Im Gespräch

"Als aktiver und von der Analyse geprägter Investor bevorzugen wir es, die Wahl zu haben"

Timo Böhm

Die Allianz Gruppe, zu der auch der Asset Manager Pimco gehört, ist einer der größten Covered-Bonds-Investoren der Welt. Der Pfandbrief, der in der internen Qualitätsmatrix ganz oben steht, spielt traditionell eine große Rolle. Allerdings ist der Anteil in den vergangenen Jahren aufgrund der rückläufigen Emissionstätigkeit und der geringen Spreads der Titel zurückgegangen. Die Käufe von Covered Bonds durch die Europäische Zentralbank sieht der Gesprächspartner relativ entspannt, da die Notenbank auch Bonds kauft, die Pimco zu teuer sind. Als aktiver und von eigener intensiver Analyse stark geprägter Asset Manager, hat Pimco gerne die Wahl zwischen unterschiedlichen Covered-Bonds-Regimen. Von den deutschen Emittenten wünscht sich Pimco mehr Namenstitel und dass sie bei der Vergabe von Mandaten darauf stärker Wert legen sollten, dass die Investment Banken sich auch um einen aktiven Handel bemühen. Red.

I&F Welche Bedeutung hat die Assetklasse Covered Bonds für die Allianz Gruppe?

Für die Allianz-Gruppe gehören Covered Bonds ganz klar zu den Kernprodukten in ihren Versicherungsportfolios. Sie bieten hohe Ratings, ausgeprägte Sicherheitselemente sowie relativ gute Liquidität. Insgesamt ist die Allianz sicher einer der größten Investoren in dieser Assetklasse.

I&F Welche Bedeutung hat hierbei der Pfandbrief?

Neben den Benchmarkanleihen bevorzugen viele unserer Anleger die traditionellen deutschen Namenspfandbriefe. Von den Namenstiteln in den Portfolios stammen 95 Prozent aus Deutschland, in der Benchmark liegt der Anteil deutscher Pfandbriefe bei 12 Prozent. In den vergangenen Jahren ist der absolute und prozentuale Anteil von deutschen Pfandbriefen aber insgesamt zurückgegangen. Dies liegt einerseits an der geringen Emissionstätigkeit, aber auch an den geringen Margen der deutschen Produkte.

I&F Nach welchen Kriterien wählen Sie geeignete Titel aus?

Für alle Portfolios werden Benchmarks definiert. Anschließend ermitteln wir, mit welchen Anleihen Alpha - eine überdurchschnittliche Performance - zu generieren ist. Im Rahmen einer umfangreichen Top-Down-Analyse werden entsprechende Bonds mit Value-Potenzial ausgewählt.

I&F Was geht in die Top-Down-Analyse ein?

Als ersten Schritt bewerten wir die rein qualitativen Elemente der unterschiedlichen Covered-Bonds-Gesetze- oder den entsprechenden vertraglichen Rahmen. Dazu gehören unter anderem die Qualität der Regelungen für Insolvenz und Übersicherung, der Treuhänderfunktion, der Ausgestaltung des Asset- und Liability-Managements sowie die Transparenzregelungen. Gerade das Thema Transparenz spielt für uns eine sehr große Rolle. Als nächsten Schritt werfen wir einen kritischen Blick auf die Makroebene, das heißt wir machen uns ein Bild über das jeweilige Länderrisiko. Zuletzt beginnt die Bewertung der jeweiligen Instrumente. Eine wichtige Rolle spielt die Bewertung der Kreditwürdigkeit des Emittenten. Hierzu greifen wir auf die Expertise unserer Kollegen aus dem Credit Research für Banken zurück, die die Bonität des begebenden Instituts beurteilen. Der letzte Schritt ist dann die Bewertung der relativen Preiswürdigkeit des Covered Bonds.

I&F Wo stehen denn die deutschen Pfandbriefe in der "Qualitätsmatrix"?

Traditionell ganz oben.

I&F Wie bewerten Sie die Deckungsmassen der Covered Bonds?

Wir bilden uns eine Meinung über eine Vielzahl von unterschiedlichen Teilaspekten. Dazu gehören selbstverständlich die Bewertung der Qualität der Deckungsmassen, der Laufzeitenstrukturen in der Deckung und den ausstehenden Bonds sowie die Menge und die Qualität der vorgehaltenen Überdeckung. Allerdings ist die Bewertung letztendlich viel stärker von der Bonität des Emittenten und des Staates abhängig als von der Qualität des Pools. Anders ausgedrückt, ein guter Pool bei einem schwachen Emittenten und/oder Staat wird nicht für eine gute Performance sorgen. Auch bei der Bewertung durch die Ratingagenturen haben die beiden Faktoren enorm an Bedeutung gewonnen, während vor 10 Jahren die Qualität des Deckungsstockes häufig den Ausschlag gab, ist es jetzt die Kreditwürdigkeit der emittierenden Bank. Bei der Einschätzung des Emittenten werfen wir auch einen Blick auf das Volumen der unbesicherten Anleihen. Es ist wichtig, dass ein Emittent, im Falle ernsthafter Schwierigkeiten auch über genügend Bail-in-fähige Wertpapiere verfügt. Die Einhaltung von MREL- und TLAC-Regeln ist von großer Bedeutung.

