WOHNEN IN DEUTSCHLAND

DIE ZUKUNFT GESTALTEN - STÄDTEBAUFÖRDERUNG IN SACHSEN-ANHALT

Thomas Webel Quelle: Dirk Mahler, MLV LSA

Nach Angaben des Statistischen Landesamtes lebten in Sachsen-Anhalt im Jahr 2015 rund 2,245 Millionen Menschen. Der Einwohnerschwund wird sich nach aktuellen Prognosen zwar deutlich abschwächen, dennoch dürfte die Bevölkerung bis zum Jahr 2030 auf weniger als zwei Millionen Menschen schrumpfen. Für die Städte und Gemeinden impliziert diese insbesondere vom demografischen Wandel getriebene Entwicklung vielfältige Herausforderungen, die von der Sicherstellung der Daseinsvorsorge bis hin zur Revitalisierung der Innenstädte reichen. Im folgenden Beitrag erläutert der zuständige Landesminister, wie seine Regierung die betroffenen Kommunen im Rahmen der Städtebauförderung bei diesem Wandel bestmöglich zu unterstützen versucht. Red.

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung steht der Umbau unserer Städte nach wie vor im Mittelpunkt der Stadtentwicklungspolitik des Landes. Sachsen-Anhalt ist vom demografischen Wandel besonders stark betroffen, sodass unsere Städte und Gemeinden auch weiterhin vor enormen Herausforderungen stehen, was den Umbau und die Anpassung der Infrastruktur zur Sicherung der Daseinsvorsorge betrifft. In diesem Anpassungsprozess spielt die Städtebauförderung eine wichtige Rolle. Sie ist zentrales Instrument und dient zugleich als Leitprogramm für die Bündelung mit anderen Fördermöglichkeiten.

Verlagerung des Schwerpunkts

Die Erneuerung der Städte, insbesondere die Aufwertung und Revitalisierung der Innenstädte sowie die Erhaltung historischer Stadtkerne kann nur durch das Zusammenwirken aller städtebaulichen Programme und ihre Flankierung durch europäische Strukturfondsmittel erreicht werden. Dabei sind der Stadtumbau, der städtebauliche Denkmalschutz und die Aktivierung der Stadt- und Ortsteilzentren nach wie vor die Schwerpunkte innerhalb der Städtebauförderung, um lokale und regionale Identitäten zu sichern.

Während sich der Stadtumbau zunächst auf die Reduzierung des zur Jahrtausendwende immensen Wohnungsleerstandes konzentrierte, verlagerte sich der Schwerpunkt in den zurückliegenden zehn Jahren hin zur städtebaulichen Aufwertung ganzer Quartiere, insbesondere aber der Innenstädte. Dabei kam sowohl der Gebäudesanierung als auch der Erneuerung und Weiterentwicklung der städtischen Infrastruktur eine besondere Rolle zu. Das Stadtumbauprogramm bildet dabei in Verbindung mit Mitteln der Europäischen Union, hier des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), die finanzielle Grundlage im Hinblick auf die Unterstützung von Städten und Gemeinden. In der gegenwärtigen Förderperiode geht es aus städtebaulicher Sicht um Schwerpunkte wie die Entwicklung von innerstädtischen Brachflächen, energetische Maßnahmen im Sinne der CO2-Minimierung und des Klimaschutzes sowie um die Stärkung der den Innenstädten obliegenden Funktionen.

Städte und Gemeinden sind gehalten, ihre Entwicklung zu analysieren und im Rahmen integrierter Stadtentwicklungskonzepte Schwerpunkte und zukünftige Maßnahmen festzuschreiben. Dabei bedarf es auf der Grundlage des jeweiligen Umsetzungsstandes sowie anhand sich verändernder Rahmenbedingungen einer stetigen Fortschreibung. Von Beginn an sollten hier alle Akteure eines Stadtteils/städtischen Quartiers verstärkt in die konzeptionelle Arbeit, und zwar bereits bei der Vorbereitung von Projekten einbezogen werden. Dazu gehören neben Wohnungsunternehmen auch die privaten Eigentümer von Wohnraum.

Das Land Sachsen-Anhalt verfügt über eine Vielzahl historisch überkommener Stadtgrundrisse. Diese wollen wir erhalten. Mit dem Programm "Städtebaulicher Denkmalschutz" verfügen wir über ein wirksames Instrument, Städte und Gemeinden im Hinblick auf die Erhaltung und Modernisierung von Wohngebäuden, insbesondere aber stadtbildprägenden Gebäuden, zu unterstützen. Daneben dienen die verfügbaren Mittel auch der Erhaltung des historischen Straßenraums sowie von Plätzen, aber zum Beispiel auch von historischen Parkanlagen. Ein in diesem Zusammenhang immer wieder besonders beeindruckendes Beispiel ist die Erhaltung, gleichzeitig aber auch Weiterentwicklung, der historischen Altstadt von Quedlinburg, die seit 1994 als Welterbe unter dem Schutz der UNESCO steht.

