Immobilien-Spezialfonds

"Man muss nicht jedem Trend hinterherlaufen"

Jochen Reith

Die Patrizia Immobilien AG aus Augsburg hat als europäisches Immobilieninvestmenthaus eine Reihe von Spezialfonds in ihrem Angebot. Jochen Reith, Leiter Institutionelle Kunden für die Region Deutschland, Österreich und die Schweiz, erklärt in einem I&F-Interview, welche Vorzüge Spezialfonds haben, warum institutionelle Investoren von ihrem jeweiligen Anbieter eine hohe Immobilienkompetenz verlangen sollten und weshalb Anbieter nicht jedem Trend hinterherlaufen sollten, wenn das Know-how nicht in ausreichendem Maße gegeben ist. Red.

I&F Herr Reith, das Interesse institutioneller Investoren an Immobilien steigt seit Jahren. Wird diese Entwicklung Ihrer Meinung nach weiter anhalten?

Das ist eindeutig der Fall. Das Interesse an Immobilien ist nach wie vor hoch, weil es an Anlagealternativen fehlt. Die Bondsmärkte geben einfach nichts mehr her, sodass Versicherungen, Vorsorgeeinrichtungen und andere institutionelle Investoren sich zwangsläufig mit Aktien, Private Equity und Immobilien beschäftigen müssen. Und da liegen Immobilien den meisten institutionellen Investoren doch etwas näher als Aktien oder Private Equity.

I&F Auf der anderen Seite haben die Immobilienpreise stark angezogen. Kann diese Entwicklung institutionelle Investoren nicht davon abhalten, über Spezialfonds in Immobilien zu investieren?

Tatsächlich ist die Renditeerwartung ein Hemmschuh, der dafür sorgt, dass das grundsätzliche Interesse an Immobilien nicht ohne Weiteres in Investitionen umgesetzt wird. Viele Investoren sind nicht bereit, die aktuellen Preise am Markt zu bezahlen. Sie argumentieren, dass sie früher Wohnimmobilien mit einer Rendite von vier Prozent gekauft haben, und wollen sich deshalb jetzt nicht mit drei Prozent zufriedengeben. Dabei sind sie teilweise aber zu sehr auf die Rendite ausgerichtet und denken zu wenig über den Spread zu Staatsanleihen nach, der tendenziell in den vergangenen Jahren größer geworden ist.

I&F Welche Strategien empfehlen Sie vor diesem Hintergrund den Kunden Ihrer Spezialfonds?

Was wir nicht empfehlen, ist, Abstriche bei der Lagequalität zu machen. Die jüngste Immobilienkrise hat gezeigt, dass Büroimmobilien in peripherer Lage zwar eine vermeintlich höhere Rendite erzielen, in einer schwächeren Marktphase aber als erste unter die Räder kommen. Eine mögliche Ausweichstrategie ist es hingegen, über andere Nutzungsarten wie Hotels, Pflegeimmobilien, Logistikobjekte und Studentenapartments nachzudenken. Ebenfalls sinnvoll ist ein Value-Add-Ansatz, also der Kauf von Immobilien, die sich zwar in einer guten Lage befinden, aber auf der baulichen oder der Mietvertragsseite nicht optimal positioniert sind. Die dritte Alternative ist die, nicht nur in Deutschland zu investieren, sondern auch in anderen europäischen Ländern. Dadurch lässt sich unter Umständen die Rendite deutlich steigern. Wohnimmobilien in Kopenhagen zum Beispiel bieten eine um 0,5 bis 0,75 Prozent höhere Rendite als Wohnimmobilien in deutschen Städten wie Hamburg oder München, ohne dass damit ein höheres Risiko verbunden wäre.

I&F Nun sind Immobilien wie Hotels und Pflegeimmobilien als Betreiberimmobilien nicht ohne Tücken. Welche Anforderungen muss da ein Anbieter von Spezialfonds erfüllen?

Ich sehe am Markt die Gefahr, dass viele Produktanbieter im Interesse des Wachstums opportunistisch agieren. Konkret: Wenn Kunden fragen, ob ein Anbieter auch Studentenapartments macht, dann legt dieser Anbieter eben einen entsprechenden Fonds auf - unabhängig davon, ob er die nötige Expertise hat oder nicht. Oder wenn Kunden den Wunsch nach Hotels äußern, dann investiert ein solcher Anbieter halt in Hotels, auch wenn er bisher auf Wohnungen spezialisiert war. Das ist mittel- und langfristig ein komplett falscher Ansatz, den wir als inhabergeführtes Unternehmen uns nicht erlauben dürfen.

I&F Wie sieht denn Ihr Ansatz aus?

Wir haben immer darauf hingewiesen, dass jede Nutzungsart ihren Spezialisten oder besser ihr Spezialistenteam braucht, nämlich einen spezialisierten Einkäufer, einen spezialisierten Fondsmanager und einen spezialisierten Asset Manager. Wir schauen uns eine Nutzungsart deshalb erst dann an, wenn wir ein solches Team aufgebaut haben. In Hotels und Pflegeimmobilien investieren wir mit unseren Spezialfonds schon länger, in Logistikimmobilien seit 2015. Studentenapartments machen wir bisher nicht. Aber wie gesagt: Das kann sich ändern, wenn wir ein auf diese Assetklasse spezialisiertes Team haben. Vorher aber werden wir nicht in Studentenapartments investieren - denn es wäre falsch, zu sagen: In einer solchen Anlage stehen ja auch Betten, also kümmern sich doch einfach unsere Wohnfachleute darum.

