Wohnungsbaupolitik

Wohnraumversorgung von Flüchtlingen läuft weiter schleppend

Franziska Bensch, Referentin Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn

Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt-, und Raumforschung (BBSR) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) haben eine Studie in Auftrag gegeben, um belastbare Informationen zur Wohnraumversorgung von Flüchtlingen zu gewinnen. Das Ziel der Studie war es, die Übergangsprozesse von Flüchtlingen auf den regulären Wohnungsmarkt zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurde im Rahmen von zehn Fallstudien die Unterbringung von Flüchtlingen mit laufendem Asylverfahren und mit Schutzstatus untersucht. Besondere Angebotsengpässe bestehen bei kleinen und sehr großen Wohnungen. Während städtische Wohnungsgesellschaften häufig Flüchtlingen Wohnungen zur Verfügung stellten, seien Genossenschaften hier weniger aktiv. Wenig überraschend: In den Fallstudienstädten mit angespannten Wohnungsmärkten leben Flüchtlinge mit Schutzstatus häufig länger in Not- oder Gemeinschaftsunterkünften mit einer geringen Wohnqualität. Lösungsvorschläge sind unter anderem die Umwandlung von Nichtwohnimmobilien oder die Nutzung modularer Bauten. Red.

Die Zahl der Asylbewerber und Flüchtlinge ist in den vergangenen Jahren aufgrund von Bürgerkriegen, politischen Krisen und der wirtschaftlichen Perspektivlosigkeit in den Heimatländern rapide gestiegen. Aufgrund des großen Engagements und der gemeinschaftlichen Zusammenarbeit aller zuständigen Akteure konnte den Engpässen in der Erstversorgung und vorläufigen Unterbringung von Flüchtlingen weitestgehend begegnet werden. Allerdings gewinnt nun der Übergang auf den regulären Wohnungsmarkt zunehmend an Bedeutung.

Im Folgenden werden die Ergebnisse einer Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt-, und Raumforschung (BBSR) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) vorgestellt.

Anerkannte Flüchtlinge haben im Kontext der Wohnsitzregelung gemäß § 12 a Aufenthaltsgesetz einen freien Zugang zum Wohnungsmarkt. Ein Großteil der Flüchtlinge wechselt nach der Anerkennung, sofern sie sozialleistungsberechtigt sind, aus dem Asylbewerberleistungsgesetz in den Rechtskreis des Sozialgesetzbuch (SGB II/SGB XII). Demzufolge suchen viele Flüchtlinge Wohnraum, der den Angemessenheitskriterien der Kosten der Unterkunft entspricht. In den untersuchten Fallstudienstädten wurde deutlich, dass, unabhängig von der Situation auf dem Wohnungsmarkt, Engpässe und eine geringe Fluktuation im Niedrigpreissegment bestehen. Trotz der Aufforderung der Kommunen und Landkreise sich eine Wohnung zu suchen, verbleibt derzeit ein beträchtlicher Anteil von auszugsberechtigten Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften, da sie häufig keine Wohnung finden (siehe Abbildung).

Aufgrund des Bezugs von Sozialleistungen, beschränkt sich die Nachfrage vieler Flüchtlinge mit Schutzstatus vor allem auf Quartiere mit Wohnungen im Niedrigpreissegment. Falls sich diese Wohnungen in wenigen Quartieren der Stadt konzentrieren, könnten die sozialräumlichen Ungleichheiten dadurch verstärkt werden. Ein weiteres Problem ist die fehlende Flächenverfügbarkeit für Neubauten sowie die zum Teil bestehenden Widerstände der vorhandenen Bewohnerschaft in den besseren Lagen der Städte. Die Untersuchungen zeigen jedoch auch, dass viele Flüchtlinge Wohnraum in der Nähe der Gemeinschaftsunterkünfte nachfragen. Zudem hat sich gezeigt, dass Familien in Gebäuden ohne Aufzug häufig ungern in den oberen Geschossen wohnen möchten.

