MIPIM-SPECIAL

"WIR SIND SCHNELLER UND GÜNSTIGER ALS ANDERE"

Jörg Michalek Quelle: Aldi Immobilienverwaltung

Der Discounter-Riese Aldi Nord schafft Wohnraum: In Berlin, wo es daran aktuell bekanntlich besonders mangelt, will der Lebensmittelhändler in den nächsten fünf bis sieben Jahren an mindestens 30 Standorten gemischt genutzte Immobilien errichten. Dabei sollen ins gesamt mehr als 2 000 neue Wohnungen entstehen, wohlgemerkt immer in Kombination mit bestehenden Märkten von Aldi Nord. Im Interview spricht der zuständige Geschäftsführer Jörg Michalek über die Details des Immobilienprojekts, seine Erwartungen an den zweiten Supermarktgipfel sowie das neue Filialkonzept des Essener Unternehmens. Bei aller Aufmerksamkeit für den Vorstoß in den Immobilienmarkt stellt er eines klar: Der Lebensmitteleinzelhandel ist und bleibt das Kerngeschäft von Aldi Nord. Red.

"Aldi Nord schafft Wohnraum" - eine Meldung, die für Aufsehen gesorgt hat. Was genau sind Ihre Pläne?

Insgesamt sollen in Berlin rund 2 000 Wohnungen gebaut werden. Für die Leuchtturmprojekte in Berlin Lichtenberg und Neukölln gilt maximal 200 Wohnungen. Je nach Auswahl der Wohnungsgrößen (Ein- bis Dreizimmer-Wohnungen) kann die Anzahl der Wohnungen an einem Objekt variieren.

Werden dabei ausschließlich bereits bestehende Filialen von Aldi Nord nachverdichtet?

Bei den entsprechenden Flächen handelt es sich um Bestandsstandorte. Die Märkte werden an den jeweiligen Standorten erneuert. Grundsätzlich kann man sagen, dass bei den ausgewählten Projekten der Markt (Giebeldach) abgerissen wird. Der Neubau hat im Erdgeschoss einen Aldi-Markt, darüber liegend entstehen Etagen mit Wohnungen. Eine "Erweiterung" oder "Aufstockung" eines bestehenden Marktes ist statisch nicht möglich.

Welches Investitionsvolumen haben die Immobilienprojekte?

Dazu können wir derzeit noch keine belastbare Aussage treffen. Schließlich hängt das Investitionsvolumen maßgeblich davon ab, für wie viele Projekte wir eine Baugenehmigung erhalten und wie viele Projekte in den nächsten Jahren somit von uns realisiert werden können.

Wie groß ist das Immobilienvermögen von Aldi Nord momentan?

Wir bitten um Verständnis, dass wir hierzu keine Auskunft geben.

Welche Rolle wird das "Immobiliengeschäft" künftig bei der Umsatzentwicklung von Aldi Nord spielen?

Natürlich ist und bleibt der Lebensmitteleinzelhandel unser Hauptgeschäft. Dafür müssen wir in der Region ein zukunftssicheres Filialnetz entwickeln. Größere Verkaufsflächen sind dafür sowohl jetzt schon als auch erst recht in der Zukunft unverzichtbar.

Mit der Mischnutzung bekommen wir so Vorteile für alle Beteiligten: Einzelhandelsflächen, Nachverdichtung und dringend benötigten Wohnraum.

Gibt es für die gemischte Nutzung in Form einer Discounter-Filiale und Wohnraum bestimmte baurechtliche Vorgaben, die es zu beachten gilt, beispielsweise in Sachen Lärmschutz, Geruchsbelästigung, Anlieferung et cetera?

Bei unseren Vorhaben halten wir uns selbstverständlich an die allgemeine Regelung, etwa die TA-Lärm ("technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm"), um nur ein Beispiel zu nennen. Darüber hinaus gibt es bereits mehrere erfolgreiche Musterbeispiele für die Vereinbarkeit von gemischt genutzten Immobilien in Berlin.

Fiel der Entschluss für das Projekt auch aufgrund des Drucks vonseiten der Berliner Stadtpolitik?

Mit unseren Vorhaben in Berlin reagieren wir vor allem auf die Wünsche unserer Kundinnen und Kunden in Verbindung mit den städtebaulichen Rahmenbedingungen in Berlin.

