleichzeitig schafft es ein Gefühl für den Ort und die Situation.

Dafür stehen vielfältige Darstellungsmittel - sowohl analoge als auch digitale - zur Verfügung: Machbarkeitsdarstellungen im Grundriss (Konzept- und Belegungsplanungen), Materialbeschreibungen und greifbare Handmuster, dreidimensionale Skizzen und Perspektiven, Modelle, fotorealistische Renderings, bewegte Visualisierungen und Filme.

Um sich mit Auftraggebern und international aufgestellten Kunden auszutauschen, bietet das Internet die inzwischen schon klassisch zu nennenden Kommunikationsformen und Plattformen, mit all ihren darstellenden und multimedialen Möglichkeiten und Reichweiten. Die Information potenzieller Mieter über Newsletter bleibt ebenfalls als Online-Marketingmittel aktuell.

Den Raum in eigener Regie zu erleben, ermöglicht erst die virtuelle Realität: Künftig werden potenzielle Mieter und Käufer nicht nur über den Namen und individuelle Konzepte emotional angesprochen, sondern ebenso über virtuelle Erlebnisse. Dank rechnererzeugter Welten, kurz Virtual Reality (VR), können Interessenten die Immobilie bereits betreten, lange bevor ihr Grundstein gelegt ist. Die neue Technik wird das Immobilienmarketing verändern.

Live-Erlebnis durch Datenbrillen

Datenbrillen erlauben das Live-Erlebnis der Immobilie: Hochauflösende Brillen und Bildschirme ermöglichen Interessenten, durch ein neues Bürogebäude zu laufen, ohne dass dieses existiert. Sie können räumliche Dimensionen einschätzen, Perspektiven wechseln, Ausstattungselemente wie Trennwände und Oberflächen anpassen und gleich individualisiert die Wirkung auf den Raum sehen. Analog zum Konfigurator beim Autokauf ermöglichen die technischen Möglichkeiten einen Bürokonfigurator in Echtzeit. Über Dronenfotos lassen sich sogar die realen, künftigen Ausblicke simulieren.

Unternehmen, die im Marketing auf virtuelle Realität setzen, profitieren als Early Adopter von zusätzlicher Aufmerksamkeit. VR-Anwendungen stärken das Image mit Blick auf Innovationskraft und Digitalisierungsgrad. Wer heute investiert, kann seinen Kunden etwas geben, was ihnen derzeit noch selten angeboten wird. So zahlt sich die Investition in VR durch den Unterhaltungswert zusätzlich beim Klienten aus. Die neue Technologie ist daher ein nützlicher Baustein, mithilfe dessen der Kunde ein räumliches Verständnis entwickelt und damit eine zusätzliche rationale Entscheidungsgrundlage erhält.

Trotz digitaler Medien haben gedruckte Marketingmaterialien wie Prospekte, das klassische Exposé oder Bautafeln und Fassadenwerbung noch nicht an Stellenwert eingebüßt. Sie sind nach wie vor wichtige Werkzeuge in der Kundenberatung. Ein durchgehendes Branding dient der emotionalen Ansprache und ist Ausdruck von Wertigkeit und Wirkung der Immobilie.

Eine Marketing-Lounge als physische Manifestation des Brandings ist für viele Eigentümer mittlerweile unabdingbar. Sie spielt eine zentrale Rolle als reale Projektplattform die Begegnungsstätte zwischen Interessent, Entwickler, Vertrieb und Planer.

Um eine Immobilie erlebbar zu machen, die teilweise nicht einmal als Rohbau existiert, funktioniert die Marketing-Lounge als dreimensionales Moodboard: Dabei muss sie mitnichten ein Abbild des projektierten Gebäudes darstellen und nimmt nicht einen Musterausbau des Büros vorweg; sondern nach der Modal-M-Philosophie wird ein inszenierter Ort kreiert, der Atmosphäre schafft und die Identität der künftigen Immobilie räumlich und taktil umsetzt.

