Im Gespräch

"Der deutsche Immobiliensektor wird generell kapitalmarktaffiner"

Bernd Mayer

Das Jahr 2016 wird aus Sicht von Bernd Mayer eine stärkere Kapitalmarktorientierung des Immobilienmarktes bringen. Sie wird dem gesamten Sektor gut tun und zur weiteren Professionalisierung des Sektors beitragen. Als Universalbank erwartet die Bayern-LB, auch von diesem Trend profitieren zu können. Während die eigene Stärke das Fremdkapitalmarktgeschäft ist, bietet die Kooperation mit dem Bankhaus Berenberg den Kunden den Zugang zu Eigenkapitallösungen. Für das Geschäftsjahr 2016 wird ein sehr zufriedenstellendendes Ergebnis erwartet. Deutlich gesteigert werden konnten die Finanzierungszusagen. Aufgrund des hohen Wettbewerbsdrucks werden die Margen als noch zufriedenstellend bezeichnet. Auch im nächsten Jahr dürfte das Interesse internationaler Investoren an deutschen Immobilien anhalten. Die Bank will internationale Kunden stärker bei ihren Engagements in Deutschland und nationale Kunden noch mehr bei ihren Auslandsaktivitäten unterstützen. Die im Frühjahr durchgeführte Umstrukturierung des Bereichs Immobilien hat die stärkere Kundenausrichtung zum Ziel. Red.

I&F Was sind die Alleinstellungsmerkmale der Bayern-LB in der Immobilienfinanzierung?

In der gewerblichen Immobilienfinanzierung finanzieren wir für unsere Kunden praktisch alle Produkte und Segmente. Dazu zählen neben den klassischen Segmenten wie Büro und Einzelhandel auch die Finanzierung von Pflegeeinrichtungen, Logistikprojekten und Stadthotels. Darüber hinaus gehört im Konzern unsere Tochter die DKB Deutsche Kreditbank AG (DKB) in der privaten Wohnungsfinanzierung sowie bei der Finanzierung von kommunalen Wohnungsbauunternehmen zu den Marktführern in Deutschland.

Die großen und börsennotierten Wohnungsunternehmen finanziert dagegen die Bayern-LB. Wir konzentrieren uns auf die Immobilienfinanzierung im Inland, unterstützen aber ausländische Kunden bei ihren Deutschland-Engagements und begleiten unsere deutsche Kunden selektiv ins Ausland. Die Bayern-LB kann so alle Facetten der Immobilienfinanzierung abdecken und dabei auf die Vorteile einer Universalbank zurückgreifen.

I&F Wer sind typische Kunden der Bayern-LB?

Es sind fast schon traditionell die klassischen Immobilieninvestoren, dazu gehören mittelständisch geprägte Unternehmen, genauso wie große Immobiliengesellschaften, Bauträger, Fonds und Projektentwickler. Mit vielen verbindet uns eine langfristige Zusammenarbeit.

I&F Warum sind Sie so breit aufgestellt?

Prinzipiell ist mit allen Produkten und Segmenten eine gute Rentabilität für unser Haus zu erzielen. In Teilbereichen, wie beispielsweise bei den Pflegeeinrichtungen, sehen wir darüber hinaus auch unseren gesellschaftlichen Auftrag als öffentlich-rechtliches Kreditinstitut. Dieses Geschäft ist vielen Wettbewerbern zu komplex und arbeitsintensiv, aufgrund des bei uns vorhandenen Fachwissens und unserer Abwicklungsexpertise aber gut und profitabel abzudecken. Darüber hinaus bietet die breite Aufstellung im Immobiliengeschäft auch Vorteile hinsichtlich Risikodiversifizierung unseres Kreditportfolios.

I&F Wie sind sie mit dem bisherigen Jahresverlauf zufrieden?

Wir sind sehr zufrieden. Der deutsche Immobilienmarkt entwickelt sich dieses Jahr wiederum sehr dynamisch. Die starke Nachfrage nach Finanzierungen und die niedrigen Zinsen sorgen für einen sehr guten Geschäftsverlauf.

I&F Wie schlägt sich das im Finanzierungsvolumen nieder?

Das erzielte Volumen liegt schon jetzt über unseren Planungen. Zum 30. Juni 2015 lagen die Neufinanzierungen bei gut 2,1 Milliarde Euro, im Vorjahreszeitraum waren es dagegen nur 1,4 Milliarden Euro. Per Ende August liegt das Volumen sogar bei über 3 Milliarden Euro. Im gleichen Zeitraum ist es zusätzlich gelungen, noch über 1 Milliarde Euro an bestehenden Kreditengagements zu verlängern. In Zeiten harten Wettbewerbs bedeuten Verlängerungen intensive Verhandlungen und sind im Ergebnis natürlich ebenso erfreulich wie eine Neukreditvergabe.

I&F Wie sieht es mit den Margen aus?