Besondere Angebotsengpässe bestehen bei kleinen und sehr großen Wohnungen. In den Fallstudienstädten fehlen vor allem Singlewohnungen und Wohnungen für Großfamilien. Dies wird unter anderem dadurch bedingt, dass die kommunalen Bestände häufig aus Zwei- bis Drei-Zimmerwohnungen bestehen. Einige allein reisende Männer schließen sich daher zu Wohngemeinschaften zusammen, um aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen zu können. Dies gilt jedoch nur für eine Teilmenge, da viele alleinstehende Flüchtlinge eher den Wunsch haben allein zu wohnen. Zudem wird dieses Modell in einigen Fallstudienstädten von den Vermietern nicht akzeptiert, da sie die Art des Mietvertrags zunächst klären müssen. Falls ein einzelner Bewohner die Rolle des Hauptmieters übernimmt, muss er bei Auszug eines Mitbewohners die Mietschulden übernehmen. Die Vermieter hingegen möchten häufig keine Einzelmietverträge abschließen, sodass die Anmietung durch Wohngemeinschaften häufig nicht zustande kommt.

WG-Anmietungen bleiben schwierig

Die kommunalen Wohnungsunternehmen sind ein wichtiger Partner bei der Wohnraumversorgung von Flüchtlingen. Dies haben die Ergebnisse aus den Fallstudien gezeigt. Allerdings hängt das Engagement zum Großteil von den verfügbaren Beständen ab. Die kommunalen Wohnungsunternehmen auf angespannten Wohnungsmärkten hatten bereits vor dem starken Zuzug lange Wartelisten für die Belegung von Wohnraum. Diese Tendenz wurde durch den Zuzug von Flüchtlingen verstärkt. In den Städten mit entspannten Wohnungsmärkten spielen die kommunalen Wohnungsunternehmen hingegen eine Schlüsselrolle bei der Wohnraumversorgung von Flüchtlingen, da die vorhandenen Leerstandsreserven genutzt werden. Darüber hinaus engagieren sich einige kommunale Wohnungsunternehmen ebenfalls bei der Errichtung von Gemeinschaftsunterkünften. Eine Vielzahl der Fallstudienstädte mietet bereits während des Asylverfahrens Wohnraum von privaten Vermietern an. Zudem haben private Eigentümer häufig ungenutzten Wohnraum in unterschiedlichen Wohnlagen aktiviert. Die Vermietung dieser Wohnungen erfolgt zum Teil unter dem ortsüblichen Mietniveau und wurde häufig durch ehrenamtliches Engagement von privaten Vermittlern erschlossen.

Privatpersonen suchen im Rahmen ihres ehrenamtlichen Engagements aktiv nach Wohnraum für Flüchtlinge und sprechen private Vermieter an. Die Flüchtlinge haben demzufolge auch von nicht zu erwartenden Marktzugängen profitiert. Wohnungsgenossenschaften beteiligen sich hingegen nur in wenigen Fallstudienstädten an der Wohnraumversorgung von Flüchtlingen. Zu den benannten Gründen zählen unter anderem die hohe Nachfrage der Mitglieder und ablehnende Abstimmungsergebnisse auf Mitgliederversammlungen. Es gibt aber auch durchaus positive Beispiele: Danach plant die Wohnungsgenossenschaft in der Stadt Neubrandenburg hingegen fünf Prozent ihres Bestandes an Flüchtlinge zu vermieten. Die Genossenschaftsanteile werden in diesem Fall von dem Jobcenter übernommen.