In vielen Kommunen ist ein Funktionsverlust der zentralen Versorgungsbereiche zu beobachten, insbesondere durch gewerblichen Leerstand. Betroffen davon sind Innenstadt und Stadtteilzentren, aber auch Grund- und Nahversorgungszentren von kleineren Gemeinden gleichermaßen. Im Rahmen des Programms "Aktive Stadt- und Ortsteilzentren" können Maßnahmen gefördert werden, welche der Erhaltung und Entwicklung dieser Bereiche als Standorte für Wirtschaft, Kultur sowie als Orte zum Wohnen, Arbeiten und Leben dienen.

Geförderte Maßnahmen gegen gewerblichen Leerstand

Ein weiteres Instrument der Städtebauförderung ist die Einrichtung eines Verfügungsfonds. Über diesen können Betroffene wie Wirtschaftsunternehmen, Einzelhändler, Immobilien- und Standortgemeinschaften sowie Private sich an der Stadtentwicklung auch finanziell beteiligen. Bis zu 50 Prozent des Fonds können aus Städtebaufördermitteln finanziert werden. Über die Verwendung der Fondsmittel entscheidet ein lokales Gremium. Gerade zur Belebung von Geschäftsstraßen ist dies ein gutes Instrument für Anlieger, sich aktiv einzubringen und die städtebauliche Entwicklung mit zu gestalten. Der demografische Wandel hat Folgen für alle Dimensionen des Handelns. Es geht dabei um Fragen der Stadtstruktur und des Stadtbildes, wenn die kommunalen Abrisse von leerstehenden Wohngebäuden auch in Innenstädten oder die Nachnutzungspotenziale von früheren Wohnungsbauflächen in den Plattenbaugebieten betrachtet werden. Der Wohnungsbau trägt erheblich zur Lebensqualität der Städte und Kommunen bei und spielt somit auch für die Zukunft der Städte eine wichtige Rolle. Das Angebot von Wohnraum, wohnungsnaher Infrastruktur und Dienstleistungen muss sich aufgrund der demografischen Entwicklung noch mehr in qualitativer Hinsicht verändern. Das betrifft insbesondere altengerechte, betreute und barrierefreie Wohnformen, die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum sowie die wohnungsnahe soziale und kulturelle Infrastruktur.

Auch die Wohnungspolitik beruht in Deutschland auf dem Prinzip der sozialen Marktwirtschaft. Das heißt, die Bereitstellung und Verteilung der Wohnungen erfolgt vorrangig durch das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Staatliche Eingriffe werden dabei nur insoweit vorgenommen, als dass sie zur sozialen Flankierung dieses Markprozesses erforderlich sind. Eine Säule der sozialen Absicherung des Wohnens ist dabei die soziale Wohnraumförderung der Länder.

Ein weitgehend entspannter Markt

In Sachsen-Anhalt dominiert ein weitgehend entspannter Wohnungsmarkt, in dem - abgesehen von möglichen Engpässen in ausgewählten Teilregionen - kein Mangel an preiswertem und bezahlbarem Wohnraum herrscht. Die Mieten sind vergleichsweise moderat. Nach wie vor ist ein Wohnungsüberhang zu verzeichnen. Wir konzentrieren unsere Wohnraumförderung daher schon seit Jahren auf die Förderung im Wohnungsbestand. Hierbei geht es in erster Linie um die zeitgemäße Ertüchtigung, also die energetische Sanierung und altersgerechte Anpassung. Denn die überwiegende Zahl der älteren Menschen wünscht sich möglichst lange ein Verbleiben in der eigenen Wohnung. Hier müssen die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen und Barrieren in der Wohnung selbst sowie wie im Umfeld abgebaut werden. Darüber hinaus sollten alle notwendigen Infrastrukturen wie der öffentliche Personennahverkehr und die tägliche Grundversorgung im näheren Umfeld erreichbar sein.

Vor dem Hintergrund, dass immer mehr alte Menschen alleine leben, spielen auch öffentliche Einrichtungen zum gemeinsamen Zusammensein eine nicht unbedeutende Rolle. Dies kann nur gelingen, wenn Städte und Gemeinden diese zumeist auf ein Stadtquartier zu betrachtende Entwicklung gemeinsam mit den Wohnungsanbietern beraten, planen und umsetzen.

DER AUTOR Thomas Webel, Minister für Landesentwicklung und Verkehr, Land Sachsen-Anhalt, Magdeburg
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