Bei der Entwicklung der Magen sieht es anders aus als bei der Volumensentwicklung. Die Magen sind aber noch zufriedenstellend. Die Rentabilität unseres Geschäfts ist folglich auch noch recht stabil. Der Wettbewerb hat teilweise stark zugenommen. Gerade um bekannte und hoch attraktive Assets gibt es einen harten Kampf, der über die Konditionen ausgetragen wird. An einem Preiskampf beteiligen wir uns in der Regel nicht. Einige Wettbewerber verfügen über den Vorteil von sehr reichlich vorhandener Primärliquidität, das heißt, dass Liquidität problemlos abrufbar ist. Damit sind sie nicht auf die Refinanzierung im Kapitalmarkt angewiesen. Das schlägt sich manchmal in sehr "attraktiven" Angeboten für die Finanzierungskunden nieder.

I&F ... und mit dem Ergebnis?

Ich gehe von einem sehr zufriedenstellenden Ergebnis für das Geschäftsjahr 2015 aus. Beim Vergleich mit dem Vorjahr darf aber nicht vergessen werden, dass im ersten Halbjahr 2014 noch erhebliche Auflösungen von Kreditrisikovorsorge das Ergebnis positiv beeinflussten. Von dieser Seite ist 2015 kein erheblicher Ergebnisbeitrag mehr zu erwarten.

I&F Es ist oft zu hören, dass der Wettbewerb für schlechtere Kreditstandards sorgt - stimmt das?

In unserem Geschäft weiterhin nicht. Es ist nach wie vor bei den allermeisten Finanzierungen ein hoher und entsprechend gesunder Anteil an Eigenkapital vorhanden. Das ist der große Unterschied zur Situation im Markt vor dem Ausbruch der Finanzmarktkrise. Momentan suchen die Marktteilnehmer nach Möglichkeiten, ihr vorhandenes Eigenkapital profitabel zu investieren und nicht nach Chancen, den Leverage zu erhöhen und zu optimieren. Entscheidend bei der Kreditvergabe ist für uns, dass Preis und Risiko passen müssen. Wenn dies nicht der Fall ist, gehen Finanzierungen halt an Wettbewerber.

I&F Wer sind denn die großen Wettbewerber?

Es sind unverändert die klassischen deutschen Immobilienfinanzierer, die die größten Marktanteile auf sich vereinen. Ausländische Banken merkt man noch nicht signifikant im Geschäft.

I&F Wie steht es mit den Versicherungen, sind sie wirklich Wettbewerber?

Versicherer sind aktuell zugleich Wettbewerber und auch geschätzte Partner. Sie haben den großen Vorteil, über sehr viel Primärliquidität zu verfügen. In Zeiten niedriger Zinsen suchen Versicherungen Alternativen zu festverzinslichen Wertpapieren. Immobilien bieten hier nach wie vor relativ attraktive Ergebnisse. Als Partner zählten hier für uns beispielsweise regionale Versicherungen und Versorgungswerke, mit denen wir gemeinsam Projekte finanzieren. Es gab und gibt aber auch Fälle, wo Versicherungen von uns vergebene Kredite abgelöst haben. Das tut weh, gehört aber ganz einfach zum Wettbewerb.

I&F 2015 wechselten zahlreiche Kreditpakete den Markt, ist das was für die Bayern-LB?

Unser Fokus liegt ganz klar auf dem Geschäft mit und für unsere Kunden. Damit ist das Interesse an Paketen, die einen riesigen Arbeitsaufwand mit sich bringen, bei uns jedenfalls nicht vorhanden.

I&F Werden Ihre Kunden künftig stärker den Kapitalmarkt nutzen, statt sich über ihre Bank zu finanzieren?

Der deutsche Immobiliensektor wird generell kapitalmarktaffiner. Ich begrüße diese Entwicklung ausdrücklich. Sie trägt zur weiteren Professionalisierung des Marktes bei. Dies wird der gesamten Branche gut tun. Der Immobiliensektor folgt damit nur den Entwicklungen in anderen Branchen. Diese Entwicklung wäre noch stärker zu spüren, wenn die Zinsen nicht so niedrig und Finanzierungen reichlich verfügbar wären. Um von dieser Entwicklung zu profitieren ist es für Banken wie die Bayern-LB allerdings enorm wichtig, ein kompetenter Kapitalmarktpartner zu sein. Bei der Fremdfinanzierung über den Kapitalmarkt mittels Schuldscheindarlehen oder Anleihen stellt die Bank ein leistungsfähiges Angebot zur Verfügung. Auf der Eigenkapitalseite arbeiten wir eng mit unserem Kooperationspartner, dem Bankhaus Berenberg, zusammen.

I&F Wo ist die stärkere Kapitalmarktaffinität schon zu sehen?

Ganz klar bei den Wohnungsgesellschaften, vor allem bei den börsennotierten Unternehmen. Sie sind Vorreiter bei der effizienten Nutzung des Kapitalmarktes für Eigen- und Fremdkapital. Börsengänge, Kapitalerhöhungen und die Begebung von Fremdkapitalinstrumenten gehören für diese Branche fast schon zum Tagesgeschäft.

