Von ABBA bis ACDC

Philipp Otto

Lage, Lage, Lage! Was für Ratings gilt, gilt gleichermaßen auch für die Objektstand orte, "AAA" ist einfach gut. Allerdings auch nicht im Überfluss vorhanden. Also weichen Investoren auf A-Lagen in B-Städten oder B-Lagen in A-Städten aus (das ABBA-Prinzip), mitunter sogar auf A-Lagen in C-Städten, wobei sie von D-Lagen egal wo und erst recht in C-Städten hoffentlich immer die Finger lassen. Und in den Titeln von ABBA und ACDC lassen sich wunderschöne Parallelen zum Geschehen auf den Immobilienmärkten derzeit finden. Ein paar Beispiele? Bitte schön!

Money, Money, Money: Selten zuvor floss so viel Geld auf der Suche nach Anlage in die Immobilienmärkte wie in den vergangenen Monaten. Allein im Jahr 2015 haben Schätzungen der amtlichen Gutachterausschüsse zufolge in Deutschland Wohnungen, Häuser und Grundstücke für 200 bis 210 Milliarden Euro den Besitzer gewechselt. Da die Nachfrage immer noch größer als das Angebot ist, führt das zu kräftig steigenden Preisen. Für ein 100 Quadratmeter großes Eigenheim müssen Großstädter heute im Schnitt 7,5 Jahreseinkommen einplanen. Dabei haben die Preise laut Wohnatlas 2016 der Postbank in neun von zehn Großstädten seit Beginn der Eurokrise stärker zugelegt als die Einkommen in den jeweiligen Regionen.

Hells Bells: Hohe Liquidität, starke Nachfrage, kräftig steigende Preise. Diese Faktoren lassen die Alarmglocken läuten. Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret hat jüngst wieder relativ deutlich die Gefahr einer Immobilienpreisblase mit negativen Folgen für die finanzierenden Kreditinstitute angesprochen. Das Kreditvolumen sei zuletzt so stark gestiegen wie seit 13 Jahren nicht mehr, deshalb habe er heute mehr Bedenken als in den vergangenen Jahren, so Dombret. "Ich sehe erste Wolken am Horizont aufziehen."

Waterloo: Den Gefahren einer Blase widerspricht der Präsident des vdp, Jan Bettink, vorsichtig. Zwar sei die Preisentwicklung atemberaubend und er würde als Käufer nicht mehr alles machen, aber das Finanzierungsverhalten sei immer noch sehr konservativ. Das unterstreicht der Dr. Klein Trendindikator Baufinanzierung, demzufolge der Beleihungsauslauf im Februar 2016 bei durchschnittlich 80 Prozent lag. Der durchschnittliche Tilgungssatz blieb mit 3,00 Prozent nur minimal unter dem bisherigen Höchstwert. Ein napoleonisches Waterloo droht also wohl (noch) nicht.

The winner takes it all: Die Emittenten von besicherten Anleihen und Pfandbriefen können sich derzeit ebenfalls über nahezu paradiesische Zustände freuen. Der EZB sei Dank! Und das gleich in zweierlei Hinsicht. Indirekt, da die Geldpolitik mit den niedrigen Zinsen nach Anlage suchendes Geld sogar in Bonds mit negativen Renditen investieren lässt, wenn das Minus kleiner ist als bei Vergleichsanlagen beziehungsweise der Strafzins der Notenbank. Direkt, weil die Zentralbanken mittlerweile im Rahmen des Ankaufprogramms zur wichtigsten Käufergruppe geworden sind und meist ein Drittel oder mehr der Emission abnehmen. Aber wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten: Denn was wird sein, wenn das alles mal vorbei ist? Kommen die jetzt aus dem Markt gedrängten Investoren dann zurück?

I have a dream: Das gilt natürlich ganz besonders für die Tausenden von Menschen, die sich aus Afrika oder dem Nahen Osten auf dem Weg machen, um in Europa Frieden, Sicherheit und ein erträgliches Auskommen zu finden. Der Traum endet dann meist schon in Auffanglagern in der Türkei oder in Griechenland. Wer es tatsächlich bis Deutschland schafft, fristet sein Dasein in Unterkünften, beispielsweise auf der Wasserkuppe, wo es niemanden stört. Das ist natürlich übertrieben, die Politik tut, was sie kann, aber das wird kaum ausreichen. Fazit einer aktuellen Untersuchung des ZIA: Die aktuelle Verteilung der Flüchtlinge überfordert die stark nachgefragten Wohnungsmärkte in Deutschland. Nach dem aktuellen Verteilungsschlüssel ergibt sich bei 1,51 Millionen zusätzlichen und dauerhaft hier bleibenden Einwohnern bis zum Jahr 2020 ein Neubaubedarf von jährlich rund 75 000 Wohnungen zusätzlich zu dem bereits bestehenden Neubaubedarf von 286 000 Wohnungen pro Jahr. Ein Albtraum?

Highway to hell: Bleibt die Frage nach dem Ende. Angesichts des enormen Aufwandes, den die Europäische Zentralbank mit ihrer Politik betreibt, kann einem da schon angst und bange werden. Und längst ist klar, dass das kein vorüberziehendes Gewitter ist, sondern ein dauerhaftes Unwetter. Es ist zu hoffen, dass wenigstens die Geldpolitiker eine ungefähre Vorstellung von einem Ende der expansiven Politik haben. Sonst führt die Straße wirklich ... Aber ist nicht immer alles "noch jut jejange"?

Mamma Mia, mehr kann man dazu nicht sagen.

Philipp Otto , Geschäftsführer, Verleger, Chefredakteur , Verlag Fritz Knapp, Verlag Helmut Richardi, Verlag für Absatzwirtschaft
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