Des einen Freud des anderen Leid

Maite Beisser

Der Immobilienmarkt boomt, das liest man in letzter Zeit immer und immer wieder. Dennoch herrschen harte Zeiten für Investoren. Es wird immer mehr Geld in die Immobilien als Assetklasse geschwemmt, die Nachfrage und der Druck auf Immobilien ist dadurch auf unglaublich hohem Niveau, das Geld kommt von überall her - das hinterlässt Spuren bei den Renditen, die kräftig zusammenschmelzen. Die Suche nach Immobilien mit attraktivem Rendite-Risiko-Profil kann einen in Niedrigzinszeiten schon zur Verzweiflung bringen. Da bleibt nur, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und sich abseits der Klassiker Büroimmobilien, Einzelhandel und Wohnen umzusehen. Um mal kurz das Phrasenschwein zu aktivieren:

Des einen Freud des anderen Leid - und umgekehrt. Denn zu solchen Randerscheinungen, die bislang ihr Dasein in ihrer Nische fristeten, gehören unter anderem Logistikimmobilien, die kräftig von der Misere profitieren. Sie erleben zurzeit einen Aufschwung, der ihnen aufgrund von Renditeaufschlägen - die Spitzenrenditen liegen zwischen 6,2 und 6,4 Prozent - in dem ein oder anderen Immobilienportfolio einen Stammplatz beschert hat.

Wenn es einer verdient hat, dann wohl die Logistik, denn immerhin besteht sie seit Urzeiten. Schon das Rad gilt als die Lösung eines logistischen Problems. Die modernen Anforderungen an die Logistik lassen sich mit den sogenannten Sechs-Rs zusammenfassen: Das richtige Produkt in der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Ort zu den richtigen Kosten, und zwar in der richtigen Qualität. Vom einfachen Transport zum umfassenden und hochkomplexen Hoch(dienst)leistungssektor - die Logistik ist heute Bindeglied zwischen Produktion, Distribution und Konsum, die ihrerseits jeweils einem ständigen Wandel unterliegen. Die Herausforderung für Logistikimmobilien ist entsprechend die Gewährleistung eines ganzheitlichen und beweglichen Versorgungsansatzes mitsamt Koordination der Informationsflüsse in allen Fertigungsstufen, um so einer dramatischen Veränderung, die sich in Schnelllebigkeit und dem Ruf nach globaler Just-in-time-Lieferung manifestiert, Rechnung zu tragen. Keine Frage, die Logistikimmobilien sind die Gewinner der Globalisierung und Digitalisierung - gerade auch im Zusammenspiel mit dem starkem Wachstum des Online-Handels wird ein immenser Anstieg von Paket- und Warensendungen evoziert und damit eine erhöhte Nachfrage nach (Zwischen-)Lagerflächen; auch in Form von Retourenzentren als wiederum neuer Assetklasse innerhalb des Mikrokosmos Logistikimmobilie.

Das zeigen auch die Zahlen: Laut BNP Paribas haben sich die Investitionen in Logistikobjekte zwischen 2012 und 2014 in Europa mehr als verdoppelt und erreichten insgesamt knapp 29 Milliarden Euro. In Deutschland und Großbritannien übertraf das Investitionsvolumen sogar die Werte von 2007, wobei in Deutschland, das aufgrund seiner guten Infrastruktur als bedeutender Logistikstandort gilt, die Logistikinvestments über die vergangenen fünf Jahre kontinuierlich zulegen konnten, was schließlich in einem Rekordvolumen im Jahr 2014 von 4,2 Milliarden Euro gipfelte - das entspricht dem Doppelten des zehnjährigen Durchschnitts. Das Mehr an Rendite resultiert dabei nicht automatisch aus einem gleichzeitigen Mehr an Risiko. Primär ist diese Mehrrendite als Aufforderung an die Investoren zu verstehen, das Segment nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Standort, Flexibilität, Drittverwendungsfähigkeit, Expansionspotenziale - hier dreht sich nichts um Schönheit, der Nutzen steht an erster Stelle, und der muss Schwerlasten tragen und eine lange Lebensdauer aufweisen; selbstverständlich stets im Green-Building-Sinne. Ein Verständnis des Marktsegments ist hier maßgebend, weshalb die Transaktionen wohl zum größten Teil auf kapitalmarktorientierte Investoren und Fonds zurückgeführt werden können. Die Schnelllebigkeit der Branche zieht natürlich auch relativ kurze Mietverträge nach sich. Dafür sind die Mieten stabil zwischen 4 und 5,20 Euro pro Quadratmeter, in 1A-Lagen Nähe Flughafen bis 6,60 Euro.

So verlockend das alles klingen mag, laut JLL-Studie wurden auf dem deutschen Logistikmarkt im ersten Quartal 2015 dennoch 18 Prozent weniger Flächen umgesetzt als im ersten Rekordquartal des Jahres 2014, nämlich 1,24 Millionen Quadratmeter. Ein Indiz, dass all die Anforderungen, die eine Logistikimmobilie zu erfüllen hat, das Angebot an qualitativ hochwertigen Neubauflächen in Spitzenlagen ungemein verknappen. Es gibt mehr Kapital als Produkte - aber wie sagte schon Marie Curie: "Ich beschäftige mich nicht mit dem, was getan worden ist. Mich interessiert, was getan werden muss."

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