I&F Sie sprachen von der Kooperation mit Berenberg - wie läuft die?

Grundlage der Kooperation ist: Die Bayern-LB kann Fremdkapital, Berenberg besondere Konstellationen im Kapitalmarkt. Damit stehen wir nicht im Wettbewerb, sondern ergänzen uns. Kunden beider Häuser kann damit ein wesentlich größeres Kapitalmarktangebot unterbreitet werden. Berenberg ist bei Kapitalerhöhungen und Börsengängen sehr leistungsstark, das kommt auch den Immobilienkunden zugute. Wir bieten dazu die passende Fremdfinanzierung oder die ein oder andere Brückenfinanzierung, die dann durch Eigen- und langfristige Fremdmittel abgelöst wird.

I&F Sehen Sie Chancen für die Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes?

Es fehlt am Angebot, die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Verbriefungen ist "Die Margen sind noch zufriedenstellend." da. Es gibt aktuell nur wenige Banken, die bereit sind, ihre zum Kerngeschäft gehörenden Immobilienkredite abzugeben.

I&F Welche Trends werden den Markt 2016 kennzeichnen?

Das nächste Jahr wird die beschriebene stärkere Kapitalmarktorientierung und die damit verbundene weitere Professionalisierung des Marktes bringen. Wenige Veränderungen dürfte es bei den Zinsen geben, sie werden weiterhin - vor allem im historischen Vergleich - sehr niedrig bleiben. Der deutsche Immobilienmarkt wird als sicherer Hafen weiter im Mittelpunkt des Interesses nationaler und internationaler Investoren stehen.

I&F Welche Rolle wird 2016 das Thema "Digitalisierung" spielen?

Auf der Makro-Ebene spielt das Thema auch für uns als Kreditgeber seit längerem bereits eine wichtige Rolle. Es ist beispielsweise von essenzieller Bedeutung, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf Konsumverhalten und damit auf die Entwicklung der Retail- und Logistikimmobilien hat. Dieses Wissen ist nötig, um Risiken zu vermeiden und Opportunitäten zu nutzen.

I&F Wird das Interesse internationaler Anleger an deutschen Immobilien auch 2016 anhalten?

Es wird sich sogar verstärken, Deutschland ist und bleibt für viele Investoren ein bedeutender Markt, auf dem man vertreten sein muss.

I&F Wie kann die Bayern-LB davon profitieren?

Indem wir künftig internationale Anleger noch stärker als bisher bei ihren Engagements im deutschen Markt begleiten, beraten und mit Finanzierungen unterstützen. Wir profitieren dabei mehr und mehr von unseren Niederlassungen in London, Mailand und Paris. Dort sind insgesamt sieben Mitarbeiter für die Betreuung von Immobilienkunden zuständig. Diese Vertriebsniederlassungen sind auch notwendig, da beispielsweise angelsächsisch geprägte Investoren ihre Aktivitäten sehr stark über den Marktplatz London anbahnen und abwickeln. Wer dort Kompetenz bieten kann, gewinnt Geschäft.

I&F Sie haben die Eröffnung von weiteren Niederlassungen in Deutschland angekündigt - warum?

Wir wollen näher am Kunden sein. Bei den bereits eröffneten oder vor der Eröffnung stehenden Niederlassungen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und Stuttgart handelt es sich um reine Vertriebsbüros. Dabei nehmen wir auch unsere Konzerntöchter LB Immowert und die DKB mit auf, wo es Sinn macht.

Für das Immobiliengeschäft der Bank ist vor allem der Standort Frankfurt am Main von großer Bedeutung, hier werden künftig zwei Immobilienspezialisten Ansprechpartner für die dortigen Marktteilnehmer sein. Wir stellen uns so konsequent auf dem gesamten deutschen Markt als Bank für die deutsche Wirtschaft auf. Die Vertriebsbüros passen hervorragend zur Umstrukturierung unseres Geschäftsfeldes Immobilien.

I&F Was waren die Gründe für die Umstrukturierung?

Das Ziel der im April dieses Jahres durchgeführten Umstrukturierung war eine noch stärkere Fokussierung auf den Kunden und seine Betreuung. Es gibt jetzt regional ausgerichtete Vertriebseinheiten, die das ganze Dienstleistungsangebot der Bank im Immobiliengeschäft anbieten. Wir wollen ganz bewusst in den wichtigen Wirtschaftsregionen Deutschlands weiter wachsen. Unterstützt werden die Kolleginnen und Kollegen im Vertrieb von Produkteinheiten für die Assetklassen Büro, Wohnen, Retail, Logistik und Managementimmobilien. Dazu kommt zur Steuerung die Business-Management-Abteilung sowie der Syndication Desk. Die ersten Erfahrungen mit der auf den Kunden und seine Bedürfnisse ausgerichteten Betreuung waren sehr positiv.

Zur Person Bernd Mayer - Bereichsleiter Immobilien, Bayerische Landesbank, München
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