Bausparen und Bausparkassen 2017

Wohnen im Eigentum fördern

Reinhard Klein
Foto: Bausparkasse Schwäbisch Hall

Weiter zur Miete leben oder doch den Schritt in die eigenen vier Wände wagen? Eine knifflige Frage, die derzeit viele Deutsche umtreiben dürfte. Glaubt man einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, so offenbart sich der Vorteil der selbst genutzten Immobilie besonders deutlich beim Vergleich der Wohnkosten: Diese liegen für Eigentümer durchschnittlich 30 Prozent unter denen von Mietern. Ein signifikanter Unterschied, der sich vor allem aus den infolge der anhaltenden Niedrigzinsen stark gesunkenen Finanzierungskosten beim Eigentumserwerb speist. Dass die Wohneigentumsquote hierzulande dennoch unverändert niedrig ist, hängt nach Ansicht des Autors unter anderem mit den vergleichsweise hohen Nebenkosten beim Kauf zusammen. Beim Abbau dieser Hindernisse sieht er die Politik in der Pflicht. Red.

Ob Mieter zu Eigentümern werden, ist meist eine Frage der Kosten. Die Mietkosten sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen, vor allem in Großstädten und Ballungsräumen. So stiegen die Mieten im Zeitraum von 2005 bis 2016 in den Top-7-Städten - mit Ausnahme von Hamburg - um mindestens zehn Prozent, in Berlin sogar um 20 Prozent. Bundesweit haben die Mieten seit 2010 im Durchschnitt um rund zehn Prozent zugelegt. Das zeigen Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in einer Studie im Auftrag der Schwäbisch Hall-Stiftung "Bauen, Wohnen, Leben".

Zinsentwicklung begünstigt Wohneigentümer

Trotz des vielerorts vorherrschenden Eindrucks, dass die Immobilienpreise davongaloppieren, entwickelten sich die Wohnkosten für Selbstnutzer ganz anders. Diese setzen sich zusammen aus dem Kaufpreis, den Finanzierungskosten, dem Eigenkapitaleinsatz und den Erwerbsnebenkosten. Beim Vergleich der Wohnkosten von Mietern mit denen von Selbstnutzern stellte das IW fest, dass die Kosten der Eigentümer etwa 30 Prozent unter denen der Mieter liegen. Zwar fällt dieser Kostenvorteil regional unterschiedlich aus, er besteht jedoch bundesweit. Die Ursache für den Vorteil des Wohneigentums ist die Zinsentwicklung. Die Finanzierungskosten sind stärker gesunken, als die Mieten gestiegen sind.

Berechnungen des IW belegen, dass die Zinsen schon sehr deutlich steigen müssten, um den Kostenvorteil der Käufer gegenüber den Mietern aufzuzehren. Erst bei einem Zinsanstieg auf vier Prozent würde der Vorteil der Wohnkosten zugunsten der Mieter umschlagen. Eine solche Entwicklung erscheint in den kommenden Jahren unwahrscheinlich. Für die Verbraucher bleibt der Erwerb von Wohneigentum also auf absehbare Zeit die kostengünstigere Alternative zum Mieten.

Selbst genutzte Immobilie als Altersvorsorge

Nicht nur die niedrigen Zinsen sprechen für das Wohneigentum, sondern auch die Notwendigkeit, stärker für das Alter vorzusorgen. Auch dort hat die Zins entwicklung die Rahmenbedingungen grundsätzlich verändert. Weil sichere Anlagen wie das Sparbuch oder das Tagesgeldkonto kaum noch Rendite ab werfen und eine Mehrheit der Deutschen risikoreichere Anlagen wie Aktien weiterhin scheut, gehen die Investitionen vermehrt in Sachwerte. Dabei steht das Wohneigentum mit 53 Prozent mit deutlichem Abstand an erster Stelle auf der Beliebtheitsskala - Tendenz steigend.

Deshalb rücken Immobilien immer stärker in den Fokus der Vorsorgesparer. Die lastenfreie Eigentumsimmobilie entspricht für die Bürger einer Auszahlung aus einer Rentenversicherung. Dies hat das Forschungsinstitut Empirica bereits zu Beginn der Zinskrise ermittelt. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts haben Wohneigentümer im Ruhestand durch diese vermiedene Miete monatlich 599 Euro mehr zur Verfügung als Mieter.

Höhere Sparneigung bei Eigentümern

Hinzu kommt, dass Wohneigentümer überdurchschnittlich viel sparen. Erhebungen der Europäischen Zentralbank zeigen, dass Haushalte mit Eigentum mehr Geldvermögen haben als vergleichbare Mieterhaushalte. Eigentümer verzichten teilweise auf Konsum, solange sie den Immobilienkredit tilgen und behalten diese Gewohnheit auch später bei. Grundsätzlich hat die Mehrheit der Deutschen eine positive Einstellung zum Wohneigentum. Aktuelle Umfragen besagen, dass sich drei Viertel aller Mieter wünschen, irgendwann einmal Wohneigentum zu erwerben.