"Schwarzmarkt" für Wohnraumvermittlung

Die Situation des Wohnungsmarktes und die Rahmenbedingungen der Kommunen und Landkreise beeinflussen den Übergang auf den regulären Wohnungsmarkt erheblich. In den Fallstudienstädten mit angespannten Wohnungsmärkten leben Flüchtlinge mit Schutzstatus häufig länger in Not- oder Gemeinschaftsunterkünften mit einer geringen Wohnqualität. Der Übergang auf den regulären Wohnungsmarkt erfolgt demzufolge nur langsam. Zudem sind die Fluktuationsreserven in diesen Kommunen weitestgehend aufgebraucht, sodass sich in einigen Kommunen ein "Schwarzmarkt" für die Vermittlung von Wohnraum ergeben hat. Den Flüchtlingen wird in diesen Fällen eine Vermittlung von Wohnraum gegen Bezahlung angeboten. Viele ehrenamtliche Personen, aber auch Wohnungsunternehmen, engagieren sich bereits, diese Praktiken aufzudecken. In den Kommunen und Landkreisen mit entspannten Wohnungsmärkten hingegen gelingt die Integration in den regulären Wohnungsmarkt weitestgehend. Allerdings mangelt es häufig an passenden Arbeits- und Ausbildungsplätzen sowie einer guten ÖPNV-Anbindung. Die Rahmenbedingungen müssten demzufolge verbessert werden, um die Potenziale auf entspannten Wohnungsmärkten nutzen zu können. Die nachhaltige Integration in die Gesellschaft geht weit über die ausschließliche Wohnraumversorgung hinaus.

Insgesamt muss konstatiert werden, dass einer Vielzahl von Flüchtlingen der Übergang auf den regulären Wohnungsmarkt noch nicht gelungen ist. Daher wurden im Rahmen der Studie konkrete Handlungsempfehlungen formuliert, die den Kommunen und weiteren Akteuren zukünftig helfen sollen, sofern die entsprechenden Aktivitäten nicht bereits stattfinden und entsprechende Strukturen aufgebaut sind.

Übergang meist noch nicht gelungen

Die Ergebnisse der Studie unterstützen die bereits bekannten Forderungen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen. Vor allem auf angespannten Wohnungsmärkten müssen alle Möglichkeiten zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ausgeschöpft werden. Die Kommunen können, neben dem Neubau von bezahlbarem Wohnraum, ebenfalls Belegungsrechte ankaufen oder Quoten für belegungsgebundene Wohnungen bei Neubauvorhaben festlegen. Weitere Maßnahmen sind unter anderem die Umwandlung von Nichtwohnimmobilien oder die Nutzung modularer Bauten. Diese können schnell errichtet und nachträglich zu Sozialwohnungen umgebaut werden, da die Grundrisse flexibel geplant werden können. Eine weitere Empfehlung ist der Aufbau von lokalen Bündnissen in den Kommunen und Landkreisen. Eine Studie des BBSR verdeutlichte bereits den Mehrwert dieser wohnungspolitischen Dialogprozesse. Die Unterstützung der Flüchtlinge bei der Wohnungssuche ist von zentraler Bedeutung, da der Übergang auf den regulären Wohnungsmarkt ohne Unterstützung häufig nicht gelingt. Innerhalb der kommunalen Verwaltungen sollten daher Strukturen aufgebaut werden, die Flüchtlinge bei der Wohnraumsuche unterstützen.

Alternativ können ebenfalls soziale Träger mit der Vermittlung beauftragt werden. Darüber hinaus ist es wichtig Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen, die auch über den Mietvertragsabschluss hinaus kontaktiert werden können. Dies ist vor allem für die Anmietung von privatem Wohnraum von nicht professionellen Vermietern von hoher Bedeutung, da diese aufgrund von Ängsten häufig nicht an Flüchtlinge vermieten. Darüber hinaus wäre es hilfreich einen Mustermietvertrag für Wohngemeinschaften zu erstellen. Für die Akzeptanz der Vermietung an mehrere Flüchtlinge, die keiner Bedarfsgemeinschaft angehören, kann dies sehr hilfreich sein.

Weitere Ergebnisse und Handlungsempfehlungen der Studie "Integration von Flüchtlingen in den regulären Wohnungsmarkt" können Sie der BBSR-Online-Publikation entnehmen, die kostenfrei auf der BBSR Homepage heruntergeladen werden kann.

Die Autorin Franziska Bensch, Referentin Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn

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