I&F Zum Markt: Wie beurteilen Sie die massiven Käufe von Covered Bonds durch die EZB?

Die Europäische Zentralbank verfolgt mit den Kaufprogrammen für staatliche Titel und Covered Bonds verschiedene Ziele. Auf der einen Seite sollten die Märkte unterstützt und stabilisiert werden und zugleich die aufziehenden Deflationswolken vertrieben werden. Es gibt ja durchaus Anzeichen, dass es dabei erste Erfolge gibt. Damit soll aber auch Wachstum erzeugt werden und Emittenten die Möglichkeit zur günstigeren Refinanzierung gegeben werden. In diesen Punkten müssen die Beweise noch erbracht werden. Für Pimco ist das Programm positiv, da es den Stress aus den Märkten genommen hat und Anlagechancen eröffnet hat. Leider sind die Märkte aber weiterhin risikoscheu und die Geld-/Brief-Spannen sehr hoch.

I&F Klingt alles sehr positiv - gibt es negative Aspekte?

Die starken Spreadverengungen bereiten vielen Investoren, auch vielen unserer Kunden, Probleme, weil sie gewisse Renditen zu erzielen haben. Darüber hinaus sollte die EZB nicht nur rein mechanisch kaufen, sondern - bei guter Marktentwicklung - auch wieder die Käufe reduzieren. Sollte sie weiter an statischen Kaufplänen festhalten, würde sie ein Volumen in Höhe des Neuemissionsangebot des Jahres 2015 aufkaufen, was dem Markt nicht guttun würde.

I&F Haben sich Investoren vom Produkt Covered Bonds verabschiedet?

Aufgrund der niedrigen Zinsen und der geringen Spreads rücken für zahlreiche Kunden auch andere Assetklassen in den Fokus. Ob es sich um einer dauerhafte Entwicklung handelt, bleibt abzuwarten. Die meisten Marktteilnehmer dürften sich dann wieder für das Produkt begeistern, wenn die Zinsen wieder steigen.

I&F Was halten Sie davon, dass Emitttenten bei Neuemissionen die europäischen Zentralbanken bei der Zuteilung von Bonds bevorzugen?

Wir hatten bisher bei der Zuteilung von attraktiven Covered Bonds keinen Grund, uns wirklich zu beklagen. Real Money Investoren wie die Allianz Gruppe haben aber auch, anders als einige andere Investoren, jederzeit die Möglichkeit, andere Bonds wie zum Beispiel europäische Staatsanleihen zu erwerben. Kritischer mag die Situation für Banken sein, deren große Nachfrage vom hohen Bedarf an LCR-fähigen Titeln kommt. Unsere Analysen ergaben, dass bei der Zuteilung von neuen Covered Bonds ungefähr 15 bis 30 Prozent auf die Nachfrage durch das Kaufprogramm der europäischen Notenbanken entfällt. Vermischt mit der Nachfrage aus dem Programm werden häufig die traditionellen Käufe der Notenbanken. Für diese gehören Covered Bonds schon seit sehr vielen Jahren zu einer der wichtigsten Assetklassen. Man muss der EZB auch zugutehalten, dass sie auch "teure" Covered Bonds kauft, die wir nicht anrühren würden.

I&F Die Europäische Kommission arbeitet an einem Harmonisierungskonzept für Covered Bonds - was halten Sie davon?

Als aktiver und von der Analyse geprägter Investor bevorzugen wir es, die Wahl zu haben. Es ist von Vorteil, auf Basis guter Analysen die richtigen Bonds zu kaufen und damit eine überdurchschnittliche Wertentwicklung zu erzielen. Was sinnvoll wäre, sind Minimum-Standards bei den Transparenzregeln. So sollten die Deckungsstockreporte monatlich erscheinen, auch in englischer Sprache verfügbar sein und möglichst zeitnah verfügbar sein. Die Analyse der einzelnen Covered-Bonds-Gesetze oder der vertraglichen Rahmenwerke ist in der Praxis leicht machbar und darüber hinaus auch nicht jedes Jahr neu durchzuführen. Wenn dann aus einem neuen Land erstmals Covered Bonds auf den Markt kommen, dann ist die Einordnung innerhalb der Matrix leicht vorzunehmen.

I&F Im Markt für gedeckte Schuldverschreibungen haben sich neue Strukturen etabliert was halten Sie davon?