I&F Welche Möglichkeiten neben dem Spezialisierungsprinzip bietet die Patrizia Immobilien AG ihren Kunden?

Wir sind nur in Ländern tätig, in denen wir mit eigenen Mannschaften vor Ort vertreten sind. Wir werden niemals opportunitätsgetrieben in einem Land investieren, in dem wir kein eigenes Team haben. Dabei ist unser Ansatz, dass wir in Polen als Polen agieren, in Frankreich als Franzosen und in Dänemark als Dänen.

Die Prozesse steuern wir zwar von Deutschland aus, aber vor Ort haben wir immer lokale Marktkenner, da die Immobilienkompetenz nur aus dem jeweiligen Land kommen kann. Damit hängt unser entscheidender USP zusammen: Die Patrizia kommt nicht aus der Finanzindustrie, sondern vom Bauen und von der Immobilie. Zwanzig Jahre lang haben wir nur eigenes Geld investiert.

Auch heute sind unsere Kollegen noch mit Gummistiefeln unterwegs, wenn es sein muss. Damit unterscheidet sich unsere Historie komplett von derjenigen der meisten anderen Anbieter, die aus der Finanzindustrie kommen. Das unterstreicht, dass wir unseren Kunden immer maßgeschneiderte Lösungen anbieten können.

I&F Wie entwickelt sich das Spezialfonds-Geschäft unter Ihrem Dach?

Was uns ebenfalls von anderen Anbietern unterscheidet: Größe und Wachstum sind für uns kein primäres Unternehmensziel. Was wir anstreben, ist eine gewisse Stärke, um auf den verschiedenen Märkten eine Sichtbarkeit zu erreichen. Diese Größe haben wir erreicht.

I&F Was heißt das konkret?

Laut den bekannten Rankings sind wir mit 31 Immobilien-Spezialfonds und 17 Milliarden Euro Assets under Management die Nummer zwei auf dem deutschen Markt. Allein in der ersten Hälfte des Jahres 2016 haben wir ziemlich genau eine Milliarde Euro an frisch zugesagtem Eigenkapital akquiriert, das in aller Regel mit einer konkreten Transaktion unterlegt ist. Deshalb sehen wir uns gut positioniert, um am Wachstum im Segment der Spezialfonds überproportional teilzuhaben. Aber konkrete Ziele geben wir uns nicht vor. Denn wie schnell wir wachsen, hängt davon ab, wo wir Opportunitäten finden. Dabei kommunizieren wir viel mit unseren Investoren, laufen nicht jedem Trend hinterher und suchen auch außerhalb der Leitplanken nach interessanten Investitionsmöglichkeiten, die wir dann sehr schnell wahrnehmen.

I&F Sie setzen auf den deutschen Spezialfonds und nicht auf Vehikel nach Luxemburger Recht. Warum?

Wir glauben in der Tat weiter an den Spezialfonds. Dieses Vehikel hat eine Reihe von Vorteilen. Der Spezialfonds ist ein relativ einfaches Konstrukt und hat keinen hohen Strukturierungsaufwand, was die Komplexität verringert und den Investoren Geld spart. Und "keep it simple" steht für viele Investoren weit oben auf der Agenda. Außerdem ist der Spezialfonds steuerlich transparent und ermöglicht es, europaweit zu investieren. Das sind Dinge, die auch immer mehr ausländische Investoren - beispielsweise aus Österreich, den Niederlanden und den USA - überzeugen. Dies zeigt, dass das Vehikel des Spezialfonds auch international Anerkennung findet.

I&F 2011 haben Sie von der HSH Real Estate AG die LB Immo Invest übernommen. Bleibt es bei der bisherigen Struktur mit der Patrizia WohnInvest in Augsburg und der Patrizia GewerbeInvest in Hamburg?

Ja, die Struktur mit diesen beiden Kapitalverwaltungsgesellschaften hat sich bewährt. Die Hamburger Plattform kümmert sich um überwiegend gewerblich geprägte Fonds, während wir uns bei überwiegend wohnwirtschaftlich geprägten Fonds der Augsburger Plattform bedienen. Vereinheitlicht haben wir hingegen die Back-Office-Bereiche. Denn unsere Kunden sollen das gleiche Reporting und das gleiche Risikomanagement für ihre Fonds bekommen.

I&F Kreditfonds oder Fonds zur Finanzierung von Grundstücksankäufen sind neue Themen auf dem Feld der Spezialfonds. Beschäftigen auch Sie sich mit solchen Themen?

Es wäre fahrlässig, sich als einer der großen Anbieter nicht mit innovativen Modellen zu beschäftigen. Auf der anderen Seite muss man nicht auf jede Welle aufspringen. Unserer Ansicht nach ist der deutsche Markt für Kreditfonds nicht aufnahmefähig, da der primäre Finanzierungsmarkt hervorragend funktioniert und die Zinsen derzeit ausgesprochen niedrig sind. Spezielle Produkte wie etwa Spezialfonds für Kindergärten mögen für Nischenanbieter interessant sein, sind aber für uns zu klein. Wenn wir uns engagieren, dann in sinnvollen Marktsegmenten, die für uns wirtschaftlich sind und den Kunden einen Mehrwert bieten.

Zur Person Jochen Reith Group Head of Institutional Clients D-A-CH, Patrizia Immobilien AG, Augsburg
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