Marketing-Lounge als Plattform

Als Raumcollage vermittelt die Marketing-Lounge das Farb- und Materialkonzept, haptische Oberflächenqualitäten und die Wertigkeit des Objekts. Das Experience Design vor Ort spricht die Interessenten auch emotional an, sodass sie ein Gefühl für das geplante Bürogebäude entwickeln, das ihnen die Entscheidung dafür erleichtert.

Die exponierte Lage, die große Historie des Palais' an der Oper sowie der Anspruch von Nutzern und Eigentümerin verpflichteten zu einem besonderen Umgang in der Vermarktung. In diesem Spannungsfeld konzeptionierte und realisierte Modal M die Marketing Suite vorab in der laufenden Baustelle als Ort, an dem der herausragende Charakter der Immobilie und seine Möglichkeiten im Mieterausbau dargestellt werden. Ziel war es hier, dem historischen Kontext der Immobilie gerecht zu werden und einen emotionalen Bezug des Besuchers zum Gebäude aufzubauen. Da die größten Teile des Gebäudes als Neubau hinter historischen Fassaden realisiert wurden, situierte das Unternehmen die Lounge im historischen Trakt des Hauses, umgeben von freigelegten Ziegelwänden mit Blick auf die Oper.

Anders der Ansatz für die Marketing-Lounge der Bavaria Towers: Hier entstand ein Projektbüro mit Immobilienvermarktungs- und Veranstaltungsfläche in direkter Nachbarschaft und mit Ausblick auf die Baustelle, eine Art neutrale Besucherplattform. Der Projektbezug wird hier differenziert her gestellt: Zum einen kann man von ihr aus den entstehenden Hochhäusern beim Wachsen zusehen. Zum Anderen bietet man die Gelegenheit, durch den Einsatz von Virtual Reality einen simulierten Gang durch das Gebäude vorweg zu nehmen.

Materialräume und Musterbauten für Haptik

Die Hofstatt ist mit rund 43000 Quadratmetern Geschoßfläche in bester Innenstadtlage eines der bedeutendsten Stadtentwicklungsprojekte im Zentrum Münchens. In einem Seitengebäude entwickelte Modal M die Marketinglounge als Vertriebsplattform über drei Etagen. Sie diente dem Vermarktungsteam als Showroom für Präsentationen und Gespräche mit den künftigen Mietern der Büro- und Handelsflächen sowie den Käufern der Wohnungen. Multimediaflächen zeigten digital Vergangenheit und Zukunft des Objektes. Die reale Materialisierung ließ sich zugleich durch eine große Fensterfront zur Baustelle beobachten. Materialräume und Musterausbauten ermöglichten ein haptisches Erleben der Ausbauqualitäten. Ein Konferenztisch und Loungemöbel schafften für jede Gesprächssituation die akkurate Atmosphäre.

Das erfolgreiche Gebäude entsteht durch seriöse, planerische Auseinandersetzung mit den Anforderungen und Bedürfnissen seiner künftigen Nutzer. Eine nutzerzentrierte Immobilienentwicklung setzt ein tiefgreifendes Verständnis für aktuelle und zukünftige Arbeitswelten von Unternehmen mit deren räumlichen sowie technischen Implikationen auf die Immobilie und deren Vermarktung voraus:

Die Analyse der Gebäudeparameter, die bereits zur Verfügung stehen, tragen ebenso hierzu bei wie die Identifikation von Alleinstellungsmerkmalen und das Herausarbeiten des Hauscharakters. Daraus lässt sich ein individuelles Vermarktungskonzept entwickeln, das ein ökonomisch sinnvolles Budget berücksichtigt. Für die vom Eigentümer oder Projektentwickler identifizierte Zielgruppe müssen die passenden analogen und digitalen Tools zur Kundenansprache, die sich an den potenziellen Nutzern orientieren, gewählt und ganzheitlich umgesetzt werden. Ist das differenzierte Image des Projekts aufgebaut und durchgängig über alle Medien hinweg kommuniziert, unterstützt die Pflege des Images über die Vermarktungsphase hinaus die dauerhafte Wertschöpfung für den Eigentümer und Mieter.

Der Autor Malte Tschörtner Geschäftsführer, MODAL M GmbH, München

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