Wer will denn nicht gut wohnen?

Klaus-Friedrich Otto

Wohnungsbau und überhaupt Wohnungswesen mit Steuervorteilen, Finanzierungszuschüssen oder sogar Investitionsübernahmen zu fördern, das ist - auch - in Deutschland eine Staatsaufgabe. Das Volk will es so, wahrscheinlich sogar mehrheitlich. Und sich einem gefühlten oder tatsächlichen Mehrheitswillen zu verweigern, welches einigermaßen demokratisch legitimierte Gemeinwesen könnte sich das in Gestalt seiner wichtigen Darsteller überhaupt leisten!

Abgesehen von der Nachkriegszeit, freundlich betrachtet bis in die Sechziger des letzten Jahrhunderts hinein, war Wohnungsförderung auf jeden Fall eine Selbstverständlichkeit. Die schrecklichen Zerstörungen der Bombardements und dazu die millionenbreiten Flüchtlingsströme ohne Staatshilfen zu reparieren und ins Trockene, Warme zu lenken - ausgeschlossen. Es herrschte zweifellos Wohnungsnot. Welches dafür aber die wirksamste Wohnungspolitik sein müsse, darüber herrschte schon damals keine Einigkeit. Denn so gut und schön die Wirtschaftswundererfahrungen der jungen Bundesrepublik mit der zunehmenden Freiheit für die Warenmärkte und sogar für die D-Mark auch waren - der Entwicklung des Wohnungswesens die gleiche Liberalität zuzugestehen, nein, das traute sich die Aufbaugeneration schlicht nicht. Sie setzte auf "Bewirtschaftung", heute würde man stattdessen natürlich "Regulierung" sagen. Und bis heute enthält der Wohnungsmarkt noch eine ganze Menge davon.

Weil von Not nun wirklich schon längst nicht mehr die Rede der Politiker sein kann, die Beschränkungen der freien Preisbildung sehr nett als praktizierte Sozialpolitik dargeboten, was sonst. Diese Vorteilsnahme muss dem Gut "Wohnen" wohl vor allem in Deutschland zugestanden werden, weil es hier mitnichten eine Ware sui generis darstellt, sondern mit viel Gefühl verknüpft wird. Im Wohnen manifestiert sich bei uns das "Zuhausesein" deutlich über die materielle Versorgung hinaus. Der Deutsche gibt sein "Eigenheim" im Wortsinne eben nicht einfach der finanzierenden Bank zurück, wenn er den Arbeitsplatz zu wechseln hat. Auch will er seine Mietwohnung möglichst genauso (und genauso billig) behalten, wenn "ein Investor" alle Blocks erwirbt. Und je weiter das politische Spektrum in der Politik nach links rückt, desto mehr nähert sich die Wohnung von ihrem beanspruchten Inhalt her einem Bestandteil der selbstverständlichen Infrastruktur, für die man weiß Gott doch schon genug Steuern entrichtet: Wohnen sollte da doch nicht auch noch extra was kosten. Ein nicht unerheblicher Teil des Prekariats hat diesen Zustand, böse ausgedrückt, denn auch bereits erreicht. Die Miete, Behaglichkeit inklusive, zahlt der Staat.

Warum Wohnen über das hinaus, was man vielleicht gerade noch als Fürsorge rechtfertigen kann, mit Finanzierungs- und Steuerprogrammen gefördert werden muss, ist offenkundig eine niemals zu entscheidende Streitfrage. So werden die älteren Jahrgänge der Wohnungspolitiker unbedingt bis zu ihrer (bitte noch lange aufschiebbaren) letzten Minute dem Ersten bis zu mindestens dem "Sechsten" Förderweg nachtrauern, deren wunderfeine Skalierungen und Klassifikationen doch so viel Mühe wert gewesen ist. Die alte, richtige Bausparprämie, die der Wohn-Riester niemals hat toppen können, die Sonderfinanzierungen der Länderförderbanken, die KfW-Fonds (immerhin gibt es da bis heute Gewichtiges) für reizende Details: Jammer, Jammer. Was die Energiewende an Stütze bekommen hat, ist wenigstens sichtbar. Und der Städtebauförderung kommen ja auch immer wieder noch Einfälle, zumindest für Denkmäler.

Was die schrecklich vernünftigen Ökonomen bei all diesen Wohltaten erbost, ist die Geschichte mit der Effizienz. Sie allein daran zu messen, wo schnell und wieviel beantragt und bewilligt wird, müsste inzwischen sogar der Beweisführung der Fördereinrichtungen abträglich sein. Ist es jedoch nicht. Denn die puren Mitnahmeeffekte für diejenigen, die ohnehin von sich aus gebaut hätten, von all denjenigen zu trennen, die wenigstens per Zuschuss gereizt werden, die Hütte besser als verlangt zu dämmen, das ist wohl zu schwierig. Zugestanden sei, dass durch die Solarförderung auch ganz Private das Rechnen mit Strom-Renditen begonnen haben.

Was bleibt, ist Resignation der Vernunft auf hohem Niveau. Wohnförderung abzuschaffen, das ginge wohl. Aber es geht nicht.

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