Im Gespräch

"Leerstand ist auch in Boomzeiten Teil des Immobilienlebenszyklusses"

Karsten Linde

Die deutsche Wirtschaft brummt und überall werden Wohnungen gesucht. Harte Zeiten für das Leerstandsmanagement des Immobilienverwaltungsunternehmens Camelot, das ursprünglich aus den Niederlanden stammt. Nach eigenen Angaben ist die Firma, die ihren deutschen Sitz in Düsseldorf hat, der europaweit führende Spezialist im Bereich Verwaltungsdienstleistungen und Sicherheitskonzepten. Nein, keine harten Zeiten, sagt Karsten Linde, Business Developement Director Deutschland. Aktuelle Statistiken sprächen von einer Leerstandsquote im Gewerbe- und Gemeinflächensegment von durchschnittlich 6,3 Prozent. Und diese Gebäude verwahrlosten ohne Bewachung oder würden häufig Vandalismus ausgesetzt. Das schmälere schnell den Wert der Immobilien. Doch wie lassen sich leerstehende Immobilien - zum Beispiel mit sogenannten Hauswächtern - kosten effizient vor technischen Schäden, Vandalismus und Verfall schützen? Dieser und weiteren Fragen gehen wir in einem I & F-Interview mit Linde nach. Red.

I&F Warum gibt es Ihrer Meinung nach Bedarf, leerstehende Gebäude zu "hüten"? Ist das nicht lediglich ein teurer Luxus für die Unternehmen?

Im Gegenteil: Das "sich Überlassen" einer leerstehenden Immobilie ist in jedem Fall die schlechtere Wahl. Neben überquellendem Briefkasten und massivem Unkrautbewuchs verfällt das Gebäude schnell durch Nichtnutzung, mögliche technische Störungen werden spät entdeckt und führen dann möglicherweise zunächst unbemerkt zu größeren Folgeschäden. Zudem bietet ein leerstehendes Gebäude eine willkommene Gelegenheit für Diebe oder Vandalismus. Darüber hinaus müssen auch versicherungsrechtliche oder steuerliche Folgen bedacht werden.

I&F Was sind denn diese "Hüter" für Personen? Was sind die formellen Voraussetzungen, die diese Bewacher nach Ihren Vorgaben erfüllen müssen? Melden sich ausreichend Interessenten bei Ihnen oder müssen Sie häufig selbst auf die Suche gehen?

Die Hauswächter kann man als verantwortungsvolle Erwachsene mit einem Faible für ein besonderes Wohnumfeld charakterisieren. Viele schätzen den ungewöhnlichen und mit 190 Euro Verwaltungsgebühr vergleichsweise sehr günstigen Wohnraum. Wer kann sonst von sich behaupten, in einem Schloss oder in einer Polizeistation zu wohnen? In der Regel sind Hauswächter berufstätig oder gehen einem Studium oder Ausbildung nach. Aufgrund der kurzen Kündigungsfristen von vier Wochen ist es jedoch erforderlich, dass alle Bewerber volljährig sind.

Das Hauswächter-Konzept haben wir in Deutschland im Jahr 2010 eingeführt. Die durchschnittliche Dauer, bis wir die richtige Anzahl guter Hauswächter für ein Objekt gefunden haben, liegt bei etwa vier bis sechs Wochen. In Großstädten oder bei besonderen Gebäuden ist das Interesse meist sehr groß, andernfalls müssen wir intensiver suchen.

I&F Welche Services und Dienstleistungen bietet Camelot möglichen Kunden zusätzlich zur Objektbewachung an?

Camelot bietet in Deutschland als einziger Anbieter ein Rundum-Konzept an: Für jeden Kunden finden wir die individuell passende Lösung, da wir unterschiedliche Services, wie den mobilen Alarmkoffer, den Watchtower - also einen mobilen Überwachungsmast für Baustellen und Freiflächen - sowie das Hauswächter-Konzept je nach Kundenbedarf miteinander kombinieren können. Der Alarmkoffer bietet sich an, wenn eine kurzfristige Sicherung innerhalb des Gebäudes realisiert werden soll oder bestimmte Bereiche des Gebäudes sich nicht für den Einsatz von Hauswächtern eignen.

I&F Wo liegen die Kosten für Ihre jeweiligen Lösungen?

Die Verwaltungsgebühr für das Hauswächter-Konzept beträgt zwischen 0 und 600 Euro pro Monat, und das unabhängig von der Anzahl der erforderlichen Hauswächter. In jedem Fall entsprechen die Kosten nur einem Bruchteil von dem, was für einen professionellen Wachdienst vor Ort oder den Einsatz einer 24-Stunden-Videoüberwachung aufgewandt werden müsste. Das geht nämlich schnell über die Marke von 10 000 Euro.