Es ist deutlich zu unterscheiden zwischen Pass-Through-Strukturen oder Titeln mit Soft-Bullet-Merkmalen. Was wir nicht so gerne sehen, sind Soft-Bullet-Strukturen, bei denen der Emittent die Option hat, die Fälligkeit der Bonds um zwei bis drei Jahre nach hinten zu verschieben. Für den Investor gut vertretbar sind Ausgestaltungen, bei denen die Fälligkeitstermine nur im Falle eines "Defaults" verschoben werden können. Damit hat der Treuhänder im Falle eines Falles mehr Zeit, das nötige Geld für die Zahlungen an die Investoren zu beschaffen. Salopp gesagt ist es besser, sein Geld später als gar nicht zu bekommen. Auffällig ist bei dem Thema, das gerade die etwas "schwächeren" Emittenten zu solchen Lösungen greifen.

I&F Wie funktionieren Pass-Through-Strukturen?

Solche Varianten sind immer häufiger anzutreffen, einige Emittenten haben auch ihre bestehenden Programme entsprechend umgestaltet. Die Emittenten kriegen in der Regel für diese Titel leichter höhere Ratings. Im Falle von Zahlungsproblemen haben die Emittenten dann die Möglichkeit, die Zahlung bis zu 38 Jahren nach hinten zu verschieben. Kritisch zu sehen sind Umwandlungen von Emissionen mit kürzeren Laufzeiten, da man bei einem in zwei Jahren fälligen Bond unter Umständen bis zu 38 Jahre auf seine Rückzahlung warten muss. Bei Emissionen mit langen Laufzeiten sind solchen Strukturen akzeptabel. Investoren sollten für solche strukturellen Nachteile aber auch eine Prämie erhalten, was im aktuellen Umfeld des "Verkäufermarktes" nur schwer durchsetzbar ist.

I&F In Deutschland wird auch über die Einführung von Fälligkeitsverschiebungen diskutiert, schadet dies dem deutschen Pfandbrief?

Wir können uns gut vorstellen, dass das Konzept verlängerter Laufzeiten auch beim deutschen Pfandbrief Einzug finden wird. Sinnvoll sind Lösungen, die die geordnete Fortführung der Zahlungen im Falle eines Defaults der Bank sicherstellen. Allerdings hat der Pfandbrief ja sehr viele Sicherheitskomponenten, dazu zählt auch, dass immer für mindestens 180 Tage Liquidität vorgehalten werden muss. Es kommt auf die Detaillösungen an und welche wirklichen Vorteile damit verbunden sind. Prinzipiell muss die Einhaltung der versprochenen Zahlungen am festgelegten Termin weiterhin das ultimative Ziel sein.

I&F Sind solche Strukturen eigentlich noch Covered Bonds?

Bei Covered Bonds handelt es sich nicht um einen statischen Begriff. Entscheidend ist, dass es einen soliden Rechtsrahmen und eine funktionierende Aufsicht gibt. Danach geht es eigentlich mehr um Feinheiten. Für uns zählen auch Titel die durch SME-Kredite besichert sind, zum Produktspektrum der gedeckten Schuldverschreibungen.

I&F Zurück zum Pfandbrief - leidet das deutsche Produkt unter dem abnehmenden Volumen?

Bei den Benchmark-Emissionen ist die Allianz Gruppe untergewichtet. Der Grund liegt ganz einfach darin, dass es attraktivere Emissionen im Ausland gibt. Wir sind aber beispielsweise auch bei den französischen Titeln untergewichtet.

I&F Was wünschen Sie sich von den deutschen Pfandbriefemittenten?

Unser Hauptwunsch ist ein größeres Angebot an Namenspfandbriefen. Damit könnten die Pfandbriefbanken ihre traditionelle deutsche Investorenbasis leicht pflegen. Darüber hinaus sollten die Emittenten bei der Mandatsvergabe an die federführenden Banken mehr darauf schauen, ob diese Häuser auch einen aktiven Handel bieten. Es gibt Investmentbanken, die sind ausschließlich bei den Neuemissionen vertreten, kümmern sich hinterher aber nicht um den Handel, der für Investoren so wichtig ist.

I&F Es gibt nachhaltige beziehungsweise grüne Pfandbriefe - machen solche Emissionen Sinn?

Prinzipiell ja, es gibt von immer mehr Investoren gezielte Nachfrage nach solchen Titeln. Die Frage stellt sich aber, warum nur für einzelne Produkte grüne Kriterien gelten sollen. Sinnvoller wäre es, wenn die gesamte Geschäftstätigkeit sich nach solchen Kriterien richten würde. Oder anders ausgedrückt, besser einen "grünen Emittenten" als nur ein "grünes Produkt".

Zur Person Timo Böhm Senior Vice President und Portfolio Manager, PIMCO Deutschland GmbH, München
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