Sie sprechen von einer "engen Zusammenarbeit mit den Stadtbezirken und dem Berliner Senat". War das Verhältnis mit den politischen Verantwortlichen zuletzt nicht etwas strapaziert, gerade weil es für Lebensmitteleinzelhändler immer schwieriger wird, Genehmigungen für neue Märkte zu bekommen?

Für die einzelnen Bauvorhaben finden im Vorfeld Abstimmungsgespräche mit den Stadtbezirken, zum Teil auch mit dem Senat statt. Beim Bau der Objekte wird selbstverständlich der individuelle Bedarf in den Stadtteilen berücksichtigt. So stehen wir zum Beispiel auch Mischnutzungen wie einer Kombination von Aldi-Markt und Studentenwohnheimen, Pflegewohnungen oder Kitas offen gegenüber. Generell freuen wir uns, dass wir bis jetzt sehr viel positive Resonanz auf unsere Vorhaben erhalten haben.

Welche Erwartungen knüpfen Sie an den zweiten "Supermarktgipfel" der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in diesem Jahr?

Wir hoffen, dass wir noch mehr Aufmerksamkeit auf unsere Immobilienvorhaben lenken können und sich die positive Grundstimmung so noch verstärkt. Darüber hinaus erhoffen wir uns eine stärkere Miteinbeziehung der einzelnen Stadtbezirke, die wichtige Entscheidungsträger für uns sind.

Würden Sie der Aussage zustimmen, wonach eingeschossige "standalone" Supermärkte im Zentrum deutscher Großstädte ein Auslaufmodell sind?

Wir bitten um Verständnis, dass wir hierzu keine Auskunft geben.

Wie verändern sich mit dem enormen Bevölkerungswachstum auch die Anforderungen an die Aldi-Filialen? Und wie kann der Betrieb der Filiale auch in hochfrequentierten Lagen reibungslos sichergestellt werden?

Wir wollen auch in Zukunft als attraktiver Nahversorger für unsere Kunden vor Ort sein. Und das mit neuen, modernen Filialen, einem erweiterten Sortiment und vor allem deutlich mehr Frische. In unseren neuen Märkten im ANIKo-Stil möchten wir auf einer Fläche von 1 400 Quadratmetern unseren Kunden den täglichen Einkauf so angenehm und einfach wie möglich gestalten, auch in hochfrequentierten Lagen.

Aldi Nord als Projektentwickler von Wohnungen - verfügen Sie über das nötige Knowhow oder planen Sie Kooperationen mit etablierten Größen aus der Immobilienbranche?

Wir sind in diesem Bereich gut aufgestellt und arbeiten erfolgreich mit langjährigen Partnern zusammen.

Könnte auch das Property und Facility Management in Eigenregie durchgeführt werden?

Das ist noch nicht endgültig entschieden. Denkbar ist sowohl eine Eigenverwaltung als auch die Beauftragung von Wohnungsverwaltungsfirmen.

Wie kann man sich allgemein das Immobilienmanagement bei Aldi Nord vorstellen? Sind die Liegenschaften alle im Besitz der Aldi Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG?

Wir bauen ausschließlich auf Eigentum.

Spielt das Konzept "Sale and lease back" eine Rolle?

Nein.

Der Neubau von Wohnungen ist bekanntlich teuer. Wird es sich in Ihrem Fall wirklich um bezahlbaren Wohnraum handeln? Welche Mietpreise schweben Ihnen vor?

Wir statten die Objekte freiwillig zu einem Drittel mit Sozialwohnungen aus. Hier gilt der aktuelle Satz der Stadt (6,50 Euro pro Quadratmeter). Die restlichen Flächen werden bis maximal zehn Euro pro Quadratmeter vermietet, sprich in den meisten Fällen unter dem aktuellen Mietpreis in den jeweiligen Stadtteilen.

Auch andere deutsche Lebensmitteleinzelhändler sind bereits in das Immobiliengeschäft eingestiegen: Können Sie von deren Erfahrungen mit dem Bau von Wohnimmobilien, beispielsweise bei Ihrer Schwester Aldi Süd, profitieren?

Wir können selbstverständlich nur für uns sprechen. Aufgrund der Größe unserer Unternehmensgruppe können wir natürlich auch entsprechend viel bewegen. Dazu kommt, dass sich viele Grundstücke zum Teil seit Jahrzehnten in unserem Eigentum befinden. Daher sind wir schneller und günstiger als andere.

ZUR PERSON JÖRG MICHALEK, Geschäftsführer, ALDI Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG, Herten

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