Die Kosten für den Alarmkoffer und den Watchtower sind unterschiedlich, da wir diese Lösungen individuell auf den Umfang des jeweiligen Projektes anpassen und dem Kunden im Vorfeld unentgeltlich ein Angebot erstellen.

I&F Sprechen Sie hauptsächlich eher die Kunden an oder kommen diese auf Sie zu?

Das Hauswächter-Konzept stammt ursprünglich aus den Niederlanden und ist bei vielen deutschen Entscheidern noch relativ unbekannt. Die Kunden, die die Vorteile des Konzeptes einmal in der Praxis erfahren haben, wissen es zu schätzen und werden "Wiederholungstäter".

I&F Wie sind Sie in Europa positioniert? In welchen Ländern laufen welche Geschäfte am besten? Wo besteht noch Nachholbedarf?

Camelot ist europaweit positioniert. Aufgrund der früheren niederländischen Gesetzeslage - Hausbesetzung war dort unter bestimmten Bedingungen legal - und des Drucks auf dem britischen Wohnungsmarkt ist Camelot in diesen Ländern sehr stark vertreten. Aktuell sind wir dabei, die Einführung des Konzeptes in weiteren Ländern zu prüfen.

I&F Wer sind Ihre Auftraggeber?

Unsere Auftraggeber kommen aus allen Branchen und umfassen die öffentliche Hand, Immobilienverwaltungen, institutionelle Investoren bis hin zu Privateigentümern.

I&F Welche Art Gebäude werden Ihnen häufig angeboten?

Für das Hauswächter-Konzept kommen grundsätzlich alle Gebäudetypen in Frage. Die Gebäude müssen einige Mindestkriterien erfüllen, wie zum Beispiel über mindestens einen geschlossenen Raum, Kaltwasser- und Stromanschluss verfügen sowie wind- und wasserdicht sein. Interessanterweise machen aber klassische Wohnimmobilien nur einen sehr kleinen Teil unseres Portfolios aus, der überwiegende Teil sind Büros und gewerbliche Gebäude oder Sonderimmobilien wie eine Tanzschule, ein Herrenhaus oder eine ehemalige Feuerwache.

I&F Wie sehen die Zahlen für den deutschen Markt aus? Wie viele Gebäude stehen unter Ihrer "Obhut"?

Europaweit betreuen wir über 4000 Gebäude und über 10000 Hauswächter. In Deutschland ist Camelot noch ein relativ junges Unternehmen. Hier betreuen wir eine dreistellige Gebäudeanzahl.

I&F Wie stellt sich denn die Konkurrenzsituation am Markt dar? Da tummeln sich doch bestimmt eine Reihe weiterer Anbieter. Mischen nicht auch die großen Unternehmer hier munter mit?

Camelot ist die einzige Firma mit aktiven Projekten in Deutschland. Unser Vorteil ist die Spezialisierung und unsere Flexibilität im Leerstandsmanagement.

I&F Derzeit boomt der Immobilienmarkt in Deutschland. Ist das denn für Sie nicht eher eine schlechte Nachricht? Die Leerstände müssten doch dadurch deutlich zurückgehen? Spüren Sie diese Tendenz schon verstärkt?

Die Leerstandsquoten gehen zwar zurück, trotzdem sind wir auch in diesem Jahr wieder sehr deutlich gewachsen. Durch die Flexibilität unseres Konzepts können wir Leerstände ab drei Monaten abdecken. Solche Zeiten entstehen schnell auch bei guten konjunkturellen Lagen, zum Beispiel bei der Vorbereitung einer Projektentwicklung oder während des normalen Verkaufsprozesses. Da sich die Kunden aber nicht vorher für einen fixen Zeitraum festlegen müssen, können wir mögliche Verzögerungen problemlos mit abdecken. Und schließlich gibt es noch eine große Anzahl an Gebäuden, die nicht mehr den technischen Anforderungen für ein modernes Büro erfüllen und so aus der Statistik fallen, aber für den Schutz durch Hauswächter absolut geeignet sind.

I&F Wie sehen Sie die Zukunft der Branche?

Leerstand ist auch in Boomzeiten Teil des Immobilienlebenszyklusses, beispielsweise, bevor eine Entscheidung für eine endgültige Umnutzung oder gegebenenfalls einen Abriss getroffen werden kann. Diese Phasen können je nach Immobilie von wenigen Monaten bis zu mehreren Jahren dauern kann. Wir gehen davon aus, dass der Bedarf stetig wachsen wird.

Zur Person Karsten Linde Business Developement Director Deutschland, Camelot Deutschland GmbH, Düsseldorf

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