Auch unter sozialpolitischen Gesichtspunkten wirkt sich die Wohneigentumsbildung positiv aus: 62 Prozent der Familien mit Kindern besitzen Eigentum. Besonders interessant ist, dass ein Drittel der Familien mit Migrationshintergrund und im Haushalt lebenden Kindern Wohneigentum erworben haben. Der Wunsch nach Wohneigentum löst Spar- und Investitionsprozesse aus, die in eingeschwungenem Zustand einen wesentlichen Beitrag zur Wohnungsversorgung leisten. Diese Effekte sorgten 2015 dafür, dass in Deutschland durch Wohneigentumsbildung bundesweit 450 000 Mietwohnungen freigemacht wurden. Wohneigentum unterstützt zudem neben der Wohnungsversorgung die Stabilität in den Städten und Gemeinden.

Stagnierende Wohneigentumsquote

Trotz dieser zahlreichen Gründe für das Wohneigentum rangiert Deutschland bei der Wohneigentumsquote im europäischen Vergleich auf den hinteren Rängen. Dies betrifft alle Einkommensgruppen. Betrachtet man die Altersklassen, ist Wohneigentum sehr unterschiedlich verteilt. Während unter den über 65-Jährigen mehr als die Hälfte in den eigenen vier Wänden wohnt, sind es bei den 25- bis 34-Jährigen weniger als ein Fünftel. Seit 2005 ist die Wohneigentumsquote unter der älteren Bevölkerung gestiegen, bei jüngeren Haushalten unter 45 Jahren dagegen zurückgegangen.

Als eine der Ursachen für diese Entwicklung hat das IW ausgemacht, dass es zu wenig Neubauten gibt. 2016 wurden rund 300 000 Wohnungen neu erstellt, bei einem Bedarf von zirka 400 000 Wohnungen. Ein wichtiger Grund dafür ist laut IW, dass die Kommunen zu wenig Bauland ausweisen. Seit 2010 haben die verkauften Flächen in den drei größten deutschen Städten Berlin, Hamburg und München kaum zugenommen oder sind sogar zurückgegangen. Nötig wäre die Erschließung ganz neuer Wohnge biete und Stadtteile.

Hohe Erwerbsnebenkosten

Ein weiterer Aspekt sind die gestiegenen Anforderungen an das Eigenkapital der Käufer. Die von den Banken üblicherweise nicht finanzierten Nebenkosten wie Grundbuch- und Notargebühren, Maklerkosten sowie die Grunderwerbsteuer sind in Deutschland im internationalen Vergleich hoch und teilweise in den vergangenen Jahren noch zusätzlich gestiegen. Dies betrifft insbesondere die Grunderwerbsteuer. Mit Ausnahme von Bayern und Sachsen haben alle Bundesländer diese Steuer in den vergangenen Jahren erhöht, sie erreicht in der Spitze 6,5 Prozent (in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Schleswig-Holstein). Inklusive aller Nebenkosten beträgt die zusätzliche Belastung schnell zehn bis fünfzehn Prozent.

Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie hat die Eigenkapitalanforderungen weiter verschärft und im vergangenen Jahr zu einem spürbaren Rückgang bei der Kreditvergabe gesorgt. Es bleibt zu hoffen, dass der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf die Richtlinie entschärft und Kredite gerade für junge Familien, Renovierungen und altersgerechte Umbauten wieder erleichtert. Doch parallel denkt der Gesetzgeber über weitere Regulierungen nach, wie eine Begrenzung der Gesamtverschuldung oder Vorgaben zur Tilgung.

Optionen zum Abbau der Hindernisse

Wer die Zugangs- und Finanzierungshürden abbauen will, sollte zwei Optionen prüfen. Option eins: Die Nebenkosten, insbesondere die Grunderwerbsteuer, senken. Eine Möglichkeit wäre, dass der Staat für bestimmte Gruppen, beispielsweise für Geringverdiener und Familien mit geringem Einkommen, die Steuer erlässt oder senkt. Denkbar wäre auch, die Grunderwerbsteuer zeitlich zu strecken, damit sie die Käufer nicht genau dann belastet, wenn die Immobilie gerade gekauft und der Hauptteil der Nebenkosten bewältigt werden muss. Dies würde den Kapitalbedarf der Erwerberhaushalte deutlich senken, gleichzeitig die Haushalte der Bundesländer aber nicht belasten.

Option zwei betrifft den Eigenkapitalaufbau: Für die gezielte Eigenkapitalbildung und sichere Entschuldung kommt dem Bausparen eine Schlüsselrolle zu. 2015 wurden rund 37 Milliarden Euro an Bauspargeldern in Neubau, Modernisierung und Entschuldung gelenkt sowie 28 Milliarden Euro Bausparbeiträge eingesammelt. Die Einkommens- und Sparobergrenzen, die für die Gewährung der Wohnungsbauprämie beziehungsweise der Arbeitgeber-Sparzulage gelten, stammen allerdings aus den frühen neunziger Jahren und müssten dringend angepasst werden.

Auch die Wohn-Riester-Förderung ist seit der Einführung 2008 unverändert und nicht mehr zeitgemäß. Eine Anpassung hätte eine Signalwirkung und könnte die durch die niedrigen Zinsen nicht mehr honorierte Eigenkapitalbildung neu anzureizen. Dies würde die Gruppe der Bausparer stärken und hätte einen positiven Effekt sowohl auf die künftige Wohneigentumsbildung als auch auf die Alterssicherungssysteme.

Der Autor Reinhard Klein, Vorsitzender des Vorstands, Bausparkasse Schwäbisch Hall AG, Schwäbisch Hall
Reinhard Klein , Vorstandsvorsitzender , Bausparkasse Schwäbisch Hall AG
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